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Hardware- und Nachrichten-Links des 23. März 2016

Ein Punkt, der noch thematisiert werden muß, ist AMDs Zielsetzung bei der Navi-Generation ab dem Jahr 2018, der derzeit anstehenden Polaris/Vega-Generation nachfolgend: "Scalability" sowie "Nextgen Memory" hatte AMD hierzu auf seiner Roadmap notiert – weitere Informationen gibt es derzeit (logischerweise) noch nicht, Änderungen an allen Zukunftsplänen hat sich AMD im Kleingedruckten sowieso vorbehalten. Doch während sich "Nextgen Memory" noch halbwegs auf eine weitere HBM-Ausbaustufe oder gar eine andere Form von eingebetteten DRAM (eventuell das lange von Intel & nVidia favoritierte HMC) beziehen läßt, wirft "Scalability" deutliche Fragen auf. Kommt hiermit vielleicht der inzwischen langjährig diskutierte Ansatz von mehreren Chips auf einem Board, welche dann zusammen am Grafikrendering arbeiten? Die für den HBM-Speicher des Fiji-Chips angestoßene Interposer-Technik hat die notwendigen technischen Voraussetzungen geschaffen, Chips nahe aneinander zu plazieren, um somit mit großen Interface-Bandbreiten Daten untereinander austauschen zu können. Trotzdem wäre es ein riesiger Schritt, mit unvorhersehbaren Schwierigkeiten und einem am Ende ungewissen Ausgang: Denn funktioniert die Skalierung nicht so wie gewünscht, könnte an den zwei mittelgroßen Chips der eine supergroße Chip dann doch vorbeiziehen.

Durchsetzen kann sich dieses Chipmodell jedoch nur dann, wenn auch für den Konsumenten Performance-Vorteile geboten werden – allein nur Vorteile in der Wirtschaftlichkeit zugunsten der Chipentwickler & Chipfertiger reichen nicht aus für einen echten Markterfolg. Wenn man zudem das Problem der Mikroruckler bei allen (neueren) MultiChip-Lösungen nicht abstellt, müssten sogar kräftige Performancevorteile geboten werden, um die Grafikkarten-Käufer zu überzeugen. Das es bisher noch zu keinen echten Versuchen in diese Richtung gekommen ist, zeigt durchaus auf die enorme Höhe dieser Aufgabe. Trotz sicherlich vorhandenem technischen Interesse schieben die Grafikchip-Entwickler diese Aufgabe nunmehr sehr einiger Zeit vor sich her – unter Umständen so lange, bis es gar nicht mehr anders geht. Denn dann, wenn eines Tages keines besseren Fertigungstechnologien mehr kommen (oder jene zu teuer werden), läge die einzige Möglichkeit sowieso in MultiChip-Designs. Langfristig gesehen muß seitens der Grafikchip-Entwickler automatisch in diese Richtung hin gedacht werden, ab einem gewissen Zeitpunkt wären solche Designs auch schon allein wirtschaftlicher als das Auflegen von supergroßen Grafikchips in neuen Fertigungsstufen. Das Überwinden aller technischen und verkaufspolitischen Hürden ist jedoch die Schwierigkeit bei dieser Aufgabe – und wir werden sehen, ob AMD bei der Navi-Generation sich schon daran versuchen will.

Bei Bits 'n' Chips hat man die Pin-Anzahl des kommenden AMD-Sockels AM4 für alle 2016er Prozessoren der Baureihen "Stoney & Bristol Ridge" sowie "Zen" herausgefunden: Jener Sockel AM4 wird mit 1331 Pins antreten – deutlich mehr als beim Sockel FM2+ der bisherigen AMD-APUs (906 Pins) bzw. dem Sockel AM3+ der FX-Prozessoren (942 Pins). Allerdings wird AMD die Mehranzahl an Pins auch für den noch leistungsstärkeren integrierten Chipsatz sowie eine hochklassige CPU-Anbindung der Grafikkarten benötigen – insofern braucht man sich keiner Illusion hingegeben, hier ein breiteres Speicherinterface vermuten zu wollen. Selbst Intels erste Core-i7-Prozessoren der Nehalem-Baureihe benötigten für ein TripleChannel-Speicherinterface noch 1366 Pins, seinerzeit aber noch ohne integrierten Chipsatz und ohne direkte Anbindung der Grafikkarte zum Prozessor. Insofern spricht bei AMDs Sockel AM4 mit 1331 Pins von technischer Warte aus nichts für größere Speicherinterfaces – ein solches wird es nur bei den Server-Ausführungen der Zen-Architektur geben (16 CPU-Rechenkerne mit QuadChannel-Speicherinterface), die dann aber sowieso einen eigenen Sockel bekommen werden.

Golem bieten den ersten vollständigen Test eines Carrizo-basierten Athlon X4 845 an – und sind eigentlich sehr positiv angetan. Allerdings sind es auch nur ~6% mehr CPU-Performance auf gleicher Taktrate: Dies ist erstens nicht die Welt und wird zweitens dadurch abgewertet, das die Carrizo-basierten Prozessoren allesamt etwas niedrigere Taktraten als frühere Mainstream-Prozessoren von AMD aufweisen. Selbst die kommenden Bristol Ridge APUs werden nicht ganz die Taktraten der früheren Kaveri-Modelle erreichen, in der Praxis wird somit von der höheren Carrizo-IPC kaum etwas übrigbleiben. Gerade unter Spielen dürfte sich der halbierte Level2-Cache bei Carrizo als Nachteil erweisen, viele Spiele reagieren halt gut auf große Caches (dafür fressen die Caches reichlich Strom, womit der L2-Cache zugunsten von AMDs Mobile-first-Strategie bei Carrizo halbiert wurde). Ob Bristol Ridge gegenüber Kaveri wirklich etwas reißen kann, darf daher eher bezweifelt werden – aber AMD hat natürlich derzeit in diesem Bereich nichts besseres anzubieten, die ersten Zen-basierten APUs wird es erst im Jahr 2017 geben.

Eine kleine Flanke scheint Intel AMD jedoch zu lassen: Im LowCost-Bereich hat Intel nur seine Pentium-Serie mit zwei Rechenkernen ohne HyperThreading im Einsatz – und jene ist trotz vergleichbarer Rechenleistung zum Athlon X4 845 für heutige Spiele einfach nicht mehr zu verwenden. Einige Spiele starten schon gar nicht mehr ohne vier verfügbare CPU-Threads (= mindestens Zweikerner mit HyperThreading), andere sind in der Praxis mit nur zwei CPU-Threads nicht mehr sinnvoll nutzbar. Die Aufzählung der Spiele-Glitches mit nur zwei CPU-Kernen bei Golem ist derart umfangreich, das der AMD-Prozessor nicht einmal mehr eine vergleichbare Performance bieten müsste (was er grob tut), denn das Intel-Modell disqualifiziert sich in diese Vergleich einfach. Ein Gaming-Einstieg darf bei Intel eben nicht unterhalb eines Zweikerners mit HyperThreading erfolgen, was allerdings die Preisbarriere auf grob 100 Euro anhebt – der Athlon X4 845 ist hingegen ein echtes LowCost-Modell für 65 Euro. Ob dieser (klarstmögliche) AMD-Sieg sogar unter Gaming-Bedingungen AMD jetzt allerdings zu größeren Umsätzen verhilft, wäre dann doch eher zu bezweifeln – denn neu zusammengestellte Gaming-Systeme unterhalb eines Core-i3-Prozessors sind heutzutage eine fast nicht existente Nische. Eventuell kann AMD hiermit in sehr preissensitiven Schwellen- und Entwicklungsländern punkten – dafür müsste man allerdings die Vorteile des Prozessors stärker promoten, ohne Faktenkenntnis bei den Konsumenten gibt es schließlich auch keinen bewußten Kauf.