15

Hardware- und Nachrichten-Links des 14./15. November 2020

Seitens Twitterer 'ExecutableFix' kommen in zwei Meldungen – Tweet #1 & Tweet #2 – interessante Informationen zur "Zen 4" Server-Ausführung "Genoa" bzw. dessen Kern-Ausbau herein. Innerhalb der Zen-3-Generation gibt es wie bekannt maximal 64 CPU-Kerne, mittels Genoa scheint AMD dieses bisherige Limit zu verlassen und geht hingegen auf (bis zu) 96 CPU-Kerne hinauf. Grundlage hierfür ist allerdings wohl weiterhin ein 8-Kern-Chiplet (CCD), welches bei Genoa dann nicht maximal achtmal, sondern maximal zwölfmal verbaut wird. Dies deutet darauf hin, dass sich bei den Zen-4-basierten Consumer-Prozessoren, welche letztlich dasselbe CCD (Core Complex Die = Core-Chiplet) tragen werden, wohl eher nichts ändert: Um dort mehr CPU-Kerne zu ermöglichen, müsste man genauso mehr CCDs ansetzen, was aber für den Consumer-Markt kaum als sinnvoll erscheint. Ein "Mehr" an CPU-Kernen dürfte sich dort erst dann ergeben, wenn AMD eines Tages mehr CPU-Kerne in ein CCD presst.

Genoa will have 96 cores, PCI-e 5.0 and DDR5.
A core config of 8 cores per CCD, 12 CCDs per package.

Quelle:  ExecutableFix @ Twitter in Tweet #1 & Tweet #2 am 14. November 2020

In Stein gemeißelt ist dies natürlich nicht, AMD ist in dieser Frage vollkommen flexibel und kann jegliche Kern-Bestückungen in alle Marktsegmente schicken (bis auf den APU-Bereich, sofern dort weiterhin monolitische Lösungen antreten). Entscheidend dürfte hierbei letztlich sein, was die Konkurrenz (Intel) anbietet und was für den Markt sinnvoll ist – und da sind oberhalb von 16 CPU-Kernen im Consumer-Bereich doch eher grenzwertig. Vermutlich verbleibt die Zen-4-Generation somit bei maximal 16 CPU-Kernen im Consumer-Bereich, allein für das HEDT-Segment ergibt sich die Chance auf die Nutzung der vollen 96 CPU-Kerne des Server-Segments. Im Consumer-Bereich dürfte sich AMD mittels "Zen 4" somit eher anderen Dingen zuwenden: Eventuelle IPC-Steigerungen, neue Plattform mit neuem Sockel (AM5) und wahrscheinlichem Support für PCI Express 5.0 und DDR5-Speicher (sicher für den Server-Bereich, aber noch unbestätigt für den Consumer-Bereich) – und letztlich anzunehmenderweise Taktratensteigerungen. Jene sollten über die kolportierte 5nm-Fertigung von Zen 4 durchaus realisierbar sein, schließlich dürfe über die kleinere Fertigung auf gleichem Takt der Stromverbrauch beachtbar absinken (und somit zumindest den TDP-Raum für Taktratensteigerungen generieren).

Nachzutragen sind noch die Aussagen von Tom's Hardware zu den AMD-Marktanteile bei x86-Prozessoren für das dritte Quartal 2020: Jene haben sich in diesem wiederum leicht nach vorn gearbeitet, AMD springt somit erstmals sowohl bei Desktop- und Mobile-Prozessoren als auch insgesamt über die 20-Prozent-Marke. Die jeweilige Differenz zum Vorquartal ist allerdings zumeist arg klein – insofern liegt hier kein echter Marktumschwung vor, sondern wird halt nur eine interessante Markierung überwunden. Derzeit legt AMD pro Jahr ungefähr 3 Prozentpunkte Marktanteil bei Desktop-Prozessoren sowie 3-4 Prozentpunkte bei Mobile-Prozessoren sowie im insgesamten x86-Feld (ohne IoT/Embedded/SemiCustom-Prozessoren) zu. Davon ausgehend erscheint es als ziemlich langfristige Aufgabe, auf ein für ein Duopol gesundes Marktverhältnis von wenigstens 40% Marktanteil zu kommen – aber womöglich kann Zen 3 diese Entwicklung beschleunigen, dessen Wirken ist in diesem Zahlen logischerweise noch nicht erfasst.

x86 Desktop x86 Mobile x86 Server x86 insgesamt
Q3/2020 20,1% vs. 79,9% 20,2% vs. 79,8% 6,6% vs. 93,4% 20,2% vs. 79,8%
Q2/2020 19,2% vs. 80,8% 19,9% vs. 80,1% 5,8% vs. 94,2% 19,7% vs. 80,3%
Q1/2020 18,6% vs. 81,4% 17,1% vs. 82,9% 5,1% vs. 94,9% 17,5% vs. 82,5%
AMD-Marktanteil in rot, Intel-Marktanteil in blau – Quelle aller Zahlen: Mercury Research via Tom's Hardware (jeweils ohne IoT/Embedded/SemiCustom-Prozessoren)

Wie wohl (hoffentlich) allgemein bekannt, hat der EU-Ministerrat unter der Woche einen neuen Vorstoß bezüglich der Überwachung verschlüsselter Kommunikation vorgenommen, initialer Ausgangspunkt hierfür ist eine Meldung des ORF. Dabei geht es nicht um Verschlüsselungs-Software per se, sondern "allein" um verschlüsselte Kommunikation, beispielsweise im Rahmen von WhatApp. Allerdings geht es hierbei auch nicht nur um einen exklusiven Zugang zu den jeweiligen Plattform-Betreibern, um dann ausgewählte Chats mitzulesen – die präferierte Methode ist tatsächlich der eines Generalschlüssels zur eigentlichen Nachrichten-Verschlüsselung. Damit wäre ein Betreiber-unabhängiges Mitlesen der kompletten verschlüsselten Kommunikation möglich – sowohl von Seiten der dafür berechtigten Geheimdienste und staatlichen Ermittler, als auch natürlich von allen anderen Personen mit Zugriff auf diesen Generalschlüssel. Es wären technisch andere Lösungen vorstellbar, aber mit dieser Lösung muß die Verschlüsselung schlicht eine Sollbruchstelle bekommen – was logischerweise einen indirekten Aufruf an Hacker und nicht beteiligte Geheimdienste darstellt, selbige zu knacken. An dieser Stelle entzündet sich derzeit die Diskussion: Eine Sollbruchstelle in der Nachrichten-Verschlüsselung ist für viele nicht hinnehmbar und mit einem faktischen Ende jener Verschlüsselung gleichzusetzen.

Die deutsche Bundesregierung hat zwar einen solchen Weg dementiert, die Ausführungen des ORF zu diesem Punkt sind jedoch weitgehend eindeutig. Für den augenscheinlichen Zweck, dass auch die Geheimdienste mitlesen können, braucht es zudem letztlich genau diesen Generalschlüssel, weil die Geheimdienste naturgemäß nun einmal alles mitlesen wollen. Rein für Strafverfolger wäre hingegen auch ein weniger invasiver Eingriff denkbar, bei welchem allein das Mitlesen ausgewählter Chats betrieben würde – dies könnte dann ohne einen Generalschlüssel über die Technik des jeweiligen Plattform-Betreibers ablaufen. Schön wäre auch dieser Weg nicht, selbiger würde aber wenigstens ohne technische Sollbruchstelle auskommen. Inwiefern irgendetwas davon in die Praxis umgesetzt wird, bleibt allerdings abzuwarten: Laut dem ORF soll es zwar schnell gehen, aber selbst eine entsprechende EU-Richtlinie müsste dann erst einmal in nationales Gesetz umgesetzt werden, was sich dann wiederum vor der öffentlichen Diskussion und den Gerichten behaupten muß. Hier sind durchaus interessante Klagen zu erwarten, welche der Unmöglichkeit nachgehen, eine Verschlüsselung aufrecht zu halten, sofern ein Nachschlüssel existiert.  (Foren-Diskussion zum Thema)