Performance-Entwicklung von Ampere & RDNA2 seit Herbst 2020

Samstag, 26. Juni 2021
 / von Leonidas
 

Mit dem Launch der Radeon RX 6700 XT in diesem März deutete sich bereits ein neues Performance-Bild an, da sich seinerzeit die größeren RDNA2-Beschleuniger schon leicht besser gegenüber den jeweiligen nVidia-Grafikkarten positionieren konnten als noch im Dezember 2020 zum Launch der Radeon RX 6900 XT. Die neuerlichen Launches zu GeForce RTX 3080 Ti & 3070 Ti haben diesen Ansatz dann bestätigt und sogar vertieft, das alte Performance-Bild vom Jahresende 2020 ist somit bereits wieder überholt. Auch wenn mittels der Launch-Analyse zur GeForce RTX 3070 Ti die neuen Performance-Zahlen bereits offeriert wurden, soll mittels dieser extra Betrachtung gezielt auf die seit dem Herbst 2020 herausgearbeiteten Performance-Fortschritte bei AMD & nVidia sowie die neuen Differenz-Werte zwischen RDNA2- & Ampere-Beschleunigern eingegangen werden.

Logischerweise konzentriert sich diese Betrachtung somit auf Grafikkarten, welche bereits letztes Jahr im Angebot waren: Radeon RX 6800, 6800 XT & 6900 XT auf AMD-Seite sowie GeForce RTX 3070, 3080 & 3090 auf nVidia-Seite – nur für jene liegen bereits Benchmark-Werte vom letzten Jahresende vor (die GeForce RTX 3060 Ti lohnt nicht mit zu betrachten, da seinerzeit ohne AMD-Kontrahent). Verglichen werden kann hierzu der erreichte Stand im Juni 2021 zum Launch der GeForce RTX 3070 Ti mit dem AMD-Stand im Dezember 2020 zum Launch der Radeon RX 6900 XT, im Fall von nVidia sogar mit dem Stand vom Oktober 2020 zum Launch der GeForce RTX 3070. Speziell GeForce RTX 3080 & 3090 kamen zwar bereits einen Monat früher heraus, seinerzeit wurden jedoch (leider) keine durchgehenden Benchmarks auch unter FullHD & WQHD erfasst, womit der Oktober 2020 der früheste Zeitpunkt für durchgehende Ergebnisse darstellt. Für diese beiden nVidia-Grafikkarten gilt somit die Aussage "seit Launch" nur eingeschränkt.

Alle herangezogenen Ergebnisse zur (reinen) Rasterizer-Performance basieren auf den Launch-Analysen zu GeForce RTX 3070 (Oktober 2020), Radeon RX 6900 XT (Dezember 2020), Radeon RX 6700 XT (März 2021) und GeForce RTX 3070 Ti (Juni 2021). Sofern nachfolgend jene Monate erwähnt wurden, bezieht sich das durchgehend auf diese genannten Launch-Analysen. Als reine Betrachtung zur Rasterizer-Performance geht es nachfolgend auch nirgendwo um die RayTracing-Performance – dies ist ein Feld, wo derzeit noch viel Bewegung existiert und daher Aussagen zur Performance-Entwicklung eher schwer aufzustellen sind. Die aus den Launch-Analysen übernommenen Performance-Ergebnisse basieren zwar jeweils auf den Benchmarks einer größeren Anzahl an Launchreviews, dennoch lehrt die Erfahrung, dass Schwankungsbreiten von bis zu einem Prozentpunkt zwischen verschiedenen Launch-Analysen durchaus vorkommen können. Insofern sollte man keines der abgebildeten Performance-Ergebnisse kommagenau nehmen – vielmehr geht es um direkt sichtbare, größere Tendenzen.

Selbige zeigen sich sehr augenscheinlich bei den direkten Vergleichen von Radeon RX 6800 XT gegen GeForce RTX 3080 sowie Radeon RX 6900 XT gegen GeForce RTX 3090. Zum Launch der neuen AMD-Karten im Dezember 2020 war dies noch eine absolut klare Angelegenheit: Die beiden schnellsten nVidia-Karten lagen in jedem Vergleich unter allen Auflösungen vorn – nur die GeForce RTX 3070 hatte keine Chance gegenüber der Radeon RX 6800 (non-XT), hatte dafür allerdings auch den nominell günstigeren Listenpreis. An der absoluten Leistungsspitze musste seinerzeit hingegen die Radeon RX 6900 XT regelrecht strampeln, um knapp vor der (nominell günstigeren) GeForce RTX 3080 herauszukommen – da bot sich nicht viel Spielraum, um von einem Performance-Gleichstand zu träumen. Heuer im Juni 2021 haben die AMD-Karten nunmehr klar aufgeholt: Die Radeon RX 6800 (non-XT) setzt sich weiter von der GeForce RTX 3070 ab, während Radeon RX 6800 XT & 6900 XT ihren nVidia-Kontrahenten GeForce RTX 3080 & 3090 sehr viel näher gekommen sind.

Perf.-Entwicklung Dez 2020 vs. Juni 2021 FullHD/1080p WQHD/1440p 4K/2160p
Radeon RX 6800 vs. GeForce RTX 3070 +3,4% AMD  ➔  +9,0% AMD
+5,6 Prozentpunkte pro AMD
+6,2% AMD  ➔  +10,7% AMD
+4,5 Prozentpunkte pro AMD
+8,3% AMD  ➔  +11,1% AMD
+2,9 Prozentpunkte pro AMD
Radeon RX 6800 XT vs. GeForce RTX 3080 +3,8% NV  ➔  +5,0% AMD
+8,8 Prozentpunkte pro AMD
+3,5% NV  ➔  +3,1% AMD
+6,6 Prozentpunkte pro AMD
+6,7% NV  ➔  +2,3% NV
+4,4 Prozentpunkte pro AMD
Radeon RX 6900 XT vs. GeForce RTX 3090 +4,2% NV  ➔  +2,0% AMD
+6,2 Prozentpunkte pro AMD
+6,2% NV  ➔  +1,3% NV
+4,9 Prozentpunkte pro AMD
+10,9% NV  ➔  +8,0% NV
+2,9 Prozentpunkte pro AMD
Rasterizer-Performance, no RayTracing! ... Datenbasis: Launch-Analyse RX 6900 XT & Launch-Analyse RTX 3070 Ti

In allen Fällen ging das Performance-Pendel in Richtung der AMD-Karten, jene legten im Juni 2021 zwischen 3-9 Prozentpunkte auf ihr Performance-Ergebnis vom Dezember 2020 oben drauf. Im Fall der Radeon RX 6800 (non-XT) führte dies wie gesagt "nur" zu einer Vergrößerung des Vorsprungs gegenüber der GeForce RTX 3070, in den Fällen von Radeon RX 6800 XT & 6900 XT hingegen zu teilweise einem Wechsel der Performance-Führerschaft: So nimmt die Radeon RX 6800 XT der GeForce RTX 3080 selbige unter FullHD und WQHD ab, nur die 4K-Auflösung verbleibt (mit knapper Differenz) bei der nVidia-Karte. Der Radeon RX 6900 XT gelingt gleiches unter der FullHD-Auflösung, während unter WQHD & 4K weiterhin die GeForce RTX 3090 vorn bleibt. Während nVidia somit im Dezember 2020 also alle 6 Einzeltests zwischen diesen vier Karten gewann, teilt sich dies nunmehr paritätisch 3:3 zwischen AMD und nVidia auf:

Dabei kann man sicherlich anmängeln, dass AMD nur jeweils unter den kleineren Auflösungen gewinnt – da die FullHD-Auflösung für diese Boliden eigentlich kaum gängig sein sollte (und wenn dann unter RayTracing, wo AMD derzeit keine echte Chance hat). Allerdings verbessert sich das Performance-Bild der AMD-Grafikkarten auch durchgängig über alle Auflösungen hinweg. Dass es unter 4K zu keinem Führungswechsel reicht, hat zuerst damit zu tun, dass der dort seitens AMD aufzuholende Performance-Rückstand viel größer war als unter den anderen beiden Auflösungen. Hinzu kommt der Punkt, dass einige der für diese Performance-Änderung aufzuzählenden Gründe eher in Richtung CPU-Performance gehen – und somit unter kleineren Auflösungen stärker wirken als unter größeren Auflösungen.

Üblicherweise spricht man von "fine wine", wenn ein Hardware-Produkt über die Zeit an Performance zulegt – allerdings ist dies eher auf längere Zeiträume gemünzt und für diesen Fall wohl noch nicht zutreffend. Sicherlich wird eine bessere Treiber-Optimierung einen gewissen Anteil an diesen Ergebnisse bzw. an diesem Performance-Umschwung haben, aber auch andere Faktoren sind hierbei einzurechnen: Neue, fordernde Spieletitel und vor allem aktualisierte Testsysteme. Diesbezüglich hat sich gegenüber dem letzten Jahr wohl am meisten getan: Denn während zum Launch der neuen AMD-Karten fast ausschließlich auf Intel-Systemen getestet wurden, haben viele Hardwaretester nunmehr umgerüstet und über das Frühjahr 2021 neue AMD-Systeme mit modernem Chipsatz-Unterbau als Testrechner aufgestellt.

Dies ergibt dann nicht mehr CPU-Performance, sondern auch die Möglichkeit zur Aktivierung von rBAR & SAM. Beide Punkte ergeben vor allem positive Auswirkungen für kleinere Auflösungen, wobei rBAR & SAM durchaus auch unter der 4K-Auflösung für kleinere Performancegewinne gut sind. An dieser Stelle ergab sich aber nicht nur die Chance auf eine absolut bessere Performance, sondern genauso für AMD auch die Chance auf einen relativ höheren Performancegewinn als für nVidia: Denn rBAR/SAM bringt gemäß allen hierzu vorliegenden Tests auf AMD-Grafikkarten einen höheren Performancegewinn als auf nVidia-Grafikkarten – womöglich weil AMD jenes Feature von Anfang an plante, während nVidia selbiges nur nachträglich in seine Treiber eingebaut hat.

      Mögliche Gründe für die zu sehenden Performance-Verbesserungen:

  1.   Neue Treiber mit besserer Ausnutzung der neuen Grafikchip-Architekturen.
  2.   Neue Spiele-Titel mit höheren Performance-Anforderungen sowie ersten Optimierungen für die neuen Grafikchip-Architekturen.
  3.   Mehr DirectX-12-Titel als früher, wo AMD seine bessere Ausnutzung der CPU-Power (unter DX12) für sich arbeiten lassen kann.
  4.   Aktualisierte Testsysteme mit modernem Systemunterbau (PCI Express 4.0) sowie höherer CPU-Power.
  5.   Aktivierung von rBAR/SAM bei allen getesteten Grafikkarten.

In jedem Fall gibt es somit genügend Ansatzpunkte für die Erklärung der zwischen letztem Dezember und aktuellem Juni erzielten Grafikkarten-Mehrperformance. Angesichts der vielen vorhandenen Möglichkeiten ist es jedoch wenig wahrscheinlich, dass man bei den erzielten Performancegewinnen primär einen Zuwachs durch Treiber-Optimierung sieht. Welche der aufgezählten Möglichkeiten jeweils wieviel beiträgt, ist allerdings kaum solide ermittelbar. Zumindest kann man angesichts des bekannten Performance-Effekts von rBAR/SAM (AMD: +3-6%, nVidia: +1-3%) durchaus annehmen, dass selbiges Feature für einen größeren Teil der aufgezeigten Mehrperformance verantwortlich ist, die anderen Möglichkeiten somit normalerweise weniger gewichtig sein sollten.

Allerdings ist auch nicht so, dass sich bei nVidia gar nichts getan hätte: Auch die Ampere-Grafikkarten haben in ihrer Performance gegenüber dem Stand vom letzten Dezember bzw. letzten Oktober zulegen können – wie ein Vergleich mit der GeForce RTX 2080 Ti als dem Top-Modell der vorhergehenden Turing-Generation aufzeigt. Deutlich zu sehen ist dabei zwar wieder, dass AMD die klar größeren Sprünge gemacht hat – um zwischen +5-11% je nach Auflösung und Grafikkarte. Allerdings ging es auch bei nVidia etwas nach oben, konnten sich diese drei Ampere-Grafikkarten gegenüber der GeForce RTX 2080 Ti zwischen Oktober 2020 und Juni 2021 um +2-3% bei der Performance steigern. Dies liegt etwas oberhalb des reinen Performance-Zuwachses durch rBAR auf Ampere-Grafikkarten, womit auf selbigen dann genauso auch andere Effekte (wenngleich stark abgeschwächt) zugunsten der erzielten Mehrperformance am Wirken waren.

Perf-Entwicklung vs. 2080Ti FullHD/1080p WQHD/1440p 4K/2160p
Zeitspanne AMD-Grafikkarten: Dezember 2020 bis Juni 2021
Radeon RX 6800 +8,7% +7,7% +4,8%
Radeon RX 6800 XT +11,0% +8,8% +5,6%
Radeon RX 6900 XT +10,5% +9,0% +5,4%
Durchschnitt AMD +10,1% +8,5% +5,2%
Zeitspanne nVidia-Grafikkarten: Oktober 2020 bis Juni 2021
GeForce RTX 3070 +3,0% +3,2% +2,0%
GeForce RTX 3080 +2,1% +2,4% +0,7%
GeForce RTX 3090 +3,5% +4,3% +2,6%
Durchschnitt nVidia +2,9% +3,3% +1,8%
Rasterizer-Performance, no RayTracing! ... Datenbasis: Launch-Analyse RTX 3070, Launch-Analyse RX 6900 XT & Launch-Analyse RTX 3070 Ti

Der etwas längere Betrachtungszeitraum auf nVidia-Seite ergibt sich über die längere Verweildauer der Ampere-Karten im Markt. Dies hat den Ampere-Karten allerdings nicht viel gebracht hat, denn zwischen Oktober und Dezember 2020 gab es abgesehen von minimal abweichenden Performance-Ergebnissen keinerlei Performance-Zuwachs auf nVidia-Seite. Dies ergibt zudem den guten Verdacht, dass dies im hierbei fehlenden Monat September 2020 (seit dem Ampere-Launch) wohl ebenfalls nicht viel anders gewesen sein dürfte. Im Endeffekt führt auch diese Darstellungsform des erzielten Performancegewinns wieder zum bekannten Ergebnis, dass die AMD-Grafikkarten an der Leistungsspitze bemerkbar aufgeholt haben, besonders deutlich unter der FullHD-Auflösung zu sehen:

In der Summe der Dinge zeigt sich hiermit durchaus ein anderes Performance-Bild als zum Launch der ersten RDNA2-Beschleuniger, AMD hat seitdem einiges gegenüber nVidias Ampere-Beschleunigern aufholen können. Allerdings muß davor gewarnt werden, hierzu den Begriff "fine wine" zu verwenden: Jener beschreibt eher Zugewinne nach längerer Laufzeit, oftmals auch erst erreicht zum Ende des Lebenszyklus der jeweiligen Hardware. Dieser Zeitpunkt ist für die RDNA2-Beschleuniger noch lange nicht heran, die durch "fine wine" möglicherweise erreichbaren Performance-Gewinne sind erst in einiger Zeit zu erwarten. Die derzeit zu sehenden Performancegewinne werden in erster Linie auf aktualisierten Testsystemen sowie dem Effekt von rBAR/SAM basieren. Beim Thema "fine wine" dürfte hingegen auch nVidia mit der Ampere-Architektur ein Wörtchen mitzureden haben, denn deren doppelte FP32-Power könnte in der Zukunft potentiell wirkmächtiger werden, als es derzeit noch der Fall ist.