Launch-Analyse AMD Ryzen Threadripper 2000 (Seite 2)

Montag, 20. August 2018
 / von Leonidas
 

Daneben wäre noch zu erwähnen, das die bisherigen HEDT-Prozessoren von AMD (Ryzen Threadripper 1000) und Intel (Core X) mit diesem Test weitaus bessere Skalierungs-Ergebnisse bei hoher Kern-Anzahl aufweisen als zu vorherigen Tests. Ehrlicherweise gab es "vorher" auch schließlich kaum entsprechende Tests, waren Consumer-Prozessoren mit mehr als 10 CPU-Kernen schließlich vor dem Jahr 2017 komplett unbekannt. Das sich hier etwas tut, wenn man plötzlich CPU-Modelle mit bis zu 18 CPU-Kernen über dem Consumer-Markt ausschüttet, ist verständlich – und dennoch überrascht die Höhe der Performance-Bewegung etwas. Hierbei gewinnen insbesondere jene Prozessoren mit hoher Kern-Anzahl hinzu – was darauf hindeutet, das die Software-Entwickler sich nun auch tatsächlich speziell der ManyCore-Optimierung angenommen haben. Ein gewisser Effekt durch neuere Benchmarkfelder seitens der Hardwaretester kann allerdings genauso wenig ausgeschlossen werden, beide Effekte dürften wohl gleichzeitig existieren:

alter Perf-Index neuer Perf-Index (letzter Test: Zeitpunkt)
Ryzen 7 2700X 108% 109% (alt: Ryzen 2000 Launch, April 2018)
Threadripper 1920X ~123% 130% (alt: Core i9-7960X/7980XE Launch, September 2017)
Threadripper 1950X ~140% 151% (alt: Core i9-7960X/7980XE Launch, September 2017)
Core i9-7980XE ~162% 176% (alt: Core i9-7960X/7980XE Launch, September 2017)
Core i9-7960X ~158% ~167% (alt: Core i9-7960X/7980XE Launch, September 2017)
Core i9-7900X ~129% 132% (alt: Core i7-8086K Launch, Juli 2018)
100% = Core i7-8700K; alle Werte bezogen auf die Anwendungs-Performance

Nach vielen Ausführungen zur Anwendungs-Performance folgen leider wenige zur Spiele-Performance der neuen Threadripper-Prozessoren: Zum einen sind solcherart Benchmarks leider immer noch eher selten, zumindest wenn es um wirklich CPU-limitierte Szenarien geht, welche man entweder über besonders niedrige Auflösungen oder aber Frametimes/1%-Minimum-fps-Messungen erreichen kann. Die wenigen hierzu vorliegenden Messungen wurden allerdings weitgehend durch einen Treiberbug seitens nVidia entwertet, mit welchem die Performance gerade unter CPU-limitierten Szenarien bei der Benutzung von 32 CPU-Kernen bzw. 64 CPU-Threads maßgeblich einbricht (die Hardwaretester mit Grafikkarten-limitierten Benchmarks haben hiervon ironischerweise nichts mitbekommen). Vor Lösung dieses Treiberbugs wäre die Spiele-Performance zumindest des Ryzen Threadripper 2990WX dann nur mit AMD-Grafikkarten zielsicher zu bestimmen, was aber nur auf die allerwenigsten der vorliegenden Testberichts zutrifft (zumeist wurden halt gewohnheitsmäßig nVidia-Grafikkarten benutzt).

Zum 16-Kerner Ryzen Threadripper 2950X läßt sich grob sagen, das dessen Spiele-Performance im default-Modus in etwa auf dem Niveau des Ryzen 7 1800X liegt – sprich, technisch beachtbar langsamer als bei Intel, aber in der Praxis mit negierbarem Abstand. Im "Game Mode" wird es noch etwas besser, dann kommt eine Spiele-Performance nahe am Ryzen 2700X heraus, was dann nur noch knapp hinter dem Intel-Niveau liegt und in der Praxis keinerlei beachtbaren Unterschied ausmacht. Der 32-Kerner Ryzen Threadripper 2990WX ist hingegen dann nur noch unter dem "Game Mode" sinnvoll zu betreiben, weil einzelne Spiele ansonsten maßlos in der Performance einbrechen oder eventuell auch gar nicht mehr starten. Damit muß an dieser dieser Stelle aber auch die generelle Kritik angebracht werden, das die Threadripper-Prozessoren (egal welcher Generation und mit wievielen CPU-Kernen ausgerüstet) eigentlich nur im extra "Game Mode" wirklich bestmöglich mit heutigen Computerspielen harmonieren. Selbigen "Game Mode" muß man im "Ryzen Master" Tool einstellen, was allerdings zur Übernahme dieses Settings immer einen Neustart erfordert – wenig passend zu einem Workstation-Prozessor, von welchem man annehmen kann, üblicherweise durchzulaufen.

Hier muß AMD unserer Meinung nach noch einen besseren Weg suchen und finden: Weder sind die damit erforderlichen ständigen Neustarts praktikabel, noch ist das generelle Abschalten von CPU-Kernen im "Game Mode" wirklich sinnvoll bei Workstation-Prozessoren – kann ja sein, das man diese für das Spiel nicht benötigten CPU-Kerne nebenbei mit anderen Aufgaben belegen will. Dauerhaft sinnvoll ist hier nur eine Lösung, welche den einzelnen Spielen die jeweils passende Anzahl an CPU-Kernen zuweist, was über Game-Profile im AMD-Treiber realisierbar erscheint. Derzeit kann man Threadripper-Prozessoren für Spieler sicherlich nicht wirklich empfehlen – und wer dennoch die Dual-Nutzung als Workstation und Spiele-Maschine anstrebt, sollte maximal bis zu 16 CPU-Kerne gehen und muß mit einer nicht optimalen Spiele-Performance leben, da der "Game Mode" in der Praxis kaum benutzt werden dürfte. Allerdings ist dies das Schicksal aller HEDT-Prozessoren, denn auch Intels HEDT-Modelle liegen in ihrer Spiele-Performance gegenüber den regulären Consumer-Prozessoren beachtbar zurück.

Beim Stromverbrauch der neuen Threadripper-Prozessoren hat AMD bei den 24- und 32-Kernern das kleine Zugeständnis einer TDP-Erhöhung (von 180 Watt) auf 250 Watt gemacht. Wieviel wirklich verbraucht wird, dazu gibt es allerdings teilweise sehr voneinander abweichende Ausführungen zwischen den einzelnen Testberichten. Während die ComputerBase unter starker AVX2-Last bis zu 457 Watt für das Gesamtsystem beim Ryzen Threadripper 2990WX ermittelt hat (bei einem Idle-Wert von 76 Watt) und damit wahrscheinlich auf über 250 Watt rein für den Prozessor kommt, konstatiert man bei Tom's Hardware beiden neuen Threadripper-Prozessoren eine Punktlandung in der Frage des realen Stromverbrauchs. Bezogen rein nur auf den Stromverbrauch der CPU selber vermaß man dort den Ryzen Threadripper 2950X mit maximal 179,6 Watt, sowie den Ryzen Threadripper 2990WX mit maximal 250,2 Watt. Die Passgenauigkeit dieser Meßwerte zur jeweiligen TDP deutet an, das es normalerweise so sein sollte, das die Threadripper-Prozessoren sich anhand ihrer TDP herunterregeln.

Gut möglich allerdings, das dies von Mainboard zu Mainboard unterschiedlich gehandhabt wird, oder aber das dies von der Aktivierung/Deaktivierung diverser BIOS-Optionen abhängt. Momentan ist das Bild etwas uneindeutig, um hierzu bereits eine klare Antwort geben zu können. Und zumindest von Intel-Seite her ist bekannt, das sich Desktop-Mainboards üblicherweise nicht mehr an die TDP-Vorgaben Intels halten, die Intel-Prozessoren (gerade im HEDT-Segment) damit auch deutlich mehr als ihre TDP-Vorgaben aus der Steckdose ziehen können. Es wäre somit noch herauszufinden, wie dies bei Threadripper 2000 seitens AMD gedacht ist (streng im Rahmen der TDP oder freigegeben) bzw. wie die Mainboard-Hersteller dies dann bei ihren Platinen konkret umsetzen (per default oder erst nach Setzen von BIOS-Optionen freigegeben). Hiervon könnte schließlich neben dem Stromverbrauch auch noch ein gutes Stück an Performance abhängen bzw. sich manche stark abweichenden Benchmarkwerte eventuell besser erklären lassen.

Sobald es ins Feld der Übertaktung geht, müssen jegliche TDP-Grenzen und alle Limitierungen naturgemäß fallen, denn mit seinem automatischen Boostsystem wird ja schon im default-Betrieb ständig der maximale Takt gemäß der gesetzten Limits angestrebt. Nach Aufhebung der Limits hat man die bekannte Möglichkeit zur konventionellen Taktfestsetzung – oder auch die Variante, mittels "Precision Boost Overdrive" (PBO) den Prozessor sich automatisch bestmöglich übertakten zu lassen. Manuell läßt sich der 16-Kerner Ryzen Threadripper 2950X grob auf die von Ryzen 2000 bekannten 4.2 bis 4.3 GHz übertakten, der 32-Kerner Ryzen Threadripper 2990WX hingegen "nur" auf 3.9 bis 4.0 GHz – mit beiderseits dann sattsamen Steigerungen des Stromverbrauchs, ohne aber das speziell beim 16-Kerner Ryzen Threadripper 2950X dabei besonders viel an Mehrperformance herauskommen würde (grob Richtung +5%). Beim 32-Kerner Ryzen Threadripper 2990WX sieht dies etwas besser aus, auf bis zu 4.0 GHz durchgehender Taktrate kann es durchaus in skalierenden Benchmarks um die 10-15% Mehrperformance geben, was ausgehend vom sowieso schon sehr hohen Performance-Niveau dann einen sehr netten Übertaktungsgewinn darstellt.

Nochmals minimal höhere Performance-Werte erreicht man in beiden Fällen interessanterweise über das PBO-Feature, sprich die automatische Übertaktung: Jenes kann den Prozessor flexibel umtakten und ist damit oftmals effektiver als eine fest eingestellte Taktrate. Allerdings geht unter Übertaktung dann auch der Stromverbrauch wirklich maßlos durch die Decke: Tom's Hardware ermittelten (rein für die CPU selber) beim 16-Kerner Ryzen Threadripper 2950X einen Stromverbrauch unter Übertaktung von 327,4 Watt sowie beim 32-Kerner Ryzen Threadripper 2990WX dann sogar 498,7 Watt – letzteres ist glatt das Doppelte der TDP. Hohe Taktraten bzw. gute Performance-Ergebnisse unter Übertaktung erreicht man dann allerdings wirklich nur noch mit Wasserkühlung (oder besser), denn unter Luftkühlung regeln sich die Prozessoren zu schnell über die hochgehenden CPU-Temperaturen nach unten. Für den default-Betrieb reicht dagegen tatsächlich eine gutklassige Luftkühlung aus, es soll hierbei zu keinen größeren Performance-Nachteilen (durch abweichende Boost-Taktraten) gegenüber einer Wasskühlung kommen.

Ob Übertaktung für Workstation-Prozessoren wirklich Sinn macht, steht dann sicherlich auf einem anderen Blatt. Wir würden das ja eher verneinen und uns lieber einen "Game Mode on the fly" wünschen, sprich die Möglichkeit, ohne Reboot problemlos die maximale Performance aus Computerspielen herausholen zu können, am besten sogar ohne Deaktivierung von CPU-Kernen oder SMT – weil man jene ja wie gesagt auf einem Workstation-Prozessor eben auch für andere Aufgaben nutzen könnte. Genau im Sinne eines Workstation-Prozessors sollte eher die Problemlosigkeit unter jeder Aufgabenstellung wichtig sein, als denn Übertaktungsgewinne, welche man bei derart leistungsfähiger Hardware nicht notwendig haben sollte bzw. bei derart teurer Hardware sich auch eher verkneift. Schließlich besteht gerade bei einer Workstation wenig Spielraum für Experimente oder gar Abstürze, welche im dümmsten Fall auch Daten oder bereits erledigte Arbeit mit sich reißen kann.

(aktualisierter) Index zur Anwendungs-Performance
32C +SMT, 3.0/4.2 GHz, 250W TDP, 1799$ Threadripper 2990WX 195%
176% Core i9-7980XE 18C +HT, 2.6/4.2 GHz, 165W TDP, 1999$
~167% Core i9-7960X 16C +HT, 2.8/4.2 GHz, 165W TDP, 1699$
16C +SMT, 3.5/4.4 GHz, 180W TDP, 899$ Threadripper 2950X 160%
16C +SMT, 3.4/4.0 GHz, 180W TDP, 799$ Threadripper 1950X 151%
132% Core i9-7900X 10C +HT, 3.3/4.3 GHz, 140W TDP, 989$
12C +SMT, 3.5/4.0 GHz, 180W TDP, 399$ Threadripper 1920X 130%
~112% Core i7-7820X 8C +HT, 3.6/4.3 GHz, 140W TDP, 589$
8C +SMT, 3.7/4.3 GHz, 105W TDP, 329$ Ryzen 7 2700X 109%
100% Core i7-8700K 6C +HT, 3.7/4.7 GHz, 95W TDP, 359$
8C +SMT, 3.8/4.0 GHz, 180W TDP, 299$ Threadripper 1900X ~99%
~90% Core i7-7800X 6C +HT, 3.5/4.0 GHz, 140W TDP, 383$

Aus dieser Warte und das Gesamtbild betrachtend präsentiert sich der 32-Kerner Ryzen Threadripper 2990WX eher nur wie ein "erster Versuch". Jener Prozessor ist mit zu vielen Einschränkungen und einer zu geringen durchschnittlichen Mehrperformance zu einem doch zu hohen Preis verbunden – und damit letztlich wenig attraktiv. In die Richtung dieses 32-Kerners kann man nur dann schauen, wenn es wirklich um eine reine Workstation (ohne Spiele-Einsatz) geht und wenn vor allem Anwendungen in einem erheblichen (zeitlichen) Umfang genutzt werden, welche auch wirklich entscheidende Mehrperformance mit diesem Prozessor abliefern. Hier sollte man sicherlich vorab manuell kontrollieren, ob in den genutzten primären Anwendungen auch wirklich eine erhebliche Mehrperformance mit dem Ryzen Threadripper 2990WX vorliegt. Einzelne Anwendungen skalieren ja sehr gut, da kann sich dieser 32-Kerner durchaus lohnen. Verallgemeinern läßt sich dies allerdings nicht, ergo kann es auch keine allgemeine Empfehlung für diesen Prozessor geben.

Der 16-Kerner Ryzen Threadripper 2950X ist wesentlich problemloser und kann durchaus sogar als kombinierter Workstation/Spiele-Prozessor genutzt werden – sofern man akzeptiert, das es unter Spielen üblicherweise nicht die optimale Performance gibt bzw. das Consumer-Prozessoren den Job einer Spiele-Maschine für ein Drittel des Preises (etwas) besser können. Wer sich von diesem Punkt nicht irritieren läßt, bekommt für weniger der Hälfte des Preises des Intel-Topmodells Core i9-7980XE ungefähr +91% von dessen Anwendungs-Performance, sprich büßt weniger als -10% Anwendungs-Performance für eine Halbierung des Preises ein. Gegenüber einem ähnlich teuren Intel-Prozessor in Form des Core i9-7900X legt der Ryzen Threadripper 2950X sogar +21% Anwendungs-Mehrperformance oben drauf – bei einem sogar etwas günstigeren Preis pro AMD sowie natürlich der hübscheren Thread-Anzeige unter Windows (32 vs. 20 Threads pro AMD).

CPU-Kerne Performance Listenpreis Performance/Preis
Threadripper 2950X vs. Core i9-7900X 16C vs. 10C 160% vs. 132% 899$ vs. 989$ +33% pro AMD
Threadripper 2950X vs. Core i9-7960X 16C vs. 16C 160% vs. ~167% 899$ vs. 1699$ +82% pro AMD
Threadripper 2950X vs. Core i9-7980XE 16C vs. 18C 160% vs. 176% 899$ vs. 1999$ +102% pro AMD

Da bleiben letztlich keine Fragen offen – wie schon in der ersten Threadripper-Generation ist auch die zweite Threadripper-Generation (bei den Prozessoren-Modellen bis 16 CPU-Kerne) das klar bessere HEDT-Angebot gegenüber Intels Core X. Allenfalls unterbietet sich AMD selbst etwas durch die derzeit sehr attraktiven Abverkaufspreise für die erste Threadripper-Generation – aber jene dürfte es nur kurzfristig geben, bis eben der Abverkauf dieser Prozessoren erledigt ist. AMD hat zudem in der Zwischenzeit an den Kinderkrankheiten der ersten Threadripper-Generation gearbeitet, so das sich die zweite Threadripper-Generation (bis 16 CPU-Kerne) als inzwischen wesentlich runder präsentiert – was dann natürlich auch für die nunmehr "alten" Modelle der ersten Threadripper-Generation gilt. Hoffentlich können die 24- und 32-Kerner der zweiten Threadripper-Generation im Laufe der nächsten Monate eine ähnliche Entwicklung nehmen und damit eines Tages ihre eigenen Kinderkrankheiten losbekommen.

Jene muß man derzeit nicht überbewerten, da AMD hier (wieder einmal) Neuland betritt und somit echte Pionierarbeit leisten muß – während Intel nachfolgend die dabei herauskommenden Verbesserungen nur noch abstauben wird. Sehr wahrscheinlich, das sich das Bild bei der nachfolgenden Threadripper-Generation (Threadripper 3000 auf Zen-2-Basis im Jahr 2019) dann schon wieder wesentlich verbessert haben dürfte, ähnlich wie die originale Threadripper-Generation ihre zu sehende gute Entwicklung genommen hat. Und natürlich war es clever von AMD, bei diesem Launch gleich den 16-Kerner mitzuliefern (obwohl dessen Auslieferungstermin erst am Monatsende ist), denn ansonsten hätte sich die Fachpresse zu sehr auf die Probleme des 32-Kerners konzentriert. So kommt am Ende doch noch ein gelungener Launch für AMD heraus, was alleine nur mit dem Ryzen Threadripper 2990WX kaum möglich gewesen wäre. Jener 32-Kerner wird noch seine Zeit brauchen – aber der 16-Kerner Ryzen Threadripper 2950X ist derzeit schon sehr gut nutzbar, sofern man so viel Anwendungs-Performance denn überhaupt benötigt.