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Hardware- und Nachrichten-Links des 23. Mai 2018

Die ComputerBase berichtet über den drastischen Rückgang bei den Grafikkarten-Auslieferungen von Tul, dem Mutterkonzern von PowerColor: Dabei wurden zwischen März und April 2018 satte -80% Konzernumsatz verzeichnet, was fast ausschließlich auf das Grafikkarten-Geschäft von PowerColor zurückzuführen sei. Interessanterweise dürfte dies im Einzelhandel noch etwas anders laufen, denn PowerColor wird wie alle Grafikkarten-Hersteller zum einen Direktabnehmer als auch Distributoren beliefern – und jene haben bis März glatt alles abgenommen, was irgendwie lieferbar war. Doch in diesem Augenblick, wo die Distributoren davon nicht mehr umgehend alles absetzen konnten, wurden die Nachbestellungen sicherlich genauso abrupt gestoppt, was sich nun derart deutlich in den Tul-Bilanzen zeigt. Im europäischen Einzelhandel könnte das Grafikkarten-Geschäft zuletzt sogar eher zugelegt haben, schließlich wurden reihenweise Grafikkarten überhaupt erst wieder verfügbar und haben die zuletzt klar gesunkenen Preise auch die eigentlichen Grafikkarten-Käufer (in Form der PC-Spieler) wiederum angelockt. Was primär weggebrochen ist, wird das Geschäft mit fürs Mining verwendeten (oder zweckentfremdeten) Grafikkarten sein – was jedoch gerade hierzulande eher weniger über den Einzelhandel gelaufen ist. Ganz auf dem Stand von vor dem Mining-Boom ist der Grafikkarten-Markt aber immer noch nicht, wie sich aus den Preislagen des aktuellen Grafikkarten-Marktüberblick im Vergleich zum Vorjahr ergibt:

AMD Mai 2017 Mai 2018 nVidia Mai 2017 Mai 2018
GeForce GTX 1080 Ti 690-740€ 740-860€
Radeon RX 580 8GB 255-290€ 300-340€ GeForce GTX 1080 480-520€ 540-590€
Radeon RX 580 4GB 220-250€ 290-320€ GeForce GTX 1070 385-410€ 430-470€
Radeon RX 570 8GB 235-260€ 280-320€ GeForce GTX 1060 6GB 245-270€ 270-310€
Radeon RX 570 4GB 190-220€ 260-300€ GeForce GTX 1060 3GB 180-210€ 220-250€
Radeon RX 560 4GB 130-160€ 155-180€ GeForce GTX 1050 Ti 140-155€ 170-190€
Radeon RX 550 4GB 100-115€ 120-135€ GeForce GTX 1050 2GB 110-120€ 130-145€
Radeon RX 550 2GB 85-100€ 100-120€ GeForce GT 1030 75-85€ 75-90€
durchschnittliche Differenz: +22,6% durchschnittliche Differenz: +14,4%
Preisbasis: Grafikkarten-Marktüberblick Mai 2017 & Grafikkarten-Marktüberblick Mai 2018

Die Steigerungen sind dabei durchaus ungleichmäßig verteilt: Bei AMD-Grafikkarten sind es immerhin +22,6% gegenüber dem Preisniveau von Mai 2017, bei nVidia nur +14,4%. Hier liegt der springende Punkt, wieso nVidia derzeit beim Performance/Preis-Verhältnis in jeder einzelnen Kategorie führt – ein nahezu 10prozentiger Mehrpreis bei AMD macht bei den üblicherweise knappen Abständen in diesem Geschäft jede Menge aus, garantiert für nVidia derzeit durchgehend Spitzenplätze aus Performance/Preis-Sicht. Ein anderes Indiz für den durch den Mining-Boom durcheinandergebrachten Grafikkarten-Markt findet sich in den Preisspannen gerade der HighEnd- und Enthusiasten-Beschleuniger, welche speziell bei nVidia um einige Prozentpunkte höher ausfallen als letztes Jahr. Dies hängt damit zusammen, das derzeit nur ein gewisser Teil der Grafikkarten-Angebote auf "anständige" Preislagen zurückgekehrt ist, viele Grafikkarten aber immer noch zu überzogenen Preisen in den Händlerangeboten stehen. Dies müssen die Händler auch erst dann korrigieren, wenn substantielle Nachlieferungen eintreffen – was augenscheinlich noch nicht in jedem Fall passiert ist. Trotz also das die Distributoren bei den Grafikkarten-Herstellern derzeit nur noch zögerlich nachbestellen, ist die Situation im Einzelhandel noch nicht derart solide, als das überall bereits perfekte Lieferbarkeit und demzufolge Preiswettbewerb der Einzelhändler untereinander herrscht.

In diesem Zusammenhang auch interessant und derzeit viel beachtet wird die Aussage seitens Jon Peddie Research, wonach im ersten Quartal 2018 immerhin 1,7 Mio. Desktop-Grafikkarten an Cryptominer verkauft wurden. Dies ist für ein Quartal vergleichsweise viel, im gesamten Jahr 2017 wurden "nur" 3 Mio. Desktop-Grafikkarten an Cryptominer verkauft. Leider ist die Größen-Einordnung dieser Zahlen nicht ganz so einfach: Im gesamten Jahr 2015 wurden 44 Mio. Desktop-Grafikkarten verkauft, dies sind im Schnitt also 11 Mio. pro Quartal. Angenommen keiner großer Änderungen zum Jahr 2018 würden die genannten 1,7 Mio. Desktop-Grafikkarten für Cryptominer also einen Stückzahlenanteil von ca. 15% ausmachen, der Umsatzanteile dürfte vermutlich (Cryptominer kaufen keine LowCost- und Mainstream-Grafikkarten) noch etwas höher ausfallen. Für das Gesamtjahr 2017 sind dagegen etwas unterhalb von 10% Stückzahlenanteil anzunehmen, der Umsatzanteil könnte dagegen grob 10% erreichen. Bezogen auf jene Quartale mit sichtbarem Mining-Boom sind die Aussagen von AMD und nVidia eines (angeblich) wenig beachtbaren Einflußes der Cryptominer demzufolge eher Nonsens – in Quartalen mit starken Cryptomining-Aktivitäten kann man grob von einem Stückzahlenanteil von 10-15% sowie einem Umsatzanteil von 15-20% ausgehen. In einer langfristigen Strategie wäre dies kein ganz bedeutsamer Punkt, aber für eine punktellen Bedarfsänderung ist dies schon (sehr erheblich) – und damit auch Ausgangspunkt der zu beobachtenden (erheblichen) Preisveränderungen im Grafikkarten-Markt.

Der Planet 3DNow! hat ein Indiz dafür entdeckt, das Sony bei der Playstation 5 wohl wieder mit AMD-Hardware arbeiten wird. Dies ist derzeit zwar noch nicht bestätigt, andererseits aufgrund der Ausgangssituation eigentlich folgerichtig: Sowohl Intel als auch nVidia bieten nicht das Gesamtpaket aus CPU & GPU an – und sind gleichzeitig dafür bekannt, nur Aufträge mit hohen Gewinnmargen überhaupt in Erwägung zu ziehen. AMD hingegen bietet als einziger das Gesamtpaket aus CPU & CPU an und ist zudem dafür bekannt, eher einen größeren Marktanteil und damit eine höhere Bedeutung als denn unbedingt hohe Gewinnmargen anzustreben. Für die Konsolen-Hersteller, deren Hardware selbst in neuer Zeit immer nahe an einem Zuschußgeschäft steht, ist die Entscheidung pro AMD damit folgerichtig – AMD ist ganz automatisch der Hersteller der Wahl, sofern AMD nicht die Bedingungen deutlich verändern würde. Echte Spezialentwicklungen, wie es jene in der Vergangenheit bei einigen Spielekonsolen noch gab, sind zudem aufgrund des Mainstream-Ansatzes der heutigen Spielekosten sowie aufgrund der enorm gestiegene Entwicklungsausgaben kaum noch zu erwarten – nicht umsonst nennt AMD seine diesbezügliche Sparte "SemiCustom", denn wirkliche Speziallösungen wäre heutzutage einfach nicht mehr finanzierbar.

Somit ist zu erwarten, das sich Sony und Microsoft bei ihren NextGen-Konsolen nach PS4 und Xbox One erneut im SemiCustom-Baukastensystem von AMD bedienen werden. Jenen dürfte für die Jahre 2020/21 dann sicherlich eine aktuelle Zen-Generation auf CPU-Seite sowie die Navi-Generation auf GPU-Seite umfassen. Zusammen mit einer aktuellen Fertigungstechnokogie (7nm) dürfte sich damit der gewünschte und erwartete große Leistungssprung einer neuen Konsolen-Generation ziemlich eingfach realisieren lassen – ohne deswegen bei der Chipfläche des herauskommenden SoCs in exorbitante Bereiche gehen zu müssen. Intel oder nVidia könnten sicherlich in Zusammenarbeit dasselbe liefern, dürften aber zu hohe Anforderungen an ihre eigene Gewinnspanne mitbringen und letztlich wegen ihrer generellen Firmenpolitik dieser Zusammenarbeit auch keine große Liebe entgegenbringen. Und letztlich nützt es sogar Intel & nVidia, das AMD diese Konsolenaufträge verbucht: AMD erhält damit ausreichend Umsatz, um irgendwie (als gewünschter Pseudo-Wettbewerber) zu überleben – aber zu wenig Gewinn, um daraus echte Vorteile ziehen bzw. große Investitionen zugunsten einer echten Konkurrenz-Situation finanzieren zu können. So oder so läuft damit alles auf AMD als erneuter SoC-Auftragnehmer für die NextGen-Konsolen für Sony und Microsoft hinaus.