Launch-Analyse AMD Radeon RX 460

Sonntag, 14. August 2016
 / von Leonidas
 

Lange hat sich AMD Zeit gelassen mit dem kleineren Chip der Polaris-Generation "Polaris 11" – nun ist jener in Form der Desktop-Grafikkarte "Radeon RX 460" endlich da. Mittels jener rundet AMD sein neues Grafikkarten-Angebot nach unten hin in das Einsteiger-Segment ab, und bedient damit natürlich auch die volumenträchtigen OEM-Deals mit den Komplett-PC-Herstellern sowie die preissenitiven Märkte in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Im Sinne des 3DCenters ist die Radeon RX 460 zu Preislagen von 125-160 Euro nur für eine eher kleine Minderheit interessant, nichtsdestotrotz muß natürlich auch für diese Grafikkarte eine solide Aufarbeitung des stattgefundenen Launches sowie eine Analyse der von der Radeon RX 460 gezeigten Performance erstellt werden.

Asus Radeon RX 460 Strix OC 4GB
Asus Radeon RX 460 Strix OC 4GB
XFX Radeon RX 460 Double Dissipation 4GB
XFX Radeon RX 460 Double Dissipation 4GB
Gigabyte Radeon RX 460 WindForce OC 2GB
Gigabyte Radeon RX 460 WindForce OC 2GB
Sapphire Radeon RX 460 Nitro OC 4GB
Sapphire Radeon RX 460 Nitro OC 4GB

Die Radeon RX 460 basiert wie gesagt auf dem Polaris-11-Chip, welcher insgesamt 1024 Shader-Einheiten an einem 128 Bit GDDR5-Speicherinterface trägt. Polaris 11 ist damit teilweise gut mit früheren AMD-Grafikchips vergleichbar: Ähnlich des Bonaire-Chips (896 Shader-Einheiten an einem 128 Bit GDDR5-Interface), nur mit ein paar mehr Shader-Einheiten – oder auch ähnlich des Pitcairn-Chips (1280 Shader-Einheiten an einem 256 Bit GDDR5-Interace), nur ohne ein paar Shader-Einheiten und zuzüglich halbierten Speicherinterface (zu einem wesentlich höheren Speichertakt). Als Pluspunkt gegenüber diese beiden früheren Mainstream-Grafikchips von AMD hat Polaris 11 natürlich die viel modernere Architektur (genauer ausgeführt in der Launch-Analyse zur Radeon RX 480): GCN4 anstatt GCN2 bei Bonaire oder gar GCN1 bei Pitcairn. Damit sollte es Polaris 11 eigentlich möglich sein, auf dem Performance-Level von Pitcairn mitspielen zu können.

Als kleine Besonderheit verfügt der Polaris-11-Chip über ein internes PCI Express 3.0 Interface mit nur 8 Lanes – anstatt der ansonsten üblichen 16 Lanes. Selbst auf Grafikkarten, deren PCI-Express-Steckplatz voll ausgeführt erscheinen, sind also nur 8 Lanes für den Datentransfer nutzbar. Jene kleine Abspeckung des Polaris-11-Chips zielt wohl auf einen (etwas) niedrigeren Stromverbrauch unter Mobile-Bedingungen ab – und dort, wo Polaris 11 auch ausschließlich in neuen Notebooks mit PCI Express 3.0 Interface verbaut wird, spielt die dabei herauskommende geringere PCI-Express-Bandbreite auch keine Rolle. Aufgrund der Einsteiger-Performance der Radeon RX 460 sind auch im Desktop-Einsatz hiervon keinerlei Nachteile unter modernen PCI Express 3.0 Mainboards zu vermuten. Zu prüfen wäre allerdings, ob sich nicht unter älteren Mainboards mit nur PCI Express 1.1 Schnittstelle gewisse Performance-Nachteile ergeben, wenn jene viel ältere Schnittstelle dann eben mit nur 8 Lanes betrieben wird.

Als weitere Einschränkung kommt die Radeon RX 460 nicht im Vollausbau des Polaris-11-Chips daher, sondern ist auf 896 freigeschaltete Shader-Einheiten beschränkt – in dieser Ausfertigung ist die Radeon RX 460 dann perfekt mit dem Bonaire-Chip bzw. dessen früherem Vollausbau in Form von Radeon HD 7790 und Radeon R7 260X vergleichbar. Weshalb AMD den Polaris-11-Chip beschnitten hat, wurde nicht offiziell kundgetan und erscheint auch angesichts des hohen Performancedifferenz zur nächsthöheren AMD-Lösung in Form der Radeon RX 470 als eher unsinnig. Neben der Möglichkeit, das AMD den Vollausbau primär für Mobile-Bedürfnisse benötigt, wäre wohl die erste Erklärung darin zu suchen, das AMD die Radeon RX 460 unbedingt unterhalb von 75 Watt Strombedarf und damit ohne extra PCI-Express-Stromstecker herausbringen wollte. Wie die nachfolgenden Stromverbrauchsmessungen noch aufzeigen, ist man damit auf der aktuellen Hardware schon grenzwertig und ein Vollausbau mit gleich 1024 Shader-Einheiten wäre somit wohl doch über diese selbstgesetzte Grenze gegangen.

AMD Polaris 11 & Radeon RX 460 Blockdiagramm
AMD Polaris 11 & Radeon RX 460 Blockdiagramm
AMD Polaris Shader-Cluster
AMD Polaris Shader-Cluster

Andererseits setzt AMD mit dem zur Radeon RX 460 abgespeckten Polaris-11-Chip auch eine sehr klare Mainstream-Lösung zu einem Listenpreis von nur 109 Dollar an – so etwas hat in preissensitiven Szenarien immer seine Vorteile und AMD dürfte mit dieser Karte gute Geschäfte machen können, da nVidia auf absehbare Zeit wohl nichts ähnliches innerhalb der 14/16nm-Generation liefern kann. Jene 109 Dollar Listenpreis betreffen allerdings nur die Referenzausstattung mit nur 2 GB Speicher – was wiederum aus heutiger Sicht selbst im Mainstream-Segment zu knapp gedacht ist. Natürlich kommt die Karte seitens der Grafikkartenherstellern auch mit gleich 4 GB Speicher daher, aber dies hat dann einen gewissen Mehrpreis, gerade da der Mehrspeicher auch oftmals mit einer Werksübertaktung einhergeht.

Ähnlich wie bei der Radeon RX 470 gibt es die Radeon RX 460 ausschließlich als Herstellerdesign, wie gesagt oft auch mit Übertaktung ab Werk. Jene ist zwar meist eher geringfügig angesetzt, allerdings setzen einige Herstellerdesigns dann doch wieder auf einen extra PCI-Express-Stromstecker – und ziehen nachfolgend auch entsprechend Saft aus der Leitung. Jene Herstellerdesigns mit extra PCI-Express-Stromstecker (eine Liste der Herstellerdesigns zur Radeon RX 460 findet man bei der PC Games Hardware) verfügen also in jedem Fall auch über ein hochgesetztes Power-Limit, was die Performance dieser Karten zusätzlich begünstigt. Allerdings finden sich genauso auch Herstellerdesigns mit regulärem Power-Limit, ohne extra PCI-Express-Stromstecker und sogar gleich 4 GB Speicher – und genau diese Kartenausführung soll dann auch der Referenzpunkt für unsere nachfolgende Betrachtung der Radeon RX 460 sein.

GeForce GTX 750 Ti GeForce GTX 950 Radeon R7 360 Radeon R7 370 Radeon RX 460
Chipbasis nVidia GM107 nVidia GM206 AMD Bonaire AMD Pitcairn AMD Polaris 11
Fertigung 1,87 Mrd. Transistoren in 28nm auf 148mm² Chipfläche bei TSMC 2,94 Mrd. Transistoren in 28nm auf 227mm² Chipfläche bei TSMC 2,08 Mrd. Transistoren in 28nm auf 160mm² Chipfläche bei TSMC 2,8 Mrd. Transistoren in 28nm auf 212mm² Chipfläche bei TSMC 3,0 Mrd. Transistoren in 14nm auf 123mm² Chipfläche bei GlobalFoundries
Architektur Maxwell 1, DirectX 12 Feature-Level 11_0 Maxwell 2, DirectX 12 Feature-Level 12_1 GCN2, DirectX 12 Feature-Level 12_0 GCN1, DirectX 12 Feature-Level 11_1 GCN4, DirectX 12 Feature-Level 12_0
Features Vulkan, DSR, SLI, PhysX, G-Sync Vulkan, DSR, SLI, PhysX, G-Sync Vulkan, Mantle, Asynchonous Compute, VSR, CrossFire, TrueAudio, FreeSync Vulkan, Mantle, Asynchonous Compute, VSR, CrossFire Vulkan, Mantle, Asynchonous Compute, VSR, CrossFire, TrueAudio Next, FreeSync
Technik 1 Raster-Engine, 640 Shader-Einheiten, 40 TMUs, 16 ROPs, 128 GDDR5-Interface (Vollausbau) 2 Raster-Engines, 768 Shader-Einheiten, 48 TMUs, 32 ROPs, 128 Bit GDDR5-Interface (Salvage) 2 Raster-Engines, 768 Shader-Einheiten, 48 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit GDDR5-Interface (Salvage) 2 Raster-Engines, 1024 Shader-Einheiten, 64 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit GDDR5-Interface (Salvage) 2 Raster-Engines, 896 Shader-Einheiten, 56 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit GDDR5-Interface (Salvage)
Taktraten 1020/1085/2700 MHz
(Ø-Chiptakt: 1144 MHz)
1024/1188/3300 MHz
(Ø-Chiptakt: 1332 MHz)
≤1050/3250 MHz
(Ø-Chiptakt: ~1050 MHz)
≤975/2800 MHz
(Ø-Chiptakt: ~975 MHz)
1090/1200/3500 MHz
(Ø-Chiptakt: ~1170 MHz)
Speicherausbau 2/4 GB 2 GB 2 GB 2/4 GB 2/4 GB
Layout DualSlot DualSlot DualSlot DualSlot DualSlot
Kartenlänge 14,5cm 21,5-26,5cm
(Herstellerdesigns)
15-18cm
(Herstellerdesigns)
22-26cm
(Herstellerdesigns)
18-24cm
(Herstellerdesigns)
Ref./Herst./OC / / / / / / / / / /
Stromstecker keiner oder 1x 6pol. 1x 6pol. oder 1x 8pol. 1x 6pol. 1x 6pol. keiner oder 1x 6pol.
off. Verbrauch 60W (GCP) 90W (GCP) 100W (TBP) 110W (TBP) <75W (TBP)
Idle-Verbrauch 7W 9W ~7W 11W ~10W
Spiele-Verbr. 61W 92W ~85W 108W ~70W
Ausgänge DualLink DVI-I, DualLink DVI-D, Mini HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2) DualLink DVI-I, HDMI 2.0, DisplayPort 1.2 DualLink DVD-D, HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), DisplayPort 1.2 DualLink DVD-D, HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), DisplayPort 1.2 DualLink DVI-D, HDMI 2.0b, DisplayPort 1.3 (DP1.4-ready)
FHD Perf.Index 210% 290% 185% 260% 260%
Listenpreis 2GB: 149$ 2GB: 159$ 2GB: 109$ 2GB: 149$ 2GB: 109$
Straßenpreis 2GB: 110-130€
4GB: 130-160€
2GB: 145-170€ 2GB: 95-120€ 2GB: 120-150€
4GB: 140-180€
2GB: 125-140€
4GB: 140-160€
Launch 18. Februar 2014 20. August 2015 18. Juni 2015 18. Juni 2015 8. August 2016

Aufgrund der ausschließlich getesteten Werksübertaktungen ist es allerdings gar nicht so einfach, etwas zur Radeon RX 460 auf Referenzniveau zu sagen – speziell auf die Punkte der real anliegenden Taktraten bzw. des realen Stromverbrauchs bezogen. Ein einziger guter Hinweis zu den Taktraten auf Referenzniveau findet sich bei der ComputerBase, wo eine Gigabyte Radeon RX 460 WindForce OC 2GB höchstwahrscheinlich ohne erhöhtem Power-Limit (da kein extra PCI-Express-Stromstecker verbaut wurde) unter 23 Testtiteln mit durchschnittlichen Taktraten von 1174 MHz daherkam. Daß es sich hierbei auch wieder um eine Werksübertaktung handelt (allerdings nur 12 MHz mehr maximaler Chiptakt), dürfte eben wegen des identischen Power-Limits wohl keine Rolle gespielt haben. Mehr oder wenige alle anderen Hardwaretests hatten dann nur noch gute Werksübertaktungen vor der Nase, wo die real anliegenden Taktraten oftmals in Richtung 1250 MHz gingen – begünstigt in jedem Fall über ein augenscheinlich höheres Power-Limit, selbiges anhand des verbauten extra PCI-Express-Stromsteckers zu erwarten.

Leider stammen auch nur von diesen Modellen die einzigen Stromverbrauchsmessungen der reinen Grafikkarte – mit allerdings höchst interessanten Ergebnisse: Sowohl bei der PC Games Hardware (Sapphire Radeon RX 460 Nitro OC 4GB) als auch TweakPC (XFX Radeon RX 460 Double Dissipation 4GB) und TechPowerUp (Asus Radeon RX 460 Strix OC 4GB) kamen diese Karten auf jeweils 91 Watt Spiele-Stromverbrauch. Dies ist erstaunlich viel für die vergleichsweise mittlere Werksübertaktung von +50 MHz (Sapphire), +20 MHz (XFX) bzw. +54 MHz (Asus) beim Chiptakt – und zeigt in jedem Fall auf ein deutlich erhöhtes Power-Limit bei diesen Werksübertaktungen hin. Zum Referenzdesign liegen leider nur Stromverbrauchs-Messungen des Gesamtsystems vor – so beispielsweise bei der ComputerBase, wo zwischen zwei Karten mit durchschnittlichen Taktraten von 1174 bzw. 1250 MHz eine Stromverbrauchsdifferenz von immerhin 24 Watt anfiel. Umgerechnet auf die vorgenannten Stromverbrauchswerte von Werksübertaktungen sollten das Referenzdesign somit einen Spiele-Stromverbrauch der reinen Grafikkarte von (grob geschätzt) ca. 70 Watt aufweisen.

Keine Probleme ergeben sich naturgemäß bei der Geräuschbelastung der Karte: Zum einen läßt sich der genannte Stromverbrauch (respektive der dabei entstehenden Abwärme) allgemein problemlos wegkühlen, zum anderen kommt die Radeon RX 460 nur in recht anständigen Herstellerdesigns daher, welche ihren Job in dieser Frage gut erledigen. Damit wird auch von mehr oder weniger allen Modellen ein lüfterloser Betrieb im Idle-Modus geboten – etwas, was AMD zu Polaris zwar versprochen, aber bisher bei seinen Referenzdesigns immer noch nicht hinbekommen hat. Der vergleichsweise geringe Stromverbrauch der Radeon RX 460 in Zusammenhang mit DualSlot-Kühllösungen bei oftmals sogar zwei Lüftern ermöglicht dann auch im Spiele-Betrieb eine sehr geringe Geräuschbelastung (bei Lüfter-Umdrehungszahlen um die 1000 U/min herum) zu gleichzeitig vertretbaren Chiptemperaturen.