AMDs CPU/GPU-Präsentationen zum FAD '15

Mittwoch, 6. Mai 2015
 / von Leonidas
 

Prozessoren- und Grafik-Entwickler AMD hat auf seinem "Financial Analyst Day 2015" einiges über die kurz-mittelfristigen Unternehmenspläne gesagt und mittels Präsentations-Slides gezeigt, darunter natürlich auch etwas zum demnächst antretenden Fiji-Grafikchip sowie den 2016er CPU-Planungen basierend auf der Zen-Prozessorenarchitektur. Wer den Live-Stream nicht mit verfolgt hat, kann jenen sowohl nachträglich anschauen als auch in den verschiedenen von AMD angebotenen PDFs blättern, auf denen die einzelnen Präsentationen aufgebaut sind. Vieles auf dieser Veranstaltung gesagtes und gezeigtes hat natürlich mit finanziellen Aspekten des AMD-Geschäfts zu tun, auch gehen die gezeigten technischen Slides eher selten in echte Details. Die interessanten Folien wollen wir trotzdem nachfolgend zeigen und kommentieren.

AMD FAD '15 – Introducing AMD 6th Generation A-Series Processor
AMD FAD '15 – Introducing AMD 6th Generation A-Series Processor
AMD FAD '15 – Plattform Enablement – Energy Efficiency
AMD FAD '15 – Plattform Enablement – Energy Efficiency

Vor allen wirklich neuen Produkten kommt erst einmal noch der Release der Carrizo-APU als letztem Hallali der Bulldozer-Architektur. Die Eckdaten und Zielsetzung (rein Mobile) dieser APUs sind des längerem bekannt, AMD muß nun halt nur noch liefern – was man noch innerhalb des zweiten Quartals 2015 zu tun gedenkt. Dies dürfte wohl darauf hinauslaufen, daß zur Computex dann entweder schon fertige Carrizo-Notebooks oder aber wenigstens entsprechende Vorserien-Modelle gezeigt werden können – sofern AMD die Carrizo-APU auch wirklich bei den Notebook-Herstellern unterbringen kann, was zuletzt bei den AMD-APUs ein eher schwieriges Unterfangen war. Die versprochenen deutlichen Verbesserungen bei der Energieeffizienz sollten bei diesem Vorhaben weiterhelfen, auch wenn im Geschäft mit den Notebook-Herstellern natürlich noch andere Punkte zählen.

AMD FAD '15 – Meet the Next-Gen AMD Radeon Graphics
AMD FAD '15 – Meet the Next-Gen AMD Radeon Graphics
AMD FAD '15 – Graphics Technology Leadership
AMD FAD '15 – Graphics Technology Leadership

Mit Spannung erwartet waren Aussagen zur 2015er Grafikkarten-Serie von AMD mit Codenamen "Pirate Islands" bzw. zum Fiji-Chip als dessen Top-Modell. Wenigstens zu letzterem gab es ein paar Anhaltspunkte: In den Folien wurde der Chip nicht explizit notier, aber während der Präsentation wurde der Codename "Fiji" mündlich bestätigt – genauso auch wie die Verwendung von HBM-Speicher, letzteres ausdrücklich und mehrfach dokumentiert. An dieser Stelle enden aber dann schon die konkreten Informationen – bis auf den Releasetermin des Fiji-Chips von ebenfalls noch im laufenden zweiten Quartal 2015 hielt man sich mit allen weiteren Informationen zu noch 2015 erscheinenden neuen Retail-Grafikkarten arg zurück.

Mit der Veranstaltung gab AMD allerdings den Launch der "Radeon M300 OEM-Serie" sowie der "Radeon R300 OEM-Serie" bekannt. Erste Produkte aus dieser Desktop-Serie sind eine Bonaire-basierte "Radeon R9 360 OEM", eine Pitcairn-basierte "Radeon R9 370 OEM" sowie eine Tonga-basierte "Radeon R9 380 OEM". Die technischen Daten entsprechen ziemlich exakt dem, was man von den gleichnamigen Modellen der Radeon R200 Serie her kennt (bei der Radeon R9 380 OEM stand natürlich die Radeon R9 285 Pate), ergo gibt es bei diesen neuen OEM-Grafikkarten nur einen tollen Namen, aber nicht mehr Performance. Aller Vermutung nach muß der Release dieser drei OEM-Grafikkarten unter dem "R300"-Siegel jedoch nicht bedeuten, daß die reale Radeon R300 Serie für das Retail-Segment ähnlich handzahm ausfällt.

AMD FAD '15 – Next-Generation, High-Performance x86 Core
AMD FAD '15 – Next-Generation, High-Performance x86 Core
AMD FAD '15 – AMD x86 Cores – Driving Competitive Performance
AMD FAD '15 – AMD x86 Cores – Driving Competitive Performance

Erstmals hat sich AMD bei dieser Veranstaltung zu den kommenden Zen-Rechenkernen als Basis zukünftiger AMD-Prozessoren und -APUs bekannt. Betätigt wurde zudem die Verwendung von Simultaneous Multithreading (SMT) in der Zen-Architektur, womit AMD das bisher bei der Bulldozer-Architektur verwendte "Core Multithreading" (CMT) zugunsten einer wahrscheinlich Intels HyperThreading sehr ähnlichen Technologie aufgegeben wird. Sehr viel mehr Details gab es nicht zum Zen-Design, aber AMD will mit diesem die IPC (Instructions per Clock) um satte 40% gegenüber der Excavator-Ausbaustufe der Bulldozer-Architektur verbessern. Sollte AMD dies gelingen, würde man bezüglich der IPC wieder auf Augenhöhe mit den Intel-Prozessoren mitspielen können – AMD will hier positiverweise genau das liefern, was man sich vorab von der Zen-Architektur erwartet hatte. Daneben wurde die Verfügbarkeit von Zen im Jahr 2016 sowie die FinFET-Fertigung hierfür bestätigt, was auf den 14nm-Prozeß von GlobalFoundries hinauslaufen dürfte.

Auch die K12-Rechenkerne wurden erwähnt, mittels welchen AMD sich seine eigene, ARM-basierte LowPower-Architektur aufbauen will. Als Zwischenschritt hierzu wird AMD wie bekannt zuerst ARM-basierte Prozessoren mit standardmäßigen Cortex-A57-Rechenkernen auflegen, mit den K12-Rechenkernen will man dann eigenes Know-how einbringen. Leider werden es die K12-Rechenkerne entgegen früheren Meldungen nicht mehr ins Jahr 2016 schaffen, AMD gibt deren Verfügbarkeit derzeit mit dem Jahr 2017 an.

Für das Jahr 2016 sieht AMDs Prozessoren-Portfolio nicht unähnlich zu der kürzlich aufgetauchten, laut AMD aber gefälschten Roadmap aus: Im HighEnd-Segment wird es Zen-basierte FX-Prozessoren mit einer laut AMD "hohen Anzahl an Rechenkernen" und dem Support von DDR4-Speicher im Sockel AM4 geben. Darunter soll ebenfalls im Sockel AM4 die siebte APU-Generation von AMD antreten (Carrizo ist die sechste), als Speicher wird hierbei sowohl DDR3 als auch DDR4 unterstützt. Offiziell hat bislang niemand die Aussage getroffen, daß jene siebte APU-Generation ebenfalls Zen-basiert ist, auch wenn die Farbwahl in der Präsentation dies wohl andeuten soll. Allerdings muß AMD diese APU sowieso neu auflegen, wenn man die hierfür versprochenen Energieeffizienz-Steigerungen (wohl mit der 14nm-Fertigung) sowie das HSA 1.0 Feature (bedingt eine neue GCN-Stufe) erreichen will – und dann wäre natürlich die Verwendung der Zen-Rechenkerne zugunsten irgendwelcher früheren Technologien überaus naheliegend.

Und letztlich enthält der 2016er Fahrplan von AMD auch noch einen Hinweis auf die 2016er Grafikchip-Generation, welche bislang unter den Codenamen "Arctic Islands" bekannt ist: Auch hier spricht AMD wieder von erheblichen Energieeffizienz-Steigerungen, in diesem Fall sogar konkret mit dem Doppelten (wohl gegenüber der Vorgänger-Generation) klassifiziert. Dies ist natürlich nur durch die 14nm-Fertigung realisierbar, demzufolge notiert AMD auch das FinFET-Verfahren zur Herstellung dieser Grafikchips. Daneben wird noch die Konzentration auf die Beschleunigung von Virtual bzw. Augmented Reality sowie die Verwendung von HBM2-Speicher erwähnt.

In der Summe der Dinge hat AMD mit diesen Präsentationen natürlich nur vieles bestätigt, was zuletzt gerüchteweise schon bekannt war – richtig neu ist faktisch gar nichts, bis auf Korrekturen wie den 2017er Termin der K12-Rechenkerne sowie den kommenden Sockel AM4 für die AMD-Prozessoren des Jahres 2016. Allerdings sind diese Präsentationen natürlich auch für Börsenanalysten gedacht und sollte eben nur jene beeindrucken – größere Detaillierung wäre hierbei fehl am Platze gewesen und kann es daher nur in einem anderen Rahmen geben. Für eine Veranstaltung mit Börsenanalysten war AMD sogar regelrecht freigiebig mit Zukunftsinformationen, welche man ansonsten der interessierten Presse mit dem Verweis auf "kein Kommentar zu unreleasten Produkten" zumeist vorenthält. Aber AMD musste nun auch wirklich etwas zeigen, um die Börsenanalysten und vor allem die Investoren zu überzeugen, AMD (im übertragenem und womöglich auch wortwörtlichen Sinne) Kredit für die nächste Zeit zu geben, damit AMD trotz aktuell schwieriger Geschäftslage jene umfangreichen Pläne für das Jahr 2016 auch verwirklichen kann.

Nachtrag vom 6. Mai 2015

Weitere Anmerkungen zu AMDs "Financial Analyst Day 2015" und den dabei gezeigten Präsentationen: Die Radeon R9 380 OEM, hinter welcher sich platt eine Radeon R9 285 verbirgt, wird von den OEMs nun auch mit bis zu 4 GB Grafikkartenspeicher verbaut – die Radeon R9 285 selber wird dagegen weiterhin stur nur mit 2 GB Speicher angeboten. Ab dem Tonga-Chip dieser Grafikkarten funktioniert im übrigen ein neues AMD-Feature: Mittels "Frame Rate Target Control" (FRTC) kann man per Treiber die erzeugten Framerate eines Spiels beschränken und damit die Energieeffizienz erhöhen sowie potentiell Spulenfiepen – welches gern bei absurd hohen Frameraten auftritt – vorbeugen. WCCF Tech versuchen es mangels eines gezeigten Fiji-Chips mit einer scheinbaren Aufnahme eines Fiji-Boards – welche aber schnell als nicht mittels einer Fotokamera entstanden, sondern mittels einer Render-Software erzeugt identifiziert wurde. Eher zielführender dürfte AMDs Fiji-Teaser beim FAD sein: Dabei standen im Hintergrund Trinkwasser-Flaschen der (real existierenden) Wasser-Marke "Fiji". Und letztlich hat AMD nunmehr wenigstens Carrizo-L offiziell gemacht, diese Prozessoren werden nunmehr in China und später weltweit ausgeliefert. Eingeordnet als Ax-7xxx & Ex-7xxx APUs und mit ähnlichen Taktfrequenzen wie der direkte Vorgänger "Beema" steht allerdings zu erwarten, daß es sich hierbei letztlich nur um ein glattes Beema-Rebranding handelt, ohne neue oder verbesserte Technik auf CPU- und GPU-Seite.

Das Nutzerfazit im 3DCenter-Forum zu AMDs FAD-Präsentationen schwankt im übrigen zwischen den zwei Polen "Vorfreude auf Zen" als auch "Gähnen über das 2015er AMD-Programm" – denn in diesem gibt es außer der nur im Mobile-Segment verbauten Carrizo-APU sowie dem Fiji-Grafikchip für das Enthusiasten-Segment kaum etwas zu lachen. Nachdem sich AMD nunmehr zu einer "Radeon R300 OEM" Grafikkarten-Serie aufgeschwungen und damit rein technisch das Versprechen nach einer neuen Grafikkarten-Serie im Jahr 2015 erfüllt hat, kann sogar leicht in Frage gestellt werden, ob AMD dieses Jahr den Retail-Markt für Grafikkarten überhaupt noch mit mehr als mit Fiji-Grafikkarten beliefern will – und natürlich, unter welcher Flagge dies im Fall des Falles geschehen wird. Das letzte Mal, als es eine OEM-Serie noch vor neuen Retail-Grafikkarten gab (Radeon HD 8000 Serie) hat AMD der nachfolgenden neuen Retail-Serie eine neue Nummer spendiert (Radeon R200 Serie), bei nVidia war es in der Vergangenheit genauso (GeForce 300 Serie für OEMs & GeForce 400 Serie für Retail). Abgesehen davon, daß AMD noch im zweiten Quartal den Fiji-Chip bringen will, ist das weitere AMD-Vorgehen bei Retail-Grafikkarten für das Jahr 2015 ungewisser denn jeh. Allerdings darf die Idee, daß es dieses Jahr eventuell eine Grafikkarten-Serie basierend auf mehreren neuen Grafikchips geben wird, inzwischen als beerdigt betrachtet werden – denn dies wäre AMD sicherlich eine Erwähnung wert gewesen. Alles, was unterhalb des Fiji-Chips dieses Jahr noch kommt, wird also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Rebranding-Status haben.

Daß dieses Jahr bei AMD ein klares Übergangsjahr werden wird, war allerdings vorher schon klar, wurde nun halt nur offiziell bestätigt. AMD steht im Prozessoren-Bereich am Ende einer langjährigen CPU-Architektur, welche wenig erfolgreich war und daher nur noch dort eingesetzt wird, wo man unbedingt den Anschluß halten muß (Notebook-Prozessoren). Andere Produkte auf Basis der alten Prozessoren-Architektur wären zwar sicherlich noch realisierbar, ergeben für AMD jedoch kaum noch einen Gewinn – womit man lieber alle Anstrengungen darauf verwendet, die kommende neue Prozessoren-Architektur termingerecht zu liefern. Und im Grafikchip-Bereich steht man am Ende der 28nm-Fertigung, sind da kaum noch echte Verbesserungen außer eben ein Grafikchip mit sehr großer Chipfläche realisierbar – dafür kommt nun eben der Fiji-Chip mit ~550mm² Chipfläche. Weitere Entwicklungen sind nur denkbar, wenn (deutlich) mehr Transistoren in die gleiche Chipfläche gepackt werden können, wofür ab nächstes Jahr die 14nm-Fertigung zur Verfügung stehen wird. Bis zu diesen beiden Punkten wird sich AMD faktisch durchhangeln müssen, selbst wenn dies für das Jahr 2015 in einigen Teilgebieten weitere geschäftliche Rückschläge bedeuten sollte.

Nachtrag vom 8. Mai 2015

Als Nachtrag zu AMDs CPU/GPU-Präsentationen zum FAD '15 wäre noch eine in diesem Zusammenhang von AMD veröffentliche Präsentation (PDF) zu erwähnen, welche alle neuen AMD-Roadmaps in einem Dokument zusammenfasst. Hierbei werden zum einen die bekannten Roadmaps aus dem CPU/APU-Bereich gezeigt, zum anderen aber auch bislang nicht erwähnte AMD Grafik-Roadmaps für das laufenden Jahr 2015. Jene sind nicht wirklich aufschlußreich, da nur sehr grob die kommende Radeon R7 300 und R9 300 Serien (Desktop) sowie die Radeon R5 M300, R7 M300 und R9 M300 Serien (Mobile) genannt wurden. Zumindest deuten diese Roadmaps an, daß der Release der Radeon R300 OEM-Grafikkarten (neben den Fiji-basierten Grafikkarten) noch nicht alles gewesen ist, daß wir also nach wie vor eine komplette neue Serie an Retail-Grafikkarten erwarten können. Nebenbei weist das in der ersten Roadmap-Slide gezeigte (halbe) Bild einer augenscheinlichen Radeon R9 390X WCE auch noch auf die Korrektheit der kürzlich herumgereichten Renderbilder zur Radeon R9 390X WCE hin.

AMD FAD '15 – AMD 2014-2015 Desktop Graphics Roadmap
AMD FAD '15 – AMD 2014-2015 Desktop Graphics Roadmap
AMD FAD '15 – AMD 2014-2015 Mobile Graphics Roadmap
AMD FAD '15 – AMD 2014-2015 Mobile Graphics Roadmap