Launch-Analyse: AMD Richland (Seite 2)

Sonntag, 16. Juni 2013
 / von Leonidas
 

Mit noch größerer Spannung wurden natürlich die Benchmarks zur integrierten Grafiklösung erwartet, da jene integrierte Grafiklösung bekannterweise die Paradedisziplin von AMDs APU darstellt. Zwar ergibt sich rein nominell nur ein gewisser iGPU-Taktratensprung zwischen Trinity und Richland von 800 auf 844 MHz (+5,5%), verschiedene Vorab-Benchmarks zeigten jedoch in Richtung einer viel deutlichen Performancesteigerung. Gleichzeitig kommt es hier zum ersten Aufeinandertreffen gegenüber Haswell – derzeit noch in Form des Core i7-4770K Prozessors, da Haswell-Zweikerner im Desktop-Segment erst im vierten Quartal zu erwarten sind.

iGPU-Performance A10-5800K A10-6700 A10-6800K Core i3-3225 Core i7-4770K
iGPU-Technik AMD Radeon HD 7660D, 384 VLIW4 Shader-Einheiten @ 800 MHz AMD Radeon HD 8670D, 384 VLIW4 Shader-Einheiten @ 844 MHz AMD Radeon HD 8670D, 384 VLIW4 Shader-Einheiten @ 844 MHz Intel HD Graphics 4000, 16 Rechen-Einheiten @ 650/1050 MHz Intel HD Graphics 4600, 20 Rechen-Einheiten @ 350/1250 MHz
Planet 3DNow! 93,8% 94,7% 100% 34,9% -
PC Games Hardware 94,4% 94,7% 100% 47,1%
(Core i5-3570K)
61,0%
(Core i5-4570)
ComputerBase 82,9% 92,0% 100% 49,8%
(Core i7-3770K)
64,8%
Bjorn3D 82,2% 93,9% 100% 41,5%
(Core i7-3770K)
-
Guru3D 95,9% - 100% 54,4%
(Core i7-3770K)
68,2%
Hardware Canucks 91,5% 98,4% 100% 50,8% 70,0%
Hot Hardware 88,1% 91,0% 100% 36,6% 50,9%
(Core i5-4670K)
Legit Reviews 98,0% 91,6% 100% - 57,4%
Overclockers 89,4% - 100% 45,5%
(Core i7-3770K)
62,9%
SemiAccurate 95,7% - 100% 56,2%
(Core i7-3770K)
-
X-bit Labs 95,6% - 100% 53,5% 81,0%

Die iGPU-Benchmarks werfen wie üblich eine extrem hohe Bandbreite an Resultaten aus, besonders im Vergleich der AMD- zu den Intel-Lösungen. Zwischen einzelnen Tests können hierbei problemlos Performanceunterschied von 30% auftreten, im Extremfall geht es bis hinauf zu 61% Performanceunterschied. Dies macht die Bewertung der Performance integrierter Grafiklösungen nicht gerade einfacher und verlangt in jedem Fall nach wirklich vielen Performance-Daten, um einen soliden Durchschnitt ermitteln zu können sowie einzelnen Ausreißer keinen größeren Einfluß zu geben.

Zu beachten wäre zudem noch der verfälschende Einfluß von Intels Vierkernern, welche auch unter diesen Grafik-Benchmarks gut und gerne 20% mehr Performance zeigen als die mit der nominell gleichen Grafikeinheit ausgerüsteten Intel-Zweikerner. Grundlage hierfür sind zum einen gewisse Taktraten-Unterschiede bei der iGPU zwischen Intels Zwei- und Vierkernern – und natürlich auch noch der Effekt der (klar) höheren CPU-Performance der Vierkern-Modelle, was gerade bei Benchmarks mit mittleren Auflösungen und ohne die besten Grafiksettings für einen gewissen Vorteil sorgen kann. Da der natürliche Counterpart der Richland-Prozessoren jedoch Intels Core i3 Serie ist, muß dieser Effekt herausgerechnet werden.

Zuerst läßt sich einmal sagen, daß die laut den Vorab-Benchmarks zu erwartenden gutklassigen iGPU-Performancegewinne hier nicht mehr sichtbar sind. Sicherlich sind es im Schnitt der Benchmarks grob 9%, welche zwischen den besten Grafiklösungen von Richland und Trinity liegen – allein, AMD hatte eigentlich deutlich mehr versprochen (in Richtung +20%). Andererseits sind diese 9% klar mehr als der nominelle Taktratensprung von nur 5,5% – womit wir hier ein doppeltes Paradoxon vorliegen haben: Mehr als laut dem Taktratensprung eigentlich möglich, doch weniger als das, was AMD in Vorab-Benchmarks selbst ausgemessen hatte.

Trotzdem liegt Richland damit immer noch weit weg von dem, was Intel beim Thema integrierter Desktop-Grafik zu bieten hat: Gegenüber der HD Graphics 4000, immerhin Intels bester Ivy-Bridge-Grafiklösung, um gute 140% Mehrperformance (gerechnet auf einen Intel-Zweikerner), gegenüber der HD Graphics 4600, Intels bester Haswell-Grafiklösung im Desktop-Bereich bei den Retail-Modellen auch noch um ca. 85% Mehrperformance (wieder gerechnet auf einen Intel-Zweikerner). Letztgenanntes Ergebnis läßt zudem auch vermuten, daß Intels allerbeste Haswell-Grafiklösung – die Iris Pro 5200 mit 40 Recheneinheiten samt eDRAM – irgendwo in die Nähe des Richland-Ergebnisses kommt, ohne jenes allerdings zu überflügeln.

Genauer läßt sich dies derzeit in Bezug auf Desktop-Prozessoren noch nicht sagen, da hierzu der direkte Vergleich einfach noch nicht angetreten wurde (da die Iris Pro 5200 nur beim OEM-Prozessor Core i7-4770R verfügbar ist). Im Mobile-Segment könnte dies anders aussehen, da dort die Taktraten der iGPUs von AMD in aller Regel etwas niedriger liegen, während Intel seine iGPUs im Mobile-Segment durchaus auf den gleichen Taktraten wie im Desktop-Segment laufen läßt (wobei natürlich nicht gewiß ist, ob hierbei der TurboMode-Takt so durchgehend wie im Desktop-Segment gehalten werden kann). Der Punkt der Performance der integrierten Mobile-Grafik von Richland und Haswell verdient in jedem Fall noch einer extra Betrachtung, welche nachgeliefert werden wird.

Abschließend läßt sich sagen, daß Richland der erwartete "sanfte" Refresh mit etwas mehr CPU- und etwas mehr iGPU-Performance war, insbesondere der deutliche Zugewinn an iGPU-Performance gemäß den Vorab-Benchmarks allerdings ausgeblieben ist. Dafür hat AMD bemerkbar etwas an der Verlustleistung getan, welche nun außerhalb des A10-6800K nicht mehr so deutlich abweichend von Intels Core i3 Prozessoren ist wie noch bei Trinity. Insbesondere der A10-6700 sieht damit prädestiniert dafür aus, gegenüber den Core i3 Prozessoren in den Ring zu steigen – mit einem vertretbar höheren Strombedarf, vergleichbarer CPU-Power und extrem viel mehr iGPU-Performance. Es gilt hier das gleiche, was schon zu den Trinity-Vorgängern Llano und Trinity zu sagen war: Bei APUs macht AMD derzeit niemand etwas vor.

Aber auch außerhalb des APU-Gedankens kommt AMD mit Richland ganz gut an Intels Core i3 Prozessoren heran: Die Anwendungs-Performance ist wie gesagt gleich und kann potentiell bei mehr Software mit der Nutzung von vier Rechenkernen zukünftig auch noch leicht zugunsten von AMD steigen. Die Spieleunterstützungs-Performance von Richland ist zwar noch schwächer als jene der Core i3 Prozessoren, der Unterschied ist aber bei ca. 10% nicht mehr weltbewegend – und auch hier könnte zukünftige Software eher die vier AMD-Rechenkerne mögen als die klar höhere Pro-MHz-Performance von Intel. Hinzu kommt, daß die AMD-Prozessoren (die K-Modelle) im klaren Gegensatz zu den Intel-Prozessoren übertaktbar sind – und deren Übertaktungsfähigkeit sogar durchgehend wohlwollend beurteilt wurde.

Noch hat AMD in diesem Feld (außerhalb von APU-Betrachtungen) keine wirklich zwingenden Vorteile zu bieten, immerhin kommt Intel mit der besseren Spieleunterstützungs-Performance zu gleichzeitig einem niedrigeren Stromverbrauch daher. Aber mittels der gleichen Anwendungs-Performance sowie der Overclocking-Fähigkeit kann AMD durchaus eigene Akzente setzen und liegt somit nicht mehr klar zurück. Selbst wenn man also die (leistungsfähige) integrierte Grafik der Richland-Prozessoren außer Acht läßt, hat AMD mit Richland nunmehr ein konkurrenzfähiges Produkt im Bereich der Mainstream-Prozessoren zu bieten.

Ob der Markt mit seiner faktischen Ignorierung der AMD-Prozessoren dieses gute Angebot nunmehr annimmt, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Es ist hierbei Aufgabe der AMD-Marketingabteilung, nun endlich auch die nötige Begeisterung beim Endkunden zu schaffen. Speziell gegenüber PC-Herstellern (als den Hauptabnehmern von Mainstream-Prozessoren) helfen schließlich alle technischen Vorteile wenig, wenn jene PC-Hersteller aus praktischer Erfahrung wissen, daß sich Intel-Prozessoren wie geschnitten Brot verkaufen, während kaum ein Endkunde nach "AMD" fragt. Der psychologische Vorteil liegt nach wie vor bei Intel – aber das gute Produkt, um die Geschichte zu eigenen Gunsten zu ändern, hat AMD nunmehr vorliegen.