Launch-Analyse nVidia GeForce RTX 2080 & 2080 Ti (Seite 4)

Mittwoch, 26. September 2018
 / von Leonidas
 

Eine kleine Überraschung ergab sich mit den Messungen zum Stromverbrauch der reinen Grafikkarten, welche daneben in erfreulich großer Anzahl vorliegen. Zuletzt hatte man sich bei nVidia-Grafikkarten daran gewöhnen können, das wirklich alle Grafikkarten nie mehr als ihre jeweilige offizielle TDP-Angabe ziehen, im Schnitt der Messungen eigentlich immer ein paar Watt niedriger herauskommen. Dies trifft auch weiterhin auf die mitgetesteten Pascal-Karten zu – die Turing-Karten scheren hierbei hingegen aus und durchbrechen ihre TDP. Bei der GeForce RTX 2080 "Founders Edition" bleibt dies mit im Mittel 228 Watt Spiele-Stromverbrauch noch vollkommen im Rahmen der Dinge, diesen Wert könnte man notfalls auch noch unter "Meßungenauigkeit" einordnen. Die GeForce RTX 2080 Ti "Founders Edition" fällt dagegen mit im Mittel 271 Watt Spiele-Stromverbrauch doch einigermaßen klar aus ihrer (klar) vorgegebenen TDP von 260 Watt heraus.

Stromverbrauch Vega 64 1080 1080 Ti Titan Xp 2080 (FE) 2080 Ti (FE)
ComputerBase 11W / 308W 6W / 180W 9W / 255W - 12W / 229W 21W / 276W
Golem 16W / 281W 5W / 176W 12W / 223W - 17W / 230W 22W / 260W
Guru3D 334W 184W 279W 259W 230W 266W
Hardwareluxx 314W 182W 244W - 226W 260W
Le Comptoir d.H. 12W / 298W 6W / 156W 10W / 219W 14W / 246W 15W / 231W 20W / 274W
Les Numeriques 292W 169W 231W 248W 233W 288W
PCGH - 10W / 173W 13W / 228W 14W / 252W 17W / 224W 23W / 263W
TechPowerUp 14W / 292W 3W / 166W 10W / 231W - 14W / 215W 20W / 273W
Tom's Hardware 19W / 285W 7W / 173W 13W / 229W - 17W / 226W 17W / 279W
Tweakers 14W / 301W 8W / 181W 11W / 257W - 17W / 233W 22W / 274W
Ø Idle 14W 6W 11W ~12W 16W 21W
Ø Spiele 298W 175W 238W 251W 228W 271W
TDP 295W 180W 250W 250W 225W 260W
erster/kleinerer Wert: Idle, zweiter/größerer Wert: Spiele; Durchschnitt gegen die (wenigen) völlig danebenliegenden Werte gewichtet

Ob dies dann noch mit Meßfehlern begründet werden kann, wäre eher zu bezweifeln – gerade da selbst neu aufgelegte Meßwerte von Pascal-Grafikkarten jene als weiterhin im Rahmen ihrer TDP anzeigen. An dieser Stelle wird sicherlich noch eine Erklärung gesucht – welche im Extremfall auch darauf hinauslaufen könnte, daß das Power-Limit der Turing-Karten gar nicht wirklich der offiziellen Karten-TDP entspricht. Die Differenz ist natürlich absolut nicht weltbewegend, gibt es auch bei AMDs Grafikkarten, ist halt für nVidia reichlich ungewöhnlich. Nur zeigt dieser Fall dann (erneut) darauf hin, wie wenig man auf TDP-Nennungen vertrauen kann: GeForce GTX 1080 Ti und GeForce RTX 2080 Ti "Founders Edition" liegen bezüglich ihrer TDP nur 10 Watt auseinander, real sind es allerdings gleich 33 Watt – da die GeForce GTX 1080 Ti real weniger als ihre TDP verbraucht, die GeForce RTX 2080 Ti "Founders Edition" real hingegen mehr als ihre TDP zieht.

Mittels Übertaktung läßt sich dann noch einiges aus beiden FE-Grafikkarten herausholen, dies ging auch schnell in Richtung von Taktraten oberhalb von 2000 MHz (bei beiden Karten). Das erreichbare Taktraten-Niveau ist damit zwar hoch, aber letztlich auch nicht wirklich beachtbar höher als von Pascal her bereits gewohnt. Bei den verschiedenen Hardwaretests wurden unter Übertaktung dann Performancegewinne von ca. 10-15% bei der GeForce RTX 2080 FE sowie ca. 15-20% bei der GeForce RTX 2080 Ti FE ermittelt – die Leistungsaufnahme stieg dabei entsprechend an, ohne aber (wegen des greifenden Power-Limits) wirklich zu explodieren. Wo in dieser Frage die echten Limits von Turing liegen, wird sich allerdings nur mittels intensiver Tests mit hochklassigen Herstellerdesigns ermitteln lassen, welche dann auch eine noch höhere Stromzufuhr sowohl seitens der technischen Stromversorgung als auch dem im Treiber einstellbaren Power-Limit zulassen.

Nach vielen Zahlen und Daten läßt sich somit langsam ein erstes Gesamtbild zu Turing aufstellen: Performance und Stromverbrauch sind ausreichend genug bekannt – womit sich das ganze ins Verhältnis zum Preispunkt sowie zu en Daten von anderen verfügbaren Grafikkarten setzen läßt. Lag Turing bislang nicht schlecht, ändert sich das ganze allerdings sehr deutlich, wenn man den Preispunkt und hierbei insbesondere die aktuellen Preislagen ins Spiel bringt. Denn derzeit ist im Grafikkarten-Markt absolut nichts von nVidias Listenpreis für die Referenztaktung zu sehen – es regieren vielmehr durchgehend Straßenpreise, welche bestenfalls ein paar Euro unterhalb nVidias eigener Preisgestaltung für die (werksübertaktete) Founders Edition liegen. Angesichts dessen, das die GeForce RTX 2080 nunmehr schon ein paar Tage im Verkauf steht, gibt Turing in dieser Frage (derzeit) ein denkbar schlechtes Bild ab.

Denn es war schon vorab klar, das Turing mit seiner vergleichsweise hohen Preisansetzung bestenfalls ein ähnliches Performance/Preis-Verhältnis wie die vorhergehenden Pascal-Grafikkarten bieten können würde. Diese Rechnung konnte jedoch sowie nur dann aufgehen, wenn die Turing-Grafikkarten auch wirklich zu ihrem Listenpreis verfügbar werden. Mit den aktuell viel höheren Straßenpreisen gerät das Performance/Preis-Verhältnis von Turing komplett aus den Fugen – man bezahlt bei Turing nun plötzlich deutlich mehr für dieselbe Performance wie bei Pascal. Selbst das Argument, das man für die letzten paar Prozentpunkte Performance immer übermäßig tief in die Tasche greifen muß, zieht an dieser Stelle nicht – denn jenes gilt nur Generations-intern. Doch Generations-übergreifend sollte eine neue Grafikkarten-Generation die vorhergehende beim Performance/Preis-Verhältnis jederzeit erreichen bzw. üblicherweise sogar mehr Performance fürs gleiche Geld aufbieten.

V64 1080 1080Ti TitanXp 2080Std 2080FE 2080Ti-Std 2080Ti-FE
FullHD-Performance 78,6% 81,5% 100% ~105,8% ~102% 105,6% ~118% 120,1%
WQHD-Performance 76,5% 78,5% 100% ~106,9% ~102½% 106,4% ~125% 128,4%
UltraHD-Performance 75,0% 76,3% 100% ~107,9% ~102½% 106,3% ~130% 134,8%
Stromverbrauch 298W 175W 238W 251W ~218W 228W ~260W 271W
4K Perf.Index 129% 132% 175% 189% ~180% 186% ~228% 236%
Listenpreis 499$ 499$ 699$ 1200$ 699$ 799$ 999$ 1199$
Straßenpreis 490- 600€ 480- 530€ 680- 750€ 1299€ 840- 900€ 849€ 1230- 1300€ 1259€
P/P per Listenpreis +5% +7% 100% -37% +3% -7% -9% -21%
P/P per Straßenpreis -2% +8% 100% -41% -13% -11% -25% -23%
Speichermenge 8 GB 8 GB 11 GB 12 GB 8 GB 8 GB 11 GB 11 GB
"P/P" = Performance/Preis-Verhältnis, sprich "fps per Dollar" bzw. "fps per Euro"

Da nVidia diese Zielsetzung zu den aktuellen Straßenpreisen klar verfehlt, können die Turing-Grafikkarten derzeit auch keine Empfehlung bekommen. Hier spielt sicherlich auch mit hinein, daß Turings Zukunftsfeature in Form von RayTracing noch zu weit von einer beachtbaren Nutzung entfernt ist, um jetzt schon für die kommende RayTracing-Ära zu kaufen. Aktuell interessiert halt primär die Performance unter derzeit vorliegenden Spielen & Benchmarks, in Relation gebracht zum Preispunkt: Und da liegt nVidia speziell bei der GeForce RTX 2080 einfach schlechter als mit der GeForce GTX 1080 Ti. Zu ihrem Listenpreis könnte eine standardmäßige GeForce RTX 2080 sogar einen minimalen Performance/Preis-Vorteil gegenüber der GeForce GTX 1080 Ti herausarbeiten – aber da jener Listenpreis mit den aktuellen Straßenpreis maßgeblich verfehlt wird, bleibt nur der (deutliche) zweite Platz. Das die GeForce GTX 1080 Ti über die größere und damit (als ältere Grafikkarte) sogar zukunftsträchtigere Speicherbestückung verfügt, spricht zudem doppelt gegen die GeForce RTX 2080.

Für die GeForce RTX 2080 Ti sieht dies etwas anders aus, da jene Karte keinen direkten Gegner aus der Pascal-Generation hat, sondern allein an der Performancespitze steht. Für das Allerschnellste sind dann gewöhnlich gewisse Mehrpreise bzw. schlechter werdende Performance/Preis-Verhältnisse einzurechnen. Allerdings erscheint es doch als übertrieben, zwischen GeForce GTX 1080 Ti und einer standardmäßigen GeForce RTX 2080 Ti für ca. 35% Mehrperformance gleich ca. 74% Mehrpreis (zu aktuellen Straßenpreisen) aufzurufen. Hier ist das Maß dessen, was man als schlechter werdendes Performance/Preis-Verhältnis noch bringen kann, eben doch schon überschritten. Bei den FE-Karten sieht dies dann jeweils nochmals schlechter aus: Den jeweils ca. 3½ Prozent Performancedifferenz zu Karten mit Referenztaktung steht ein um gleich +14% bzw. +20% höherer Listenpreis gegenüber – was die Founders-Edition-Karten aus Performance/Preis-Sicht nominell vollkommen unattraktiv macht. Dieser erhebliche Nachteil der FE-Karten kommt nur durch die aktuell hohen Straßenpreise der Herstellerkarten derzeit noch nicht so heraus.

Die Herstellerkarten haben dagegen natürlich noch die Chance, dieses Bild mit der Zeit abzuändern. Im Idealfall sollten sich irgendwann Karten mit Referenztaktung zum Listenpreis einfinden und Werksübertaktungen (auf dem Taktraten-Niveau der Founders Edition) preislich leicht darüber einsortieren. In diesem Idealfall wäre das Performance/Preis-Verhältnis der GeForce RTX 2080 dann absolut im Lot, jenes der GeForce RTX 2080 Ti zwar weiterhin leicht schlechter, aber wegen der Stellung der Karte als Performanceführer ertragbar. In einer solchen Preissituation könnten die Turing-Grafikkarten dann also wirklich mit deren Neuheitswert sowie den neuen Features RayTracing und DLSS locken. Es ist nur noch nicht absehbar, wann diese preisliche Situation erreicht sein wird. Das es nach dem Verkaufsstart der GeForce RTX 2080 nicht umgehend einen Preisruck nach unten (in Richtung der Listenpreise) gegeben hat, läßt die Befürchtung offen, das die notwendige Preiskorrektur bei den Turing-Grafikkarten keine Sache von wenigen Wochen sein wird, sondern sich vielmehr vielleicht sogar über einige Monate hinziehen wird.

Und somit geht die Betrachtung dieses Grafikkarten-Launchs mit einigem Beigeschmack zu Ende. nVidia hat sicherlich (wieder einmal) tolle Technik zu bieten, RayTracing sind große Zukunftsaussichten (in einer allerdings erst einige Jahre entfernten Zukunft) einzuräumen. Aber für den Augenblick ist Turing ein für nVidia-Verhältnisse erstaunlich zahmer Sprung geworden, trotz der größten jemals für Gaming-Bedürfnisse aufgelegten Grafikchips. Dies wird begleitet von durchgehend steigenden Listenpreisen, es gibt also erstmals bei einer neuen Grafikkarten-Generation nicht mehr Performance fürs gleiche Geld. Die aktuellen (hohen) Straßenpreise setzen dem dann die Krone auf, derzeit lohnen die Turing-Beschleuniger im allgemeinen nicht. Jenes Preisbild kann (und sollte) sich natürlich noch auf wenigstens einen groben Gleichstand im Performance/Preis-Verhältnis ändern können. Doch da noch überhaupt nicht absehbar ist, wann dies passieren wird, geht der Daumen für den Augenblick eher nach unten.

nVidia hat damit zum ersten Mal seit langer Zeit einen Grafikkarten-Launch ziemlich deutlich danebengesetzt. Wer jetzt nicht gerade wirklich auf die Spitzen-Performance der GeForce RTX 2080 Ti angewiesen ist oder aber unbedingt RayTracing in Aktion erleben will, kommt mit den bisherigen Grafikkarten-Angeboten einfach besser zurecht. Im Performance-Bereich der GeForce RTX 2080 ist die GeForce GTX 1080 Ti die logische und sogar bessere Alternative: Für eine minimal geringere Performance wird ein deutlich besserer Preispunkt sowie mit 11 zu 8 GB die größere Speicherbestückung geboten, was insbesondere für dieserart Karten durchaus ein Argument darstellen sollte. Darunter gibt es mit Radeon RX Vega 64 sowie GeForce GTX 1080 gute Angebote für typischerweise die WQHD-Auflösung, welche den Performance/Preis-Vergleich zur GeForce GTX 1080 Ti nicht scheuen müssen. Jenen beiden HighEnd-Karten wird nVidia dann am 17. Oktober mit der "GeForce RTX 2070" eine Turing-basierte Alternative gegenüberstellen. Bei Performance sollte diese dritte Turing-Grafikkarte wohl keine Probleme haben – aber wenn es beim Preispunkt ähnlich danebengeht wie bei GeForce RTX 2080 & 2080 Ti, sind auch die (anfänglichen) Aussichten der kommenden GeForce RTX 2070 eher mau.