Launch-Analyse AMD Radeon R300 Serie (Seite 3)

Freitag, 19. Juni 2015
 / von Leonidas
 

Die Radeon R7 370 stellt den Nachfolger der Radeon R7 265 auf Basis des Pitcairn-Chips dar, welchen AMD für die Radeon R200 Serie in "Curacao" umbenannt hat und für die Radeon R300 Serie nunmehr in "Trinidad" umbenennt. Wie bei der Radeon R7 265 trägt die Radeon R7 370 nur eine Abspeckung des Pitcairn-Chips mit 1024 Shader-Einheiten an einem 256 Bit DDR Speicherinterface – ob es später noch einmal zu einem Vollausbau des Pitcairn-Chips unter der Radeon R300 Serie kommt, bleibt abzuwarten. Allerdings kommt die neue Karte nun auch in Ausführungen mit gleich 4 GB Speicher daher (zuzüglich 2-GB-Ausführungen), den Vorgänger gab es strikt nur mit 2 GB Speicher. Dazu gibt es erneut leicht höhere Taktraten: Bei der Radeon R7 265 waren es ≤925/2800 MHz, bei der Radeon R7 370 sind es nunmehr ≤975/2800 MHz – dies ergibt einen Zugewinn von 5,4% beim Chiptakt. Wieder gibt es nur drei Grafikkarten, welche sich an die Referenz-Taktraten halten – der Rest geht üblicherweise mit 985 bis 1020 MHz Chiptakt ins Rennen. Einzelne Modelle erreichen sogar 1050 MHz Chiptakt, andere punkten mit gleich 2850 MHz Speichertakt.

GeForce GTX 660 Radeon R7 265 Radeon R9 270 Radeon R7 370
Chipbasis nVidia GK106, 2,54 Mrd. Transistoren in 28nm auf 214mm² Chipfläche AMD Pitcairn, 2,8 Mrd. Transistoren in 28nm auf 212mm² Chip-Fläche
Architektur Kepler, DirectX 11.0 (DX12 in Software) GCN 1.0, DirectX 11.2a (DX12 in Software)
Features PhysX, SLI, DSR, G-Sync Mantle, CrossFire Mantle, CrossFire, VSR
Technik 3 Raster-Engines, 960 Shader-Einheiten, 80 TMUs, 24 ROPs, 192 Bit DDR Interface 2 Raster-Engines, 1024 Shader-Einheiten, 64 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface 2 Raster-Engines, 1280 Shader-Einheiten, 80 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface 2 Raster-Engines, 1024 Shader-Einheiten, 64 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface
Taktraten 980/1033/3000 MHz ≤925/2800 MHz ≤925/2800 MHz ≤975/2800 MHz
Speicherausbau 2 GB GDDR5
(3 GB gegen Aufpreis)
2 GB GDDR5 2 GB GDDR5 2/4 GB GDDR5
Layout DualSlot DualSlot DualSlot DualSlot
Kartenlänge 24,2cm 21-24cm
(Herstellerdesigns)
24cm 22-26cm
(Herstellerdesigns)
Stromstecker 1x 6pol. 1x 6pol. 1x 6pol. 1x 6pol.
TDP 140W 150W 150W 110W
Idle-Verbrauch 9W 11W 14W ~11W
Spiele-Verbrauch 113W 108W 130W ~120W
Ausgänge DualLink DVI-I, DualLink DVI-D, HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), DisplayPort 1.2 2x DualLink DVD-D, HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), DisplayPort 1.2 2x DualLink DVD-D, HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), DisplayPort 1.2 2x DualLink DVD-D, HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), DisplayPort 1.2
3DC Perf.Index 250% 240% 260% 250%
Ref./Herst./OC / / / / / / / /
Listenpreis 229$ 149$ 179$ 149$
Straßenpreis 2GB: 165-190€
3GB: 175-200€
2GB: 140-160€ 2GB: 145-170€ 2GB: 155-170€
4GB: 180-210€
Release 13. September 2012 13. Februar 2014 13. November 2013 18. Juni 2015

Zur Radeon R7 370 liegen nur ein paar spärliche Tests vor, diese Karte wurde faktisch nur "nebenbeiher" in einigen Sammeltests zur Radeon R300 Serie mitlaufen gelassen – meistens dabei fehlend auch die eigentlich passenden Kontrahenten Radeon R7 265 und GeForce GTX 660. Trotzdem ist gut zu erkennen, wie der neue Treiber die Radeon R300 Serie bevorteilt: Gemäß der vorliegenden Messungen müsste die neue AMD-Karte sogar auf Augenhöhe mit der Radeon R9 270 herauskommen – was einfach nicht passen kann, jenes ältere Modell hat 18% mehr nominelle Rechenleistung durch mehr freigeschaltete Shader-Einheiten. Insofern ordnen wir entgegen der (wenigen) Benchmarks die Radeon R7 370 derzeit auf einen Performance-Index von 250% ein – exakt in der Mitte zwischen Radeon R7 265 (Perf.Index 240%) und Radeon R9 270 (Perf.Index 260%) liegend.

1920x1080 4xMSAA/FXAA/SMAA 750Ti 660Ti 270 270X 370 (Taktraten)
TweakPC  (18 Tests) - 101,4% - 110,9% 100% (@ Referenz)
ComputerBase  (5 Tests) 79,4% - - 111,4% 100% (@ Referenz)
Hardware.info  (12 Tests) 80,9% - 101,9% 110,8% 100% (@ Referenz)

Und letztlich tritt die Radeon R7 360 auf Basis des zu "Tobago" umbenannten Bonaire-Chips an. Wie bei der Radeon R7 260 trägt die Radeon R7 360 nur eine Abspeckung des Bonaire-Chips mit 768 Shader-Einheiten an einem 128 Bit DDR Speicherinterface – ob es später noch einmal zu einem Vollausbau des Bonaire-Chips unter der Radeon R300 Serie kommt, bleibt abzuwarten. Als großen Vorteil gibt es die Radeon R7 370 generell nur mit 2 GB Speicher, während die Radeon R7 260 immer nur mit 1 GB ausgeliefert wird und nur die (schnellere) Radeon R7 260X eine Wahlmöglichkeit bezüglich beiden Speichermengen anbietet. Wie üblich gibt es mit der neuen Karte höhere Takraten: Anstatt ≤1000/3000 MHz wie bei der Radeon R7 260 sind es bei der Radeon R7 360 nunmehr gleich ≤1050/3250 MHz – dies sind 5% mehr beim Chiptakt sowie 8,3% mehr beim Speichertakt. Am Markt gibt es auch wieder nur zwei Karten mit dem Referenz-Chiptakt – welche erstaunlicherweise sogar mit einem niedrigeren Speichertakt von nur 3000 MHz daherkommen, als es die AMD-Vorgabe (3250 MHz) eigentlich erlaubt. Die vielen ab Werk übertakteten Varianten gehen meistens mit 1060-1100 MHz Chiptakt ins Rennen – ein einzelnes Modell bringt es sogar bis auf 1200 MHz Chiptakt, andere kommen mit einem Speichertakt von gleich 3300 MHz daher.

GeForce GTX 750 Radeon R7 260 Radeon R7 260X Radeon R7 360
Chipbasis nVidia GM107, 1,87 Mrd. Transistoren in 28nm auf 148mm² Chipfläche AMD Bonaire, 2,08 Mrd. Transistoren in 28nm auf 160mm² Chipfläche
Architektur Maxwell 1, DirectX 11.0 (DX12 in Software) GCN 1.1, DirectX 12.0
Features PhysX, SLI, DSR, G-Sync Mantle, CrossFire, FreeSync, TrueAudio Mantle, CrossFire, VSR, FreeSync, TrueAudio
Technik 1 Raster-Engine, 512 Shader-Einheiten, 32 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit Interface 2 Raster-Engines, 768 Shader-Einheiten, 48 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit DDR Interface 2 Raster-Engines, 896 Shader-Einheiten, 56 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit DDR Interface 2 Raster-Engines, 768 Shader-Einheiten, 48 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit DDR Interface
Taktraten 1020/1085/2500 MHz ≤1000/3000 MHz ≤1100/3250 MHz ≤1050/3250 MHz
Speicherausbau 1/2 GB GDDR5 1 GB GDDR5 1/2 GB GDDR5 2 GB GDDR5
Layout Single/DualSlot DualSlot DualSlot DualSlot
Kartenlänge 14,5cm 17,5cm 17,5cm 15-18cm
(Herstellerdesigns)
Stromstecker keine 1x 6pol. 1x 6pol. 1x 6pol.
TDP 55W 95W 115W 100W
Idle-Verbrauch 7W ~7W 7W ~7W
Spiele-Verbrauch 55W ~75W 97W ~85W
Ausgänge DualLink DVI-I, DualLink DVI-D, Mini HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2)
(Herstellerdesigns oftmals abweichend)
2x DualLink DVD-D, HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), DisplayPort 1.2
(Herstellerdesigns oftmals abweichend)
2x DualLink DVD-D, HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), DisplayPort 1.2
(Herstellerdesigns oftmals abweichend)
2x DualLink DVD-D, HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), DisplayPort 1.2
(Herstellerdesigns oftmals abweichend)
3DC Perf.Index 185% 175% 200% ~185%
Ref./Herst./OC / / / / / / / /
Listenpreis 119$ 109$ 139$ 109$
Straßenpreis 1GB: 100-115€
2GB: 110-125€
1GB: 100-110€ 1GB: 100-115€
2GB: 110-125€
2GB: 115-130€
Release 18. Februar 2014 17. Dezember 2013 8. Oktober 2013 18. Juni 2015

Leider liegen zur Radeon R7 360 derzeit noch gar keine Tests vor – es kann somit nur geschätzt werden, wo die Performance dieser Karte herauskommen dürfte: Ausgehend vom Taktraten-Gewinn gegenüber der Radeon R7 260 und deren bekannten Performance-Index (175%) sollte die Radeon R7 370 demzufolge auf einen Performance-Index von ~185% landen – ziemlich exakt so wie die GeForce GTX 750 (Perf.Index 185%). Diese Abschätzung wäre natürlich bei passender Gelegenheit noch mittels entsprechender Benchmarks zu untermauern.

Das Fazit zur Radeon R300 Serie fällt ziemlich gutklassig aus: AMD hat etwas aus den (geringen) vorhandenen Möglichkeiten gemacht – wenngleich nicht alles, was man sich hätte wünschen können (durchgehend FreeSync, Support für HDMI 2.0 und HDCP 2.2), letztlich erfüllt wurde. Das neue Radeon R300 Portfolio wirkt recht aufgeräumt, anstatt vieler Lösungen für dasselben Preissegment regieren nunmehr klare Abgrenzungen der Karten untereinander. Zudem werden durchgehend interessante Speichermengen angeboten, in diesem Punkt kann man sich gut vom bisherigen AMD-Portfolio und auch einigen nVidia-Modellen absetzen. Die erzielten Preis/Leistungs-Verhältnisse passen zwar noch nicht bei allen der neuen AMD-Grafikkarten (Radeon R7 360 & 370), aber dies ist kurz nach dem Launch nichts ungewöhnliches und renkt sich zumeist ziemlich schnell ein. Schon die Radeon R9 380 4GB ist dagegen schon zum jetzigen Preisstand auf der Höhe der Zeit – als 4-GB-Version mit Mehrperformance zur GeForce GTX 960 4GB und dies zum gleichen Preis ist schon einmal nicht schlecht (trotz des monströsen Unterschieds beim Stromverbrauch).

Richtig gefallen kann die Radeon R9 390 8GB, welche sich zum heimlichen Star des ganzen Launches aufgeschwungen hat: Mit einer Performance (unter Vorbehalt der Bestätigung durch weitere Tests) auf Augenhöhe mit der Radeon R9 290X und GeForce GTX 970 bietet diese Karte nicht nur gleich 8 GB Speicher an, sondern sogar einen dafür absolut verträglichen Preis nur wenig über dem Niveau der (nur mit 3,5 GB erhältlichen) GeForce GTX 970 sowie der mit 4 GB zum gleichen Preis erhältlichen und mit 8 GB dann deutlich teueren Radeon R9 290X. Die Radeon R9 390 8GB kommt faktisch als Radeon R9 290X mit doppeltem Speicher zum gleichen Preis und gleicher Performance daher – das ist dann mal ein echtes Angebot. Insbesondere jene, welche eher selten ihre Grafikkarte wechseln, sollten über jenes Angebot nachdenken, weil hierbei hohe Grundperformance mit zukunftssicherer Speicherbestückung zu einem durchaus noch gangbaren Preis für einen Großteil der Performance- und HighEnd-Käufer geboten werden. Oder anders formuliert: Alle anderen Grafikkarten auf demselben oder einem höheren Performancelevel und ähnlich zukunftssicherer Speicherbestückung liegen in einem deutlich höheren Preisbereich – die Radeon R9 390 8GB ist derzeit die (klar) günstigste HighEnd-Karte mit echtem Anspruch auf Zukunftssicherheit und damit langer Nutzungsdauer.

Nicht ganz so große, aber dennoch beachtenswerte Meriten erwirbt sich die Speerspitze des Radeon R300 Portfolios in Form der Radeon R9 390X: Jene stellt keine Performance-Rekorde auf, holt aber aus dem zugrundeliegendem Hawaii-Chip noch einmal alles heraus und kommt daher von der Performance her nahe an einer GeForce GTX 980 heraus, unter der 4K-Auflösung gibt es sogar die identische Performance. Da es die GeForce GTX 980 nur mit 4 GB Speicherbestückung gibt, die Radeon R9 390X jedoch grundsätzlich gleich mit 8 GB und sogar dem etwas besserem Preispunkt ins Rennen geht, ergibt sich ein interessanter Zweikampf mit verteilten Vorteilen: GeForce GTX 980 mit etwas Mehrperformance und vielen interessanten OC-Lösungen, Radeon R9 390X mit Mehrspeicher und etwas besserem Preispunkt. Dies muß man jetzt nicht eindeutig bewerten, aber wir würden hier subjektiv doch einen Vorteil auf AMD-Seite sehen – zumindest wenn man die Karte entsprechend lange einzusetzen gedenkt. Die GeForce GTX 980 bleibt in diesem Vergleich dennoch gangbar, besonders wenn man nicht auf superhohe Auflösungen oder eine lange Nutzungsdauer setzt. Trotzdem ist die Radeon R9 390X damit ein absolut konkurrenzfähiges Angebot geworden – nicht schlecht für ein Rebranding.

Das Fazit zum Launch selber ist ein jedoch ein eher kritisches: Im Prinzip sind die gesamten vorliegenden Performance-Messungen nicht exakt genug ausgeführt worden, um zu wirklich belastbaren Ergebnissen zu kommen. Die Festlegungen für unseren Performance-Index mussten dadurch oftmals mittes Interpretationen und Abschätzungen erfolgen, worüber wir absolut nicht glücklich sind. Hier kann es gut und gerne passieren, daß man mittels späterer Tests all das noch einmal (in geringfügigem Maßstab, aber immerhin) revidieren muß. Durch das Fehlen der Tests von einigen wichtigen Hardware-Webseiten gibt es zudem auch zu wenige Daten zum Stromverbrauch der Karten selber, auch diese Informationen konnten derzeit nur mit Schätzungen belegt werden. Für Launch-Tests ist dies schlicht und ergreifend mager. Sei es Taktik seitens AMD, sei es eine Verkettung unglücklicher Umstände – wir haben mittels dieses Launchs deutlich weniger an exakten Informationen erfahren als sonst bei Launch-Tests üblich. Angesichts dessen, daß es schließlich "nur" um Rebrandings geht, ist dies mehr als verwunderlich.