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News des 25./26. Juni 2022

In einem schon unter der Woche verlinkten AMD-Interview gegenüber Tom's Hardware hat Sam Naffziger, Senior Vice President und Product Technology Architect, klar gemacht, dass man auch bei AMD für die nächsten Grafikchip-Generationen mit steigenden Stromverbrauchs-Werten rechnen muß. Als Begründung hierfür dient die Differenz zwischen gleichbleibend hohem Anspruch an Performance-Steigerungen und den augenscheinlich zurückgehenden Verbesserungen in der Fertigungstechnologie. Somit kann es passieren, dass NextGen-Produkte durchaus erhebliche Steigerungen der Verbrauchseffizienz vorzeigen können – und gleichzeitig mit höheren absoluten Verlustleistungen antreten. AMD will in diesem Punkt nicht ganz so hoch wie die Konkurrenz (nVidia) herangehen – was dann bezüglich der im Herbst zu erwartenden NextGen-Grafikkarten zu kontrollieren sein wird.

The demand for gaming and compute performance is, if anything, just accelerating, and at the same time, the underlying process technology is slowing down pretty dramatically — and the improvement rate. So the power levels are just going to keep going up. Now, we've got a multi-year roadmap of very significant efficiency improvements to offset that curve, but the trend is there.
 
Performance is king, but even if our designs are more power-efficient, that doesn't mean you don't push power levels up if the competition is doing the same thing. It's just that they'll have to push them a lot higher than we will.

Quelle:  AMDs Sam Naffziger im Interview mit Tom's Hardware, veröffentlicht am 23. Juni 2022

Indirekt wurde über die Aussage "Performance is King" bereits angedeutet, was der eigentliche Auslöser für das ganze Dilemma ist: Der harte Konkurrenz-Kampf der Grafikchip-Entwickler zwingt jene zur höchstmöglichen Performance, unter Negierung andersweitiger negativer Folgen. Ein höherer Stromverbrauch hat sich letztlich in der Marktpraxis zwar als Ärgernis, aber nicht als wirkliches Verkaufshindernis gezeigt – womit die Grafikchip-Entwickler nunmehr bislang diesbezüglich liegengelassene Reserven angehen. Das ganze ist auch eine Wirtschaftlichkeitsfrage: Stark hochgezogene Taktraten gibt es Chip-seitig nahezu zum Nullpreis (die notwendige bessere Kühlung einmal nicht beachtend), während dieselbe Performance mit geringerer Verlustleistung ein beachtbar breiteres (teureres) Chipdesign mit handzahmen Taktraten erfordert.

Daran war insbesondere in der Konzeptionsphase von AMDs RDNA3 und nVidias Ada Lovelace nicht zu denken – als Fertigungskapazitäten denkbar knapp waren, gerade für NextGen-Verfahren (was heuer auch noch nicht wirklich anders ist). Bei den Spitzen-Grafikchips könnte dieser Ansatz sogar die insgesamt erreichbare Performance limitieren, denn für monolithische Chips gib es immer noch ein Größenlimit bei Chipfertiger TSMC. Da AMD die Leistungsspitze erklimmen will, nVidia jene auf Teufel komm raus zu verteidigen gedenkt, kann es somit keine Vorbehalte bei nicht technisch begründbaren Limitationen geben – es wird alles genutzt, was irgendwie nutzbar ist. Letztlich ist das ganze somit auch eine Nachfolge des wieder erreichten echten Wettbewerbs im Grafikkarten-Markt: Denn zu Zeiten, wo sich nVidia an der Leistungsspitze mitnichten angegriffen fühlte, limitierte sich der Chip-Entwickler über einige Generationen hinweg bei ca. 250 Watt Stromverbrauch.

Real-Verbrauch Kepler Maxwell Pascal Turing Ampere
Gfx-Generation GeForce 600 Serie, 2012 GeForce 900 Serie, 2014 GeForce 10 Serie, 2016 GeForce 20 Serie, 2018 GeForce 30 Serie, 2020
GeForce xx60 113W 109W 117W 160W 172W
GeForce xx70 144W 161W 147W 185W 221W
GeForce xx80 169W 174W 176W 228W 325W
GeForce xx80Ti/xx90 206W  (Titan) 236W  (980Ti) 239W  (1080Ti) 272W  (2080Ti) 359W  (3090)
größtes Modell 245W  (780Ti) 240W  (TitanX) 251W  (TitanXp) ~290W  (TitanRTX) 462W  (3090Ti)
Realverbrauch gemäß des Stromverbrauchs-Überblick für DirectX 11/12 Grafikkarten; bezogen auf Varianten des initialen Produkt-Portfolios (keine späteren Refreshes) – außer bei der letzten Gruppe "größtes Modell", da ist dann alles erlaubt

Stichwort NextGen-Grafikchips und deren Stromverbrauch: Twitterer Greymon55 liefert Hintergründen zur seitens AMD angedachten RDNA3-Lösung mit gleich 16'384 FP32-Einheiten. Der Ausgangspunkt für dieses Konzept soll eine AMD-Reaktion auf AD102-Chips mit absurden Verlustleistungen sein. Deren derart hochgeprügelte Performance hat AMD wohl als Gefahr für Navi 31 gesehen – und somit jenes Konzept mit 16'384 FP32-Einheiten entwickelt. Dies ist ein starker Hinweis darauf, dass hier keine neu entwickelten Chips zum Einsatz kommen – denn deren Auflage dauert im (selbst im knappest mögliche Fall) locker über ein Jahr, dies ist zu lang für eine vergleichsweise kurzfristige Reaktion. AMD konnte für dieses Konzept also nur mit jenen Chips hantieren, welche man sowieso schon in Entwicklung hatte – was eine Benutzung von 2 GCDs von Navi 32 (passt exakt zu 16'384 FP32-Einheiten) nochmals als technische Grundlage von "Navi 30" (hypothetische Namenswahl) nahelegt.

It was planned in response to the AD102's huge power consumption model, so there is a lot of uncertainty about power consumption and scale, if the N31 is good enough to deal with the AD102, it may not come out, just like the GH202.
Quelle:  Greymon55 @ Twitter am 26. Juni 2022

Gleichzeitig bedeutet die Benutzung bereits vorhandener Chips auch, dass AMD sich die Sache ohne Druck ansehen kann – und erst entscheiden muß, wenn sich die Performance-Punkte der einzelnen Grafikchips (AD102 & Navi 31) klarer herausstellen. Es besteht trotz des augenscheinlich angedachten Konzepts jederzeit die Möglichkeit, dass selbiges gar nicht praktisch realisiert wird – und zwar dann, wenn Navi 31 ausreichend schnell ist, um mit AD102 selbst in hochgeprügelter Form mitzuhalten. Insofern "Navi 30" dennoch benötigt wird, ist der Aufwand hierfür in vergleichsweise kurzer Zeit zu stemmen – und letztlich wird man dann sogar froh sein, dass man mittels der bereits erledigten Grundlagen-Arbeit für (echte) MCM-Konstruktionen dies überhaupt realisieren kann. Aus Sicht von Grafikkarten- und Technik-Enthusiasten wäre es somit fast schon etwas zu begrüßen, wenn Navi 31 etwas langsamer als AD102 herauskommt und AMD somit diese echte MCM-Konstruktion "Navi 30" nachschieben "muß".

Laut Twitterer MEGAsizeGPU soll nVidia (angeblich) inzwischen keine Grafikchips für die "GeForce RTX 3080 12GB" mehr ausliefern, jene Grafikkarte ergo sogar leicht vorfristig aus dem Markt verschwinden. Begründet wird dies über einen angeblich gleichen Preis zwischen GeForce RTX 3080 12GB und 3080 Ti, wobei sich dies durchaus auf fernöstliche Preise beziehen könnte. Denn hierzulande gibt es nach wie vor eine klare Preisdifferenz zwischen GeForce RTX 3080 12GB und 3080 Ti, würden sich somit beide Karten nach wie vor lohnen. Aber natürlich kann jene Aussage dennoch korrekt sein, denn zum einen dauert es durchaus einige Monate von einem Lieferende der Grafikchips bis zu einem realen Auslaufen der entsprechenden Grafikkarten – und zum anderen sind derzeit die Lager bei Distributoren und Einzelhändlern voll, deren Absatz wird sich ganz automatisch noch einige Zeit hinziehen.

Nope, only 3080 12G is been stop produced. After the dramatic price drop of 3080Ti, 3080 12G now has the same price as 3080Ti and that’s why Nvidia decides to stop sending 3080 12G chips to the AIC.
Quelle:  MEGAsizeGPU @ Twitter am 26. Juni 2022

Unter Umständen ist es aufgrund der kommenden GeForce RTX 40 Serie am Ende sowieso nicht mehr unterscheidbar, ob nVidia die GeForce RTX 3080 12GB bereits vorher aus dem Angebot genommen hat. Denn spätestens mit dem Herbstanfang dürfte dies genauso auch für alle größeren Lösungen der GeForce RTX 30 Serie zutreffen. Die GeForce RTX 40 Serie peilt zwar augenscheinlich ein klar höheres Performance-Niveau an, aber rein praktisch läuft generell alles aus, was in deren Preisregion schwimmt. Dies ist also mindestens GeForce RTX 3080 10GB (Listenpreis $699) und höher, mit einiger Sicherheit die GeForce RTX 3070 Ti (Listenpreis $599) und möglicherweise auch noch die GeForce RTX 3070 non-Ti (Listenpreis $499). Mit dem Erscheinen der neuen Generation können letztlich nur diejenigen Alt-Modelle (eine Zeit lang) weitergeführt werden, welche sich preislich deutlich absetzen können – sprich GeForce RTX 3060 Ti (Listenpreis $399) und kleiner. Auch deren Zeit wird irgendwann kommen, aber dies passiert dann nicht vor dem Jahreswechsel.