Intel Prozessoren-Roadmap 2011/2012

Freitag, 8. April 2011
 / von Leonidas
 

Auf der chinesischen Webseite MyDrivers ist eine interessante Intel Prozessoren-Roadmap für den Zeitraum bis zum zweiten Halbjahr 2012 aufgetaucht. Diese enthält logischerweise schon Einträge zu den kommenden CPU-Architekturen Sandy Bridge E (32nm) und Ivy Bridge (22nm) – interessant ist dabei, daß Ivy Bridge nicht in den HighEnd-Bereich gehen wird, sondern daß dieses Feld weiterhin Sandy Bridge E überlassen bleibt. Sandy Bridge E hat natürlich mit bis zu acht Rechenkernen (zuzüglich HyperThreading) und einem QuadChannel-Speicherinterface die größere Hardware-Kraft hinter sich stehen, Ivy Bridge ist dagegen jedoch die neuere Architektur und dürfte mittels der 22nm-Fertigung über die klar größeren Taktreserven verfügen.

Im Endeffekt ist dies kein unähnlicher Vergleich wie jetzt zwischen Nehalem/Westmere (Core i7-9xx, Sechskerner) und Sandy Bridge (Core i7-2xxx, Vierkerner) – die eigentliche HighEnd-Architektur Nehalem/Westmere hat mehr Rechenkerne und die potentere Plattform, während Sandy Bridge mit der höheren Pro/MHz-Power (trifft auf den Vergleich zwischen Sandy Bridge und Ivy Bridge dann allerdings nicht zu) und deutlich höherem Übertaktungsspielraum kontern kann. Angesichts des viel höheren Preispunktes erübrigt sich derzeit der Core i7-9xx eigentlich komplett – die zwei mehr Rechenkerne können geradeso das auffangen, was Sandy Bridge an Pro/MHz-Leistung mehr zu bieten hat, im Übertaktungsbetrieb ist Sandy Bridge dann sofort klar vorn.

Beim kommenden Vergleich Sandy Bridge E gegen Ivy Bridge wäre sicherlich einzurechen, daß die Pro/MHz-Leistung wohl halbwegs gleich ist und daß Sandy Bridge E dann gleich mit vier zusätzlichen Rechenkernen antritt – aber gemäß des Gesetzes des abnehmenden Ertrages dürfte dies auch nicht mehr so viel weiterhelfen. Klar wird Ivy Bridge nur im Übertaktungsbetrieb Sandy Bridge E schlagen können – aber dafür hat Ivy Bridge auch die bessere Fertigung zur Verfügung und muß nicht acht Rechenkerne, sondern nur vier Rechenkerne übertakten, hier hat die geringere Kernanzahl sogar einen Vorteil. Eingerechnet wieder des höheren Preispunkts der Sandy Bridge E Plattform ist jetzt schon absehbar, daß sich diese nicht wirklich lohnt – Ausnahmen mit echtem Bedarf an acht Rechenkernen bestätigen die Regel.

Wirklich Sinn machen diese extra HighEnd-Plattformen bei Intel nur dann, wenn sie vor den Mainstream-Modellen veröffentlicht werden – so wie bei Nehalem, wo es zuerst die HighEnd-Plattform X58 samt Core i7-9xx Prozessoren gab und alles andere nachfolgte. Mit diesem Veröffentlichungs-Rückstand lohnt sich Sandy Bridge E aber nicht mehr – und von so etwas wie "Ivy Bridge E" ist dato nichts zu hören bzw. in der neuen Roadmap zu sehen. Ganz offensichtlich wird es aber noch zu so einem HighEnd-Ableger von Ivy Bridge kommen, wenn die reguläre Ivy-Bridge-Architektur augenscheinlich nicht für den HighEnd-Bereich vorgesehen ist. Sollte diese aber ebenso spät wie Sandy Bridge E kommen, gilt für jene dieselbe Aussage: Wenn zu Zeiten von Ivy Bridge E dann schon die nächste CPU-Architektur Haswell am nahen Horizont zu sehen ist, dann lohnt die (teure) Investition in Ivy Bridge E sicherlich kaum noch.

Intel Sandy Bridge Intel Sandy Bridge E Intel Ivy Bridge AMD Llano AMD Bulldozer
Zielmarkt Desktop/Mobile LowCost bis HighEnd Desktop HighEnd Desktop/Mobile LowCost bis HighEnd Desktop/Mobile LowCost bis Mainstream Desktop HighEnd
Zeitpunkt Januar 2011 Q4/2011 Anfang 2012 Sommer 2011 Sommer 2011
Fertigung 32nm Intel 32nm Intel 22nm Intel 32nm GlobalFoundries 32nm GlobalFoundries
Technik geringe bis mittlere Verbesserungen gegenüber Nehalem, zwei bis vier Rechenkerne, DualChannel Speicherinterface, Speichersupport bis DDR3/1333 geringe bis mittlere Verbesserungen gegenüber Nehalem, vier bis acht Rechenkerne, QuadChannel Speicherinterface, Speichersupport bis DDR3/1333 unwesentliche bis geringe Verbesserungen gegenüber Sandy Bridge, zwei bis vier Rechenkerne, DualChannel Speicherinterface, Speichersupport bis DDR3/1600 Kern ähnlich wie aktueller K10-Prozessor (größerer Level2-Cache, kein Level3-Cache), zwei bis vier Rechenkerne, DualChannel Speicherinterface, Speichersupport bis DDR3/1866 stark veränderter Kern in Modul-Bauweise, vier bis acht Rechenkerne, DualChannel Speicherinterface, Speichersupport bis DDR3/1866
Desktop-Sockel 1155 2010 1155 FM1 AM3+
Taktraten 2.2 – 3.4 GHz ? ? ? ca. 3.5 GHz
integrierte Grafik Intel-Grafikchip "HD Graphics 3000" (DirectX 10.1), Performance im Rahmen einer Radeon HD 5450 DDR3 (abgespeckte Version "HD Graphics 2000" mit deutlich geringerer Performance) keine Intel-Grafikchip (DirectX11) mit gegenüber HD Graphics 3000 deutlich verbesserten Features AMD-Grafikchip "Radeon HD 6370/6410/6530/6550" mit 160-400 Shader-Einheiten (DirectX11), Performance bestenfalls im Rahmen einer Radeon HD 5550 DDR3 keine

Der zweite Teil der Roadmap geht dann auf die im LowCost-Segment anstehenden einzelnen Prozessoren ein – woraus sich eindeutig schlußfolgern läßt, daß Intel ab dem dritten Quartal im LowCost-Segment nur noch Sandy-Bridge-Abkömmlinge sehen will und alle bisherigen LowCost-Modelle aus den Core-2- und Nehalem-Architekturen dann abgelöst sein werden. Die grundsätzlichen Daten einiger der dort gelisten Prozessoren sind schon bekannt: Der Pentium G620 kommt mit 2.6 GHz, der Pentium G840 mit 2.8 GHz und der Pentium G850 mit 2.9 GHz – alle sind ohne TurboMode und ohne HyperThreading unterwegs. Die weiterhin gelisteten Pentium G530 & G540 dürften dann noch leistungsschwächer sein, was jetzt nicht unbedingt zu Jubelstürmen in diesem für günstige HeimPCs wichtigen Marktsegment veranlaßt.

Gut möglich, daß Intel hierbei letztlich nur dieselbe Performance bietet wie mit den aktuellen LowCost-Prozessoren, welche zwar nur der Core-2-Architektur angehören, dafür aber größtenteils mehr Taktrate bieten. Denn Intel speckt die LowCost-Modelle von Nehalem und Sandy Bridge featuretechnisch regelmäßig heftig ab, was sich dann natürlich auch bei der Performance deutlich bemerkbar macht. Wenn bei den Pentium-Prozessoren auf Nehalem- und Sandy-Bridge-Basis sowohl TurboMode als auch HyperThreading fehlen, bleibt nicht mehr viel übrig, was richtig deutlich die Performance befeuert – hauptsächlicher Performance-Bringer gegenüber der Core-2-Architektur dürfte dann das integrierte Speicherinterface sein.

Dieser Punkt läßt sich allerdings über einen gewissen Mehrtakt durchaus wieder ausgleichen, welchen die Core-2-Architektur durchaus zur Verfügung hat – und welcher bei Sandy Bridge dummerweise von Intel abhängt, da die LowCost-Prozessoren zwar weit unter ihren Taktmöglichkeiten laufen, jedoch Sandy-Bridge-typisch nicht mehr übertaktbar sind. Anders formuliert: Der Test eines Sandy-Bridge-basierten Pentium G850 mit 2.9 GHz Takt gegen einen Core-2-basierte Pentium E6800 mit 3.33 GHz Takt wäre mal ganz interessant, weil der Core-2-basierte LowCost-Prozessor aufgrund der vielen Abspeckungen beim Sandy-Bridge-basierten LowCost-Prozessor durchaus das Potential hat, bei der Performance in die Nähe des Sandy-Bridge-Modells zu kommen.

Intel nutzt hier im LowCost-Bereich in jedem Fall maßlos das gute Image von Nehalem und Sandy Bridge aus, ohne daß diese LowCost-Prozessoren wirklich dem entsprechen, was man von Nehalem und Sandy Bridge gewohnt ist. Schlecht sind die LowCost-Ausführungen von Nehalem und Sandy Bridge deswegen natürlich nicht – es fehlt halt nur der große Performanceboost, welchen Intel bei den Mainstream- und HighEnd-Modellen von Nehalem und Sandy Bridge hingelegt hat. Gerade wenn es einen Preisvorteil hat, kann dies eine Rolle spielen – der billige HeimPC muß eben nicht zwingend Nehalem- oder Sandy-Bridge-basiert sein, wenn der Performancevorteil im LowCost-Bereich so gering bleibt und die bewährte Sockel-775-Plattform nach wie vor zu erstklassigen Preispunkten erhältlich ist.

Allerdings kündigt sich wie gesagt nunmehr das Ende dieser letzten Überbleibsel der Core-2-Architektur an: Wenn Intel diese Prozessoren vollständig aus der offiziellen Roadmap nimmt, dann dürften die komplette Riege an Core-2-Modellen über kurz oder lang End-of-Life gehen, da die Produktion natürlich nur lohnt, wenn wenigstens ein paar Modelle innerhalb des offiziellen Angebotsprogramms stehen. Damit bricht dieses Jahr die letzte mögliche Zeit für Sockel-775-Besitzer an, eventuell noch einmal über eine Aufrüstung im Rahmen des Sockels 775 nachzudenken (sofern im konkreten Fall nicht sowieso die komplette Umrüstung hin zu einer anderen Plattform sinnvoller wäre), weil in wenigen Monaten die Verfügbarkeit von neuwertigen Sockel-775-Prozessoren spürbar abnehmen und irgendwann im Jahr 2012 dann gänzlich entschwinden dürfte.

Nachtrag vom 12. April 2011

Als Nachtrag wäre noch zu erwähnen, daß die letzte (bekannte) Folie dieser Roadmap aussagt, daß es Sandy Bridge E zumindest anfänglich nur als Sechskerner (zuzüglich HyperThreading) geben wird – obwohl der benutzte Chip aus dem Workstation/Server-Segment physikalisch sicherlich ein Achtkerner sein dürfte und Intel für diesen Anwendungszweck sowieso kaum extra Sechskerner auflegen wird (die Stückzahlen sind in diesem Marktsegment zu gering für eine wirtschaftliche Fertigung). Ob sich dies halten läßt, wäre allerdings zu bezweifeln – als Sechskerner dürfte Sandy Bridge E keine große Chance gegenüber Ivy-Bridge-Vierkernern und deren Mehrtakt haben, welche bekannterweise schon ein Quartal später erscheinen werden. Vermutlich dürften spätestens im Jahr 2012 dann auch Achtkern-Prozessoren der Sandy-Bridge-E-Architektur erscheinen, um sich wieder deutlich von Ivy Bridge abzuheben – und technisch ist dies wie gesagt problemlos machbar, da die Chips physikalisch schon Achtkerner sind.