11

Hardware- und Nachrichten-Links des 11. Juni 2019

Bei ComputerBase sowie AnandTech beschäftigt man sich in umfangreichen Artikeln mit der Zen-2-Architektur. Mit dabei sind auch AMD-offizielle Aussagen zum Schutz der Zen-2-Prozessoren vor den CPU-Sicherheitslücken Meltdown, Spectre, Foreshadow & MDS – welche als deutliches Plus-Argument zugunsten von Zen 2 anzusehen sind. Denn das, was AMD absichern muß, wird mittels Zen 2 nunmehr in Hardware abgesichert – die vorhandenen Anteile des Betriebssystems sind dabei eher technikbedingt obligatorisch. Vor allem aber zeigt AMD mit seiner diesbezüglichen Auflistung natürlich auch an, das man von den aktuell grassierenden CPU-Sicherheitslücken nur zum Bruchteil betroffen ist – ganz im Gegensatz zu Intel. Normalerweise sollte dies insbesondere im professionellen Bereich ein schlagendes Argument zugunsten von AMD sein, sogar noch ganz unabhängig der durch Zen 2 gebotenen Mehrperformance bzw. besseren Preispunkte.

In der Bewertung der Preislage von AMDs Radeon RX 5700 & 5700 XT Navi-Grafikkarten gibt es durchaus einige Stimmen, aus denen klare Enttäuschung darüber spricht, das AMD hiermit nicht im Midrange-Segment geblieben ist. Immerhin handelt es sich bei den jetzt zu sehenden Navi-Grafikkarten um den eigentlichen Polaris-Nachfolger – darauf deuten die ähnlich große Chipfläche sowie die Namenswahl mit der "7" im Nummernblock hin, einmal abgesehen von den Teasern, welche AMD im Laufe der Zeit zugunsten eines "Midrange"-Ansatzes von Navi ausgestreut hatte. Letztlich bietet AMD mit der kleineren Radeon RX 5700 nur ca. +4% Mehrperformance gegenüber der Radeon RX Vega 64 an, auf gemäß der aktuellen Straßenpreise fast identischer Preislage. Angesichts von fast zwei Jahren Zeitdifferenz, neuer Architektur, neuem Fertigungsverfahren und sogar klar kleinerem Grafikchip ist dies viel weniger, als was man bisher im Laufe der Grafikkarten-Evolution bei einer neuen Generation bekommen hat. Von der Performance her hat AMD die Anforderung sicherlich erfüllt: Mit einer neuen Midrange-Generation erreicht man das Performance-Niveau der früheren HighEnd-Generation. Nur normalerweise sollte dies eigentlich kostenneutral über die Bühne gehen – sprich Midrange-Preise für Midrange-Karten.

Aus diesem Dilemma dürfte AMD bei vielen Grafikkarten-Käufern nicht so schnell herauskommen, in dieser Frage hat man mit der (bisherigen) Navi-Generation durchaus Kredit verspielt. Allerdings gibt es durchaus eine plausible Erklärung für dieses hohe Preisniveau – in Form der bewußten Anpassung an die durch nVidias Turing-Karten vorgegebenen generell höheren Grafikkarten-Preise. Denn würde AMD nVidia beim Preis/Leistungs-Verhältnis deutlich unterbieten, würde dies letztlich nur eine automatische Gegenreaktion seitens nVidia provozieren – und am Ende würden beide Grafikchip-Entwickler wesentlich schlechter verdienen, aber nicht (wesentlich) mehr verkaufen. Die Kunst der Preisfestsetzung besteht schließlich darin, seine Preislagen zwar günstiger als diejenigen der Konkurrenz zu machen – aber nicht um so viel günstiger, als das die Konkurrenz zu einem Konter gezwungen wäre. Ein besserer Preispunkt liegt (Hersteller-seitig) idealerweise genau in der Schwebe dazwischen, wo also ein Konter für die Konkurrenz mehr Aufwand als Nutzen erzeugt, beide Hersteller im Endeffekt mit der vorhandenen Preissituation leben können. Und dies bedeutet, das ein gemachter Preisvorteil sich regelmäßig nur im Rahmen von wenigen Prozentpunkten bewegen darf – wird es mehr, muß man eben einen Konter der Konkurrenz erwarten.

Selbst wenn hieraus dann kein Preiskrieg resultiert, haben die Hersteller in jedem Fall nichts gewonnen, wenn jene letztlich allesamt mit dem Preis heruntergehen. Für den Konsumenten wäre ein Preiskrieg natürlich traumhaft – aber eben wegen des Risikos von deutlich weniger Umsatz & Gewinn bei kaum veränderten Stückzahlen dürften die Hersteller so etwas mit Macht zu vermeiden versuchen. Insbesondere in einem Markt mit sehr wenig Anbietern (wie im Prozessoren- und Grafikkarten-Geschäft) läßt sich mit einem Preiskampf für die Hersteller normalerweise nichts positives erreichen. So etwas geht gewöhnlich nur in einem Markt mit vielen Anbietern gut, wo man darauf setzen kann, das sich die Marktanteilsveränderungen auf viele Kontrahenten verteilen und damit für jeden einzelnen Wettbewerber zu klein sind, um darauf zwingend reagieren zu müssen. In einem Markt mit zwei Anbietern sind die Gewinne des einen aber immer 1:1 die Verluste des anderen – womit eine Gegenreaktion der Konkurrenz fast unweichlich ist. Aus diesen Überlegungen heraus sind die von AMD gemachten Preislagen der Navi-Grafikkarten vielleicht eher verständlich – wobei jene keinesfalls verteidigt, sondern einfach nur erklärt werden sollen.

Somit bleibt es im übrigen streng abzuwarten, ob nVidia wirklich auf die Navi-Grafikkarten reagiert – sei es mittels der "SUPER"-Grafikkarten, sei es mittels einer "GeForce RTX 2070 Ti" und/oder auch schnöder Preissenkungen. Eigentlich ist AMDs Performance/Preis-Vorteil mit den Navi-Grafikkarten eher nur minimal – jedenfalls nichts, was nVidia nicht über anfänglich bessere Straßenpreise (die Turing-Karten sind halt schon länger im Markt), den Verweis auf das RayTracing-Feature und die Stärke der eigenen Marken "nVidia" und "GeForce" handeln könnte. Selbst eine mögliche GeForce RTX 2070 Ti erscheint kaum als zwingend bzw. bliebe erst einmal den genauen Performance-Abstand zwischen Radeon RX 5700 XT und regulärer GeForce RTX 2070 abzuwarten. Selbst wenn sich jener bestätigen lassen sollte, dürften gutklassige Werksübertaktungen zur GeForce RTX 2070 hierbei immer noch mithalten können. Eher unter Druck ist dagegen nVidias GeForce RTX 2060 zu sehen, da die Radeon RX 5700 doch beachtbare schneller ist und die attraktivere Speichermenge mitbringt. Dafür ist nVidias Lösung allerdings preisgünstiger und kommt in dieser Frage (mit Mühe und Not) ans Midrange-Segment heran, was AMDs Navi-Grafikkarten wie gesagt verfehlen. Lange Rede, kurzer Sinn: Unter wirklichem Zwang eines Navi-Konters erscheint nVidia nicht – und könnte jenen somit aus den gleichen Gründen, wie AMD keine besseren Navi-Preise gemacht hat, letztlich absagen.

AMD 4K-Perf. Speicher TDP Listenpreis Straßenpreis nVidia
Radeon RX 5700 XT ~154%  vs.  146% 8 GB  vs.  8 GB 225W  vs.  175W 449$  vs.  499$ ab ~450€  vs.  ab 460€ GeForce RTX 2070 Ref.
Radeon RX 5700 ~138%  vs.  124% 8 GB  vs.  6 GB 180W  vs.  160W 379$  vs.  349$ ab ~380€  vs.  ab 330€ GeForce RTX 2060
Performance-Prognose gemäß dem 3DCenter UltraHD Performance-Index sowie AMDs eigenen Benchmarks zu Radeon RX 5700 & 5700 XT

Die PC Games Hardware führt eine Microsoft-Klarstellung zur Performance der Xbox Scarlett ins Feld, wonach deren vielzitierte Performance-Aussage von "4x mehr Leistung" sich nur aus der Zusammenzählung von vielen Faktoren wie CPU, GPU, RAM und auch der SSD ergibt, wobei Microsoft den Punkt der schnelleren SSD besonders betonte. Im Endeffekt hat man also sinngemäß nur die Aussage getroffen, das sich die Xbox Scarlett viermal schneller als die Xbox One X anfühlen soll – was nicht bedeutet, das es die vierfache Rohleistung gibt. Die hierzu verschiedentlich hochgerechneten 24 TFlops werden also kaum geboten werden, sind auch ziemlich schwer zu erreichen, dies würde in die Richtung von ca. 8000 Shader-Einheiten gehen (oder zumindest ca. 6500 bei sehr hohem GPU-Takt). Angesichts der von den Navi-basierten PC-Grafikkarten gebotenen Hardware und unter Einrechnung des Punkts, das eine Spielekonsole immer auch bezahlbar bleiben muß, könnte man zur Xbox Scarlett bestenfalls eine Navi-Grafiklösung mit leicht unterhalb 4000 Shader-Einheiten und demzufolge einer nominellen Rechenleistung von 11-14 TFlops annehmen.

Spielekonsole Technik Midrange (ein Jahr vorher) Spitzenlösung (ein Jahr vorher)
Playstation 4 GCN, 1,8 TFlops, 2013 Radeon HD 7870  -  2,6 TFlops Radeon HD 7970 "GHz"  -  4,3 TFlops
Xbox One X GCN, 6,0 TFlops, 2017 Radeon RX 580  -  6,2 TFlops Radeon RX Vega 64  -  12,7 TFlops
Xbox Scarlett Navi, ? TFlops, 2020 Radeon RX 5700 XT  -  9,0 TFlops GeForce RTX 2080 Ti  -  14,2 TFlops
Der TFlops-Vergleich ist nur dann sinnvoll, wenn man (halbwegs) IPC-gleiche Architekturen ansetzt – sprich GCN gegen GCN oder Navi gegen Turing.

Eingerechnet den IPC-Sprung von Navi ist damit maximal immerhin die dreifache Grafikpower wie bei der Xbox One X zu erreichen. Gegenüber den derzeitigen PC-Grafikkarten wären jene 11-14 TFlops allerdings auch schon reichlich viel, eine GeForce RTX 2080 Ti FE kommt auf "nur" auf 14,2 TFlops – und das die Spielekonsolen-SoCs dieselbe Rohpower wie Spitzen-Grafikkarten des jeweils vorherigen Jahres aufbieten, hat eigentlich keine große Wahrscheinlichkeit. Als seinerzeit die Playstation 4 zum Jahresende 2013 herauskam, gab es mit 1,84 TFlops gemessen am jeweiligen Vorjahr nur Midrange-Niveau (Radeon HD 7850 mit 1,76 TFlops), während das Spitzen-Niveau des Jahres 2012 mit 4,3 TFlops bei der Radeon HD 7970 "GHz Edition" mehr als doppelt so hoch lag. Insofern sind die vorgenannt knapp 4000 Shader-Einheiten bei der Xbox Scarlett wirklich schon das oberste Ende aller sinnvollen Vermutungen – wahrscheinlich liegt die Realität deutlich darunter im Bereich von ca. 3000-3500 Shader-Einheiten. Etwas mehr als beim Navi-10-Chip der Radeon RX 5700 /XT Karten (max. 2560 Shader-Einheiten) sollte es allerdings werden, ansonsten würde sich das augenscheinliche 384-Bit-Speicherinterface der Xbox Scarlett nicht wirklich lohnen.