Eine aktualisierte Prognose zu AMDs "Sea Islands" Generation

Sonntag, 24. März 2013
 / von Leonidas
 

Mit dem Launch der Radeon HD 7790 auf Basis des Bonaire-Chips wird nun langsam klarer, wie man sich die Sea-Islands-Generation respektive der zum Jahresende antretenden Radeon HD 8000 Serie vorzustellen hat: Höchstwahrscheinlich durchgehend von der Architektur her unverändert (es gibt Detail-Änderungen an den HSA-Fähigkeiten, welche aber fast ausschließlich nur für GPGPU-Aufgaben interessant sind) und daher einfach "nur" mittelprächtig aufgebohrte Chips, welche die Möglichkeiten der 28nm-Fertigung noch einmal bestmöglich ausnutzen werden, ehe dann im Jahr 2014 erste Grafikchips der 20nm-Fertigung kommen sollen.

Dabei gibt der Bonaire-Chip als direkter Nachfolger der Cape-Verde-Chips im Mainstream-Bereich eine gewisse Zielrichtung vor: AMD kümmerte sich bei diesem in erster Linie um die Anzahl der Shader-Einheiten sowie ein stärkeres Raster-Setup, währenddessen ROPs und Speicherinterface unverändert blieben. Vermutlich dürften die anderen Chips der Serie im Grundzug ähnlich gestaltet werden – wobei bei den größeren Chips Hainan (Performance-Segment) wie auch Curacao (HighEnd-Segment) dann natürlich schon Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit noch größerer Grafikchips limitieren dürften. Die bisher bekannten sicheren Fakten zu den 28nm-basierten Grafikchip-Generationen "Southern Islands" und "Sea Islands" lauten damit folgendermaßen:


bekannte sichere Daten
LowCost Mainstream Performance HighEnd
Southern Islands - Cape Verde (HD7700)
1,5 Mrd. Transistoren
123mm² Chipfläche
1 Raster-Engine
640 Shader-Einheiten
40 Texturen-Einheiten
16 ROPs
128 Bit DDR Interface
Pitcairn (HD7800)
2,8 Mrd. Transistoren
212mm² Chipfläche
2 Raster-Engines
1280 Shader-Einheiten
80 Texturen-Einheiten
32 ROPs
256 Bit DDR Interface
R1000/Tahiti (HD7900)
4,3 Mrd Transistoren
365mm² Chipfläche
2 Raster-Engines
2048 Shader-Einheiten
128 Texturen-Einheiten
32 ROPs
384 Bit DDR Interface
Sea Islands Oland
1 Mrd. Transistoren
76mm² Chipfläche
1 Raster-Engine
384 Shader-Einheiten
24 Texturen-Einheiten
8 ROPs (?)
128 Bit DDR Interface
Bonaire
2,08 Mrd. Transistoren
160mm² Chipfläche
2 Raster-Engines
896 Shader-Einheiten
56 Texturen-Einheiten
16 ROPs
128 Bit DDR Interface
Hainan Curacao
Änderungen - +39% Transistoren
+30% Chipfläche
+100% Raster-Engines
+40% Shader-Einheiten
+40% Texturen-Einheiten
? ?
unverändert - ROPs
Speicherinterface
? ?
Performance - maximal +30% ? ?

Zwischen Cape Verde und Bonaire hat AMD somit bei einer Zunahme der Chipfläche von 30% dann sogar 39% mehr Transistoren verbauen können und damit ca. 30% mehr Performance herausgeholt. Viel mehr darf man von Hainan und Curacao auch nicht erwarten, speziell bei Curacao eher weniger als das, da AMD im HighEnd-Bereich bisher konsequent bei Chipflächen von unter 400mm² geblieben ist. Einen gewissen Gewinn bei der Anzahl der möglichen Transistoren kann man natürlich allein durch die bessere Packdichte dieser zweiten 28nm-Generation erreichen, wie gesehen steigerte Bonaire die Packdichte gegenüber Cape Verde um immerhin 6,6%.

Beim Hainan-Chip für das Performance-Segment in Ablösung des Pitcairn-Chips der Radeon HD 7800 Serie kann sich AMD wahrscheinlich ausschließlich auf die Steigerung der Rechenleistung in Form von mehr Shader-Einheiten konzentrieren, da Rasterizer- und ROP-Power sowie das Speicherinterface des Chips schon jetzt ziemlich perfekt auf dessen Ausrichtung auf das Performance-Segment passen. Angenommen eine größere Chipfläche von 25% würden Haian ca. 32% mehr Transistoren zur Verfügung stehen, was ca. 30% mehr Shader-Einheiten möglich machen würde. Damit könnte man die Summe von beispielsweise 1664 Shader-Einheiten erreichen – viel mehr macht nicht gerade größeren Sinn, weil ansonsten erfahrungsgemäß schnell die Rasterizer-Power sowie die zur Verfügung stehende Speicherbandbreite limitieren.

Angenommen diese 1664 Shader-Einheiten bei Hainan zu einem ansonsten gegenüber Pitcairn unverändertem Aufbau, allerdings natürlich mit mehr Speichertakt, ist schnell eine gute Symbiose von 30% mehr Rechenleistung und 25% mehr Speicherbandbreite bei Hainan erreichbar. Dies dürfte dann in einer Mehrleistung von grob 25% resultieren – etwas weniger, als AMD im Mainstream-Bereich zwischen Cape Verde und Bonaire zugelegt hat, aber wahrscheinlich will man bei AMD gar nicht mehr so einen großen Abstand zwischen Mainstream- und Performance-Chip aufkommen lassen wie bei der aktuellen Southern-Islands-Generation zu beobachten. Die Mehrperformance von Hainan sollte dabei ausreichen, viele Karten der Radeon HD 7900 Serie obsolet zu machen, reicht aber (voraussichtlich) nicht an deren Top-Modelle heran.

Schwieriger wird eine Prognose zum HighEnd-Chip Curacao, da AMD sicherlich auch hier eine ähnliche Mehrperformance bieten will (gerade da man den R1000/Tahiti-Chip mittels der Radeon HD 7970 "GHz Edition" schon wirklich auf die Spitze getrieben hat). Doch selbst mit einer geringfügigen Erhöhung der Chipfläche bei Curacao geht es schnell in den Bereich von deutlich über 400mm² Chipfläche hinein, was AMD in den letzten Grafikchip-Generationen immer vermeiden konnte. Wir denken allerdings, daß sich AMD mit Curacao wieder von dieser selbst aufgestellten Limitierung trennen wird, da R1000/Tahiti und Curacao gerade deswegen so "schwer" sind, weil sie eben auch die ganzen für professionelle Anwendungszwecke benötigten Transistoren mitbringen. Da sich AMD auf diesem Marktsegment zukünftig stärker positionieren will, eine gewisse Gaming-Performance aber dennoch erreicht werden soll, bleibt AMD letztlich gar nichts anderes übrig, als die alte 400mm²-Begrenzung über Bord zu werfen.

Nichtsdestotrotz dürfte sich AMD bei Curacao sicherlich kein 551mm²-Monster wie bei nVidias GK110 leisten, sondern vielmehr versuchen, die Marke von 400mm² Chipfläche nicht all zu deutlich zu durchbrechen. Bei 20% mehr Chipfläche gegenüber dem R1000/Tahiti würde man bei ~440mm² landen – in diesem noch vertretbaren Rahmen dürfte sich Curacao wohl (maximal) bewegen. Dabei sind zwei Dinge bei Curacao maßgeblich zu lösen, blickt man auf den R1000/Tahiti-Chip der Radeon HD 7900 Serie zurück: Zum einen wird natürlich mehr Rechenleistung benötigt, um R1000/Tahiti klar in die Schranken weisen zu können – zum anderen benötigt der neue HighEnd-Chip von AMD in jedem Fall ein stärkeres Raster-Setup, da jenes bei R1000/Tahiti teilweise sogar primär limitiert. Möglicherweise gibt es auch mehr ROPs – das Speicherinterface dürfte dagegen in jedem Fall gleich bleiben, da auch bisher schon ausreichend dimensioniert.

In jene 20% mehr Chipfläche bei Curacao lassen sich dann runde 28% mehr Transistoren packen, was AMD immer noch einige Möglichkeiten eröffnet, ordentlich an Hardware-Einheiten oben drauf zu legen. Höchstwahrscheinlich wird man von 2 auf 3 Raster-Engines hochgehen, zudem gibt es wohl 20% mehr Shader-Einheiten. Bei dann gleich 2432 Shader-Einheiten mit wie gesagt deutlich mehr Rasterizer-Power bietet sich dann eventuell sogar eine Aufstockung der Anzahl der ROPs von derzeit 32 auf dann 48 an – was dann am Ende einen sehr beachtlichen Chip sogar in der Nähe zum GK110-Chip der GeForce GTX Titan ergeben würde.

Spekulationen & Annahmen (kursiv)
LowCost Mainstream Performance HighEnd
Southern Islands - Cape Verde (HD7700)
1,5 Mrd. Transistoren
123mm² Chipfläche
1 Raster-Engine
640 Shader-Einheiten
40 Texturen-Einheiten
16 ROPs
128 Bit DDR Interface
Pitcairn (HD7800)
2,8 Mrd. Transistoren
212mm² Chipfläche
2 Raster-Engines
1280 Shader-Einheiten
80 Texturen-Einheiten
32 ROPs
256 Bit DDR Interface
R1000/Tahiti (HD7900)
4,3 Mrd Transistoren
365mm² Chipfläche
2 Raster-Engines
2048 Shader-Einheiten
128 Texturen-Einheiten
32 ROPs
384 Bit DDR Interface
Sea Islands Oland (HD8600)
1 Mrd. Transistoren
76mm² Chipfläche
1 Raster-Engine
384 Shader-Einheiten
24 Texturen-Einheiten
8 ROPs (?)
128 Bit DDR Interface
Bonaire (HD8700)
2,08 Mrd. Transistoren
160mm² Chipfläche
2 Raster-Engines
896 Shader-Einheiten
56 Texturen-Einheiten
16 ROPs
128 Bit DDR Interface
Hainan (HD8800)
~3,7 Mrd. Transistoren
~265mm² Chipfläche
2 Raster-Engines
1664 Shader-Einheiten
104 Texturen-Einheiten
32 ROPs
256 Bit DDR Interface
Curacao (HD8900)
~5,5 Mrd. Transistoren
~440mm² Chipfläche
3 Raster-Engines
2432 Shader-Einheiten
152 Texturen-Einheiten
48 ROPs
384 Bit DDR Interface
Änderungen - +39% Transistoren
+30% Chipfläche
+100% Raster-Engines
+40% Shader-Einheiten
+40% Texturen-Einheiten
+32% Transistoren
+25% Chipfläche
+30% Shader-Einheiten
+30% Texturen-Einheiten
+28% Transistoren
+20% Chipfläche
+50% Raster-Engines
+19% Shader-Einheiten
+19% Texturen-Einheiten
+50% ROPs
unverändert - ROPs
Speicherinterface
Raster-Engines
ROPs
Speicherinterface
Speicherinterface
Performance - maximal +30% grob +25% grob +20%

Sollte der Curacao-Chip in dieser Form erscheinen, sind grob 20% Mehrperformance möglich, was das Top-Modell von Curacao sogar in Schlagdistanz zur GeForce GTX Titan bringen würde – mit einem viel kleineren Chip wohlgemerkt. Andererseits bietet Curacao definitiv noch die größten Ungewißheiten – AMD könnte hier gänzlich anders planen, eventuell sogar Änderungen an der zugrundeliegenden Grafikchip-Architektur aufbieten, obwohl die kleineren Chips von Sea Islands wie gesagt keine Architektur-Änderungen aufweisen (wie es beispielsweise innerhalb der Radeon HD 6000 Serie nur bei der Radeon HD 6900 Serie echte Architektur-Änderungen gab). Dies alles könnte auf die Gaming-Performance zum Release-Zeitpunkt drücken, insofern sind die vorbeschriebenen Spekulationen und Annahmen zum Curacao-Chip eine derzeit noch sehr unsichere Wette.

Damit wird die Sea-Islands-Generation voraussichtlich "nur" einen gewissen, allerdings für eine Refresh-Generation nicht verachtbaren Performance-Sprung von zwischen +20% und +30% bringen, ohne aber wahrscheinlich echte Innovationen auf Architektur-Seite. Terminlich dürfte wohl kaum etwas vor dem vierten Quartal 2012 passieren, so wie es AMD auch angekündigt hat. Ausnahmen sind die Radeon HD 7790, welche AMD als Programmergänzung zwischen Radeon HD 7770 & 7850 schlicht benötigte – und möglicherweise neue LowCost-Lösungen auf Basis des Oland-Chips, zu welchen allerdings noch nicht klar ist, wann AMD diese bringt und unter welcher Grafikchip-Serie diese eingeordnet werden.

Southern Islands (HD7000) Perf. Sea Islands (HD8000)
475% Curacao (HD8900)
Radeon HD 8970 (?)
Radeon HD 8950 (?)
450%
425%
R1000/Tahiti (HD7900)
Radeon HD 7970 "GHz Edition"
Radeon HD 7970
Radeon HD 7950 "Boost Edition"
Radeon HD 7950
Radeon HD 7870 "Boost Edition"
400%
375%
350%
325% Hainan (HD8800)
Radeon HD 8870 (?)
Radeon HD 8850 (?)
300%
Pitcairn (HD7800)
Radeon HD 7870
Radeon HD 7850
275%
250%
225%
200% Bonaire (HD8700)
Radeon HD 8770 (?)
Radeon HD 8750 (?)
Radeon HD 7790
175%
Cape Verde (HD7700)
Radeon HD 7770
Radeon HD 7750 "900 MHz Edition"
Radeon HD 7750 GDDR5
Radeon HD 7750 DDR3
150%
125%
100% Oland (HD8600)
Radeon HD 8670 (?)
Radeon HD 8650 (?)
75%
50%

Was nVidia hingegen im Gegenzug anbieten wird, ist noch völlig im Dunklen. Prinzipiell betrachtet bieten sich nVidia hier zwei Wege an: Entweder wie AMD regelrecht neue Chips anbieten, welche ebenfalls ca. 20% bis 30% Mehrperformance mitbringen – oder aber die Weiterführung der bisherigen Chips (höchstwahrscheinlich aber trotzdem unter neuem Chipnamen) einfach jeweils eine Performance-Stufe tiefer. Angesichts dessen, daß nVidia im HighEnd-Segment den GK110-Chip stehen hat und jede Weiterentwicklung speziell des GK104-Chips ein (herzlich sinnloser) nVidia-interner Angriff auf den GK110 wäre, erscheint die letztere Variante als die logischere – wobei die Grafikchip-Entwickler am Ende nicht selten mit eigenen Logiken überrascht haben, man sich bezüglich der im Winter 2013 anstehenden neuen nVidia-Chips lieber noch nicht festlegen sollte.