Windows-Startzeitrekord: Über eine Stunde

Das im Titel genannte hab ich nach einem einfachen Neustart nach Deinstallation älterer Catalyst-Treiber (in Vorbereitung der Installation neuer Catalyst-Treiber) erleben dürfen. Zuerst dachte ich, der Rechner macht gar nichts mehr, bis ich nach einigem Herumspielen dahinterkam, daß der Rechner tatsächlich hochfuhr – nur wahrhaftig im Schneckentempo. Also Film eingeworfen und mal abgewartet – und es war bestimmt mehr als eine Stunde, eher in Richtung anderthalb Stunden.

So was ist natürlich ein Schocker und eine gewisse Zeit habe ich dafür erst einmal den Catalyst-Treiber sowie ein (fehlgeschlagenes) Windows-Update (nebenbei gesagt sollte es Microsoft mal hinbekommen, daß sich unvollständig geladene Patches auch ordentlich als fehlerhafte Dateien dem User zu erkennen geben – wie das alle anderen auch können – und nicht beim Start einfach nur blind Speicherplatz belegen und ansonsten nichts mehr tun) verantwortlich gemacht, weil ich ja vorher absolut nichts anderes heikles gemacht habe.

Allerdings ergaben sich im Zuge der Herumspielereien auch andere Fehlermeldungen: So funktionierte teilweise selbst das Laden vom DVD-Laufwerk nicht mehr, war dieses gefühlsmäßig auch ebenfalls sehr langsam und vor allem war die zweite Festplatte, die sonst nur als Backup-Platte benutzt wird und sich daher die meisten Zeit selber ausschaltet, gar nicht mehr ansprechbar. Zudem erkannte das BIOS beim Booten die angeschlossene Tastatur ab und zu nicht und hatte auch sonst Probleme mit dem Finden von USB-Geräten. Demzufolge war meine zweite Idee ein Defekt des Mainboards – gerade wenn die Fehler auch ohne Windows mit per DVD geladenem Betriebssystem auftreten, kann es ja kaum ein Fehler von Windows sein. Wenn es der Computer zudem einmal ins Windows geschafft hatte, lief dieses absolut normal, selbst explizite Festplattentests zeigten keine Auffälligkeiten.

Nach einigem Herumprobieren (weil alle Versuche durch den ewig langsamen Startvorgang ja seine Zeit brauchten) und zwei Filme später beschloß ich dann endlich mal die Kiste aufzumachen und mich allein dem Problem der nicht mehr ansprechbaren zweiten Festplatte zu widmen. Und was soll ich sagen: Problem umgehend gelöst. Es klingt zwar irrational, ist aber so: Die nicht funktionierende zweite Platte (wenn man sehr aufmerksam hinhörte, war ein periodisches leises Klackern von dieser zu vernehmen, so als versuche sie anzuspringen – möglicherweise also ein mechanisches Problem) verlangsamte die funktionierende erste Platte sowie selbst das DVD-Laufwerk.

Erklärbar ist dies möglicherweise damit, daß die zweite Platte nicht vollständig tot ist, sondern im Versuch, sich irgendwie im System anzumelden, so viele Systemressourcen (E/A) belegt, daß das System eben unendlich langsam wurde. Natürlich gibt es noch andere Erklärungsansätze, aber letztlich ist dieser Punkt Spekulation, bevor ich nicht den Hardware-Dealer/Reparateur meines Vertrauens aufgesucht habe. Wichtig gilt es mitzunehmen, daß eine nicht funktionierende Hardware durchaus in der Lage ist, daß System erheblich zu beinflußen und daß daher die goldene Regel, im Fehlerfall alles abzustöpseln und dann einzeln zu testen, nach wie vor existent ist – und ich sie hätte besser gleich befolgen sollen ;).

Davon abgesehen gilt es noch Murphy absolut Recht zu geben – wenn man sich meine Historie an Problemen bei der Datensicherheit ansieht, so scheine ich wohl auserkoren dazu sein, alle wirklich unwahrscheinlichen Möglichkeiten wenigstens einmal erleben zu dürfen:

  1. Stromausfall während eines komplizierten Backup-Vorgangs.
    Die Chance für einen (unangekündigten) Stromausfall in einer Großstadt in Deutschland ist verschwindend gering – aber ich musste sie natürlich im ungünstigstmöglichen Augenblick erwischen. Ähnlich gering ist zudem die Chance, bei so einem Stromausfall – selbst wenn er in einem ungünstigen Augenblick kommt – wirklich viele Daten zu verlieren. Pech für mich: Auch diese Chance hatte ich an diesem Tag erwischt, so daß von einer Festplatte ca. 20 Prozent an Daten erst einmal verloren waren (einiges davon konnte später noch mittels Datenrettungstools zurückgebracht werden). Logischerweise waren unter den verlorenen Daten in erster Linie brandneue Daten, die also auch in keinem früheren Backup vorhanden waren – wenn Murphy einmal zuschlägt, dann aber richtig.
  2. Hardwarefehler auf verschlüsselter Festplatte.
    Etwas, was keinem zu wünschen ist, welcher mit verschlüsselten Festplatten operiert – zumindest wenn man mit dem falschen Verschlüsselungsprogramm arbeitet. Das seinerzeit von mir eingesetzte Verschlüsselingsprogramm konnte eine Festplatte nämlich leider nur ganz oder gar nicht verschlüsselt/entschüsseln – schlecht, wenn nach ca. 70 Prozent ein direkter Hardwarefehler auf der Platte ist, an welchem sich das Verschlüsselungsprogram aufhängt. Es blieb mir seinerzeit nur übrig, erst einmal mit den ersten 70 Prozent der Platte zufrieden zu sein. Die restlichen 30 Prozent mussten dann händisch gerettet werden, was aber zur Folge hatte, daß diese dann ohne Dateiordnung und Dateinamen zurückkamen – eine wundervolle Arbeit, ein paar tausend kleiner Dateien manuell versuchen zu ordnen und umzubenennen. Glück im Unglück war hier nur, daß es sich um nicht wahnwitzig wichtige Daten handelte, die also größtenteils problemlos wiederbeschaffbar oder teilweise sogar alt waren. Nerven und vor allem viel Zeit hat es aber trotzdem gekostet.
  3. RAID1-Controller vernichtet Master Boot Records.
    Normalerweise steht RAID1 für Datensicherheit – man betreibt zwei Festplatten an einem Controller, auf beide Festplatten wird der identische Inhalt geschrieben und wenn eine der Festplatten ausfällt, hat man die Daten perfekt auf der zweiten gesichert. Diese Methode zur Datensicherheit ist weit verbreitet – und funktioniert normalerweise auch, aber natürlich nicht in meinem Fall. In meinem Fall schoß nämlich der RAID-Controller bei einer Konfigurationsarbeit an diesen die Platten ab – ausnahmsweise war ich allerdings selber nicht ganz unschuldig: Der Konfiguations-Dialog warnte mich durchaus vor dem drohenen Datenverlust – problematischerweise machte der das aber bei fast jeder Aktion, so daß ich dessen Warnungen schlicht mehr für bare Münze nehmen konnte. In diesem Fall hatte der Dialog aber Recht und nach erfolgter Aktion waren beide Platten angeblich leer – Windows inklusiver aller Daten verschwunden. Natürlich waren "nur" die Master Boot Records mit jeweils falschen Daten überschrieben und da ich diesbezüglich schon einmal Erfahrungen aus DOS-Zeiten hatte (Platte irrtümmlich mit neuem Boot-Record überschrieben, nach Neuerstellung der alten Konfiguration waren die Daten wieder da) war dieses Problem letztlich doch lösbar – auch wenn die Schrecksekunden am Anfang wirklich nicht ohne waren.
  4. Unbenutzte Platte defekt, benutzte Platte (baugleich) läuft.
    Und dies ist nun der aktuelle Fall. Daß eine Festplatte den Geist aufgibt, ist zwar kein Weltwunder: Aber wenn man zwei gleiche Festplatten kauft (wie gesagt für den den Zweck eines RAID1, welches aber nur zwei Monate lief) und dann eine davon zweieinhalb Jahre lang durchläuft und die andere nur noch als Backup-Platte benutzt wird (sich also meistens selber ausschaltet) – und ausgerechnet die nahezu unbenutzte von beiden gleichen Platten abnippelt, dann sprengt das jede Wahrscheinlichkeitsrechnung. Was mit den Daten dieser Platte ist, wird sich noch herausstellen, in jedem Fall handelt es sich hierbei aber sowieso weitestgehend nur um Backups, welche also jederzeit wieder neu zu erstellen sind. Trotzdem schon sehr irritierend, das ausgerechnet jene Platte über den Jordan geht, nach der realen Laufzeit ist diese nahezu unbenutzt.

Wie man sieht, kann in Sachen Festplatten und Daten nahezu alles passieren. Insofern kann man sich auch gar nicht gut genug absichern. Bei mir läuft derzeit ein System mit ständig mitlaufender Unterstromversorgung (welche auch Spannungsschwankungen etc. ausgleicht, insofern ein höherwertigers Modell – heutzutage auch nicht mehr teuer) sowie mehreren Backup-Platten: Eine im System selber (die eben ausgefallene) und zwei externe Datenträger, welche nur im Nutzungsfall angeschlossen werden. Die Backups werden dabei auf den unterschiedlichen Datenträger gespiegelt und auch (Plattenplatz ist ja nun keine Frage mehr) nicht so schnell wieder gelöscht, so daß im Fall des Falles eigentlich kaum ein bedeutsamer Datenverlust auftreten kann. Vielleicht kommt in Zukunft auch wieder ein RAID1-Controller dazu, denn für die Datensicherheit kann man eigentlich nie genug tun.