Launch-Analyse: nVidia GeForce GTX 550 Ti

Dienstag, 15. März 2011
 / von Leonidas
 

Mit der Veröffentlichung der GeForce GTX 550 Ti schickt nVidia eine neue Lösung für das obere Mainstream-Segment ins Rennen, welche nVidia-intern zwischen GeForce GTS 450 und GeForce GTX 460 768MB steht und auf AMD bezogen die Radeon HD 5770 auskontern soll. Der dafür angesetzte GF116-Chip ist zwar eigentlich gleich dem GF106-Chip der GeForce GTS 450, allerdings setzt nVidia erstmals im Desktop-Segment das volle Speicherinterface des GF106/GF116-Chips ein und legt bei der GeForce GTX 550 Ti zudem deutlich höhere Taktraten als beim Vorgängermodell, der GeForce GTS 450, an.

Damit bringt es die GeForce GTX 550 Ti auf einen bedeutsamen Unterschied zur GeForce GTS 450 und liegt der GeForce GTX 460 768MB näher, als es der nominelle Sprung von 192 auf 336 Shader-Einheiten vermuten lassen würde. Viel davon kann die GeForce GTX 550 Ti durch ihre deutlich höheren Taktraten wieder ausgleichen, zudem hat sie dasselbe Speicherinterface wie die GeForce GTX 460 768MB und sogar den höheren Speichertakt gegenüber dieser. Interessant an der Karte ist die Mischung aus 192 Bit DDR Speicherinterface und 1024 MB Speicher – denn bisher war es nicht möglich, an ein derart "krummes" Speicherinterface eine "gerade" Speichermenge zu hängen.

Dies hängt mit der Organisation des Speicherinterface zusammen, welches bei AMD und nVidia aus einzelnen Teilinterfaces mit jeweils 64 Bit Breite besteht, an welche dann normalerweise gleich große Speicherchips angehängt werden. Ein 192-Bit-Interface wie bei der GeForce GTX 550 Ti besteht aus drei 64-Bit-Teilinterfaces und dies würde bei den heute üblichen 128-MB-GDDR5-Speicherchips (seitens der Speicherindustrie gern "1024 MBit" oder "1 GBit" genannt) eben Speicherbestückungen à 768 MB (wie bei der GeForce GTX 460 768MB) oder 1536 MB bedeuten. nVidia geht bei der GeForce GTX 550 Ti allerdings erstmals den Weg, an die 64-Bit-Teilinterfaces unterschiedlich große Speicherchips anzuhängen: Dabei hängen an zwei der drei 64-Bit-Teilinterfaces jeweils zwei 128-MB-GDDR5-Speicherchips ("1 GBit"), am dritten 64-Bit-Teilinterface dann aber zwei 256-MB-GDDR5-Speicherchips ("2 GBit") – insgesamt die 1024 MB Speicher dieser Karte.

GeForce GTX 550 Ti Speicherinterface

Dafür war in jedem Fall eine Überarbeitung des Speicherinterfaces und dessen Steuerungslogik notwendig, denn bisher war ein solcher Weg wie gesagt nicht möglich und bedingte ein "krummes" Speicherinterface immer ebenso "krumme" Speichermengen. Inwiefern nVidia mit diesem Sonderweg bei der GeForce GTX 550 Ti möglicherweise an Performance verliert, ist derzeit unklar und würde sich sowieso nur mittels sehr spezieller Benchmarks exakt beweisen lassen AnandTech haben sich in diese Richtung hin versucht – allerdings nur um festzustellen, daß die GeForce GTX 550 Ti unter Cuda gleich gar nur 768 MB Speicher ansprechen kann. Dies nährt durchaus den Verdacht, daß die letzten 256 MB möglicherweise kaum performancewirksam sind und nur wegen des psychologischen Effekts drangeklebt wurden – derzeit läßt sich in dieser Frage aber leider noch nichts endgültiges sagen.

Radeon HD 5770 GeForce GTS 450 GeForce GTX 550 Ti GeForce GTX 460 768MB
Chipbasis AMD RV840/Juniper, 1040 Mill. Transistoren in 40nm auf 166mm² Die-Fläche nVidia GF106, 1170 Mill. Transistoren in 40nm auf 228mm² Die-Fläche nVidia GF116, 1170 Mill. Transistoren in 40nm nVidia GF104, 1950 Mill. Transistoren in 40nm auf 332mm² Die-Fläche
Technik DirectX 11, 1 Raster Engine, 800 (5D) Shader-Einheiten, 40 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit DDR Interface (bis GDDR5) DirectX 11, 1 Raster Engine, 192 (1D) Shader-Einheiten, 32 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit DDR Interface (bis GDDR5) DirectX 11, 1 Raster Engine, 192 (1D) Shader-Einheiten, 32 TMUs, 24 ROPs, 192 Bit DDR Interface (bis GDDR5) DirectX 11, 2 Raster Engines, 336 (1D) Shader-Einheiten, 56 TMUs, 32 ROPs, 192 Bit DDR Interface (bis GDDR5)
Taktraten 850/2400 MHz 783/1566/1800 MHz 900/1800/2050 MHz 675/1350/1800 MHz
Takt OC-Varianten bis 900/2450 MHz bis 930/1860/2000 MHz bis 1000/2000/2200 MHz bis 855/1710/2000 MHz
Speicherausbau 512 oder 1024 MB GDDR5 512 oder 1024 MB GDDR5 1024 MB GDDR5 768 MB GDDR5
Layout DualSlot DualSlot DualSlot DualSlot
Kartenlänge 220mm 210mm 210mm 210mm
Stromanschlüsse 1x 6pol. 1x 6pol. 1x 6pol. 2x 6pol.
TDP/MGCP 108W 106W 116W 150W
Preislage 100-110 Euro 80-90 Euro 120-140 Euro 120-130 Euro

Im Vergleich der Rohleistungen liegt die GeForce GTX 550 Ti damit ziemlich in der Mitte zwischen GeForce GTS 450 und GeForce GTX 460 768MB – mit durchaus der Tendenz zur höherwertigeren Karte, aber diesbezüglich wären die Performancemessungen (siehe nachfolgend) abzuwarten. Schließlich steht zu vermuten, daß die klar höhere Speicherbandbreite der GeForce GTX 550 Ti gegenüber der GeForce GTS 450 weit weniger bringt als die klar höhere Rechenleistung der GeForce GTX 460 768MB gegenüber der GeForce GTX 550 Ti.

Rohleistungs-Vergleich Radeon HD 5770 und GeForce GTS 450, GTX 550 Ti & und GTX 460 768MB

Eleventuell relevant bei diesen Karten ist zudem auch die Betrachtung der ab Werk übertakteten Varianten, weil diese gerade bei den drei nVidia-Karten sehr häufig im Markt anzutreffen sind. Allerdings kosten richtig gute Übertaktungen – hoch getaktet wie in vorstehendem Diagramm aufgeführt – gern gute Mehrpreise und haben ab Werk übertaktete Karten mit geringem Mehrpreis meist nur arg gemächliche Taktaufschläge. Mittels Übertaktung gerade der nVidia-Karten kann man noch einiges gewinnen – allerdings wäre hierfür der Selbstversuch doch der bessere Weg, die ab Werk übertakteten Karten sind entweder günstig und handzahm – oder gutklassig aber teuer.

Zudem scheinen sich GeForce GTS 450 und GeForce GTX 460 768MB durch ihre klar geringeren Standardtaktraten besser als die GeForce GTX 550 Ti für jegliche Übertaktungsexperimente zu eigenen. Die GeForce GTX 550 Ti kann zwar im Overclocking-Betrieb die psychologisch wichtige 1000-MHz-Marke anscheinend problemlos durchbrechen, der relative Übertaktungsgewinn ist bei dieser Karte durch die hohen Standardtaktraten aber klar geringer als bei GeForce GTS 450 und GeForce GTX 460 768MB.

Der recht hohe Chiptakt der GeForce GTX 550 Ti hat aber auch noch einen anderen Nachteil: Die Karte liegt bezüglich der Stromaufnahme schon etwas außerhalb des Mainstream-Feldes, für welches Grafikkarten unterhalb von 100 Watt Spiele-Stromverbrauch bleiben sollten. Leider gibt es heute nur Messungen von Karten mit höheren Taktraten: HT4U haben eine auf 975/1950/2000 MHz laufende Asus-Karte auf 116 Watt Spieleverbrauch ausgemessen (HAWX 2), die PCGH eine gar auf 1000/2000/2200 MHz laufende Palit-Karte auf gleich 120 Watt Spieleverbrauch (Battlefield: Bad Company 2). Doch selbst wenn man die ab-Werk-Übertaktung dieser Karten irgendwie herausrechnet, wird die GeForce GTX 550 Ti keine besonders energieeffiziente Grafikkarte.

HT4U Idle MultiMon. Spiele FurMark TDP/MGCP
Radeon HD 5750 15W 27W 64W 77W 86W
GeForce GTS 450 12W 30W 84W 102W 106W
Radeon HD 5770 16W 36W 81W 98W 108W
GeForce GTX 550 Ti (default-Takt, Schätzungen) 14W ca. 40W ca. 105W ca. 125W 116W
GeForce GTX 550 Ti @ 975/1950/2000 MHz 14W 48W 116W 142W 116W
GeForce GTX 460 768MB 14W 39W 113W 137W 150W
Radeon HD 6850 19W 40W 104W 117W 127W

Es ist aufgrund der Messungen von nur ab Werk übertakteten GeForce GTX 550 Ti nicht ganz genau, aber grob betrachtet liegt die GeForce GTX 550 Ti mit ca. 105 Watt Spiele-Stromverbrauch nur minimal unter dem Stromverbrauchs-Niveau der GeForce GTX 460 768MB. Dies überrascht etwas aufgrund des bei letztgenannter Karte viel größeren Grafikchips, dürfte aber eine Folge der hohen Taktraten der GeForce GTX 550 Ti sein. Und selbst wenn unsere Herunterrechnung der bekannten Stromverbrauchswerte der ab Werk übertakteten GeForce GTX 550 Ti Karten zu zaghaft war und die GeForce GTX 550 Ti eher einen Spieleverbrauch von rund 100 Watt hat – auch dies ist dann immer noch klar mehr als bei Radeon HD 5770 (81W) und GeForce GTS 450 (84W), welche sich doch deutlich unterhalb der 100-Watt-Marke aufhalten.

So das richtige Brecherangebot für Anwender, welche aus dem einen oder anderen Grund unterhalb dieser 100-Watt-Marke bleiben wollen, ist die GeForce GTX 550 Ti damit leider nicht geworden. Wer innerhalb dieser Stromverbrauchs-Marke mehr Performance will, wird wohl oder übel auf die zum Jahreswechsel 2011/2012 anstehende 28nm Grafikchip-Generation warten müssen – denn unter der aktuellen 40nm-Fertigung ist anscheinend nichts besseres mehr möglich, ohne gleichzeitig eben auch den Stromverbrauch nach oben zu drücken.

Bezüglich der Geräuschkulisse der GeForce GTX 550 Ti gab es dagegen keine echten Probleme – die Karte wird diesbezüglich zumeist als gutklassig, jedoch nicht überragend eingeordnet. Zu beachten wäre hierbei, daß die meisten der heutigen Testberichte keine Referenz-Karte von nVidia im Test hatten, sondern oftmals Herstellerkarten mit eigenem Platinenlayout und/oder eigener Kühlkonstruktion. Da bei der GeForce GTX 550 Ti diese Hersteller-eigenen Platinen eher die Regel als die Ausnahme sein werden, sind für diese Karte eigentlich keine allgemeingültigen Lautstärke-Aussagen treffbar.