Launch-Analyse AMD Ryzen 5000 (Seite 2)

Mittwoch, 11. November 2020
 / von Leonidas
 

Bezüglich der Spiele-Performance teilen sich mal wieder die Meinungen, wie man selbige ausmessen sollte. Sicherlich sind reine GPU-Benchmarks (am besten noch unter 4K) ziemlich zwecklos – aber ob die derzeit wieder aufkommenden 720p-Benchmarks (und niedriger) diesbezüglich wirklich zielführend sind, bleibt der entsprechenden Diskussion vorbehalten. Im Sinne früherer Launch-Analysen von PC-Prozessoren an dieser Stelle soll nachfolgend erst einmal ganz konventionell die Spiele-Performance gemäß 1% Perzentilen unter der FullHD-Auflösung ausgewertet werden. Mittels dieser Meßmethodik ergeben sich Werte & Differenzen, welche sich in der Praxis unter CPU-limitierten Spiel-Sequenzen dann auch tatsächlich wiederfinden lassen – zumindest unter der FullHD-Auflösung. Perfekt ist diese Meßmethodik natürlich nicht, da hiermit üblicherweise nur geringe Performance-Differenzen zwischend den einzelne Prozessoren herausgearbeitet werden können.

Spiele-Perf. (FHD 1% perc.) 10600K 3600X 3600XT 5600X 1800X 2700X 10700K 3800X 3800XT 5800X
CPU-Kerne & Architektur 6C CML 6C Zen2 6C Zen2 6C Zen3 8C Zen 8C Zen+ 8C CML 8C Zen2 8C Zen2 8C Zen3
ComputerBase  (10 Tests) 78% - 76% 92% - - 90% - 81% 95%
Golem  (7 Tests) 78,3% 73,2% - 93,6% - 65,8% 86,2% 78,9% - 98,5%
Igor's Lab  (5 Tests) 79,2% 76,3% - 87,9% - - - - - 96,4%
SweClockers  (5 Tests) 87,7% - 76,6% - 63,0% 68,4% - - 82,3% -
TechSpot  (11 Tests) 84,1% - - 92,3% - 68,2% 92,3% - - 97,8%
Tom's Hardware  (8 Tests) - - - - 57,3% 65,1% 89,2% - - -
Tweakers  (5 Tests) 85,5% - 84,1% 90,2% - 74,5% 90,3% - 85,6% 92,7%
gemittelte Spiele-Performance 82,2% 76,1% 77,7% 90,7% 62,6% 68,6% 89,8% 80,0% 81,3% 96,5%
Listenpreis $262 $249 $249 $299 $349 $329 $374 $399 $399 $449
Performance-Durchschnitt gemäß geometrischem Mittel, gewichtet zugunsten jener Hardwaretests mit vollzähliger Beteiligung der Ryzen 5000 Modelle; normiert auf Ryzen 9 5900X = 100%; gesamte ausgewertete Benchmark-Anzahl: ca. 540 (beide Tabellen zusammen)
Spiele-Perf. (FHD 1% perc.) 10700K 5800X 10850K 10900K 3900X 3900XT 5900X 3950X 5950X
CPU-Kerne & Architektur 8C CML 8C Zen3 10C CML 10C CML 12C Zen2 12C Zen2 12C Zen3 16C Zen2 16C Zen3
ComputerBase  (10 Tests) 90% 95% - 95% 84% 84% 100% 85% 101%
Golem  (7 Tests) 86,2% 98,5% 91,7% 93,7% 83,5% - 100% - 97,7%
Igor's Lab  (5 Tests) - 96,4% - 90,7% - 81,6% 100% - 102,5%
SweClockers  (5 Tests) - - 100,3% 101,0% - 80,8% 100% 81,2% 99,8%
TechSpot  (11 Tests) 92,3% 97,8% - 98,1% 81,5% - 100% 82,3% 100,5%
Tom's Hardware  (8 Tests) 89,2% - 91,6% 93,4% - 82,0% 100% 81,5% 100,4%
Tweakers  (5 Tests) 90,3% 92,7% - 93,2% - 89,2% 100% 87,5% 99,2%
gemittelte Spiele-Performance 89,8% 96,5% 93,3% 94,7% 82,3% 82,9% 100% 82,8% 100,6%
Listenpreis $374 $449 $453 $488 $499 $499 $549 $749 $799
Performance-Durchschnitt gemäß geometrischem Mittel, gewichtet zugunsten jener Hardwaretests mit vollzähliger Beteiligung der Ryzen 5000 Modelle; gesamte ausgewertete Benchmark-Anzahl: ca. 540 (beide Tabellen zusammen)

Trotz dieses Mankos erfüllt die Zen-3-Generation auch unter dieser Disziplin die Vorgaben: Die Intel-Prozessoren werden unter ihrer bisherigen Parade-Disziplin allesamt geschlagen. Die dabei erzielten Differenzen sind durchgehend in einem vernünftigen Prozentbereich, sprich es handelt sich nicht einfach nur um einen groben Gleichstand. Der AMD-interne Performance-Fortschritt liegt wiederum (je nach konkretem Vergleich) bei +15-20%, was gerade angesichts der bekannt schlechten Performance-Skalierung dieser Meßmethodik überraschend viel ist. AMD liefert somit mittels "Ryzen 5000" erstmals innerhalb der Zen-Serie Prozessoren ab, bei welchen die Spiele-Performance auch wirklich zur Anwendungs-Performance passt – und nicht beide Benchmark-Disziplinen bemerkbar voneinander abweichende Performance-Ergebnisse aufzeigen.

Auffallend ist daneben der Punkt der beachtbar geringeren Performance-Skalierung zwischen den einzelnen Zen-3-Modelle: Zwischen Ryzen 5 5600X und Ryzen 9 5900X liegen +10,3% Spiele-Performance, zwischen Core i5-10600K und Core i9-10900K hingegen (bei zwei weniger CPU-Kernen) gleich +15,2%. Unter vielen Einzeltests liegt die gesamte Modellpalette von Zen 3 dann auch gleichauf, nur einzelne Benchmarks machen gewisse Unterschiede und ergeben somit den Ausschlag bei der gemittelten Spiele-Performance. Zudem hört die Performance-Skalierung auch (wie schon bei Zen 2) mit dem 12-Kerner auf, der 16-Kerner "Ryzen 9 5950X" bietet keine wirklich höhere Spiele-Performance mehr. Aufgrund der generell geringen Performance-Differenzen im Spiele-Bereich könnten Spieler somit durchaus in Versuchung geraten, eher zum Sechskerner oder Achtkerner von Zen 3 zu greifen, der Preis/Leistungs-Vorteil ist rein die Spiele-Performance betrachtend enorm.

Wie gesagt gibt es auch andere Ansätze zur Bestimmung der Spiele-Performance heutiger PC-Prozessoren. Mit den Launchreviews zu Zen 3 wurde dabei vielerorts wieder die althergebrachte Methode der 720p-Benchmarks hervorgeholt, teilweise verfeinert durch 1% Perzentile von 720p oder einfach noch niedrigeren Auflösungen. Der Testbericht von AnandTech hat diesbezüglich den Vogel abgeschossen, dort geht es teilweise (je nach den Möglichkeiten des konkreten Spiels) bis auf 360p herunter. Dies sieht man dann auch deutlich an der Performance-Skalierung, welche die klar beste im nachfolgenden Testfeld ist. Um eben jene Skalierung besser aufzuzeigen, wurde die nachfolgende (zusammengefasste) Tabelle ausnahmsweise auf das kleinste teilnehmende Prozessoren-Modell mit durchgehendem Wertematerial normiert, sprich den Core i5-10600K (auf 100%).

Spiele-Perf. (360p-768p) 10600K 3600XT 5600X 10700K 3800XT 5800X 10900K 3900XT 5900X 3950X 5950X
CPU-Kerne & Architektur 6C CML 6C Zen2 6C Zen3 8C CML 8C Zen2 8C Zen3 10C CML 12C Zen2 12C Zen3 16C Zen2 16C Zen3
AnandTech  (13 Tests) 100% - 139,1% 109,2% - 143,8% 116,9% - 140,5% 98,8% 141,3%
ComputerBase  (10 Tests) 100% 94% 118% 114% 103% 123% 125% 104% 129% 105% 135%
Guru3D  (4 Tests) 100% 91,1% 108,2% 103,3% 91,8% 109,4% 108,7% 94,0% 114,6% 94,2% 115,4%
Igor's Lab  (5 Tests) 100% - 107,0% - - 116,9% 116,6% 96,0% 123,5% - 126,1%
PC Games Hardware  (12 Tests) 100% - 120,6% 111,1% - 127,3% 119,4% 106,6% 132,3% 107,1% 134,6%
SweClockers  (5 Tests) 100% 84,2% - - 88,7% - 111,5% 84,6% 111,7% 85,5% 110,4%
TechPowerUp  (10 Tests) 100% 88,4% 104,0% 103,9% 91,0% 105,1% 107,7% 92,5% 104,8% - -
Listenpreis $262 $249 $299 $374 $399 $449 $488 $499 $549 $749 $799
gesamte ausgewertete Benchmark-Anzahl: ca. 500

Hiermit zeigt sich allerdings auch das Problem jener Meßmethodik: Die Ergebnisse der einzelnen Testberichte weichen arg voneinander ab, womit sich eine Index-Bildung (wegen der extrem unterschiedlichen Skalierung) eher verbietet. Um dieses Thema sinnvoll weiterzutreiben, müsste man sich wohl auf eine stärker einheitliche Meßmethodik einigen, damit mehr (halbwegs) vergleichbare Benchmark-Werte entstehen. Genauso muß dabei aber auch klar sein, dass hiermit nur die Theorie-Performance dieser Prozessoren unter Spielen ermittelt wird, ähnlich eines rein theoretischen Testers im Anwendungs-Bereich. Inwiefern dies überhaupt Sinn macht bzw. zu einer zweckmäßigen Performance-Aussage führt, steht wie gesagt noch in Diskussion.

Bei der für die gebotene Performance benötigten Stromaufnahme zeigen sich die Zen-3-Prozessoren wie gewohnt und wie zu erwarten unauffällig. Die eigentliche TDP bzw. das gesetzte Power-Limit im Rahmen der PPT-Angabe (Package Power Tracking) wird durchgehend eingehalten bzw. bei den vielkernigen Prozessoren auch ausgenutzt. Der Stromverbrauch der AMD-Prozessoren läßt sich somit viel eher vorhersagen als jener der Intel-Prozessoren, welche zwischen ihrer offiziellen TDP und dem "PL2" Power-Limit hin- und hertanzen und dabei je nach Aufgabenstellung sehr unterschiedliche Stromverbrauchswerte auswerfen. Demzufolge sind auch kaum wirklich solide Energieeffizienz-Rechnungen aufzustellen: Dafür müsste man faktisch einen Stromverbrauchs-Wert unter jedem einzelnen Benchmark aufstellen, weil sich der Stromverbrauch je nach Benchmark gravierend unterscheiden kann.

Bei nachstehenden Meßwerten ist dies beispielsweise an den Intel-Werten zwischen Adobe Premiere Pro und Cinebench R20 zu sehen, wo beim Core i9-10900K durchaus auch einmal eine Stromverbrauchs-Differenz von +57% (152 zu 239 Watt) auftreten kann. Bei noch geringeren Alltagslasten gleicht sich der Stromdurst dieser Prozessoren dann erfahrungsgemäß immer weiter an, die oftmals kolportierten Spitzen-Verbrauchswerte werden halt nur unter wenigen Benchmarks mit üblicherweise guter Mehrkern-Skalierung erzielt. Eine zukünftig hoffentlich zu erreichende bessere Betrachtung der Stromverbrauchswerte und der sich daraus ergebenden Energieeffizienz sollte damit vor allem eine gewisse Benchmark-Auswahl bei den Stromverbrauchs-Messungen aufbieten, nicht immer wieder Cinebench oder explizit angesetzte Maximal-Verbraucher.

Kerne/Gen/TDP Gaming Premiere Cinebench Cinebench AIDA Peak
Datenquelle:   Igor's Lab Tweakers Tweakers Hardwareluxx Tom's Hardware AnandTech
Ryzen 9 5950X 16C Zen 3, 105/142W 101W 135W 137W 146W 141W 142W
Ryzen 9 5900X 12C Zen 3, 105/142W 86W 133W 139W 149W 133W 142W
Ryzen 7 5800X 8C Zen 3, 105/142W 72W 111W 139W 149W - 140W
Ryzen 5 5600X 6C Zen 3, 65/88W 58W 70W 72W 81W - 76W
Core i9-10900K 10C CML, 125/250W 77W 152W 239W 223W 170W 252W
Core i7-10700K 8C CML, 125/229W - 126W 157W - 121W 205W
Core i5-10600K 6C CML, 125/182W 53W 87W 104W 103W - 131W
Ryzen 9 3950X 16C Zen 2, 105/142W - 112W 143W 196W 135W 141W
Ryzen 9 3900XT 12C Zen 2, 105/142W 71W 106W 151W 164W 113W -
Ryzen 7 3800XT 8C Zen 2, 105/142W - 86W 116W 132W - -
Ryzen 5 3600XT 6C Zen 2, 95/128W - 84W 101W 106W - -
Hinweis: Stromverbrauchsmessungen rein der CPU! ... PS: Ryzen-3000-Werte von Hardwareluxx unlogisch, es dürfte niemals beachtbar mehr als das PPT sein

Abseits dieser Problematik ist an den aufgestellten Stromverbrauchswerten aber auch abzulesen, dass AMD die Mehrperformance von Zen 3 trotz unveränderter Chipfertigung (7nm bei TSMC) mehr oder weniger Energie-neutral erbracht hat – was für gut 20% Mehrperformance aller Ehren wert ist. Es ergibt sich sogar die klare Tendenz, dass der Zen-3-Sechskerner teilweise deutlich weniger Strom zieht als der Zen-2-Sechskerner, selbst bei den Achtkernern ist diese Tendenz in abgeschwächter Form sichtbar. Zumindest AMD-intern ist die Energieeffizienz (halbwegs) bewertbar und scheint zwischen Zen 2 und Zen 3 teilweise beachtbar stärker zugelegt zu haben als die reine Mehrperformance. Im Vergleich mit Intels Angeboten, wo zuletzt jedes Stück Mehrperformance auch mit einem Mehrverbrauch einherging, ist dies eine nette, positive Abwechslung.

Eine von Zen 2 geerbte grundsätzliche Schwachstelle der AMD-Prozessoren liegt dann in der Übertaktungseignung bzw. im Fehlen selbiger. Da AMDs Boost-Verfahren die Prozessoren sowieso automatisch wie auch dynamisch auf die höchste innerhalb der gesetzten Temperatur- und Stromverbrauchs-Limits erreichbare Taktrate bringt, liegt schon im Werkszustand zumeist der für die konkrete Aufgabe ideale Takt an. Mittels einer festen Taktrate im Übertaktungsbetrieb würde man dann nur hinzugewinnen, sofern jene oberhalb des besten Boosttakts liegen würde – was die AMD-Prozessoren allerdings wie bekannt nicht schaffen. Jede feste Taktrate unterhalb des maximalen Boosttakts erzeugt hingegen Situationen, wo der nominell übertaktete Prozessor teilweise sogar langsamer als in der Werkseinstellung läuft, weil die erreichbare Performance an der maximalen Boosttaktrate hängt. Dies kann sogar dafür führen, dass der übertaktete Prozessor im Schnitt mehrerer Benchmarks langsamer läuft – weil zu selten eine Situation mit realer Mehrperformance aufkommt.

Gut ist dies anhand der Benchmarks von TechPowerUp mit hohem Anteil an solchen Szenarien (viele Office-Benchmarks) zu ermessen: Ein fest auf 4.6 GHz laufender Ryzen 7 5800X ist dort über einen kompletten Benchmark-Parcours gleich um −2% langsamer als die Werkeinstellung (3.8/4.7 GHz). Sicherlich gibt es Ausnahmen von dieser Regel (PBO-Übertaktung mit hochgesetztem Power-Limit auf dem Ryzen 9 5950X), aber im Normalfall lohnt die Übertaktung der Zen-3-Prozessoren nicht. Wirklich abweichend von den letzten Intel-Prozessoren ist dies aber auch nicht, denn auch bei Intel sind die Übertaktungsgewinne inzwischen oftmals so klein, dass Übertaktung sich nicht wirklich lohnt. Für alle diese Prozessoren eher interessant ist wiederum die Speicherübertaktung zugunsten einer besseren Spiele-Performance, wofür die Voraussetzungen bei Zen 3 sogar besser geworden sind: Der IF-Teiler von 1:1 ist mit etwas Glück bis DDR4/4000 zu halten, wo bei Zen 2 zumeist nur bis maximal DDR4/3600 dieser zugunsten der Speicher-Performance sinnvolle Teiler erreicht werden konnte.