Launch-Analyse: AMD Temash & Kabini (Seite 2)

Montag, 24. Juni 2013
 / von Leonidas
 

Wie dem vorstehenden Zahlenwust schon zu entnehmen, haben leider nahezu alle Hardware-Tests zu Temash & Kabini jeweils andere Test-Kontrahenten aufgestellt, so daß eine solide Durchschnittsbildung schon allein mangels Masse nicht möglich ist. Da zudem viele Tests auch noch recht spartanisch in der Anzahl der durchgeführten Benchmarks waren, schwanken die Ergebnisse von Test zu Test teilweise recht stark. Damit ist nur eine recht grobe Bewertung möglich, welche sich leider nicht an ermittelten Durchschnittszahlen, sondern nur dem Gesamtblick auf alle vorhandenen Zahlen leiten lassen muß.

In der Frage der CPU-Performance von Kabini (4C) erscheint recht klar, daß Kabini grob die doppelte CPU-Performance gegenüber seinem eigenen Vorgänger Bobcat bietet. Das Mehr an Rechenkernen wird also sehr gut ausgenutzt, den Rest erzielt die höhere Pro-MHz-Performance der einzelnen Rechenkerne. Im Vergleich mit AMDs Trinity-Prozessoren führt dieser Performanceboost von Kabini dazu, daß die Performance von zweikernigen Mobile-Modellen sogar klar überboten und die Performance von zweikernigen Desktop-Modellen erreicht wird. Bei den vierkernigen Trinity-Modellen liegen die Desktop-Modelle allerdings weiterhin sehr deutlich um den Faktor 2 vor Kabini – Meßwerte zu Mobile-Modellen fehlen hierbei, geschätzt dürften jene allerdings trotzdem noch gut 50% schneller als Kabini sein.

Intels (noch) aktuelle Atom-Angebote in Form der Saltwell-Prozessoren werden von Kabini dann wieder um grob den Faktor 2 überrundet. Gegenüber Intels vielfältigen Celeron- und Pentium-Prozessoren des Mobile-Bereichs kann sich Kabini gut behaupten: Die ganz langsamen Modelle wie einen Celeron 847 kann Kabini sogar schlagen, bei den schnelleren Modellen liegt dann wieder Intel leicht vorn, ohne allerdings all zu deutlich zu enteilen. Gegenüber ausgewachsenen Core i3 Prozessoren mit zwei Rechenkernen plus HyperThreading hat Kabini dann natürlich keine Chance – aber dies ist auch nicht das Zielgebiet von Kabini.

Die Frage der iGPU-Performance von Kabini (4C) ist etwas einfacher zu beantworten, da hierbei ein geringerer Einfluß verschiedener Taktraten und damit etwas weniger zu beachtende Varianten existieren: Die Bobcat-Grafiklösung kann erst einmal erstaunlich gut mithalten, grob gerechnet kommt Kabini gegenüber dieser nur auf ein Performanceplus von 50% – was sich viel anhört, aber doch einigermaßen weg ist von den eigentlich aufgrund der Hardware-Ansetzung prognostizierten 100% Performanceplus. Wahrscheinlich sehen wir hier den Einfluß des nur einkanaligen Speicherinterfaces, welches die CPU-Performance augenscheinlich wenig beeinflußt, die iGPU-Performance jedoch bemerkbar ausbremst.

Alle APUs von AMD inklusive sogar der älteren Llano-Modelle ziehen dann absolut erwartungsgemäß an der integrierten Grafik von Kabini vorbei – kein Wunder bei deutlich mehr Hardware-Einheiten und zweikanaligem Speicherinterface im Hintergrund. Die Grafik-Performance von Intels Atom-Saltwells wurde leider nirgendwo ernsthaft vermessen – andererseits ist jene bekannterweise arg schwach, auch hier sollte Kabini maßgeblich im Vorteil sein. Im Vergleich mit Intels Grafiklösungen gibt es sehr gemischte Resulate, in deren Essenz Kabini die HD Graphics der Celeron- und Pentium-Modelle normalerweise schlagen sollte, ungefähr dasselbe Resultat wie die HD Graphics 3000 aufbieten sollte und sich erst der HD Graphics 4000 klar geschlagen geben muß.

In der Frage der CPU-Performance von Temash (4C) wird es aufgrund der wenigen vorliegenden Testresultate schon sehr schwierig, eine vernünftige Aussage zu treffen. Grob betrachtet verliert man von Kabini 4C auf Temash 4C ca. 40% CPU-Performance, was Temash allerdings immer noch bemerkbar über das Niveau von Bobcat & Saltwell bringt. AMDs und Intels Mainstream-Prozessoren kann Temash allerdings nur noch in Ausnahmefällen wie dem besonders niedrig getakteten Celeron 847 oder auch zweikernigen Trinity Mobile-Modellen erreichen.

In der Frage der iGPU-Performance von Temash (4C) geht es dann in Richtung Kaffeesatzleserie – auf Basis nur eines diese Frage angehenden Tests ist nicht viel Staat zu machen. In jedem Fall scheint der Performance-Abschlag vom Kabini 4C auf Temash 4C auch bei der integrierten Grafik gut 35% auszumachen. Die müsste eigentlich grob Bobcat-Niveau ergeben und damit immer noch besser als bei Atom Saltwell liegen. Gegenüber den integrierten Grafiklösungen der Mainstream-Prozessoren von Intel und AMD dürfte die iGPU von Temash 4C allerdings kein Land sehen können – mit der Ausnahme allein des Celeron 847, dessen besonders niedrige Taktraten seine Grafik-Performance sogar noch etwas unterhalb des Niveaus von Temash 4C drücken.

Temash (4C) Kabini (4C)
CPU
Performance
  • bemerkbar schneller als Bobcat & Atom Saltwell
  • klar bis dramatisch langsamer als alle Mainstream-Prozessoren von AMD und Intel, mit der Ausnahme nur bei besonders langsam getakteten bzw. besonders abgespeckten Modellen
  • um den Faktor 2 schneller als Bobcat & Atom Saltwell
  • klar schneller als Trinity/Richland Mobile 2C
  • in etwa so schnell wie Trinity/Richland Desktop 2C
  • klar langsamer als Trinity/Richland Mobile 4C
  • dramatisch langsamer als Trinity/Richland Desktop 4C
  • grob selbes Performancefeld wie Mobile Celeron & Mobile Pentium (je nach Taktrate)
  • klar langsamer als Mobile Core i3 & i5
  • dramatisch langsamer als Mobile Core i7 sowie Desktop Core i3, i5 & i7
iGPU
Performance
  • grob selbes Performancefeld wie Bobcat
  • immer noch klar schneller als Atom Saltwell
  • klar bis dramatisch langsamer als die iGPUs aller Mainstream-Prozessoren von AMD und Intel, mit der Ausnahme nur bei besonders langsam getakteten Intel-Modellen
  • um ca. 50% schneller als Bobcat
  • (vermutlich) um den Faktor 2 oder mehr schneller als Atom Saltwell
  • klar bis dramatisch langsamer als alle Trinity/Richland-Grafiklösungen
  • etwas schneller als Intels HD Graphics
  • grob selbes Performancefeld wie Intels HD Graphics 3000
  • klar langsamer als Intels HD Graphics 4000
Es handelt sich hierbei um sehr grobe Einordnungen, basierend auf den Topmodellen von Temash & Kabini bzw. taktähnlichen Modellen. Die Fehlertoleranz dieser Einordnungen ist aufgrund unzureichender Anzahl vorliegender Meßwerte jedoch vergleichsweise hoch.

Die Frage, wie die zweikernigen Temash/Kabini-APUs abschneiden werden, läßt sich aus den vorliegenden Benchmarks kaum mit halbwegs vernünftiger Zielsicherheit beantworten. Zu Temash mit zwei Rechenkernen verbietet sich aufgrund klar abweichender Taktraten jegliche Prognose, zu Kabini mit zwei Rechenkernen kann man wenigstens sagen, daß die iGPU-Performance aufgrund des nahezu selben Takts ähnlich ausfallen sollte. Wieviel weniger CPU-Performance man bei den zweikernigen Varianten erhält, können aber nur explizite Tests ermitteln – welche derzeit einfach noch nicht vorliegen.

   Was läßt sich nun mit Temash & Kabini anfangen?

Zu Temash für den Tablet-Bereich läßt sich leider noch nichts bestimmtes sagen, da die Performance des derzeit getesteten Top-Modells A6-1450 zwar richtig gut im Vergleich zu anderen Tablet-Prozessoren von AMD und Intel ist – jene allerdings nicht die wahren Kontrahenten von Temash sind. Diese kommen eher aus dem ARM-Bereich – und diesbezüglich wird AMD auch viel eher mit dem kleinsten Temash-Modell A4-1200 operieren müssen, weil nur dessen niedrige TDP von 3,9 Watt in diesem Segment wirklich konkurrenzfähig ist. Die beiden größeren Temash-APUs sind wohl eher für Netbooks gedacht – können dort aber auch durch die leistungsfähigeren Kabini-Modelle ersetzt werden. Nur wenn die TDP unbedingt unter 10 Watt liegen soll, werden diese Modelle interessant – dies ist aber für Netbooks zumeist nicht notwendig.

Bei Kabini stellt sich dagegen die Frage, wie weit diese APUs (vom Netbook-Bereich kommend) in den Notebook-Bereich eindringen respektive dort reguläre Notebook-Prozessoren ersetzen können. Im Netbook-Bereich machte schon Bobcat niemand etwas vor, Kabini setzt dem ganzen noch die Krone auf und kassiert auch den von Intel extra für Netbooks heruntergestutzten Sandy-Bridge-Prozessor Celeron 847 sehr deutlich. Da Intel bis auf diesen Celeron 847 im Netbook-Bereich ansonsten nur Atom-Prozessoren auf Saltwell-Basis mit der unglücklich laufenden PowerVR-Grafik anbietet, liegt AMD auch und besonders im Grafikbereich dramatisch vorn und bestätigt mit Kabini die Einordnung als klar bester Anbieter von Netbook-Prozessoren.

Im Notebook-Bereich wird es dagegen schwieriger für Kabini, da man sich hierbei schnell mit ausgewachsenen Mainstream-Prozessoren von AMD und Intel herumschlagen muß. So lange deren Taktraten und Anzahl der Rechenkerne human bleiben, kann Kabini jedoch bei der CPU-Performance mithalten, stellt also eine Alternative für den unteren Teil des Notebook-Markts dar. Bezüglich der Performance der integrierten Grafik kann man mit den LowCost-Angeboten von Intel mithalten, muß sich allerdings den Trinity- und Richland-APUs von AMD geschlagen geben – sofern die integrierte Grafik eine Rolle spielt, ist man bei Trinity & Richland generell (deutlich) besser aufgehoben. Anders herum gesehen: Wer keinen Wert auf eine möglichst hohe Performance der integrierten Grafik legt, aber prinzipiell eine AMD-APU wünscht, fährt wiederum mit Kabini (eben wegen der kleineren Grafikeinheit) besser.

Intel bietet in diesem Feld grob vergleichbares, allerdings erscheint Kabini aufgrund der gleich vier Rechenkerne – gegenüber Intels zwei Rechenkernen ohne HyperThreading bei Celeron & Pentium – sowie der etwas schnelleren (und natürlich zu Spielen kompatibleren) Grafikeinheit als attraktiveres Angebot gegen über einem Celeron oder Pentium. Ein Core i3 ist dagegen eine andere Klasse, da hier HyperThreading und eine bessere Grafiklösung mit an Bord sind – zu allerdings einer Preislage weit oberhalb des Preisniveaus von Kabini und damit eigentlich nicht direkt vergleichbar. In seinem Preisfeld, wo Kabini gegen Mobile Celeron & Mobile Pentium steht, würden wir in der Tat AMD empfehlen wollen, weil AMD auch hier das solidere Gesamtpaket zur Verfügung stellt.

Kabini im Desktop-Segment ist hingegen immer noch nicht wirklich zu sehen und bleibt daher ein klares Nischenprodukt für Bastler & Enthusiasten. Die Idee, auf Kabini-Basis günstige, aber dennoch konkurrenzfähige Office-PCs erstellen zu können, wird sich mangels ausreichender CPU-Performance kaum realisieren lassen, denn bislang erreicht Kabini nur das (allgemein als sehr schwach bewertete) CPU-Performanceniveau der schwächsten Trinity-Lösungen, liegt damit also weiterhin deutlich unter der CPU-Performance beliebter Office-CPUs wie der Pentium-G-Serie.

Aber dies wäre sowieso nur der Tüpfelchen auf dem "i" gewesen – relevanter ist die Eignung für Netbooks und kleine Notebooks. Die Eignung für Netbooks ist dabei die Pflichtaufgabe, welche AMD mit Bravour erfüllt und damit einen würdigen Nachfolger für Bobcat gefunden hat. Die Eignung für kleine Notebooks ist die Kür, welche als Möglichkeit im Raum stand – und welche sich nun tatsächlich bewahrheitet: Anstatt eines arg abgespeckten Celeron/Pentium-Prozessors oder einer genauso arg auf nur zwei Rechenkerne heruntergetrimmten Trinity/Richland-APU kann man nicht nur zu Kabini greifen, sondern wir würden es aufgrund des runderen Gesamtangebots sogar regelrecht empfehlen.

Erst dann, wenn es um wirklich schnellere Notebook-CPUs wie Intels Core i3 sowie vierkernige Trinity/Richland-Modelle, oder aber wenn es um schnellere integrierte Grafik wie jene von Trinity & Richland geht, ist die Kunst von Kabini zu Ende – aber dies ist dann auch eine klar andere Preisklasse. In seiner Preisklasse legt Kabini dagegen erstklassig vor und muß vor dem Erscheinen von Haswell-basierten Celerons & Pentiums für den Mobile-Bereich (zum Jahresende?) erst einmal vor nichts fürchten.