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News des 30. November 2010

Aufreger des Tages – an diesem bezüglich echter Hardware-Nachrichten erstaunlich lahmen Dienstag – sind sicherlich die verschiedenen Meldungen über die voraussichtliche Verabschiedung des neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag und die sich daran anschließende Ankündigung einiger Blogs (Isotopp & VZlog), dementsprechend den Betrieb einzustellen. Damit wird unter Umständen allerdings ein wenig zu schwarz gemalt, weil letztlich ja noch gar keine praktischen Erfahrungen mit der erst zum Januar 2011 in Kraft tretenden neuen Jugenschutzregelung existieren. Man erinnere sich nur an den letzten diesbezüglichen Akt Mitte der letzten Dekade, als viele Spiele-Webseiten aufgrund einer veränderten Gesetzeslage abgetrennte ab-18-Bereiche einrichteten – wonach heutzutage auch kein Hahn mehr kräht und was vor allem in der Praxis nie nachverfolgt wurde.

Derzeit ist bezüglich der kommenden neuen Jugendschutzregelung schließlich immer noch Vater Staat in der Bringpflicht, weil bis dato keine zertifizierte Jugendschutz-Software besteht, welche man mit Alterskennzeichnungen von Webseiten füttern könnte. Die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) will zwar bis zum Jahresanfang eine selbige Software am Start haben, den gesetzlich erforderlichen Status einer "anerkannten Jugendschutz-Software" wird man aber sicherlich nicht gleich am ersten Releasetag erlangen können. Es bliebe zwar theoretisch noch die Möglichkeit von Sendezeitbegrenzungen aus Jugendschutzgründen, wir können uns aber schwer vorstellen, daß dieser Punkt wirklich durchgesetzt werden kann – die Idee selber ist einfach zu absurd, das Presseecho beim reinen Versuch der Durchsetzung wäre wohl vernichtend.

Aber wie gesagt: Auch die frühere Änderung der Jugendschutzregelungen hin in Richtung abgetrennter ab-18-Bereiche bei Spiele-Webseiten wurde letztlich nie wirklich kontrolliert – ähnlich dürfte es heuer werden, gerade wenn am Jahresanfang noch keine "anerkannte Jugendschutz-Software" zur Verfügung steht. Es bleibt zwar noch die Möglichkeit offen, von anderen Anbietern innerhalb derselben Branche wegen der fehlenden Jugenschutzmaßnahmen angemahnt zu werden – aber auch dies ist erst einmal nur eher theoretisch, weil von früheren Jugendschutzverschärfungen her auch nicht bekannt. Letztlich muß man einfach einmal sehen, wie sich die Sache entwickelt und was wirklich an realen Möglichkeiten geboten wird, derzeit ist das Gesetz ja noch nicht einmal wirklich verabschiedet.

Unter Umständen kann es dann allerdings durchaus dazu kommen, daß man sich selber aus Gründen der Rechtssicherheit komplett als ab-18-Angebot einstuft – dies verhindert mögliche Fehleinstufungen, welche schließlich immer nur teuer vor Gericht geklärt werden müssen. Wirklich Angst vor dieser ab-18-Einstufung sollte man eigentlich weniger haben, weil unabhängig der Idiotie der ganzen Sache wirkt sich diese Einstellung doch letztlich nur auf diese PCs auf, auf welchen diese Jugendschutz-Software installiert ist: Sprich, in Bibliotheken und Schulen sowie auf den PCs ängstlicher Eltern, die ihre Kids vor dem Unheil der Welt wegschließen wollen und dabei glauben, staatliche Filter würden diesbezüglich irgendetwas bringen.

Das andere Extrem des völlig unkontrollierten Medienkonsums für Heranwachsende ist zwar ebenso wenig begrüßenswert, dürfte aber deutlich häufiger anzutreffen sein als Privat-PCs mit installierter Jugendschutz-Software. Womit der Effekt der wegfallenden Besucher durch eine harsche ab-18-Einstufung des eigenen Angebots in der Praxis deutlich geringer ausfallen dürfte als manch einer vorab annehmen würde. Davon abgesehen untergräbt sich ein Jugendschutz-Filter schon selber, in dem alle Anbieter aus Gründen der größtmöglichen Rechtssicherheit eine eigene ab-18-Einstufung vornehmen, obwohl dies in den meisten Fällen nicht notwendig wäre – langfristig gesehen dürften so etwas nicht einmal die härtesten Befürworter von mehr Jugendschutz im Internet ernst nehmen können.

Insofern gilt derzeit sicherlich das Prinzip "Ruhe bewahren" für Webseiten-Anbieter und Webseiten-Besucher – das bundesdeutsche Internet wird am 1. Januar 2011 im Zuge der Sendezeitbeschränkungen für jugendgefährdende Inhalte nicht abgeschaltet werden. Als Webseiten-Anbieter sollte man beobachten, ob die FSM bis dahin nun wirklich die versprochene Jugendschutz-Software anbietet, ansonsten kann man ruhig abwarten, wie die anderen reagieren und wie das Thema nach Inkrafttreten des Gesetzeswerks gesehen wird. Im schlimmsten Fall dürfte die eigene Einstufung innerhalb der FSM-Software sicherlich an einem Tag zu schaffen sein, deswegen muß niemand in Hektik ausbrechen. Und im allerschlimmsten Fall kostet die Umsiedlung des eigenen Angebots ins Ausland auch nicht mehr die Welt – 3DCenter hat sich damit schon vor Jahren außerhalb der bundesdeutschen Regelungswut gebracht ;).