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Hardware- und Nachrichten-Links des 28. Januar 2019

Laut Fudzilla soll die Radeon VII angeblich tatsächlich ganze 650 Dollar (oder etwas mehr) in der Fertigung kosten – womit die Karte ein laufendes Minusgeschäft für AMD wäre, denn mit dem Restbetrag zum offiziellen Listenpreis von 699 Dollar sind die Distributionskosten sowie anfallende Steuern nicht wirklich zu begleichen. Allerdings scheint man bei Fudzilla keine vollständig gesicherten Daten vorliegen zu haben, das ganze ist also eher eine per-Daumen-Rechnung als denn wirklich belastbar. Danach kosten die 16 GB HBM2-Speicher gleich satte 320 Dollar (16 GB GDDR6 sind selbst nur im Großhandel für unter 190 Dollar erhältlich), der Interposer schlägt mit 100 Dollar und die Platine samt Kühlkonstruktion für 75 Dollar zu Buche, der Rest (von 155 Dollar) ist dann der Vega-20-Chip. Hierbei rechnen Fudzilla erstaunlicherweise neben den reinen Fertigungskosten auch noch Ingenieursleistungen durch AMD mit ein – obwohl solcherart Allgemeinposten in einer Liste reiner Materialkosten eigentlich nichts zu suchen haben sollten. Grundsätzlich erscheinen diese Zahlen nicht als falsch, hoffentlich liegen die realen Zahlen jeweils etwas niedriger, so das AMD nicht in der Praxis noch etwas oben drauf legen muß bei dieser am 7. Februar antretenden neuen HighEnd-Grafikkarte.

Bei TechPowerUp hat man die VIP-Demo von "Anthem" einem ersten, kurzen Grafikkarten-Test ausgesetzt. Das Spiel setzt augenscheinlich eine vernünftig starke Hardware voraus, ohne deswegen allerdings den ganz großen Hardware-Hunger an den Tag zu legen – soweit liegt alles im Normalbereich. Interessant ist an diesen Benchmarks eher ein sich unter FullHD deutlich zeigendes CPU-Limit oberhalb der GeForce RTX 2070: Die GeForce RTX 2080 legt hier nur noch +10,7% oben drauf, sollte aber regulär um ca. 17% schneller sein – und zwischen GeForce RTX 2080 und 2080 Ti sind es dann nur noch +1,5% Mehrperformance, hier ist das CPU-Limit dann wirklich erreicht. Dabei wurde der Benchmark mit einem Core i7-8700K ausgeführt, ist also gewiß nicht mit zu wenig CPU-Power unterfüttert. Es wird hiermit wohl nur eine Entwicklung verdeutlicht, welche sich schon seit einiger Zeit aufbaut: Die allerschnellsten Grafikkarten können unter der FullHD-Auflösung ihr Performance-Potential immer schlechter ausspielen, sind schon jetzt unter dieser Auflösung maßgeblich ineffektiv. Bei Anthem wird das ganze dann auf die Spitze getrieben durch eine faktische Null-Mehrperformance zwischen GeForce RTX 2080 und 2080 Ti – was aber auch unter zukünftigen Spieletiteln vermehrt erwartet werden kann.

Natürlich wird dieser Zustand durch schnellere PC-Prozessoren und steigende Hardware-Anforderungen immer wieder ein wenig entschärft, aber so lange nur diese Ineffizienz schneller zunimmt als alle gegenwirkenden Kräfte, kann durchaus eines Tages der Punkt erreicht sein, wo eine neue Enthusiasten-Grafikkarte selbst in breiten Benchmarks nur noch einen marginalen Performance-Gewinn unter FullHD gegenüber einer nominell klar schwächeren Grafikkarte aufweist. Dies wird sicherlich nicht demnächst passieren, aber der Fall von Anthem ist ein Hinweis darauf, das jene Entwicklung inzwischen bereits beachtbar voranschreitet. Dies wird irgendwann dazu führen, das man Spitzen-Grafikkarten unter der FullHD-Auflösung nicht mehr fair bewerten kann, das sich der Grafikkarten-Markt aufgrund der Stärke der FullHD-Auflösung im Massenmarkt (derzeit unter Steam bei ca. 60%, alle höheren Auflösungen kumuliert bei ca. 7%) dann also faktisch zweiteilt. Auch für die Grafikchip-Entwickler wird es nicht einfacher werden, wenn innerhalb derselben Grafikchip-Architektur die größeren Designs nur noch für WQHD- und UltraHD-Auflösungen aufgelegt werden, die kleineren und mittleren Designs aber weiterhin nur für die FullHD-Auflösung entworfen werden müssen.

Die ComputerBase notiert eine Umsatzwarnung nVidias gegenüber der Börse, in deren Folge nVidias Aktienkurs deutlich unter Druck gekommen ist. Gemäß der Umsatzwarnung erwartet nVidia für das laufende Geschäftsquartal (bei nVidia von November bis Januar reichend) anstatt der vorher angepeilten 2,7 Mrd. Dollar Quartalsumsatz nur noch einen Wert von um die 2,2 Mrd. Dollar. Schon die vorherige Prognose war allerdings reichlich handzahm, schließlich leicht unterhalb des letztjährigen Ergebnisses (von 2,911 Mrd. Dollar) liegend – die korrigierte Umsatzprognose hat die Börsianer somit logischerweise regelrecht geschockt. Faktisch hat nVidia hiermit das klare Ende des bisherigen geschäftlichen Aufwärtstrends angekündigt, welcher gerade in den letzten drei Jahren teilweise explosionsartig ablief. Und dies ist dann natürlich mehr als eine nur die Börse interessierende Angelegenheit, sondern hat tieferliegende Ursachen. Faktisch ist hierbei etwas eingetreten, was angesichts der früheren Launches neuer Chip-Generationen bei nVidia eher untypisch ist: Die neue Turing-Generation steht nicht für die ansonsten übliche Geschäftsbelebung, eher im Gegenteil.

Sicherlich gibt es hier auch noch den Effekt der Pascal-Lagerbestände zu beachten – aber dieses Problem hätte bestenfalls für ausgeglichene Geschäftszahlen sorgen können, es fehlt jedoch der Umsatzzuwachs einer neuen Chip-Generation im kompletten. Augenscheinlich kommt Turing im Markt wesentlich schlechter an, als dies seinerzeit bei den Launches der vorhergehenden Chip-Generationen à Maxwell und Pascal der Fall war. nVidia wird sich in dieser Frage unbedingt auf Ursachenforschung begeben müssen. Einen zu harten Wettbewerb kann man sicherlich ausschließlich, vermutlich dürfte eher die Diskussion über die Preispunkte der Turing-Grafikkarten zu Ergebnissen führen. nVidia hatte hierbei erstmals bei einer neuen Chip-Generation nahezu durchgehend die gebotene Mehrperformance auch in höhere Preispunkte umgemünzt – entgegen dem althergebrachten Hardware-Prinzip, das neue Hardware-Generationen immer (viel) mehr Performance zum gleichen Preispunkt bieten sollten. Die Tendenz zur Preissteigerung hatte nVidia schon in den letzten Jahren, bei Turing hat man es allerdings übertrieben – und zwar augenscheinlich bis über diesen Punkt hinausgetrieben, wo die jeweiligen Preislagen vom Grafikkarten-Käufer noch als gangbar eingestuft werden.

Es ist natürlich immer schwer vorherzusehen, ab welchem exakten Punkt es dann zuviel wird – in dieser Frage ist man wohl immer nur nachher wirklich schlauer. Im Fall von nVidias Turing scheint es tatsächlich nunmehr so zu sein, das nVidia die preisliche Latte für viele Grafikkarten-Käufer zu hoch angesetzt hat – und nunmehr mit Kaufzurückhaltung bestraft wird. nVidia (und andere Hersteller) dürften hieraus sicherlich einiges lernen können – denn letztlich sind PC-Grafikkarten kein Produkt, wo man beliebig die Preise erhöhen kann. Steigende Kostenlagen (wie gerade bei Turing mit seinen sehr großen Grafikchips) führen hierbei argumentativ nicht wirklich weiter, denn wenn es der Käufer nicht mehr kauft, dann hilft auch kein Hinweis auf die gestiegenen Kosten. Eher umgedreht wird ein Schuh draus: Wenn die Verkaufspreise limitiert sind (jedenfalls dann, wenn man große Umsätze erzielen will), dann darf die Kostenlage nicht über ein gewisses Niveau hinausgehen. Dies bedeutet natürlich auch, das die Grafikchip-Entwickler an dieser Geschichte lernen werden, riskante Hochpreis-Projekte zukünftig zu meiden, eher mehr kleine Schritte zu gehen, wo die Kostenlage überschaubar bleibt – und damit natürlich auch den gebotenen Fortschritt einbremsen werden.