Wo ist der große Wurf bei Windows 10?

Golem, Heise und WinFuture berichten über die Änderungen des aktuellen Builds 9901 zu Windows 10 und die damit zu sehenden Änderungen am kommenden Microsoft-Betriebssystem. Deutlich auffallend ist dabei die inzwischen fast abgeschlossene Abkehr vom Aero-Design zugunsten des Metro- bzw. ModernUI-Designs, welches allerdings bei Windows 8 auch schon nicht gefallen konnte. So richtig passt dies mit Microsoft vollmundigen Ankündigungen, man hätte bei Windows 10 an die Windows-7-Nutzer gedacht, nicht zusammen – aber womöglich hat man dies auch falsch aufgefasst und Microsoft hat hierbei nicht an den Geschmack der Nutzer, sondern nur deren Geldbeutel gedacht, welcher nach dem Überspringen von Windows 8 nun endlich wieder gemolken werden soll.

Ob dies mit dem aktuell (sowohl optisch als auch ideel) flachen Design von Windows 10 gelingen mag, darf immer mehr bezweifelt werden. Die "Fachpresse" findet zwar einigen Gefallen daran, die These "nach einem schlechten Microsoft-Betriebssystem kommt regelmäßig ein gutes" zu reiten, vergißt darüber jedoch oftmals ihren eigentlichen Auftrag der Kritik im Namen der Nutzer, um den Hersteller auf eine gesunde Bahn zu zwingen, ehe es vollkommen zu spät ist. Dies hat bei Windows 8 seinerzeit überhaupt nicht funktioniert, teilweise weil Microsoft absolut zu stur war, um Kritik überhaupt wahrnehmen zu wollen, teilweise aber auch, weil sich die "Fachpresse" lieber in funktionellen Beschreibungen als denn inhaltlicher Betrachtung ergang.

Derzeit sieht es für Windows 10 leider nicht viel besser aus – und gerade weil Microsoft schon kurz nach Jahreswechsel einen Featurestopp für das kommende Betriebssystem verhängen und sich danach nur noch dem Bugfixing widmen will, muß nun endlich mal klar gesagt werden, was Sache ist: Microsoft ist mit Windows 10 zwar nicht so massiv auf dem Holzweg wie mit Windows 8 und seiner (anfänglich so gedachten) zwangsweisen Touchbedienung, wirklich gut oder gar als zwingender Kauf sieht Windows 10 derzeit jedoch überhaupt nicht aus. Es handelt sich hierbei um ein noch stärker auf die ModernUI setzendes Windows 8, nur erleichert im PC-Bereich um die Touchbedienung. ModernUI wird dagegen um so größer bei Windows 10 geschrieben – was für Gegner dieser Oberfläche einfach nur ein Graus ist – während das frühere Desktop-Design immer mehr zurückgedrängt wird.

Dies mag die absolut vorhandenen Anhänger des ModernUI-Designs nicht stören, genauso kann man diese Veränderungen aus der Sicht der Idee, jede App für alle Systeme von Smartphone bis PC nutzbar zu machen, als notwendig erachten. Aber dennoch verärgert Microsoft mit diesem Design bzw. der grundsätzlichen Falschannahme, nur ein einziges Oberflächen-Design bieten zu wollen, die meisten der ursprünglichen Desktop-Nutzer. In deren Augen sieht das ModernUI-Design nach wie vor nach "nichts" aus, daran werden auch die technischen Verbesserungen wie Fenster-Fähigkeit etc. nichts ändern. Und nachdem Microsoft nun schon mehrfach deutlich am Nutzergeschmack vorbei entwickelt hat, konnte man eigentlich hoffen, daß man bei Windows 10 wirklich auf die Nutzer gehört hat – eine Hoffnung, die enttäuscht wird. Microsoft hat auf die PC-Hersteller gehört, deren Touchscreen-Geräte in den Läden verschimmelten, aber nicht auf die Nutzer, die weder mit Touchscreen noch mit der ModernUI-Oberfläche jemals warm wurden.

Dabei erstaunt in erster Linie, daß es Microsoft immer noch nicht in den Sinn kommt, mehrere Oberflächen im selben Windows-System anzubieten (unter denen dann der Nutzer auswählen kann). Gerade der Wechsel zu den neuen Apps wäre doch perfekt dafür gewesen, die Anforderungen für ein solches Multioberflächen-System durchzudrücken. Daß ein Betriebssystem mit demselben Unterbau völlig unterschiedlichen Oberflächen haben kann, wird doch unter Linux (mittels verschiedenen Linux-Derivaten und deren unterschiedlichen Desktop-Ausführungen) schon länger bewiesen – wieso kann Microsoft mit seinen viel größeren Möglichkeiten da nicht mitmischen? Es läge doch genau darin die hohe Kunst des Betriebssystem-Entwicklers, die Darstellungsform eines Programms von dessen reiner Ausführung zu trennen und damit eben unterschiedliche Darstellungsformen zu ermöglichen.

Und andererseits gilt: Wenn man sich wirklich zu einer einzigen Oberfläche entscheidet, die für alle gelten soll – dann wird einem jeder Produktpsychologe sagen, nimmt man natürlich das am besten gegenüber allen Nutzern kompatibelste System, noch nicht einmal das System mit der höchsten Beliebtheit (denn jenes kann auf der Gegenseite auch starke Abneigungen befördern). Ein Designentwurf, welcher wie ModernUI mittels Windows 8 nun einmal schon so gründlich verbrannt wurde, scheidet da wirklich aus. Von einem Neuanfang, einem wirklichen Sprung ist Windows 10 in dieser Form jedenfalls um ganze Dimensionen entfernt – es handelt sich platt um ein verbessertes, noch konsequenter (schlimmer) ausgebautes Windows 8.3.

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