Launch-Analyse Intel Coffee Lake Refresh (Seite 3)

Montag, 5. November 2018
 / von Leonidas
 

Das eigentliche Ungemach für den Coffee Lake Refreshs lauert dann allerdings beim Preispunkt, speziell den aktuellen Straßenpreisen. Allerdings sind auch die Listenpreise vergleichsweise hoch für Prozessoren des normalen Consumer-Segments – so hoch, das der Core i9-9900K selbst zu seinem Listenpreis keinen AMD-Kontrahenten unterhalb des Threadripper-Segments mehr findet. Core i5-9600K und Core i7-9700K tragen auch jeweils kleine Preiserhöhungen – welche zwar zu deren Mehrperformance passen, aber die Preispunkte dieser Prozessoren-Modelle trotzdem tendentiell nach oben treiben. Beim Core i7-9700K kommt erschwerend hinzu, das ein Listenpreis nahe 400 Dollar nicht wirklich zu einem nunmehr nur noch zweitbesten Consumer-Modell passen will – wenn es die letzten 10 Jahre das jeweils beste Consumer-Modell von Intel immer für Preislagen von 330-350 Dollar gegeben hatte. Somit muß man konstatieren, das Intel mit dieser neuen Prozessoren-Generation sich jedes Stück Mehrperformance auch komplett bezahlen läßt – im Gegensatz zu früheren Intel-Generationen gibt es mit den neuen Prozessoren also kein (bzw. nur ein minimal) besseres Performance/Preis-Verhältnis.

Technik Anwend.-Perf. Spiele-Perf. Liste Straße
Ryzen Threadripper 1950X Zen, 16C/32T, 3.4/4.0 GHz, 180W TDP ~151% ~84% 799$ ab 719€
Ryzen Threadripper 2920X Zen+, 12C/24T, 3.5/4.3 GHz, 180W TDP ~138% ? 649$ ab 649€
Core i9-7900X SKL-X, 10C/20T, 3.3/4.3 GHz, 140W TDP 136,3% ~90% 989$ ab 999€
Ryzen Threadripper 1920X Zen, 12C/24T, 3.5/4.0 GHz, 180W TDP 131,0% ~82% 399$ ab 407€
Core i9-9900K CFL-R, 8C/16T, 3.6/5.0 GHz, 95W TDP 127,7% 108,3% 488$ ab 622€
Core i7-7820K SKL-X, 8C/16T, 3.6/4.3 GHz, 140W TDP 113,9% ~90% 589$ ab 517€
Core i7-9700K CFL-R, 8C/8T, 3.6/4.9 GHz, 95W TDP 108,0% 105,8% 374$ ab 475€
Ryzen 7 2700X Zen+, 8C/16T, 3.7/4.3 GHz, 95W TDP 106,4% 88,1% 329$ ab 299€
Core i7-8086K CFL, 6C/12T, 4.0/5.0 GHz, 95W TDP ~101% ~101% 425$ ab 480€
Core i7-8700K CFL, 6C/12T, 3.7/4.7 GHz, 95W TDP 100% 100% 359$ ab 399€
Core i7-8700 CFL, 6C/12T, 3.2/4.6 GHz, 65W TDP ~98% ~99% 303$ ab 338€
Ryzen 7 1800X Zen, 8C/16T, 3.6/4.0 GHz, 95W TDP ~96% ~83% 349$ ab 235€
Ryzen 7 2700 Zen+, 8C/16T, 3.2/4.1 GHz, 65W TDP ~93% ~84% 299$ ab 279€
Ryzen 7 1700X Zen, 8C/16T, 3.4/3.8 GHz, 95W TDP ~91% ~81% 309$ ab 187€
Ryzen 5 2600X Zen+, 6C/12T, 3.6/4.2 GHz, 95W TDP 88,1% 84,1% 229$ ab 199€
Ryzen 7 1700 Zen, 8C/16T, 3.0/3.7 GHz, 65W TDP ~84% ~77% 299$ ab 183€
Core i7-7800K SKL-X, 6C/12T, 3.5/4.0 GHz, 140W TDP ~83% ~83% 383$ ab 399€
Ryzen 5 2600 Zen+, 6C/12T, 3.4/3.9 GHz, 65W TDP ~83% ~83% 199$ ab 149€
Core i5-9600K CFL-R, 6C/6T, 3.7/4.6 GHz, 95W TDP 82,6% 97,2% 262$ ab 299€
Core i5-8600K CFL, 6C/6T, 3.6/4.3 GHz, 95W TDP 78,1% 94,8% 257$ ab 259€

Richtig schlecht sieht es für den Coffee Lake Refresh allerdings aus, wenn man sich die aktuellen Straßenpreise betrachtet: Da stehen alle drei neuen Prozessoren mit Preisaufschlägen von 14-27% gegenüber ihrem Listenpreis da – bei inzwischen wieder zurückgehenden Straßenpreisen für die originalen Coffee-Lake-Prozessoren sowie traditionell guten Straßenpreisen für alle AMD-Angebote. Da sich diese Preissituation voraussichtlich auch nicht in wenigen Tagen entschärfen soll, sondern uns wohl noch einige Wochen begleiten dürfte, kann der Coffee Lake Refresh derzeit leider auch nur zu diesen aktuellen Preislagen beurteilt werden. Und damit ist für Intel (unter Betrachtung der Anwendungs-Performance) keine Schlacht zu gewinnen, liegt überall AMD deutlich vorn: Der Core i5-9600K kann faktisch durch einen simplen Ryzen 5 2600 ersetzt werden – zur Hälfte (!) von dessen Straßenpreis. Der Core i7-9700K findet seinen natürlichen Gegner im Ryzen 7 2700X, anstatt 475 Euro wären beim AMD-Angebot nur 299 Euro zu löhnen.

Und anstatt des Core i9-9900K für 622 Euro kann man locker und leicht einen minimal schnelleren Ryzen Threadripper 1920X erstehen, sich an dessen mehr CPU-Kernen und mehr CPU-Threads für nur 407 Euro erfreuen – da reicht die Preisdifferenz ganz locker aus, um selbst die höheren Plattformkosten der TR4-Plattform zu verkraften. Da sich Intels Coffee Lake Refresh zudem auch nicht mehr so toll übertakten läßt bzw. selbige Übertaktung (zumindest bei Core i7-9700K und Core i9-9900K) dann mit drastisch anziehendem Strom- und Kühlungshunger bestraft, entfällt auch ein typisches Pro-Intel-Argument in Fällen von irgendwelchen Gleichständen. Allenfalls der Core i5-9600K kann dieses Argument noch für sich anbringen – aber im Zweifelsfall stellt man dann einfach einen Ryzen 7 2700X dagegen, der AMD-Prozessor bietet in diesem Vergleich satte 28,8% Mehrperformance zum gleichen Straßenpreis, da hilft auch eine Übertaktung dem Intel-Prozessor nicht mehr aus der Patsche.

Rein betrachtend die Anwendungs-Performance ist damit für Intel zur aktuellen Preislage nichts zu holen – jenes Bild könnte sich erst aufhellen, wenn eines Tages die neuen Intel-Prozessoren in der Nähe ihres Listenpreises erhältlich sind. Einigermaßen anders stellt sich die Situation bei der Spiele-Performance dar, wo selbst Intels kleinstes Modell noch schneller ist also AMDs bestes Modell (innerhalb der hier betrachteten Prozessoren-Modelle). Sicherlich lassen die hohen Straßenpreise bei Intel-Prozessoren diese Vorteile ineffektiv werden, haben AMD-Prozessoren inzwischen auch im Spiele-Bereich ein gutes Performance/Preis-Verhältnis. Aber viel stärker als bei der Anwendungs-Performance, wo eher noch Abwägungsentscheidungen getroffen werden (Wieviel Performance wird benötigt, wieviel ist sinnvoll?) geht es bei der Spiele-Performance üblicherweise zumeist einfach nur um das beste und schnellste. Und da ist Intel weiterhin auf allen vorderen Positionen zu finden – bzw. werden jene nunmehr vom Coffee Lake Refresh übernommen. Wer also rein auf die höchstmögliche Spiele-Performance schaut, der kommt um Intel gar nicht herum.

Effektiv ist dies natürlich nicht, denn die Differenzen sind allgemein eher gering bis maximal mittelmäßig, sowohl die Differenzen Intel-intern als auch die Differenz von Intel zu AMD (jedenfalls zu den neueren Pinnacle-Ridge-basierten Modellen). Rechnet man zudem ein, das CPU-limitierte Sequenzen in Spielen sowieso eher gering in der Anzahl sind, die aufgezeigten Performanceunterschiede also nur für geringe Anteile am gesamten Spiel gelten, dann müsste sich dies nochmals relativieren. Normalerweise sollten also selbst 20% Performance-Differenz in dieser speziellen Situation keine Rolle spielen – die CPU-Performance der modernen AMD- und Intel-Prozessoren ist sowieso generell hoch genug, um alle aktuellen Spiele ohne jede CPU-Probleme darstellen zu können. 20% Performance-Differenz in einer Situation, wo die Framerate sowieso überaus hoch ist, machen nichts besser – im Gegensatz dazu sind 20% mehr Anwendungs-Performance immer verwertbar, wird eben jede CPU-limitierte Aufgabe auch wirklich entsprechend schneller erledigt.

Nichtsdestotrotz ist auch die Gegenmeinung zu respektieren, welche einfach kompromißlos nach der bestmöglichen CPU-Performance für Spiele ruft – und die gibt es wie gesagt weiterhin nur bei Intel, der Coffee Lake Refresh legt hier sogar noch einmal gut oben drauf. Es stört hierbei halt nur die dafür aufgerufene Preislage, zu den aktuellen Straßenpreise wäre eher der Blick "zurück" zum Core i7-8700K (oder für nicht-Übertakter der Core i7-8700) angeraten. Wenn der Coffee Lake Refresh hingegen eines Tages im Straßenpreis-Niveau seine Listenpreise erreicht hat, dann sind Core i5-9600K, Core i7-9700K und Core i9-9900K erstklassig gangbare Spiele-Prozessoren. Allenfalls könnte man dann noch anmängeln, das die großen Modelle wenig effektiv gegenüber dem Core i5-9600K sind: Einer Spiele-Mehrperformance von jeweils nur wenigen Prozentpunkten stehen jeweils sattsame Mehrpreise gegenüber. Aber dies ist ein bekanntes Bild im Spiele-Bereich und hängt eher an dem Performance-Bedarf aktueller Spiele als denn an Intel, welche ihre Preise natürlich über das Performance-Bild im Anwendungs-Bereich festsetzen.

Eine generelle Empfehlung pro/contra des Coffee Lake Refreshs kann somit aufgrund der verschiedenen Eigenschaften nicht ausgesprochen werden, weil diese Prozessoren je nach individuellen Anforderungen jeweils anders betrachtet werden können. Klar ist nur, das die aktuell übertriebenen Straßenpreise eine wirklich faire Betrachtung dieser Hardware verhindern bzw. wenigstens aufschieben – und erst wenn sich diese Preissituation eines Tages geklärt hat, kann man wirklich frei entscheiden, wer hier in Vorhand geht. Sollte dieser Zeitpunkt erreicht sein, wird es Intel aber weiterhin schwer gegenüber AMD haben, denn bei Anwendungs-Performance, Strombedarf und Übertaktungseignung fährt man – eigentlich Intel-untypisch – nicht wirklich Pluspunkte ein, dies passiert nur bei der Spiele-Performance. Allein in diesem Punkt macht Intel auch weiterhin niemand etwas vor – zumindest bis AMD nächstes Jahr mit einer neuen CPU-Generation anrückt.

IPC-Gewinn höchste Taktraten üblicher OC-Takt
Core 2   (2007, 65nm) - 2.66 GHz ~3.2 GHz
Core 2 Refresh   (2008, 45nm) +9% 3.0 GHz ~4.0 GHz
Nehalem   (2008, 45nm) +31% (inkl. HT) 3.2/3.46 GHz ~3.8 GHz
Sandy Bridge   (2011, 32nm) +15% 3.5/3.9 GHz ~4.5 GHz
Ivy Bridge   (2012, 22nm) +6% 3.5/3.9 GHz ~4.5 GHz
Haswell   (2013, 22nm) +8% 3.5/3.9 GHz ~4.4 GHz
Haswell-Refresh   (2014, 22nm) - 4.0/4.4 GHz ~4.6 GHz
Broadwell   (2015, 14nm) ~5% 3.3/3.7 GHz ~4.2 GHz
Skylake   (2015, 14nm) +8% (zu Haswell) 4.0/4.2 GHz ~4.5 GHz
Kaby Lake   (2017, 14nm) - 4.2/4.5 GHz ~4.8 GHz
Coffee Lake   (2018, 14nm) - 4.0/5.0 GHz (6C) ~4.9 GHz (6C)
Coffee Lake Refresh   (2018, 14nm) - 3.6/5.0 GHz (8C) ~5.1 GHz (8C)
ohne Prozessoren der X/E-Plattformen bzw. oberhalb 500$ Listenpreis; Taktraten-Angabe generell für Vierkerner (oder besser, sofern verfügbar)

Abschließend läßt sich zum Coffee Lake Refresh sagen, das Intel mit diesem im Wettstreit mit AMD nun wirklich alle der bisherigen Reserven aktiviert hat. Man bietet die maximal zu einer sinnvollen Die-Größe anbietbare Anzahl an CPU-Kernen auf, sowie taktet die Prozessoren bis in den Bereich der Stromverbrauchs-Ineffizienz hinein – ganz wie bei AMD, für welche diese Methode lange Zeit sowieso die einzige Chance war, um im Wettbewerb mit Intel nicht unterzugehen. AMDs Zen-basierte Prozessoren haben also letztendlich erreicht, das Intel seine bislang sorgsam gehüteten Reserven zugunsten der CPU-Käufer ausschüttet – noch nicht preislich, aber wenigstens bei der gebotenen Hardware. Ohne AMDs Zen hätte es möglicherweise überhaupt keine Coffee-Lake-Generationen gegeben, sicherlich aber keine Sechs- und Achtkerner im normalen Consumer-Segment noch vor der nachfolgenden Ice-Lake-Generation. Echter Wettbewerb sorgt also dafür, das die gemachten Innovationen auch beim Konsumenten ankommen – und nicht nur allein bei der Unternehmensbilanz in der Gewinnspalte. Das man dafür dann Produkte erhält, die nicht mehr in jeder Disziplin auf dem ersten Platz stehen können, sondern das differentierte Betrachtungen notwendig werden und oftmals mehrere Produkte in Frage kommen können, ist eine letztlich eher positive Folge hieraus.

Denn unangefochten an der Spitze stehende Produkte resultieren schließlich oftmals aus technologischer Überlegenheit, welche üblicherweise nicht gut für den Wettbewerb und die Preissituation ist. Von Intel (oder AMD, oder nVidia) also dieselben Überflieger-Produkte wie in der Vergangenheit zu fordern, bringt gar nichts – so etwas passiert bei einem funktionierenden Wettbewerb nur als große Ausnahme. So gesehen ist der Coffee Lake Refresh also auch kein schlechtes Produkt, nur weil AMDs Gegenangebot einige Stiche für sich hat setzen können – dies entspricht vielmehr dem Normalzustand bei einem funktionierenden Wettbewerb. Das, was Intel angesichts der geringen vorhandenen Möglichkeiten noch herausgeholt hat, ist sogar vergleichsweise gut, so gesehen ist der Coffee Lake Refresh ein gelungenes Produkt. Nur an der Preissituation kann Intel definitiv arbeiten – und damit sind nicht die überzogenen Straßenpreise gemeint, welche von den Einzelhändlern und nicht von Intel selber gemacht werden. Auch schon die reinen Listenpreise des Coffee Lake Refreshs sind eher innovationsfeindlich, wenn überall die Mehrperformance auch entsprechend mehr kostet.