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News des 13. September 2011

Fudzilla bringen den interessanten Einwurf, daß Russland und China derzeit und in naher Zukunft als Stabilisatoren des Marktes an Desktop-Grafikkarten dienen, da in China die Quote an mit extra Grafikkarten ausgelieferten Desktop-PCs bei satten 80 Prozent liegen soll. In Russland soll es kaum weniger sein, während in den USA und Europa diese Quote weit niedriger ausfällt. Wenn man sich mal nur auf China konzentriert (weil der russische Markt bei weitem nicht so groß ist wie der Markt in den USA und in Europa), dann drängt sich hierfür als Erklärung auf, daß PCs in China anscheinend nach wie vor eher noch von Enthusiasten bzw. jüngeren Bürgern gekauft werden (wo also die Spieleeignung eine wichtige Rolle spielt) und daß man im Reich der Mitte augenscheinlich noch lange von Verhältnissen wie in den USA und Europa entfernt ist, wo der Familien-PC oder ein entsprechendes Notebook vollkommen normaler Bestandteil eines Haushalts ist (und solcherart Anschaffungsgründe den Markt dominieren).

Dies zeigt ganz nebenbei an, welches Wachstumspotential der chinesische Markt noch hat: Während in der westlichen Welt PCs, Notebooks und Tablets inzwischen klare Alltagsgegenstände sind, besitzen in den Schwellenländer immer noch nur gewisse Bevölkerunganteile solcherart Geräte. Zurückkommend auf die Desktop-Grafikkarten wird eine Entwicklung in den Schwellenländern hin zum Familien-PC aber perspektivisch genauso dazu führen, daß die Verkäufe an Desktop-Grafikkarten dort irgendwann einmal nicht mehr so schnell wachsen werden – man holt damit einfach eine Entwicklung nach, welche in der westlichen Welt schon stattgefunden hat. Ein echtes Problem für die Grafikchip-Entwickler ergibt sich hierbei sowieso nicht: In den USA und Europa werden derzeit schlicht die Umsätze zu den Mobile-Beschleunigern hin umgeschichtet, welche für die Grafikchip-Entwickler aufgrund höherer Preise und des direkteren Drahts zu den Notebook-Bauern sogar lukrativer sind.

Die eigentliche sich für die Grafikchip-Entwickler stellende Frage ist diejenige, weshalb leistungsfähige Grafik-Hardware überhaupt noch benötigt wird: Bremspunkte hierbei sind erstens potente integrierte Grafik, zweitens der (relativ) sinkende Leistungsbedarf durch eine derzeit eher schleppende Entwicklung der Spielegrafik, ausgelöst durch den langen Lebenszyklus von Xbox 360 und Playstation 3, und drittens die zu erwartenden Seitenattacke durch Spielestreaming-Dienste wie OnLive. Falls AMD und nVidia hier wirklich in Zukunftssorgen wären, wären alle diese Probleme jedoch recht einfach über den Faktor "Inhalte" lösbar – wie seinerzeit "Rebel Assault" den Boom des CD-Laufwerkes auf dem PC ausgelöst hat, so braucht es schlicht entsprechender Inhalte, um dem Nutzer die Relevanz leistungsfähiger Grafik-Hardware wieder vor Augen zu führen. Sobald sich DirectX11 bei den Spieleentwicklern durchsetzt und dann auch noch die nächste Konsolengeneration mit DirectX11 ansteht, könnte sich ein solcher Zustand aber auch schnell von ganz alleine wieder einstellen.

Bei Tom's Hardware gibt es einen vollständigen Vorab-Testbericht zum Core i7-3960X, der schnellsten Sandy-Bridge-E-Ausführung. Jener Testbericht bringt interessante Benchmarks gegenüber den aktuellen Spitzenmodellen von AMD und Intel mit sich, aus welchen der Core i7-3960X natürlich als Sieger hervorgeht – gegenüber dem Core i7-2600K liegt der Core i7-3960X um ca. 15 Prozent vorn, gegenüber dem Core i7-990X um ca. 13 Prozent. Eingerechnet des etwas niedrigeren Takts des Core i7-3960X liegt der Gewinn in der Pro/MHz-Leistung von Sandy Bridge E gegenüber Nehalem Gulftown damit auf ca. 18 Prozent – sogar etwas besser als beim seinerzeitigen Vergleich von Sandy Bridge gegen Nehalem, wo die neueren Prozessoren eine um ca. 15 Prozent bessere Pro/MHz-Leistung erzielten. Hier dürfte das breitere Speicherinterface von Sandy Bridge E samt auch der Konzentration von Tom's Hardware auf eher professionelle Benchmarks eine Rolle spielen – im reinen Consumer-Bereich sollte der Effekt von Sandy Bridge E demzufolge kleiner sein, aber eigentlich gehört dieser Prozessor dort auch nicht hin.

Tom's Hardware 3960X vs. 990X 3960X vs. 2600K 3960X vs. 1100T
Anwendungsperformance +13,4% (-11,8%) +15,0% (-13,0%) +67,6% (-40,3%)
3960X = Core i7-3960X (Sandy Bridge E), 6 Rechenkerne + HyhperThreading, 3.3 GHz (TurboMode maximal 3.9 GHz)
990X = Core i7-990X (Nehalem Gulftown), 6 Rechenkerne + HyperThreading, 3.46 GHz (TurboMode maximal 3.73 GHz)
2600K = Core i7-2600K (Sandy Bridge), 4 Rechenkerne + HyperThreading, 3.4 GHz (TurboMode maximal 3.8 GHz)
1100T = Phenom II X6 1100T (K10.5 Thuban), 6 Rechenkerne, 3.3 GHz Takt (TurboCore 3.7 GHz)

Der gute Gewinn bei der Pro/MHz-Leistung blendet allerdings etwas aus, daß der Realgewinn durch den Core i7-3960X im Enthusiasten-Bereich sehr überschaubar ausfällt: Durch den etwas niedrigeren Takt sind es wie gesagt – in diesen dem Core i7-3960X sehr schmeichelnden Benchmarks – nur 13 Prozent Performancegewinn gegenüber dem Core i7-990X, was für sich alleine wenig überzeugend ist. Zudem dürfte sich die Overclocking-Eignung von Sandy Bridge E gar nicht oder nur maßvoll verbessert haben, da beide Sechskern-Prozessoren aus derselben 32nm-Fertigung stammen. Von den drei Punkten, welche Sandy Bridge gegenüber Nehalem zu seinem Vorteil vorbringen konnte (mehr Pro/MHz-Leistung, mehr Takt, mehr Overclocking-Spielraum) bleibt beim Vergleich Sandy Bridge E gegen Nehalem Gulftown nur die höhere Pro/MHz-Leistung übrig – und dies ist wohl zu wenig, um mit Sandy Bridge E wirklich locken zu können.

Intel Sandy Bridge E Intel Ivy Bridge AMD Bulldozer AMD Bulldozer Vishera
Zielmarkt Desktop HighEnd Desktop/Mobile LowCost bis HighEnd Desktop Mainstream bis HighEnd Desktop Mainstream bis HighEnd
Release November 2011 März/April 2012 Oktober 2011 Sommer/Herbst 2012
Fertigung 32nm Intel 22nm Intel 32nm GlobalFoundries 32nm GlobalFoundries
Technik geringe bis mittlere Verbesserungen gegenüber Nehalem Gulftown (ca. 18% mehr Pro/MHz-Leistung), QuadChannel DDR3 Interface, PCI Express 2.0 Interface unwesentliche bis geringe Verbesserungen gegenüber Sandy Bridge, DualChannel DDR3 Interface, PCI Express 3.0 Interface, Intel-Grafikchip (DirectX11) mit gegenüber HD Graphics 3000 deutlich verbesserten Features, 33% mehr Recheneinheiten und angeblich ca. 60% mehr Performance stark veränderter Kern in Modul-Bauweise, DualChannel DDR3 Interface wahrscheinlich leicht gegenüber originalem Bulldozer verbessert, ansonsten noch recht unbekannt
Rechenkerne 4-6 2-4 4-8 4-8
Sockel 2011 1155 AM3+ AM3+
Speicher DDR3/1600 DDR3/1600 DDR3/1866 ?
Taktraten 3.2 bis 3.6 GHz ? 2.8 bis 4.2 GHz ?

Da Sandy Bridge E nun auch noch definitiv PCI Express 3.0 fehlen wird (das gezeigte X79-Blockschaltbild spricht klar von PCI Express 2.0), erscheint es als sinnvoller, auf Ivy Bridge im Frühling 2012 zu warten, welches durch das höhere Taktpotential der 22nm-Fertigung in etwa dieselbe Gesamtperformance wie Sandy Bridge E erbringen sollte. Selbst wenn Intel bei Ivy Bridge das vorhandene Taktpotential nicht wirklich ausnutzt (um nicht Sandy Bridge E überflüssig zu machen), dürfte der Performanceabstand zwischen Sandy Bridge E udn Ivy Bridge am Ende zu gering zu sein – und schon jetzt ist der Performanceabstand zwischen Sandy Bridge E und Sandy Bridge eigentlich viel zu klein, um einen Anreiz pro Sandy Bridge E zu ergeben. Das Sandy Bridge E zu monströsen Preispunkten verkauft wird, macht die Sache nicht besser – erst wenn Intel bei Sandy Bridge E die bislang deaktivierten zwei Rechenkerne (benutzt werden höchstwahrscheinlich Achtkern-Dies aus dem Server-Bereich) auch in den Consumer-Markt entläßt, wird diese Prozessorenreihe interessant werden.