9

Hardware- und Nachrichten-Links des 9. Dezember 2021

In einem Analysten-Gespräch mit der UBS hat nVidia-CFO Colette Kress eine erneut klare Aussage zur Langlebigkeit der aktuellen Situation am Grafikkarten-Markt getroffen – indem sie aussagt, dass nVidia eine bessere Liefersituation erst im zweiten Halbjahr 2022 erwartet. Wie üblich gilt hierbei darauf zu achten, was genau gesagt wurde: Es handelt sich nicht um eine Aussage, wann die aktuellen Probleme sich erledigt haben respektive ein echter "Normal-Zustand" erreicht sein wird – sondern nur um eine Aussage, wann es zu einer spürbaren Besserung der Lage kommt bzw. wann also dieser erstrebenswerte Marktumschwung seinen Anfang nimmt. Eine Aussage darüber, wann die Probleme wirklich ausgestanden sind, kann derzeit wohl kaum jemand treffen, da dies schlicht zu weit in die Zukunft reicht (Jahre 2023 & 2024) und somit auch schon die übernächste Halbleiter-Fertigungstechnologie (3nm-Fertigung) berühren könnte.

So we believe we'll be in a better situation in terms of supply, when we look at the second half of next year.
Quelle:  nVidia CFO Colette Kress im Gespräch mit UBS-Analyst Tim Arcuri, notiert von Seeking Alpha am 6. Dezember 2021

In einem anderen Teil des Analystengesprächs ging nVidia direkt auf die aktuell übertriebenen Grafikkarten-Straßenpreise ein. Vollkommen korrekt wird dabei ausgesagt, dass nVidia hierbei technisch nicht viel tun kann, da sich der Endkundenpreis weitgehend außerhalb der Kontrolle der Grafikchip-Entwickler wie auch der Grafikkarten-Hersteller befindet. Was hierzu nicht gesagt wurde, aber klar sein sollte: Etwaige zwingende Preisvorgaben seitens nVidia würden in den meisten Ländern gegen die jeweiligen Wettbewerbsgesetze verstoßen und wären damit kaum so einfach realisierbar (dass dies bei anderen Produkten wie Spielekonsolen funktioniert, ändert nichts an diesem Fakt). Zudem ist derzeit auch die Schere zwischen Angebot und Nachfrage so hoch, dass selbst eine regulierte Abgabe zu Listenpreisen nichts am realen Preisgefüge ändern würde – die zum nVidia-Listenpreis erstandenen Karten würden dann einfach auf eBay wandern.

The overall pricing that we see in that market is not something that we can control. We can control in terms of the price that we sell our cards to the AICs or to the OEMs but then the market essentially defines that or the channel market determines this price that we see out there. We'd love to bring that back down. We believe bringing that down really takes just providing a reasonable amount of supply in the market versus the lean amounts that we have today.
Quelle:  nVidia CFO Colette Kress im Gespräch mit UBS-Analyst Tim Arcuri, notiert von Seeking Alpha am 6. Dezember 2021

Demzufolge geht nVidias Schlußfolgerung, dass man diese Problematik nur mittels einer "angemessenen Liefermenge" auflösen kann, durchaus in die richtige Richtung. Erst die passenden Liefermengen werden wieder echte Lagerware bei Distributoren & Einzelhändlern aufbauen und jene nachfolgend zum "Normalbetrieb" zwingen – sprich dem täglichen Preiskampf nach unten hin. Allerdings wäre die passendere Wortwahl zu den hierfür notwendigen Liefermengen nicht unbedingt "angemessen", sondern eher denn "überzeugend" – weil kurzfristig braucht man zur Abarbeitung des aufgestauten Bedarfsbergs nicht einfach nur gute oder große Liefermengen, sondern eine regelrechte Lieferschwemme. Und diesbezüglich hat nVidia erst vor wenigen Tagen eine große Chance verstreichen lassen, indem man den Launch der GeForce RTX 2060 12GB faktisch hat vertröpfeln lassen – anstatt mit übergroßen Liefermengen eine Preisbewegung des Mainstream-Markts nach unten hin auszulösen.

Man kann somit konstatieren, dass sich nVidia durchaus darüber im klaren ist, wie die Straßenpreis-Problematik besiegt werden kann. In der Praxis unternimmt nVidia hierzu allerdings keine Schritte in der notwendigen Größenordnung – obwohl nunmehr die Gelegenheit hierfür da gewesen wäre. Augenscheinlich reicht es in der Unternehmensstrategie aus, den Analysten wohlfeile Worte um den Bart zu schmieren und ansonsten so zu tun, als würde man etwas tun. Dies wird leider von denjenigen, welche auf höchster Stelle mit nVidia reden können – sicherlich keine Enthusiasten-Webseite – nicht gegenüber dem Chip-Entwickler thematisiert, womit sich nVidia dann auch nicht dafür rechtfertigen muß, praktisch nichts getan zu haben. In der Summe der Dinge lebt nVidia gut mit dem vorhandenen Status und kommt dort kein praktischer Druck an, dies zu ändern. Der Rest sind Sprachhülsen zur Beruhigung der jeweiligen Zuhörer, egal ob Grafikkarten-Käufer oder Börsen-Analysten.

Laut VideoCardz ist ein 6nm-Refresh der RDNA2-Generation zumindest im Mobile-Segment weiterhin im Gespräch und soll dort als "Radeon RX 6000S" Serie laufen. Der Suffix "S" fordert natürlich den Vergleich zu nVidias 2019er Refresh-Lösungen mit dem "Super"-Suffix heraus – konzeptionell ist beides wohl sogar ähnlich, wenngleich technisch jeweils gänzlich anders ausgeführt. Denn nVidias seinerzeitiger "Super"-Refresh der Turing-Generation bot jeweils mehr Shader-Cluster und damit mehr Performance zum gleichen Preispunkt, basierte allerdings auf den identischen Grafikchips. Ob der "6000S"-Refresh mehr Shader-Cluster bietet, ist noch unklar, allerdings angesichts der vorhandenen AMD-Grafiklösungen (mit wenig Spielraum dafür) eher unwahrscheinlich. Dafür wird es hingegen einen faktisch anderen Grafikchip als Unterbau geben, in Form der 6nm-Varianten der bekannten RDNA2-basierten Chips.

Selbst deren Wirkmacht ist allerdings etwas unklar, denn ein reiner 6nm-Refresh reizt üblicherweise die Möglichkeiten der besseren Fertigungstechnologie nicht ganz so gut aus wie ein direkt auf diese Fertigung hin konzipierter Grafikchip. Insbesondere die höhere Packdichte wird bei reinen Refreshs normalerweise ausgelassen – was aber auch wieder für diesen Fall nicht zutreffen muß, denn +18% mehr Packdichte (–15% Flächenbedarf) gegenüber der 7nm-Fertigung nimmt man in Zeiten knapper Waferkapazitäten eventuell dann doch mit. So oder so sind leicht verbesserte elektrische Eigenschaften zu erwarten, welche man dann entweder für höhere Taktraten oder geringeren Stromverbrauch einsetzen kann – wobei letzteres sowieso wiederum ersteres ermöglicht. AMDs "Radeon RX 6000S" Mobile-Refresh dürfte also einen kleinen Performance-Boost auf ansonsten weitgehend unveränderten Spezifikationen mit sich bringen.

Die eigentlich interessanten Fragen aus dieser Ansetzung heraus sind, wann diese neue Mobile-Serie antritt und wann die hierfür verwendeten Chips ins Desktop-Segment finden werden. Denn der 6nm RDNA2-Refresh dürfte wahrscheinlich AMDs designierte Programmergänzung innerhalb der "Radeon RX 7000" Desktop-Serie darstellen, welche nur bis zu Navi 33 auf Basis von RDNA3-Grafikchips gebildet wird. AMD scheint sein RDNA2-Portfolio auch nur bis zu Navi 22 einem 6nm-Refresh zu unterziehen (Navi 21 somit ohne 6nm-Refresh), dies passt also. Im Mobile-Segment wäre dieser Refresh faktisch umgehend willkommen, AMD will mutmaßlicherweise für das Jahr 2022 den OEMs wiederum eine neue Mobile-Serie bieten. Allerdings steht zu befürchten, dass die zugrundeliegenden Chips trotz ihrer besseren elektrischen Eigenschaften (und damit höherem Taktraten-Potential) vorerst nicht ins Desktop-Segment gehen – sondern dies erst im Rahmen der Radeon RX 7000 Serie im Jahr 2023.

Radeon RX 6000 Radeon RX 7000
Navi 31
geschätzt $1200-1600, möglicherweise Radeon RX 7900 Serie
Navi 32
geschätzt $800-1200, möglicherweise Radeon RX 7800 Serie
Navi 21
$579-999, Radeon RX 6800/6900 Serien
Navi 33
geschätzt $500-800, möglicherweise Radeon RX 7700 Serie
Navi 22
$479, Radeon RX 6700 Serie
Navi 22S  (6nm-Refresh von N22)
geschätzt $400-500, möglicherweise Radeon RX 7600 Serie
Navi 23
$329-379, Radeon RX 6600 Serie
Navi 23S  (6nm-Refresh von N23)
geschätzt $250-400, möglicherweise Radeon RX 7500 Serie
Navi 24
geschätzt $200-250, Radeon RX 6400/6500 Serien
Navi 24S  (6nm-Refresh von N24)
geschätzt $150-250, möglicherweise Radeon RX 7400 Serie
Anmerkung: rein spekulative Projektion, basierend auf Gerüchten & eigenen Annahmen