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Hardware- und Nachrichten-Links des 15. April 2020

Während zuletzt noch die enormen Differenzen zwischen Retail- und Gesamtmarkt im Prozessoren-Geschäft angesprochen wurden, kommt von AnandTech-Mitarbeiter Ian Cutress auf Twitter die vielsagende Meldung, das Intel angeblich den NUC-Herstellern besondere Zuwendungen gibt, sofern jene keine AMD-Prozessoren verbauen bzw. ihre AMD-Versionen verzögern. Natürlich kommt diese Aussage unbelegt daher (dürfte sich aber sowieso nur durch interne Unterlagen belegen lassen, an die kaum jemand herankommt), die Quelle der Aussage darf aber als ausreichend seriös eingeschätzt werden, als das man nicht aus Jux und reinem Klickbait eine solche Meldung veröffentlichen würde. Über die Natur der Zuwendungen ist genauso wenig etwas bekannt, möglicherweise gibt es extra Rabatte oder die oft benutzten Werbekostenzuschüsse. Trotz der wenigen vorliegenden Informationen in diesem Fall kann aber gesagt werden, das falls diese Meldung zutrifft, hiermit wieder ein klarer Wettbewerbsverstoß stattfindet. Denn irgendwelche Zuwendungen sind in jedem Fall illegal, wenn jene sich auf den Ausschluß eines Wettbewerbers beziehen.

Some of the more prominent NUC vendors get incentives to not build AMD versions (or delay them).
Quelle:  Ian Cutress von AnandTech auf Twitter am 13. April 2020

Wenn Intel also für Intel-Exklusivität von NUC-Herstellern extra Geld (o.ä.) locker macht, dann wäre dies ein nicht wegdisktierbarer (neuer) Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht – und die guten Sitten obendrein. Der Fall einer reinen Verzögerung von nicht-Intel-NUCs mag auf den ersten Blick weniger schwer wirken, macht den Wettbewerbsverstoß aber vielleicht sogar noch offensichtlicher. Erstaunlich ist, das Intel sich überhaupt auf so etwas einläßt, denn in dieser Frage ist man ein gebranntes Kind und müsste im Fall einer Wiederholung eventuell mit härteren Strafen rechnen als seinerzeit zu den Nuller-Jahren. Möglicherweise sah Intel angesichts der regulatorischen Schwäche der derzeitigen US-Administration eine größere Chance, so etwas ungeschoren durchziehen zu können – was augenscheinlich nicht funktioniert hat. Die NUC-Hersteller stehen damit nun unter Druck, sich selbst durch die schnelle Veröffentlichung von AMD-basierten NUCs von jeglichem Verdacht freizustellen, hierbei mitgemacht zu haben – und eventuell hat auch irgendjemand so viel Cojones, AMD das entsprechende Vertragswerk zuzuspielen. Erst darüber wäre zu erfahren, ob auch wirklich etwas dran ist an dieser Meldung – vorher pendelt das Thema leider zwischen unbelegbarem Verdacht und der Unschuldsvermutung.

Gemäß Golem wird Huawei zukünfig einige seiner Smartphone-SoCs nicht mehr beim Branchenriesen TSMC in Taiwan, sondern beim chinesischen Chipfertiger SMIC herstellen lassen. Dabei wird man die 14nm-Fertigung von SMIC nutzen, ergo dürften aus dieser Fertigung keine Spitzen-SoCs für entsprechende Spitzen-Smartphones kommen – aber natürlich werden auch die Brot-und-Butter-SoCs des Einsteiger- und Mittelklasse-Segments in Millionen-Stückzahlen benötigt. Damit erfüllt sich (schneller als gedacht) die Prophezeiung, das Huawei unter dem Druck des US-Embargos schlicht alles auf chinesische Zulieferer umstellen wird – und sich somit dem US-Embargo zumindest von Zulieferer-Seite her entzieht. Sicherlich spielt hierbei auch mit hinein, dass das US-Embargo rein technisch gesehen zu kurz gedacht und schwach umgesetzt wurde – Huawei somit einiges an Zeit gewinnen konnte, um sich Alternativen zuzuwenden. Zugleich erfüllt sich die Prophezeiung, dass das ganze Huawei-Embargo sich letztlich zum Bumerang einer Anschub-Finanzierung der chinesichen IT-Industrie entwickelt – speziell an diesen Stellen, wo jene bislang noch auf westliche Zulieferer angewiesen war. Wenn der Plan also war, China als neuen US-Kontrahenten im Bereich von Hochtechnologie-IT zu etablieren, dann scheint selbiger derzeit an allen Fronten aufzugehen.

Beim chinesischen Bilibili (maschinelle Übersetzung ins Deutsche) hat man eine "Radeon Pro Vega 20" Mobile-Grafiklösung auseinandergenommen – und kann damit die alte Frage klären, wie die 2018er Chip-Projekte "Vega Mobile" und "Vega 12" zusammenhängen. Jene wurden seinerzeit erst einmal als unterschiedliche Projekte wahrgenommen, auch weil AMD "Vega 12" überhaupt nicht erwähnte bzw. nur intern als Codenamen verwendete. Aufgrund der zum Vega-12-Chip jener "Radeon Pro Vega 20" ermittelten Chipfläche von ~252mm² läßt sich allerdings nunmehr ziemlich sicher annehmen, das "Vega 12" jenem für den Sommer 2018 angekündigtem "Vega Mobile" entspricht – selbige wurde schließlich seinerzeit anhand von AMDs Bildmaterial auf ~241mm² Chipfläche geschätzt. Gesetzt den Punkt, das es arg unwahrscheinlich ist, dass AMD zwei Grafikchips mit nahezu derselben Chipfläche, beiderseits der Vega-Architektur und mit HBM2-Speicher zum nahezu gleichen Zeitpunkt auflegt, ist somit "Vega 12" ergo "Vega Mobile" – letzterer scheint eher ein Verkaufsname zu sein, ersterer der reine Chip-Codename.

Chip Technik Zielsegment Verkaufsnamen
Arcturus ~500mm² in 7nm angeblich 8192 SE reine HPC-Lösungen ?
Vega 20 331mm² in 7nm 4096 SE an 4096 Bit HBM2 HighEnd-Gaming, Profi-Lösungen Radeon VII
Vega 10 484mm² in 14nm 4096 SE an 2048 Bit HBM2 HighEnd-Gaming, Profi-Lösungen Radeon RX Vega 56 & 64
Vega 11 unbekannt unbekannt vermutlich Midrange-Gaming augenscheinlich gestrichen
Vega 12  ("Vega Mobile") ~252mm² in 14nm 1280 SE @ 1024 Bit HBM2 Midrange-Mobilegrafik für Apple Radeon Pro Vega 16 & 20
Polaris 22 ~218mm² in 14nm 1536 SE an 1024 Bit HBM2 Midrange-Mobilegrafik für Kaby Lake-G Radeon RX Vega M GL & GH

Augenscheinlich wollte AMD mit "Vega 12" bzw. "Vega Mobile" allerdings viel höher hinaus, da es schließlich eine allgemeine Ankündigung gab – in der Praxis wurde dann nur Apple für einige Macbooks beliefert. Dies mag möglicherweise damit zusammenhängen, das keines der kleineren Vega-Projekte wirklich den Erwartungen entsprochen hat: Vega 11 wurde augenscheinlich eingestellt und Vega 12 ist mit ~250mm² Chipfläche eigentlich zu fett für einen Grafikchip, der dann nur 1280 Shader-Einheiten (der Vega-Architektur) aufbieten kann. Eventuell sind physikalisch auch etwas mehr Shader-Einheiten verbaut, angesichts jener Chipfläche vermutete man seinerzeit zu "Vega Mobile" eher denn 1792-2048 Shader-Einheiten – dies war aber nur eine spekulative Annahme, welche wahrscheinlich zu hoch liegt. Die Vega-Generation ist damit bei AMD deutlich schmaler ausgefallen als einstmals gedacht, letztlich fällt ja auch noch die integrierte Grafik von Kaby Lake-G hierbei heraus, da technisch nicht Vega-, sondern eben Polaris-basiert.