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Hardware- und Nachrichten-Links des 4. Juni 2020

Im Gespräch mit Analysten hat AMD explizit "Big Navi" als Halo-Produkt noch vor den NextGen-Konsolen angekündigt – und damit das Versprechen abgegeben, das es sich hierbei um einen Angriff auf die Leistungsspitze handelt. Dies muß man dann nicht zwingend kleinlich auslegen, sprich eine Titan-Grafikkarte (keine "Gamer-Grafikkarte" im eigentlichen Sinne mehr) muß damit nicht geschlagen werden – aber nVidias Ti ist damit natürlich herausgefordert. Dabei darf man einrechnen, das je nach Erscheinungstermin auch nur nVidias aktuelle Ti in Form der GeForce RTX 2080 Ti geschlagen werden soll. Besser wäre es natürlich, wenn man sich gleich an der kommenden Ampere-Ti misst, ob nun "GeForce RTX 3080 Ti" oder "GeForce RTX 3090" genannt – aber dies hat AMD wohlweislich nicht exakt ausspezifiziert. Vor allem sollte man seine eigenen Erwartungen besser nicht daran knüpfen, zu hohe Erwartungslagen enden erfahrungsgemäß in Enttäuschungen. Relevant ist hierbei vor allem der grundsätzliche Performance-Ansatz, welche man mit einem Halo-Produkt verknüpft: Keine bessere Midrange-Lösung wie die Radeon RX 5700 XT, sondern etwas ernsthaft kräftiges, was jeglichen Anforderungen gewachsen sein sollte.

You know, one of the things on the gaming side is there's a lot of excitement for Navi 2 or what our fans have dubbed as the Big Navi. This will be our first RDNA 2 base product. Big Navi is a halo product, enthusiasts love to buy the best, and we are certainly working on giving them the best.
Quelle:  Devinder Kumar, CFO von AMD im Gespräch mit der Bank of America am 2. Juni 2020, notiert von Seeking Alpha

Ob Big Navi dann am Ende vielleicht eine Stufe niedriger als eine GeForce RTX 3090 herauskommt, wäre letztlich nicht weiter bedeutsam – dann geht Big Navi eben in Konkurrenz zur GeForce RTX 3080, was immer noch viel mehr ist, als was AMD in den letzten Jahren geboten hat. Ein all zu hoher Ansatz kann schließlich sogar unerwünschte Seiteneffekte haben: Beispielsweise wäre ein Navi-21-Chip mit 12 GB Speicher (bei einem angenommen 384 bit breiten GDDR6-Interface) gegenüber der GeForce RTX 3090 mit vermutlich der gleichen Speicherbestückung nicht im Vorteil, gegenüber der GeForce RTX 3080 mit vermutlich 10 GB Speicher hingegen schon. Und vor allem wäre von Big Navi, welcher sich mit einer GeForce RTX 3090 anlegt, dann leider auch eine ähnliche Preislage zu befürchten – sprich, mehr als 1000 Euro. Es bleibt zu hoffen, das AMD bei allem Interesse an einem Halo-Produkt nicht vergisst, das im Preisbereich von GeForce RTX 2070 & 2080 wesentlich mehr verkauft wird – das geschäftlich (und für die Grafikkarten-Käufer) also vor allem diese beiden Preisbereiche unterhalb des Enthusiasten-Feldes interessant sind.

Stichwort "Big Navi" und dessen Speicherinterface: Die kürzlich hierzu erörterte Frage "GDDR6 oder HBM2" hat sich augenscheinlich schon wieder erledigt, da Details in einem neuen Linux-Treiber auf die Nutzung von GDDR6 bei "Sienna Cichlid" hindeuten. Jener Codename ist derzeit zwar neu und damit noch nicht gänzlich sicher einzuordnen, dennoch geht man derzeit davon aus, das hiermit in irgendeiner Form "Big Navi" gemeint ist. In unserem Forum gibt es dazu eine nette grafische Zusammenfassung dessen, was dem Linux-Treiber an Hardware-Details zu "Sienna Cichlid" zu entlocken war (mit einem kleinen Fehler: es sind eigentlich 4 anstatt 2 SDMA-Engines). Selbiges geht primär in Richtung außerhalb der eigentlichen Recheneinheiten stehender Chipteile, ergo ist die einzige leistungsbeschreibende Information jene über den GDDR6-Speicher. Trifft dies alles dann tatsächlich auf "Big Navi" zu, wäre jener Grafikchip ergo mit einem 384 Bit GDDR6-Speicherinterface sowie 12 GB GDDR6-Speicher zu erwarten. Für grob 80 Shader-Cluster mag dies dann ausreichend sein, nVidia plant letztlich beim GA102-Chip (mit bis zu 84 Shader-Clustern) augenscheinlich das gleiche.

AMD Navi 2X nVidia Ampere
Spitzen Gamer-Chip Navi 21 GA102
Shader-Cluster ca. 80 (?) 84
(im Gaming-Bereich max. 82 genutzt)
Speicherinterface 384 Bit GDDR6 384 Bit GDDR6
Release irgendwann vor Jahresende 2020 Herbst 2020 (?)
Alle Angaben allein basierend auf Gerüchten!

Allerdings wären deutlich mehr als 80 Shader-Cluster damit nicht zu füttern bzw. ist AMD somit zu allererst dazu gezwungen, bei der Bandbreiten-Effizienz ähnliches wie nVidia zu bieten, wenn man eben keine höhere Speicherbandbreite zur Verfügung hat. Gleichfalls muß es dann im Wettstreit der NextGen-Grafikchips AMD Navi 21 vs. nVidia GA102 mit jeweils ca. 80 Shader-Clustern (nVidia tritt mit 84 an, wird den Vollausbau aber wohl nur in Form von Titan-Grafikkarten veröffentlichen) für AMD genauso darum gehen, die Recheneffizienz von nVidia zu erreichen, wenn man nicht mit mehr Rohpower antreten kann. Aktuell bei Navi 1X gegen Turing hat dies beides durchaus gut funktioniert, allerdings hatte AMD hierbei einen klaren Vorteil in der Chipfertigung – welcher beim kommenden Duell Navi 2X gegen Ampere wegfällt. Auf ähnlicher Hardware und gleichem Fertigungsverfahren geht es dann primär um Architektur-Effizienz und erreichbare Taktraten – Punkte, die bislang eher zugunsten von nVidia sprachen und wo AMD in jedem Fall stärker als nVidia herausgefordert ist. Allerdings läßt sich auch schon an diesen groben technischen Daten erkennen, das AMD keineswegs erneut versucht, wieder nur Mainstream- & Midrange-Brötchen zu backen, sondern mittels Navi 2X tatsächlich einen erstgemeinten Angriffs auf die Leistungsspitze wagt.

Heise weisen auf eine in einem fernöstlichen Forum aufgetauchte Intel Prozessoren Roadmap hin, welche das Intel-Portfolio für den Rest des Jahres 2020 vom H-Segment (45W-Notebooks) bis zum HEDT-Segment beschreibt. Selbige Roadmap wurde wohl auf einem kürzlichen Partner-Event gezeigt und ist dann von dort entfleucht – wobei Intel sicherlich nicht fürchten muß, das hiermit etwas über zukünftige Intel-Projekte verraten wird, denn selbige sind in dieser Roadmap bis einschließlich des Jahresendes 2020 nicht eingezeichnet. Jeglichen Thesen, wonach Intels nachfolgende Rocket-Lake-Generation eventuell noch dieses Jahr starten könnte, wird damit eine klare Absage erteilt – und selbst wenn Rocket Lake dieses Jahr noch vorgestellt werden würde, wäre zumindest dessen Verkaufsstart dann erst im nächsten Jahr. Eher zu vermuten ist allerdings, das Rocket Lake sowieso nie für das Jahr 2020 gedacht war, sondern ein klares Projekt des Jahres 2021 darstellt – was es dann auch umso wahrscheinlicher macht, den Rocket-Lake-Nachfolger "Alder Lake" nicht mehr schon im Jahr 2021 zu sehen (sondern erst 2022).

Gleichfalls gilt mit dieser Roadmap auch, das Intels ab Jahresmitte zu erwartende neue Mobile-Generation "Tiger Lake" nicht ins H-Segment der großen, leistungsfähigen Notebooks gehen wird – genauso also wie "Ice Lake" bei den U-Prozessoren (bis 15W TDP) bleibt. Allem Anschein nach bleibt Tiger Lake dabei genauso bei maximal 4 CPU-Kernen, was heutzutage und nach AMDs Kern-Ansturm gerade so für die Mittelklasse reicht, selbst wenn Tiger Lake mittels seiner Cove-Kerne einen IPC-Vorteil mitbringt. Und letztlich wird es gemäß dieser Roadmap dieses Jahr keine neuen HEDT-Prozessoren von Intel geben, somit weder eine weitere Skylake-basierte HEDT-Generation noch eventuelle HEDT-Prozessoren auf Basis von Ice Lake SP. Intel gibt dieses Marktsegment damit (derzeit) kampflos an AMD auf – natürlich primär aus dem Grund, das man derzeit einfach nicht weiter kann und schlicht warten muß, ehe neue Fertigungsverfahren & Architekturen reif genug für neue Angriffe in diesem Marktsegment sind. Jene Roadmap ist damit reichlich defensiv, faktisch muß man von Intel dieses Jahr bis auf "Tiger Lake" im Mobile-U-Segment nichts mehr erwarten – und auch im Grafik-Bereich wird DG1 wie bekannt nicht im Desktop-Segment, sondern allein als (extra) Mobile-Lösung erscheinen.