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News des 27. Februar 2008

Erneut beim chinesischsprachigen PConline (maschinelle Übersetzung ins englische) gibt es den ersten Tests eines AMD DualCore Sempron-Prozessors, im genauen des Modells 2100+ mit 1.8 GHz. Wie Intel mit dem Celeron 1200 bringt AMD damit die DualCore-Technologie auch ins LowCost-Segment, mittelfristig dürften somit auch die letzten noch vorhandenen SingleCore-Prozessoren aus dem Markt verschwinden. Den Sempron 2100+ bildet AMD im übrigen aus einem gewöhnlichen K8-Core in 65nm, der Level2-Cache liegt allerdings nur bei 2x 256 kByte (wobei dies bei einigen kleinen Athlon 64 X2 Modellen auch nicht anders ist). Im Test gegen eben jenen Celeron 1200 schlägt sich der Sempron 2100+ ganz gut und erreicht einen ungefähren Gleichstand.

In der Praxis spricht gegen beide LowCost-Prozessoren allerdings der Umstand, dass bei AMD die Straßenpreise der kleinsten Athlon 64 X2 Modelle inzwischen ausreichend tief genug sind, um problemlos mit Sempron 2100+ und Celeron 1200 zu konkurrieren. So kostet der ebenfalls mit im Test befindliche Athlon 64 X2 3600+ mit 2.0 GHz und den gleichen 2x 256 kByte Level2-Cache nicht wirklich mehr als die beiden genannten LowCost-Prozessoren, liegt in den angestellten Benchmarks aber im Mittel vor diesen Prozessoren. In Komplettsystemen dürfte der Sempron 2100+ allerdings sicherlich trotzdem seinen Weg machen, dürfte AMD dort wohl entsprechende Rabatte für OEM-Großabnehmer einräumen.

Zum gestern eigentlich schon behandelten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Online-Durchsuchung noch ein paar Nachträge: Erstens einmal hat das mit dem Urteil deklarierte Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme nicht nur die beschriebenen Auswirkungen auf das Verhältnis der Bürger zum Staat, sondern auch auf das Verhältnis der Bürger zur Privatwirtschaft. Denn auch diese wird zukünftig dieses Grundrecht beachten müssen und kann nicht mehr einfach so jede Idee umsetzen, für welche es kein spezielles gesetzliches Verbot gibt. Dies gilt beispielsweise für diverse Auswüchse von Trusted Computing, wo dem Nutzer unbemerkt die Kontrolle über das eigene Systeme entzogen werden soll. Inzwischen ist die Industrie zwar aufgrund energischer Proteste von solcherart Plänen offiziell abgerückt, das neue Grundrecht steckt aber gleich einmal für zukünftige ähnliche Überlegung den rechtlichen Rahmen ab.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass das Bundesverfassungsgericht mit seiner Differentierung, wo das genannte Grundrecht dann doch ausnahmsweise aufgehoben werden kann, indirekt auch eine Aussage zur Frage getroffen hat, ob jegliche Ermittlungsmaßnahme eingesetzt werden soll, sofern sie nur Nutzen verspricht. Dies ist gern die Argumentation der Sicherheitsbehörden und auch einiger Politiker, diesem hat das Bundesverfassungsgericht aber eine gehörige Abfuhr erteilt: So darf das neue Grundrecht nur noch bei einer konkreten Gefahr aufgehoben werden – und wenn diese Gefahr vorbei ist, hat auch der Grundrechtseingriff zu unterbleiben. Konkret bedeutet dies, dass beim Verdacht auf ein konkret geplantes Tötungsdelikt online-durchsucht werden darf, bei der Aufklärung einer begangenen gleichwertigen Tat dieses Untersuchungsmittel aber schon wieder tabu ist.

Was sich erst einmal widersprüchig anhört, hat durchaus seinen Sinn: Das Bundesverfassungsgericht gibt dem neuen Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen so hohen Rang, dass prinzipiell erst einmal keinerlei Ausnahmen vorgesehen sind. Nur dann, wenn sich eine konkret geplante Tat verhindern lässt, wird dieses ausnahmsweise doch zulässig. Der Aufhänger ist hierbei also nicht die Höhe der verfolgten Straftat, sondern nur der Punkt der Rettung von Leib und Leben. Damit gibt es die Online-Durchsuchung also nicht als reguläre Maßnahme zur Straftatenaufklärung – womit wie gesagt indirekt auch ausgesagt wird, dass mitnichten jede erfolgversprechende Maßnahme auch benutzt werden darf. Gerade die hier dem Urteilsspruch zugrundeliegende Idee der freiwilligen Möglichkeits-Beschneidung dürfte sich als Richtschnur für ähnliche Fälle in der Zukunft noch bezahlt machen.

Und letztlich müssen wir uns im Fall der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) noch etwas korrigieren: Diese ist gemäß Richterspruch nun doch erlaubt und wird auch nicht direkt der Online-Durchsuchung zugehörig gesehen. Dies allerdings unter der Voraussetzung, dass mittels der Quellen-TKÜ keine anderen Inhalte des Zielcomputers betroffen sind oder abgehört werden können. Hier wird es entscheidend darauf ankommen, wie man diese Aussage letztlich auslegt – denn rein technisch entspricht die Quellen-TKÜ einwandfrei einer Online-Durchsuchung. Dass sich die Ermittler bei einer Quellen-TKÜ freiwillig die Verpflichtung auferlegen, nur Telefongespräche mitzuhören, ändert an der technischen Konstellation erst einmal gar nichts.

Somit stellt sich die Frage, ob es überhaupt möglich ist, eine Quellen-TKÜ durchzuführen, ohne das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme zu verletzen – wenn dabei irgendwelche Dateien auf den Zielcomputer übertragen werden, erscheint dies eigentlich unmöglich mit diesem Grundrecht vereinbar. Denn das Grundrecht bezieht sich schon des Namens her auf die Integrität von IT-Systemen – wenn da auf dem eigenen Computer eine polizeiliche Software zur Telefonüberwachung schlummert, widerspricht dies schon dem Namen des Grundgesetzes, selbst wenn wirklich und ausschließlich nur Telefoniedaten mitgeschnitten werden. Wenn, dann erscheint eine Quellen-TKÜ nur mit dem neuen Grundrecht vereinbar, wenn man nicht direkt in den für die Telefonverbindung benutzten Computer einsteigt – was dann wiederum an der Verschlüsselung von Voice-over-IP-Verbindungen scheitern sollte.

Dieser Punkt der Quellen-Telekommunikationsüberwachung ist bislang unserer Meinung nach noch halbgar geklärt, weil das Bundesverfassungsgericht diese zum einen als zulässig erklärt hat, andererseits diese Maßnahme in der heutigen Durchführungsform (mittels Trojaner) sich automatisch mit dem Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme beißt. Sollte das Bundesverfassungsgericht wirklich meinen, das ein Trojaner-Einsatz nur für die Quellen-TKÜ nicht das neu deklarierte Grundrecht verletzen würde, wäre jenes in der Tat nur halb so viel wert. In diesem Punkt bleibt die Angelegenheit also weiterhin spannend – noch dazu, wo unsere Strafermittler und Verfolger von vermeintlichen, echten und einfach mal so deklarierten Terroristen in Zukunft die Quellen-TKÜ sicherlich noch viel häufiger einsetzen wollen, da Voice-over-IP nun einmal weiterhin rasant an Bedeutung gewinnt.