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Hardware- und Nachrichten-Links des 15./16. November 2014

Sascha Lobo spricht beim Spiegel über die kommenden Jahre als die "Ära des Datenstroms" – und bezieht sich dabei auf die zukünftig wahrscheinlich noch viel extremere Verdonglung des Menschen mit Sensoren und weiteren Datenerhebungs-Hubs. Dies wird natürlich immer Beführworter und Kritiker hervorrufen – doch viel interessanter ist eigentlich, daß hierbei nicht an eine Alternative gedacht wird, welche alle zufriedenstellen kann: Schaut man in frühere Zukunftsliteratur zurück, so wurden allwissende, weil über alle Daten verfügende Supercomputer schon vorhergesagt – während man sich die totale Vernetzung, die Cloud-Idee sowie Daten als Geschäftsmodell zumeist nicht vorstellen konnte. Und dies geschah unter Umständen auch deswegen, weil man sich gerade bei einer Zukunftsfantasie üblicherweise nicht vorsätzlich gegen den Menschen bzw. die menschliche Zivilisation agierende Systeme vorstellt kann oder will. Dafür kam man in der Zukunftsliteratur wie gesagt meistens mit einer einfachen wie eleganten Lösung daher – dem privaten Supercomputer.

All die Datenschutz-Probleme der Neuzeit fallen in sich zusammen, wenn die persönliche benutzten Sensoren sowie die persönlichen Daten nur im eigenen Supercomputer enden – und nach draußen nur das weitergegeben wird, was zwingend notwendig ist. Das eigentliche Problem der schon laufenden und noch kommenden Datenflut ist also weniger die Datenflut an sich, sondern daß jene an das Geschäftmodell "Dienste gegen Daten" gekoppelt ist. Bislang erscheint dies für die Hersteller als der sinnvollere Weg, um zum geringstmöglichen Kostenpunkt so viele Marktanteile wie möglich zu erlangen. Aus Sicht der Konsumenten wäre der private Supercomputer dagegen sinnvoller, welcher beispielsweise die Intelligenz der Google-Suchmaschine in den eigenen vier Wänden und ohne NSA-Backdoor liefert. Einem solchen privaten Supercomputer könnte man dann auch wirklich private bzw. sensible Daten anvertrauen. Ob sich so etwas in der Zukunft realisieren läßt, bliebe allerdings abzuwarten – technologisch dürfte dies kein Problem sein, aber derzeit rennen die Hersteller natürlich zuerst dem einfacher zu erreichenden Konsumenten hinterher.

WBS-Law berichten nochmals zum Fall "Boerse.bz": Danach scheint es nunmehr als gesichert, daß die staatlichen Ermittler tatsächlich Zugriff auf das laufenden Forum gehabt haben, bevor die Hausdurchsuchungs-Welle anlief. So wurden Foren-Nutzer nicht nur anhand der hinterlegten eMail-Adresse, sondern auch anhand von IP-Adressen ermittelt. Scheinbar wurde zudem alles an Foren-Nutzern mit Links zu neuen Downloads abgefischt, was man bekommen konnte – unabhängig der Anzahl der Links oder weiteren Hintergründen. Dies dürfte in den kommenden Gerichtsverfahren vermutlich noch diffizil für die staatlichen Ermittler werden, denn wenn keine der (angeblichen) Geldflüße an die eigentlichen Uploader nachgewiesen werden können, dann handelt es sich bei der reinen Linksetzung auf eine geringe Anzahl an urheberrechtlich geschützten Dateien nicht mehr um eine "gewerbliche Handlung" und damit nicht mehr um eine verfolgenswerte Straftat. Die Strafverfolgung könnte in diesen Fällen komplett eingestellt werden und "nur" noch zivilrechtliche Ansprüche folgen (jene dürften allerdings teuer werden).

Daß reine Nutzer von Boerse.bz noch angegangen werden, kann zudem aus jetziger Sicht inzwischen als nahezu ausgeschlossen betrachtet werden – wenn, dann hätte man dies sofort getan, um das "Verschwinden" von Beweismitteln zu verhindern. Nun aber dürften die staatlichen Ermittler davon ausgehen, daß die ehemaligen Nutzer von Boerse.bz sich derart organisiert haben, daß sowieso keinerlei weitere Beweismittel mehr zu finden sind – womit es zwecklos wäre, noch weitere Hausdurchsuchungen durchzuführen. Diese könnten aufgrund der extrem hohen Anzahl an Nutzern auch nur bei klaren Vielnutzern stattfinden, irgendwo hat dann auch die deutsche Polizei ein personelles Limit. Viel interessanter im Sinne der Ordnungsmacht (als auch der Rechteinhaber) ist aber sowieso die große mediale Berichterstattung über diesen Fall, welche manchem Filesharing-Sünder das Herz in Hose hat rutschen lassen – in der Hoffnung, jene Nutzer in Zukunft wieder auf den Pfad der Tugend zurückführen zu können. Und wenn nicht in manchen Fällen das Angebot der Medienindustrie immer noch teilweise an Raubritter-Methoden erinnert, wäre dies angesichts der Energie, welche die Strafverfolger in diesen strafrechtlich wie auch gesellschaftspolitisch nahezu unrelevanten Fall gesteckt haben, auch vorbehaltlos zu empfehlen.