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Gerüchteküche: AMDs "Navi 21" mit Chipfläche von 505mm² und Tape-Out im Herbst 2019

WCCF Tech haben eine seit Anfang November im chinesischen PTT-Forum (maschinelle Übersetzung ins Deutsche) schlummerende Meldung über den (angeblichen) Tape-Out von AMDs "Navi 21" Grafikchip ausgegraben und damit ins Licht der westlichen IT-Presse gebracht. Die Korrektheit der PTT-Meldung läßt sich natürlich nicht bestätigen – Sinn ergibt das ganze aber durchaus, denn alle für das Jahr 2020 vorgesehenen Grafikchips sollten in diesem Herbst und Winter ihren Tape-Out hinlegen, die Vorlaufzeit zur Marktreife beträgt bei Grafikchips grob ein dreiviertel Jahr. Interessant wird die PTT-Meldung dann durch die Anmerkung zur Die-Größe von Navi 21: Mit (angeblich) ~505mm² ist der Chip nahezu doppelt so groß wie Navi 10 (251mm²) – was somit auf den lange erhofften "Big Navi" hindeutet, eine (echte) HighEnd-Ausführung innerhalb der Navi-Generation.

    AMD Navi 21

  • augenscheinlich (echte) HighEnd-Lösung innerhalb der Navi-Generation
  • wahrscheinlich 7nm+ (EUV) Fertigung von TSMC
  • Chipfläche angeblich ~505mm²
  • wahrscheinlich RDNA2-Architektur
  • wahrscheinlich mit Hardware-RayTracing
  • angeblich ausgerüstet mit GDDR6-Speicher
  • Tape-Out angeblich im Herbst 2019 (ca. Oktober bis Anfang November)
  • demzufolge zu erwarten für einen Release im Sommer 2020

Viele der weiteren bei WCCF Tech zu lesenden Ausführungen zu Navi 21 finden sich dann zwar in den Kommentaren zur PTT-Meldung, jedoch nicht in der eigentlichen PTT-Meldung – stellen also Spekulationen der Leser dar und können keineswegs auf den originalen Poster zurückgeführt werden. Dazu gehört in erster Linie die Nennung von gleich 80 Shader-Clustern – welche sich ganz automatisch aus der einfachen Hochrechnung zur doppelten Chipfläche von Navi 10 (40 Shader-Cluster) ergibt. Vergessen wird hierbei allerdings, das die Navi 21 wahrscheinlich schon zugrundeliegende RDNA2-Architektur durchaus auch noch etwas mehr Transistoren (und damit Chipfläche) pro Shader-Cluster verbrauchen könnte als das aktuelle RDNA1 – und das dann mit der Hinzunahme von Hardware-RayTracing auch noch ein weiterer Verbraucher von Chipfläche hinzukommt. Zum Vorteil dieser Spekulation kann man hingegen sagen, das die Shader-Einheiten bei heutigen Grafikchips gerade einmal die Hälfte der Chipfläche belegen, das ergo eine (reine) Verdopplung der Shader-Einheiten einen Chip nur um (grob) +50% dicker machen würde, nicht um gleich +100%. Insofern ist es unter Beachtung beider Effekte durchaus möglich, das Navi 21 tatsächlich mit 80 Shader-Einheiten antritt – eine reinrassige Spekulation bleibt es zum jetzigen Zeitpunkt allerdings trotzdem.

Etwas unklarer ist die Situation in der Frage von HBM2- oder GDDR6-Speicher: Das originale PTT-Posting liefert hierzu keine Aussagen, diese Frage wird dann in den Leserkommentaren im PTT-Forum gestellt. Augenscheinlich wird jene Leserfrage dann vom Threadstarter beantwortet – es gibt an dieser Stelle zwar keine exakte Kennung des Posters, aber der optische Aufbau des PTT-Forums legt diese Auslegung deutlich nahe. Folgt man dieser Auslegung, dann soll es laut dem Threadstarter GDDR6-Speicher bei Navi 21 geben – was ein Grund dafür sein soll, das der Grafikchip so groß wäre (HBM-Interfaces sind viel kleiner und sparen damit Chipfläche). Dies würde etwas überraschen angesichts der bisherigen HBM-Strategie von AMD im HighEnd-Segment, noch dazu wo inzwischen selbst nVidia HBM-Speicher für seine HPC-Grafikchips benutzt. Aber natürlich kann sich AMD auch jederzeit umentscheiden – und das öffentlich gesagte ist ja immer nur der Versuch des Marketings, das aktuell (aber schon vor Jahren designete) Produkt so schön wie möglich zu reden, intern kann man in der Entscheidungsfindung schon längst viel weiter sein. Möglicherweise ist HBM2 einfach preislich nicht geeignet für diese sicherlich mit gleich 12 bis 16 GB Grafikkartenspeicher zu erwartenden Grafikkarten.

Die Breite des GDDR6-Speicherinterfaces von Navi 21 sollte ergo bei 384 oder 512 Bit liegen, Navi 10 kommt schließlich schon mit 256 Bit daher. Daraus ergeben sich auch direkt die Speicherbestückungen: Es gibt 12 GB bei einem 384-Bit-Interface sowie 16 GB bei einem 512-Bit-Interface. Da vor der praktischen Existenz von 1,5-Gbyte-Speicherchips (spezifiziert seit GDDR5X, aber bisher nie gefertigt) die Interface-Breite zwingend zu einer bestimmte Speicherbestückung führt, ist AMD gezwungen, beide Punkte bei der Interface-Festlegung zu beachten – gut möglich also, das man sich für das größere Interface nicht wegen der höheren Speicherbandbreite entscheidet, sondern weil es dort eben gleich 16 GB Speicher gibt. Denkbar ist natürlich auch der umgekehrte Blickwinkel: Ergo eine Entscheidung zugunsten des kleineren Interfaces, weil dies zu 12 GB Speicher führt – und AMD eventuell noch weitere Navi-Grafikchips im Hinterkopf hat, welche dann jene größeren Speicherbestückungen mitbringen sollen.

Navi 14 Navi 10 Navi 21 Navi 23
Status releast releast Gerüchte reine Spekulation
Chipfläche 158mm² (7nm) 251mm² (7nm) angebl. 505mm² (7nm+) angenommen 650-700mm²
Architektur RDNA1 RDNA1 whrschl. RDNA2 whrschl. RDNA2
RayTracing whrschl. whrschl.
Shader-Cluster 24 40 geschätzt 64-80 angenommen 96-128
Speicherinterface 128 Bit GDDR6 256 Bit GDDR6 angebl. 384-512 Bit GDDR6 angenommen 4096 Bit HBM2
Speichermengen 4-8 GB GDDR6 6-8 GB GDDR6 12-16 GB GDDR6 16-32 GB HBM2
4K Perf.Index ~84%
(Radeon RX 5500 XT 8GB)
156%
(Radeon RX 5700 XT)
grob geschätzt ~240-290% grob geschätzt ~330-420%
Release 7. Oktober 2019 7. Juli 2019 geschätzt Sommer 2020 geschätzt Ende 2020

Schließlich ist Navi 21 nur einer von drei bekannten Grafikchips der Navi-2X-Serie – und auch wenn zu "Navi 22" wie "Navi 23" noch keine Hardware-Daten vorliegen, deutet sich "Navi 23" als wahrscheinlich größter Chip dieser Grafikchip-Serie an. Ansonsten würde dessen angebliche Betitelung als "nVidia-Killer" schließlich keinen größeren Sinn machen. Folgt man dieser These, läßt sich Navi 23 nur als nochmals größer (und damit potenter) als Navi 21 skizzieren – dann wahrscheinlich mit HBM-Interface, viel Speicher und grenzwertig großer Chipfläche. Besonders wahrscheinlich sieht dies (erst einmal) nicht aus, aber wenigstens wäre somit die vorgenannte Betitelung gerechtfertigt. Denn Navi 21 dürfte vermutlich "nur" dazu ausreichend sein, um nVidias beste Turing-Chips zu schlagen. Bei gutem Gelingen darf man von Navi 21 ein Performance-Potential auf einem 4K Performance-Index von (je nach konkreter Anzahl an Shader-Clustern) ~240-290% erwarten – im Minimum auf dem Niveau der GeForce RTX 2080 Ti FE von 236%, im Maximum grob +20% schneller.

Dies sieht gut aus, aber "nVidia Killer" würde dies wahrscheinlich niemand nennen – schließlich könnte nVidia jederzeit mit einem "SUPER"-Refresh der GeForce RTX 2080 Ti nachziehen. Doch um nVidia im Jahr 2020 zu schlagen, braucht es eben keinen Kontrahenten zur GeForce RTX 2080 Ti (auch wenn ein AMD-Gegenangebot zu diesem gern gesehen wäre), sondern man muß sich natürlich daran orientieren, was nVidia mit Ampere abliefert. Wenn AMD also nicht wieder (wie leider so oft in der Vergangenheit) nur ein Gegenangebot gegenüber nVidias alten Grafikkarten abliefern will, dann muß man sogar zwingend mit einer derartigen Hardware-Power wie vorstehend spekuliert anrücken – auch wenn damit die Chipflächen explodieren. Wirklich bestätigt werden kann damit ein Navi-23-Chip auf bis zu 700mm² Chipfläche natürlich noch lange nicht, jener bleibt vorerst eine reine Hypothese. Bis zum Vorliegen genauerer Daten zu Navi 23 gilt damit weiterhin das erste Augenmerk dem Navi-21-Chip, welcher durchaus das Potential hat, nVidias Enthusiasten-Lösungen der Turing-Generation zu schlagen – und damit dann voraussichtlich auch noch ein gutes Gegenangebot zu den (eine Klasse niedriger angesetzten) HighEnd-Lösungen der nachfolgenden Ampere-Generation abgeben dürfte.