Zum Launch des Core i7-980X

Freitag, 12. März 2010
 / von Leonidas
 

Mit dem Donnerstag hat Intel seinen ersten Sechskern-Prozessor für den Desktop-Bereich in Form des Core i7-980X auf Gulftown-Basis etwas vorfristig in den Markt geschickt (vorab wurde der 16. März als Launchtermin gehandelt) und eröffnet damit der Wettringen im Markt der Prozessoren mit mehr als vier physikalischen Rechenkernen. Beim Core i7-980X handelt es sich um eine "Extreme Edition" mit dem entsprechenden Listenpreis von 999 Dollar – praktisch ist das ganze also derzeit eher eine Machbarkeitsstudie mit angeschlossenem Werbeeffekt, niemand erwartet von diesem Prozessor in irgendeiner Form bedeutsame Umsätze. Demzufolge ist das Preis/Leistungsverhältnis keiner echten Betrachtung wert (weil einfach schlecht), es geht wohl eher darum, was Intel hier an Technik auffährt: Und dies ist durchaus beachtbar, immerhin werden zur höchsten Nehalem-Taktfrequenz von 3.33 GHz einfach noch zwei physikalische und zwei logische Rechenkerne hinzugelegt – und dies weiterhin innerhalb der bekannten TDP-Grenze von 130 Watt.

Prozessor Technik Modelle
Core i7-98x Gulftown, 32nm, HexaCore + HyperThreading, 1,5 MB Level2-Cache, 12 MB Level3-Cache, TurboMode (max. 266 MHz mehr), Intel VT, TripleChannel-Speicherinterface bis DDR3/1066, Sockel 1366 (X58-Plattform) 980X – 3.33 GHz (130W TDP)
999$ / ca. 900 Euro
Core i7-97x Bloomfield, 45nm, QuadCore + HyperThreading, 1 MB Level2-Cache, 8 MB Level3-Cache, TurboMode (max. 266 MHz mehr), Intel VT, TripleChannel-Speicherinterface bis DDR3/1066, Sockel 1366 (X58-Plattform) 975 XE – 3.33 GHz (130W TDP)
999$ / ca. 900 Euro
960 – 3.2 GHz (130W TDP)
562$ / ca. 500 Euro
930 – 3.06 GHz (130W TDP)
284$ / ca. 260 Euro

Die reale Stromaufnahme des Core i7-980X liegt laut HT4U und dank der 32nm-Fertigung sogar etwas unterhalb der eines Core i7-975 XE (45nm-Fertigung), in dieser Frage ist das Sechskern-Modell sogar besser als die bisherigen HighEnd-Vierkerner von Intel. Auch für Intel zahlt sich die kleinere Fertigung im übrigen aus: Der zugrundliegende Gulftown-Kern ist mit 240mm² Die-Fläche minimal kleiner als der Bloomfield-Kern der Core i7-9xx Prozessorenserie (263mm²). Allerdings hat das ganze auch seine Limits: Beim TurboMode ist der Core i7-980X noch etwas zurückhaltender als die Bloomfield-Modelle: Während diese im DualCore-Betrieb wenigstens einen Mehrtakt von 266 MHz anbieten konnte, sind es beim Core i7-980X nur 133 MHz Mehrtakt im DualCore-Betrieb – nur im SingleCore-Betrieb kann der Sechskerner auf 266 MHz Mehrtakt unter dem TurboMode kommen.

1 Kern 2 Kerne 3 Kerne 4 Kerne
Core i5-6xx + 266 MHz + 133 MHz - -
Core i5-750 + 533 MHz + 533 MHz + 133 MHz + 133 MHz
Core i7-860 + 666 MHz + 533 MHz + 133 MHz + 133 MHz
Core i7-870 + 666 MHz + 533 MHz + 266 MHz + 266 MHz
Core i7-97x + 266 MHz + 266 MHz + 133 MHz + 133 MHz
Core i7-980X + 266 MHz + 133 MHz + 133 MHz + 133 MHz

Generell ist der TurboMode eher denn ein Feature, welcher auf den niedriger getakteten Prozessoren größere Wirksamkeitschancen hat – auf den ziemlich hoch getakteten Prozessoren kann Intel einfach keine größeren TurboMode-Aufschläge einplanen, weil dann aufgrund des hohen absoluten Takts die Stabilität der Prozessoren irgendwann einmal gefährdet sein würde. Und natürlich muß auch klar gesagt werden, daß Intel derzeit und in absehbarer Zukunft an der Leistungsspitze nicht wirklich etwas tun muß, da die kommenden Sechskerner von AMD ein anderes, klar niedrigeres Leistungsspektrum besetzen werden und den Core i7-980X von seinem Performancethron so schnell kein anderer Prozessor mehr herunterholt. Seine Spitzenleistungen kann der Core i7-980X aber derzeit wirklich nur in extrem gut angepassten Applikationen bzw. Benchmarks zeigen – und außerhalb dessen ist die Performance oftmals kein Stückchen besser als die des Vierkern-Modells Core i7-975 XE mit demselben Taktfrequenz.

Ganz allgemein betrachtet zeigen sich hier deutliche Limits für Sechskern-Prozessoren, die dann auch die kommenden AMD-Modelle betreffen werden: Die Auswahl der Software, welch gut mit dem Sechskerner skaliert, ist derart begrenzt, daß man vorher wirklich explizit abchecken sollte, ob man mit der eigenen Softwarelandschaft wirklich von einem Sechskern-Modell profitiert. Auch ist derzeit nicht zu sehen, daß sich die Softwareentwickler nun auf den Weg zu Sechs- und Mehrkernmodellen begeben würden, wie dies seinerzeit bei der Einführung von DualCore- und QuadCore-Prozessoren prognostiziert wurde und dann auch eintraf. Hier am Sechskern-Prozessor wird sich die Softwarelandschaft aufteilen in Programme, welche prinzipbedingt gut mit vielen Kernen zurechtkommen und daher zumeist ohne großen Aufwand in diese Richtung programmierbar sind – und solche Programme, welche nur unter immer größeren Anstrengungen auf immer mehr Rechenkerne auszulegen sind.

Und bei letzteren Programmen entscheidet der Softwareentwickler einfach nach dem Aufwand/Nutzen-Prinzip: Ein Durchbruch von Prozessoren mit mehr als vier Rechenkernen ist noch nicht im Ansatz irgendwann einmal absehbar – womit eine Programmierung in diese Richtung hin, gerade wenn der Aufwand hierfür mit steigender Kernanzahl immer mehr zunimmt, nicht ökonomisch ist. Dies mag etwas anderes sein bei grundlegend neu programmierter Software, hierfür wird man eventuell auch ganz andere Programmieransätze wählen, welche später einmal den möglicherweise auftauchenden ManyCore-Prozessoren zugutekommen. Aber in der Praxis baut die derzeit vorhandene Softwarelandschaft doch vorwiegend auf Programmen auf, welche über Jahre und teilweise Jahrzehnte aus diversen Vorgängerversionen entwickelt wurde und dementsprechend ursprünglich einmal ausschließlich für SingleCore-Prozessoren vorgesehen war. Bis dagegen regelrecht neu entwickelte Software einen beachtbaren Anteil an den allgemein genutzten Programmen hat, vergeht sicherlich noch mehr als eine Dekade.

Demzufolge ist derzeit auch nicht zu sehen, daß die Sechskern-Prozessoren in der kurz- und mittelfristigen Zukunft auf mehr und mehr Anwendungen treffen werden, welche auf diese Prozessoren gut angepasst sind. Sicherlich wird es immer mehr Anwendungen geben, welche diesen Prozessoren entgegenkommen – aber um sechs echte Rechenkerne so auszulasten, daß es auch zu beachtbar mehr Performance kommt, ist nicht einfach irgendeine "Sechskern-Optimierung" notwendig, sondern es muß sich um eine hochwertige Sechskern-Optimierung handeln (oder die Software muß generell sehr gut parallelisierbar sein). Damit ist konkret gemeint, daß es nicht ausreichend ist, wenn die Software irgendwie auch sechs oder mehr Threads auf die CPU loslassen kann – erst wenn dies zu einem Performancevorteil führt, ist die Optimierung auch zweckmäßig.

Intel-Liste der Spiele, welche auf 4 oder mehr Threads optimiert sind

Im konkreten Fall hat Intel sowieso nur eine Liste der Software erstellt, welche auf "4 oder mehr Threads" optimiert ist – die Liste gilt somit genauso auch für alle QuadCore-Modelle von Intel und es ist nicht klar, ob sich unter den aufgezählten Titel auch nur einer befindet, welcher denn wirklich auf 6 Threads (und mehr) optimiert wurde. Gerade im Spielebereich sieht es laut den ersten Benchmarks zum Core i7-980X ziemlich extrem mau mit Sechskern-Optimierungen aus – wenn sich etwas mal bewegt, dann dürfte hieran in erster Linie der größere Level3-Cache des Gulftown-Cores schuld sein, welcher die CPU auch im DualCore- und QuadCore-Betrieb geringfügig beschleunigen kann (Beispiele: Far Cry 2 bei der ComputerBase und GTA 4 bei der PCGH).

Eine richtige Anwendungsmöglichkeit für sechs Rechenkerne ist im Spielebereich eigentlich nur bei Strategietiteln zu sehen, wo umfangreiche KI-Berechnungen ablaufen, welche normalerweise einigermaßen gut parallelisierbar sein müssten. Leider hängen gerade in diesem Spielegenere die Spieleentwickler derzeit deutlich der aktuellen Entwicklung zurück – die letzten Strategietitel waren eher denn auf DualCore-Prozessoren optimiert und zeigten teilweise unter QuadCore-Prozessoren gar keine Performancevorteile. Dies mag sicherlich mit den mittlerweile langen Entwicklungszeiten im Spielesektor zusammenhängen – aber natürlich auch der Frage, daß der Spieleentwickler üblicherweise für den Massenmarkt entwicklen muß und dort eben nach wie vor die DualCore-Prozessoren dominieren. Sprich: Ein Spiel mit einer solch hohen CPU-Last, daß dieses nur mit einem QuadCore- oder gar HexaCore-Prozessor befriedigend läuft, kann sich kein Spielentwickler leisten heutzutage auf den Markt zu bringen (Ausnahmen bestätigen die Regel: GTA 4).

Aus diesem Grund werden wir wohl selbst mittelfristig nur Spiele (und andere Software) sehen, welche einen gewissen Nutzen aus QuadCore-Prozessoren ziehen, ohne aber diese vorauszusetzen – denn wenn ein Spiel ein QuadCore-Modell voraussetzen würde, wäre es unter einem DualCore-Modell fast zwangsläufig unspielbar. Diese Langsamkeit der Entwicklung wird HexaCore-Prozessoren im Spielesegment wohl noch lange Zeit maßgeblich ausbremsen, Optimierungslisten hin und her. Hier ist dann doch ein bedeutsamer Unterschied zum Marktstart der ersten DualCore- und ersten QuadCore-Prozessoren zu sehen: Bei diesen Prozessoren gab es eine gute und sich derzeit erfüllende Aussicht auf besser angepasste Software. Für HexaCore-Prozessoren ist diese Aussicht eher trübe – wenn, dann wird sich hier vielleicht langfristig etwas bewegen, aber sicherlich kaum in den nächsten zwei bis drei Jahren.

In der Summe handelt es sich beim Core i7-980X um eine tolle Technologiedemonstration mit begrenztem Anwendernutzen. Wenn es zur eigenen Softwarelandschaft passt, kann der Prozessor sicherlich seine Vorteile zeigen – aber dies dürfte eben auf eine Handvoll Anwender begrenzt sein. Der hohe Preis limitiert die Anzahl der potentiellen Käufer zusätzlich – gerade für die im Durchschnitt sehr überschaubare Mehrperformance des Sechskerners ist der Preis schlicht zu hoch. Wahrscheinlich dürfte dies AMD mit seinen kommenden Sechskern-Modellen besser machen – wenngleich auch AMD vor dem Problem stehen dürfte, genügend Anwendungen zu finden, in welchen diese Prozessoren ihre Vorteile zeigen können.