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Zu den Problemen des geplanten Presse-Leistungsschutzrechts

Über den Entwurf zum Presse-Leistungsschutzrecht wird derzeit schon heftig diskutiert, tiefergehende Ausführungen hierzu finden sich bei Telemedicus sowie iRights. Grob gesehen läuft es wohl darauf hinaus, daß das Presse-Leistungsschutzrecht zukünftig auch die Übernahme kleinster Textausschnitte (inklusive auch Überschriften) untersagt, sofern dafür keine Einwilligung bzw. Lizenz seitens des Rechteinhabers vorliegt. Das Zitatrecht wird damit im übrigen nicht eingeschränkt, Zitate sind schließlich etwas anderes als beispielsweise der Anrisstext bei Google News. Bei Zitaten geht es um die wörtliche Wiedergabe eines Inhalts mit dem Zweck, sich ausführlich sich damit zu beschäftigen – was auf Anrisstexte zweifelsfrei nicht zutrifft.

Echte Auswirkungen würde das Presse-Leistungschutzrecht in dieser Form auf drei Anwendergruppen haben: Erstens wird das Geschäft von News-Aggregatoren komplett unmöglich gemacht, denn egal wie die Übernahme einer Überschrift unter dem neuen Presse-Leistungsschutzrecht letztlich bewertet werden wird, die News-Aggregatoren leben natürlich zuerst von den Anrisstexten, die das Presse-Leistungsschutzrecht – selbst in kleinstmöglicher Form – unmöglich macht. Es gilt als offenes Geheimnis, daß sich das Presse-Leistungsschutzrecht in seiner frühen Entstehungsphase primär gegen Google News richtete – wobei die Idee, von Google Lizenzgebühren für Textanrisse einzutreiben, ziemlich sicher nicht funktionieren wird, Google dürfte den Dienst schlicht und ergreifend für Deutschland auf Eis legen.

Zweitens kommen Suchmaschinen in eine gewisse Bredouille, denn diese bieten auch (kürzere) Anrisstexte an, welche sogar dazu dienen, dem Suchenden die Navigation durch die Suchergebnisse zu erleichtern. Eigentlich ist es ziemlich unsinnig, an dieser Stelle das Presse-Leistungsschutzrecht anwenden zu wollen, weil ohne Anrisstexte (oder unter Umständen sogar ohne Überschriften) gibt es schließlich auch keine Klicks für die in der Suchmaschine aufgeführten Webseiten. Rein technisch trifft das Presse-Leistungsschutzrecht aber eben auch auf Suchmaschinen und deren Anrisstexte sowie Überschriften zu – hier bliebe abzuwarten, was da noch herauskommt. In diesem Fall sind die großen Presseverlage womöglich sogar bereit, den Suchmaschinen kostenlose Generallizenzen einzuräumen – nur daß das Presse-Leistungsschutzrecht jedes Presseerzeugnis und damit auch die Arbeit kleinerer Webseiten und diejenige von Bloggern "schützen" soll und Google & Co. sicherlich kaum Lizenzen von zehntausenden Kleinstanbietern einholen wollen, nur um diese im Suchindex halten zu dürften.

Eine mögliche Auflösung hierzu wäre ein extra Tag in der Robots-Datei von Webseiten, womit Suchmaschinen das Einverständnis zur Darstellung der Suchergebnise inklusive Überschrift und Anrisstext gegeben würde. Ob sich die Suchmaschinen-Anbieter auf so etwas einlassen werden, ist aber nicht ganz sicher – eine rechtlich sicher erteilte Lizenz sieht schließlich anders aus als ein kurzer Eintrag in einer Robots-Datei, welcher schon am nächsten Tag (spurenlos) geändert sein kann. Im schlimmsten Fall könnten sich die (in Deutschland greifbaren) Suchmaschinen-Anbieter durchaus dafür entscheiden, jegliches klein-klein zu vermeiden und generell alle Webangebote mit bundesrepublikanischem Impressum aus dem Suchindex zu verbannen, bevor eine andere gesetzliche Lösung gefunden ist.

Und drittens sind auch normale Webseiten und Blogger vom Presse-Leistungsschutzrecht betroffen, sofern sie Links auf andere Webseiten setzen (was schließlich dem Zweck des Internets entspricht). Daß man keine extensiven Kopien anderer Texte auf seine eigene Webseite nimmt, versteht sich von selbst, daß neue Presse-Leistungsschutzrecht schränkt dies nur insofern ein, als daß keinerlei Anrisstext mehr möglich wird. Dies mag für Webseiten und Blogs möglicherweise ärgerlich sein, ist aber nicht geschäftsvernichtend wie bei News-Aggregatoren oder so regelrecht kontraproduktiv wie bei Suchmaschinen. Ein echtes Problem könnte sich für Webseiten und Blogs aber daraus ergeben, daß in der derzeitigen Formulierung des Leistungschutzrechts dieses offenbar auch die Übernahme von Überschriften zur Linkgestaltung untersagt.

Dies würde ganz konkret auch 3DCenter und hierbei die Gestaltung der Linklisten in den täglichen News behindern, denn diese umfasst nun einmal immer den eigentlichen Link, den Namen der Webseite sowie die Überschrift des verlinkten Artikels. Nach dem geplanten Presse-Leistungsschutzrecht dürften dann (theoretisch) die Überschriften nicht mehr genannt werden – was im Sinne der Linklisten natürlich Murks ist, weil ohne die Überschriften kein Anhaltspunkt mehr gegeben ist, auf was da nun verlinkt werden soll. Sicherlich kann man argumentieren, daß dies nicht im eigentlichen Sinne des Presse-Leistungsschutzrechts wäre – der vorliegende Entwurf läßt aber die Möglichkeit dazu einwandfrei offen und nur die wenigstens Webseiten-Betreiber und Blogger dürften sich freiwillig in das damit verbundene rechtliche Minenfeld begeben wollen.

An dieser Stelle wandelt sich dann auch die Sicht auf das geplante Presse-Leistungsschutzrecht: Wenn es allein um die gefühlte Schutzbedürfigkeit der Presseverlage gehen würde und wie diese sich am besten ihre (letzte) potentielle Kundschaft vergraulen können, wäre dies zwar ein schöner Schildbürgerstreich, müsste aber den kleinen Webseiten-Betreiber und Blogger nicht weiter interessieren. So aber bekommen auch letztere ihre Probleme: Wer verlinkt denn noch auf kleine Webseiten und Blogs, wenn jeder Nutzer ständig im Risiko steht, das Leistungschutzrecht zu verletzen? Da kann man große Buttons auf die Webseite heften, die alle Linksetzer von allen aus dem Presse-Leistungsschutzrecht stammenden Ansprüche frei machen – doch wer hat den Nerv, dies bei jeder Webseite und jedem Blog manuell vor einer Linksetzung (mit Überschrift) zu kontrollieren?

Das geplante Presse-Leistungsschutzrecht bedeutet, daß Linksetzung mit Überschrift in Deutschland richtiggehend riskant wird (egal für wen) – und wenn etwas riskant ist und keinen größeren Nutzen verspricht, unterläßt man es in aller Regel. Das geplante Presse-Leistungsschutzrecht ist – in dieser Form – damit ein direkter Angriff auf die grundsätzliche Link-Struktur des Internets und damit natürlich auch auf die deutsche Internet-Wirtschaft (soviel zum Thema Wirtschaftsförderung). Es bleibt nur zu hoffen, daß das Gesetz in dieser Form nicht durchgeht. Ansatzpunkte hierfür gibt es durchaus über die grobe Benachteilung von Suchmaschinen, welche sicherlich mehr Wassersuppe aufbieten können als alle kleinen deutschen Webseiten-Betreiber und Blogger zusammen.

Nachtrag vom 17. Juni 2012

Da dieser Text offenbar noch nicht aussagekräftig genug war, folgende Ergänzung in möglichst klaren Worten: Das geplante Presse-Leistungsschutzrecht soll auch 3DCenter (und alle anderen kleineren Webseiten & Blogs) schützen, egal ob wir das wollen oder nicht. Damit besteht unter dem geplanten Presse-Leistungsschutzrecht auch beim Link auf 3DCenter das Risiko einer Rechtsverletzung für den Linksetzenden, sofern eine Überschrift oder/und ein kurzer Textanriss übernommen werden soll. Daß wir bei 3DCenter nicht auf dem Presse-Leistungsschutzrecht bestehen und demzufolge auch keine rechtlichen Mittel einlegen werden, ist für den Linksetzende vorab eher schwierig zu erkennen – man müsste sich dann das Impressum der verlinkenden Webseite vorher exakt durchlesen. Der entscheidende Punkt ist: Wer macht so einen Aufwand, wenn es um eine simple Linksetzung geht? Niemand – sofern damit ein rechtliches Risiko verbunden ist, unterläßt man den Link einfach. Alternativ verbleibt allein die Linksetzung ohne Überschrift und ohne Textanriss, dies ist aber nicht immer sinnvoll.

Beispielsweise die Linklisten der täglichen 3DCenter-News benötigen zwingend die Überschriften, damit die Links einen Sinn ergeben. Auch Suchmaschinen benötigen den Anrisstext, damit sich der Suchende besser orientieren kann, ob eine unter den Suchergebnissen stehende Webseite auch wirklich zur eigentlichen Fragestellung der Suche passt. In vielen Fällen aber werden Links auf 3DCenter verhindert, wenn die Nennung der Überschrift oder eines kurzen Textanrisses unter dem geplanten Presse-Leistungsschutzrecht nicht mehr möglich sein soll. Damit behindert das geplante Presse-Leistungsschutzrecht 3DCenter vielleicht sogar mehr als die großen Presseverlage, welche schließlich in der Position sind, wenigsten den Suchmaschinen General-Lizenzen aufzudrängen. In der jetzt geplanten Form zerstört das Presse-Leistungsschutzrecht die vorhandene Linkkultur im deutschsprachigen Internet – nicht nur für ernsthafte Presseerzeugnisse, sondern für alle Webseiten und Blogs.

Um es auf einen Satz zu bringen: Das geplante Presse-Leistungsschutzrecht ist schädlich für 3DCenter, weil damit jemand, der einen Link mit Überschrift oder/und kurzem Textanriss auf 3DCenter setzen will, in Konflikt mit eben diesem Gesetz kommt – und den Link damit höchstwahrscheinlich bleiben läßt.