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Hardware- und Nachrichten-Links des 1. Dezember 2020

Nachdem Radeon RX 6800 & 6800 XT nicht ganz das Performance-Ergebnis erbracht haben, welches man sich anhand der vorherigen AMD-Angaben erhoffen konnte, darf zur am 8. Dezember nachfolgenden Radeon RX 6900 XT die Frage aufgestellt werden, wo deren Performance-Ziel realistischerweise liegt. AMD sah jene Karte zur RDNA2-Vorstellung unter dem Einsatz von SAM-Feature samt Rage-Mode auf Augenhöhe mit der GeForce RTX 3090, die Detail-Benchmarks ergaben eine Mehrperformance von +8,1% zur Radeon RX 6800 XT. Schon allein damit wird auf dem aktuellen Performance-Bild eine Konkurrenz zur GeForce RTX 3090 allerdings höchst schwer, die ergäbe "nur" einen 4K Perf.Index von ~331% – was überaus deutlich näher zur GeForce RTX 3080 (328%) als zur GeForce RTX 3090 (368%) liegt. Selbst wenn AMD seine eigene Performance-Prognose leicht schlägt, wird aus der Radeon RX 6900 XT vermutlich kein Gegner zur GeForce RTX 3090 – sondern eher einer zur GeForce RTX 3080.

AMD RDNA2 nVidia Ampere
GeForce RTX 3090  —  368%
GA102-300, 82 SM @ 384 Bit, 24 GB GDDR6X, $1499
Radeon RX 6900 XT  —  ~330% (±5PP)
Navi 21 XTX, 80 CU @ 256 Bit, 16 GB GDDR6, $999
GeForce RTX 3080  —  328%
GA102-200, 68 SM @ 320 Bit, 10 GB GDDR6X, $699
Radeon RX 6800 XT  —  306%
Navi 21 XT, 72 CU @ 256 Bit, 16 GB GDDR6, $649
Radeon RX 6800  —  266%
Navi 21 XL, 60 CU @ 256 Bit, 16 GB GDDR6, $579
GeForce RTX 3070  —  245%
GA104-300, 46 SM @ 256 Bit, 8 GB GDDR6, $499
Performance-Angaben gemäß des 3DCenter UltraHD/4K Performance-Index

Dafür sprechen letztlich auch die technischen Daten, welche zwischen Radeon RX 6800 XT und Radeon RX 6900 XT nur den Sprung von 72 auf 80 Shader-Cluster (+%11%) zu allerdings gleichen Taktraten, gleichem Speichertakt und identischer TDP sehen. Inbesondere letzteres dürfte ziemlich Performance-limitierend wirken, wenn die Radeon RX 6800 XT im Mittel schon auf 296 Watt Spieleverbrauch kommt und damit kaum noch TDP-Reserven für die Radeon RX 6900 XT existieren. Angesichts dass sich zwischen Radeon RX 6800 und 6800 XT immerhin +20% Shader-Cluster samt höheren Taktraten und +20% TDP auf ca. +15% 4K-Performance auswirken, sind jene von AMD gemessenen +8% 4K-Performance zwischen Radeon RX 6800 XT und 6900 XT durchaus schon ein Spitzenwert, von wirklich mehr sollte man nicht ausgehen. Eher muß AMD zusehen, dass überhaupt diese Prognose erreicht wird – bei deren Erfüllung die Radeon RX 6900 XT knapp um +1% schneller gegenüber der GeForce RTX 3090 herauskommen würde.

Sofern sich daran nichts ändert, wird es die Radeon RX 6900 XT schwer haben zu gefallen: Bei zur GeForce RTX 3080 nahezu deckungsgleichen Performance spricht natürlich der (nominelle) Preisvorteil für die nVidia-Karte (699 vs. 999 Dollar Listenpreis). Zwar kommt die AMD-Karte dafür gleich mit 16 GB Grafikkartenspeicher daher, dieser Punkt hat sich bislang jedoch als wesentlich weniger wirkmächtig auf die Entscheidungen der Grafikkartenkäufer erwiesen, als vorab angenommen wurde. Zudem gibt es jene 16 GB Speicher auch bei der wahrscheinlich nur wenig langsameren Radeon RX 6800 XT, welche zudem einen deutlich freundlichen Listenpreis trägt. Die Radeon RX 6900 XT steht somit unter reichlich Druck sowohl von nVidia- als auch AMD-Karten und es fehlt der Karte (außerhalb des Punkts des Vollausbaus) etwas der zündende Funke, womit sich deren Preislage rechtfertigen läßt. Auch dass es nun laut der PC Games Hardware tatsächlich Custom-Designs zur Radeon RX 6900 XT geben soll, wird daran erst einmal nichts ändern. Ob AMD hierzu noch etwas besseres einfällt oder ob man ganz auf dem Punkt des Vollausbau vertraut, bleibt bis nächste Woche abzuwarten.

Igor's Lab thematisieren die Kostensteigerungen für das 80Plus-Siegel von Netzteilen, welche nächstes Jahr auf das grob Dreifache ansteigen und damit voraussichtlich entsprechende Netzteile verteuern werden. Der eigentlich interessantere Punkt der Ausführungen liegt aber sogar darin, dass nominell baugleiche Netzteile, welche nur unter einem anderen Brandname verkauft werden, nicht erneut getestet werden müssen (den vollen Betrag für das "80Plus"-Siegel kostet es aber dennoch). Dies kann deren Hersteller natürlich dazu verleiten, auf minderwertigere Bauteile zu setzen, welche den 80Plus-Test eigentlich nicht bestehen würden. Inwiefern der Ablauf tatsächlich derart ist bzw. ob solcherart Fälle vorkommen, wurde allerdings im Gegensatz zur Kostensteigerung nicht belegt und kann daher derzeit nicht an die große Glocke gehängt werden. Klar wird über die ganzen Schilderungen aber auch, dass das ganze Prinzip der Netzteil-Zertifizierung demjenigen einer Wirtschaftsprüfung ähnelt: Genau wie im Fall "Wirecard" ist der Prüfer ein wirtschaftlich Partizipierender – was sich dann in der "Klasse" der Prüfung widerspiegelt.

Ein anderer wichtiger Artikel von Igor's Lab dreht sich um die Hintergründe zur aktuellen Lieferschwäche bei faktisch aller neuen Hardware: nVidia Ampere, AMDs Zen 3 & Radeon RX 6000 sowie die NextGen-Spielekonsolen. Dabei ergeben sich drei Hauptgründe für die aktuelle Situation: Zum einen die Auslastung der 7nm-Fertigung von TSMC, wo derzeit bis auf Ampere (8nm-Fertigung von Samsung) alle wichtigen neuen Chips herstammen, zum anderen Schwierigkeiten bei der (ausreichenden) Fertigung von ansonsten wenig beachteten Komponenten wie Substrate & Controller-Chips. Hierbei spielt sicherlich auch der Mehrbedarf anderer IT-Sparten mit hinein, der sich durch die HomeOffice-Bedingungen ergeben hat. Und letztlich hat das Corona-Jahr 2020 auch noch zu enormen Umwälzungen im Weg der weltweiten Güterströme geführt, in deren Folge die Transportkosten – egal ob Flugzeug, Bahn oder Schiff – auf das Zwei- bis Dreifache gestiegen sind. Damit dürfte insbesondere die Luftfracht für die meisten Anwendungszwecke zu teuer sein und es geht vermehrt auf den langsameren (wie verstopften) Weg über See.

Wie man an den Bedingungen im Frühjahr gesehen hat, kann das vorhandene weltweite Gütertransport-System durchaus kurzfristige Schocks fast schadlos verdauen, ist aber nicht für die Beibehaltung gänzlich anderer Bedingungen geeignet und reagiert darauf dann mit Übertreibungen wie Knappheiten. Die vorher gewohnten Preise & Lieferzeiten waren eben nur dadurch zu erreichen, das alles wie am Schnürchen läuft und Herstellungs- wie Transport-Systeme nahezu an der Effektivitäts-Grenze arbeiten. Diese Verwerfungen wieder ins Lot zu bringen, dürfte vermutlich sogar länger dauern als die offensichtlichen Lieferschwächen bei der neuen Hardware aus reiner Konsumenten-Sicht anhalten werden. Ein klein wenig Pech war letztlich auch mit dabei, dass das Jahr 2020 aus Sicht der Hardware-Launches wirklich herausragende Kost geboten hat, u.a. über die (nur einmal aller 7 Jahre erscheinende) neue Konsolen-Generation. In jedem anderen Jahr hätten sich die mittels der Corona-Pandemie ergebenen Verwerfungen auf dem IT- wie dem Welthandels-Markt vermutlich weit weniger deutlich ausgewirkt.