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Hardware- und Nachrichten-Links des 18./19. April 2020

Mittels einer anderen Darstellungsform lassen sich einige Aussagen des "Mindfactory Grafikkarten Retail-Verkaufsreports Q1/2020" zum aktuellen Stand des Grafikkarten-Retailmarkts vielleicht noch etwas plastischer darlegen. Die wichtigsten Grafikkarten (außerhalb des Einsteiger-Segments) sind hierbei gemäß der Stärke ihrer Stückzahlen-Verkäufe entsprechend groß eingezeichnet, die X-Achse gibt zudem eine schematische (sprich: nicht Skalen-genaue) preisliche Einordnung wieder. Damit lassen sich die Stärken und Schwächen der jeweiligen Angebots-Portfolios ganz gut identifizieren: So hat nVidia ein doch sehr ausgewogenes und breites Portfolio aufgestellt, in welchem es für jeden Preisbereich eine Lösung gibt – auch wenn selbige nicht in jedem Fall zu den Verkaufsschlagern zählen. AMD bietet hingegen ein regelrecht lückenhaftes Portfolio auf: Mit einer beachtbaren Lücke bei ~250 Euro – und dann einer de-facto-Abstinenz bei allen Preispunkten ab 500 Euro (das Feigenblatt der Restposten-Verkäufe zur Radeon VII nicht beachtend). Dass AMD mit diesen großen Portfolio-Lücken überhaupt noch auf einen Stückzahlen-Marktanteil von 41,7% im ersten Quartal kommt, ist dann schon eine beachtbare Leistung – welche zudem andeutet, das AMD mit einem vollständigen Angebots-Portfolio noch viel näher zur 50-Prozent-Marke stehen könnte.

Besonders schmerzlich dürfte diese Erkenntnis bezüglich der vermeidbaren Portfolio-Lücken von AMD bei den genannten ~250 Euro sein – gerade angesichts des Verkaufserfolgs der GeForce GTX 1660 Super zu genau diesem Preispunkt. AMDs Experimente an dieser Lücke waren zudem bisher arg halbherzig: Die preislich nur wenig niedriger angesetzte Radeon RX 5500 XT ist von der Performance her kein Kontrahent zur GeForce GTX 1660 Super – und die von der Performance her grob passende Radeon RX 5600 XT ist wiederum preislich zu hoch ausgefallen, wildert eher (unnützerweise) im Territorium der Radeon RX 5700. Bei der aktuellen Stückzahlen- und Karten-Verteilung wäre eine Radeon RX 5600 XT, welche sich in allen Punkten eher in Richtung der GeForce GTX 1660 Super orientiert, die auf den ersten Blick wohl bessere Wahl gewesen. Zudem fällt mit dieser Grafik auf: Überall dort, wo AMD sinnvolle Angebote aufgestellt hat, liegt man bezüglich der Verkaufszahlen dann auch wirklich gut. Dies trifft auf die Radeon RX 570/580/590 Modelle im Mainstream-Bereich sowie Radeon RX 5500 XT im Midrange-Bereich sehr augenscheinlich zu. Schlecht schneiden nur jene AMD-Lösungen ab, welche preislich unpassend sind: Die klar zu teure Radeon RX 5500 XT sowie die preislich unglücklich (zu nahe an die Radeon RX 5700) angesetzte Radeon RX 5600 XT.

nVidia hat seine Verkaufsschlager dagegen auffallend oft dort, wo AMD überhaupt kein Gegenangebot aufbietet: Zum einen die genannte GeForce GTX 1660 Super – und dann natürlich die GeForce RTX 2070 Super sowie die nachfolgenden noch stärkeren Modelle des Angebots-Portfolios. Die einzige nVidia-Karte mit wirklich starken Verkaufszahlen trotz eines (würdigen) AMD-Kontrahenten ist die GeForce RTX 2060 Super – ansonsten dominiert entweder der eine oder andere Anbieter mit seinem Angebot. Interessanterweise könnte nVidia dann kurzfristig sogar die besseren Chancen zugunsten steigender Marktanteile haben, denn bei AMD dürften die derzeit noch vorhandenen Polaris- und Vega-basierten Angebote in naher Zukunft auslaufen bzw. zumindest weniger verkauft werden. Wenn man sich die vorstehende Grafik mal ohne die mit einem etwas schwächeren Rot gekennzeichneten Radeon RX 570/580/590 sowie Radeon VII denkt, dann würde AMD in dieser Situation reichlich nackt dastehen. Dies macht es für AMD um so dringender, die sich alsbald neu ergebenden Lücken mit Navi-basierten Beschleunigern zu füllen – denn ein vollständiges Portfolio ist wohl einfach Pflicht, um den Marktführer effektiv herauszufordern zu können.

Beim Guru3D macht man auf neue Patent-Auflistungen seitens Twitterer Underfox aufmerksam. Jener hat in zwei Tweet-Threads – Tweet #1 & Tweet #2 – eine ganze Reihe an neuen AMD-Patenten zusammengetragen, wobei der herausstechende Teil sicherlich AMDs fortgesetzte Arbeit an EHP-Designs darstellt. Unter "Exascale Heterogeneous Processor" (EHP) laufen Designs mit Mehrkern-Prozessor, großer iGPU samt HBM-Speicher auf demselben Package – exakt solches schwirrte unter dem Codenamen "Greenland" noch vor den Zeiten der Zen-Architektur im Jahr 2015 durch die Gegend, wurde aber bislang nie umgesetzt. Wie anhand der Patente zu sehen, gibt es aber weiterhin zumindest Grundlagen-Arbeit hieran – wobei Patente natürlich nicht zwingend wegen eines kommenden Produkts eingereicht werden. Vielmehr geschieht dies recht oft nur deswegen, um auf allen denkbaren Entwicklungspfaden eine eigene Basis an Copyright-geschützten Technologien zu erlangen – auf dass man nicht aus rein urheberrechtliche Gründen von irgendwelchen NextGen-Technologien ausgeschlossen werden kann. Aber natürlich hilft es ungemein weiter, wenn man dann irgendwann mal einen dieser denkbaren Entwicklungspfade aktivieren will, das die entsprechende Grundlagen-Arbeit bereits getan ist.

Allerdings ist es inzwischen unwahrscheinlicher geworden, das man die früher oftmals hierzu geäußerte These einer HighEnd-APU weiterverfolgt, denn bislang sind alle diesbezüglichen Projekte deutlich gescheitert. Wenn, dann dürfte so etwas eher nur für den Server-Bereich und dort für spezielle Aufgaben bzw. einzelne Projekte gedacht sein, wo man exakt diese Technik auch wirklich zielführend verwenden kann. Aus heutiger Sicht dürfte dann vermutlich auch keine Gaming-Grafiklösung gemäß der RDNA-Entwicklungsschiene verbaut werden, sondern ein Parallelbeschleuniger gemäß der CDNA-Entwicklungsschiene – was eine Zweitverwendung als APU voraussichtlich ausschließt. Wirklich Sinn ergibt das ganze aber auch nur, wenn AMD hiermit seinen alten, schon mit den ersten APUs propagandierten Ansatz des HSA-Computing (Heterogeneous System Architecture) durchbringen kann – sprich das gemeinsame Rechnen von CPU und GPU an möglichst allen Aufgaben. Dies war zu den allerersten AMD-APUs tatsächlich mal die Zielsetzung, wird aber inzwischen kaum noch erwähnt, weil sich in der Praxis des Normalnutzers zu wenige Anwendungsmöglichkeiten gefunden haben. PS: Der Twitterer stellt auch zum Schmökern einladende Aufstellungen über neue Intel-Patente zur Verfügung: Tweet #1, Tweet #2 & Tweet #3.