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News des 19. Juni 2008

Einen etwas seltsamen Halb-Launch hat ATI mit der Radeon HD 4850 am Donnerstag hingelegt: Obwohl der offizielle Launchtermin des RV770-Chips weiterhin der 25. Juni ist, zu diesem Zeitpunkt auch erst die große RV770-Variante Radeon HD 4870 ins Rennen geschickt wird und derzeit offiziell noch keine Details der RV770-Architektur bekanntgegeben werden dürfen, wurden seitens ATI/AMD aber Benchmarks der kleineren RV770-Variante Radeon HD 4850 trotzdem schon erlaubt, welche sich dementsprechend auch schon in reichlicher Zahl eingefunden haben. Und trotz dieser (vermeintlichen) Hindernisse glänzt die Radeon HD 4850 überaus in diesen ersten Benchmarks.

Dabei muß zuerst einmal klar sein, daß diese Karte nicht als Konkurrenz zur GeForce GTX 260/280 gedacht ist: ATI setzt die Radeon HD 4850 in ihrer 512-MB-Ausführung zu einem sensationell günstigem Listenpreis von 199 Dollar (vow MwSt.) an, was hierzulande in ersten Listungen zwischen 145 und 170 Euro (inkl. MwSt.) resultiert. Damit geht die Radeon HD 4850 in preisliche Konkurrenz zur GeForce 8800 GT 512MB sowie zur GeForce 8800 GTS 512MB, was weit weg von der GeForce GTX 260 mit derem deutlich höheren Preispunkt von ab 300 Euro ist. Und gegenüber diesen Karten setzt sich die neue ATI-Lösung klar durch, sie spielt eigentlich in einer höheren Liga.

Denn von der Performance – gerade unter höheren Auflösungen mit starkem Einsatz von Anti-Aliasing (4x oder auch 8x) – kann sich die Radeon HD 4850 eher mit den deutlich teureren Karten GeForce 8800 Ultra und Radeon HD 3850 X2 messen. Hier scheint ATI ein äußerst heisses Eisen im Feuer zu haben, welches zu diesem Preispunkt die nVidia-Karten desselben Preissegments massiv unter Druck setzt. Erschwerend für nVidia kommt hier noch hinzu, daß deren Konter nicht ganz so einfach zu realisieren sein wird: Die GeForce 8800 GTX und Ultra sind faktisch ausgelaufen – und die GeForce 9800 GTX kommt von der Performance nicht hinter der Radeon HD 4850 hinterher.

nVidia kann die GeForce 9800 GTX zwar im Preis entsprechend absenken (was aber auch Auswirkungen auf die Preise von GeForce 8800 GT und GeForce 9600 GT haben dürfte), wird aber bezüglich der Performance weiterhin nur zweiter Sieger bleiben – für nVidia in letzter Zeit eine wirklich ungewohnte Situation. Auf der anderen Seite kann das GeForce GTX 260 Design kaum in Bälde so günstig werden, als daß der Preispunkt der Radeon HD 4850 zu erreichen wäre. Damit scheint nVidia zumindest kurzfristig keine Antwort auf die Radeon HD 4850 zu haben, was ATI die Gelegenheit gibt, reichlich Marktanteile mit dieser Karte zu erobern.

Vor allem aber löscht die Radeon HD 4850 zu diesem Preispunkt einige der bisher bestehenden Preis/Leistungsempfehlungen im Mainstream-Segment aus – und zwar deutlich. So müsste die ca. 20 Prozent langsamere GeForce 8800 GT schon deutlich im Preis sinken, um noch eine Marktchance zu haben – und zwar sicherlich um mehr als die 20 Prozent Performance-Abstand. Gleiches trifft auf die GeForce 9600 GT zu, die ca. 35 Prozent weniger Performance auf die Waage bringt und deren Preis hierzu auch nicht mehr vollständig angemessen erscheint und dementsprechend sinken sollte. Allerdings vernichtet ATI auch deutlich das eigene Geschäft mit Radeon HD 3850/3870 und den entsprechenden X2-Lösungen.

Gerade letztere werden komplett uninteressant: Die Radeon HD 3870 X2 ist zwar ein wenig schneller als die Radeon HD 4850, jedoch deutlich teurer und ist auch aufgrund des aufwendigen Designs preislich niemals in deren Nähe zu drücken. Die Radeon HD 3850 X2 hat hingegen die in etwa gleiche Performance, beim Preis trifft das gleiche Urteil zu, welches beide Karte automatisch auf Auslauf setzt. Die Radeon HD 3870 hingegen liegt ähnlich wie die GeForce 9600 GT um ca. 35 Prozent zurück und empfiehlt sich ohne weiterer Preissenkungen damit ebenfalls als Auslaufware. Nur die Radeon HD 3850 dürfte als Resteverwertung des RV670-Chips noch eine Zeitlang bestehen bleiben, allerdings sind auch bei dieser um satte 45 Prozent zurückliegenden Karte noch Preissenkungen zu erwarten.

Insofern wirbelt bereits die Radeon HD 4850 das bisherige Preisfeld gehörig durcheinander (womit der Marktüberblicks-Artikel demnächst neu zu verfassen wäre) – womit die Spannung steigt, was ATI bei der wie gesagt am 25. Juni antretenden Radeon HD 4870 noch reissen wird können. Diese Karte wird mit höheren Taktraten bei Chip und Speicher antreten, wobei insbesondere der Speichertakt interessant ist, dürfte dieser doch durch den erstmaligen Einsatz von GDDR5-Speicher eine nahezu doppelte Bandbreite gegenüber der Radeon HD 4850 mit sich bringen. Ob das gegenüber der GeForce GTX 260 reichen wird, bliebe abzuwarten, die Vorzeichen dafür stehen aber durchaus gut.