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News des 27. Februar 2024

Der "offizielle" Marktstart der Radeon RX 7900 GRE verlief vergleichsweise schleppend – was allerdings für eine Karte, die eigentlich schon seit letztem Herbst immer mal wieder sporadisch erhältlich war und zudem von AMD auch nicht mit großen Fanfaren in den Markt geschickt wurde, nicht ganz unerwartbar ist. Zumindest ergibt sich eine gewisse, faktisch ausreichende Verfügbarkeit auf Basis der bislang eher nur mittelprächtigen Angebotsbreite der Grafikkarten-Hersteller. Interessanterweise wurde dabei die UVP von Anfang an durch mehrere Angebote teils nicht unerheblich unterboten: Offiziell für 609 Euro ausgepreist, was knapp dem aktuellen Euro/Dollar-Wechselkurs entspricht, gab es die Karte vom Marktstart weg für ab 580 Euro zu erstehen, am nächsten Morgen dann für ab 579 Euro. Dabei stehen derzeit zwei Angebote um die 580 Euro herum, drei weitere um die 600 Euro herum – allesamt unterhalb UVP vom Marktstart an.

7900GRE, UVP: 609€ Bestpreis Preis-Spanne Lieferbarkeit Anmerkungen
Marktstart (27. Februar, 15 Uhr) 580 Euro 580-718€ ★★☆☆☆ 5 Angebote niedriger als UVP
Marktstart +1h (27. Februar, 16 Uhr) 580 Euro 580-718€ ★★☆☆☆ 5 Angebote niedriger als UVP
Marktstart +13h (28. Februar, 4 Uhr) 579 Euro 579-689€ ★★★☆☆ 5 Angebote niedriger als UVP
bezogen ausschließlich auf als "direkt lieferbar" klassifizierte Angebote

Letztlich erscheint diese Preislage aber auch als notwendig, denn die (unter Raster-Rendering) faktisch gleich schnelle GeForce RTX 4070 Super (welche somit unter RayTracing klar vorn liegt) gibt es derzeit ab 630 Euro, ein einzelnes Angebot erreicht sogar schon die Preismarke von 609 Euro. Klar kann die Radeon RX 7900 GRE mit dem Pfund ihres Mehrspeichers wuchern (16 vs 12 GB), aber dennoch sollte die AMD-Karte in diesem Vergleich einen gewissen Preisabstand wahren, um attraktiv zu bleiben. Einen bemerkbaren Käuferansturm zum offiziellen Marktstart der Radeon RX 7900 GRE hat es allerdings nicht gegeben, wobei dies wegen des vorher schon bestehenden Angebots natürlich nicht so richtig wertbar ist. Bei der Mindfactory hat sich eine unwesentliche Menge an Karten speziell am 27. Februar verkauft (ca. 10-20 Stück), die aus den Verkäufen seit letztem Herbst aufgebaute insgesamte Absatzmenge liegt klar höher (grob 320 Stück). Für einen echten Markterfolg muß die Radeon RX 7900 GRE allerdings noch zulegen, gut gehende Grafikkarten verkaufen sich bei der Mindfactory mit 100 Stück aufwärts – pro Woche.

Tom's Hardware und VideoCardz berichten über Aussagen seitens des KI-Chip-StartUps 'GroQ', wonach Käufer von nVidias KI-Beschleunigern unter "sanftem" Druck von nVidia stehen, nicht zur Konkurrenz zu gehen (oder auch nur mit jener gesehen zu werden), weil ansonsten aus den bekannt langen Lieferzeiten seitens nVidia plötzlich noch viel längere werden können. Verschärfend kommt hier hinzu, dass man nVidia augenscheinlich bei KI-Beschleunigern im voraus bezahlen muß – was bei Lieferzeiten von teilweise bis zu einem Jahr auf eine bombastische Marktstellung nVidias hindeutet. Denkbarerweise kann sich nVidia dieses Verhalten zwar weniger gegenüber anderen Großkonzernen leisten, aber kleinere und mittlere Abnehmer sind für diesen Druck sicherlich anfällig.

A lot of people that we meet with say that if Nvidia were to hear that we were meeting, they would disavow it, The problem is you have to pay Nvidia a year in advance, and you may get your hardware in a year, or it may take longer, and it’s "Aw shucks, you’re buying from someone else, and I guess it’s going to take a little longer."
Quelle:  Jonathan Ross, CEO von GroQ gegenüber dem Wall Street Journal, veröffentlicht am 27. Februar 2024

Normalerweise müsste man diese Aussage eines kleinen KI-Chip-Entwicklers unter großen Vorbehalt stellen, schließlich ist jener ein Konkurrent nVidias und bekommt allein über diese Meldung eine enorme Öffentlichkeit für sein Unternehmen. Allerdings wird die Aussage sinngemäß bestätigt durch Ex-AMD- sowie Ex-nVidia-Mitarbeiter Scott Herkelman @ Twitter, welcher dabei sogar noch nachlegt: So soll nVidia auch in anderen Segmenten ähnlich arbeiten, betroffen dabei auch die AIBs, sprich die Grafikkarten-Hersteller für das Consumer-Segment. Natürlich läßt sich diesem kurzen Statement nicht entnehmen, wie stark die Zügel wirklich anliegen – dass solche vorhanden sind, darf man auf Basis dieser Aussage allerdings annehmen. Zudem soll nVidia inzwischen cleverer agieren als zu Zeiten des "GeForce Partner Program" (GPP) und solcherart Dinge nicht mehr schriftlich fixieren.

This happens more than you expect, NVIDIA does this with DC customers, OEMs, AIBs, press, and resellers. They learned from GPP to not put it into writing. They just don't ship after a customer has ordered. They are the GPU cartel and they control all supply.
Quelle:  Ex-AMD- & Ex-nVidia-Mitarbeiter Scott Herkelman @ Twitter am 27. Februar 2024

In der Summe der Dinge ist dies eine unschöne Entwicklung – welche allerdings ihren Ausgangspunkt letztlich in der Marktdominanz nVidias gerade bei KI-Beschleunigern hat. Firmen mit Marktdominanz auf ihrem Gebiet neigen ganz natürlich dazu, ihre Kunden immer mehr an der kurzen Leine zu führen, dafür gibt es unendliche Beispiele. Die einzige dauerhaft funktionierende Auflösung liegt im Aktivieren des Marktes – gibt es ernsthaften Wettbewerb, verschwinden diese Auswüchse von alleine. Wettbewerb bei KI-Beschleunigern kann natürlich niemand herbeizaubern, aber man kann in dieser Frage auf zwei Effekte hoffen: Zum einen eine gewisse Markterschöpfung, nachdem die wichtigen Abnehmer ihre gewünschten KI-Kapazitäten weitgehend aufgebaut haben und dann zuerst die Frage in den Vordergrund rückt, wie sich diese enormen Investitionen nunmehr amortisieren lassen.

Die Frage, wie man (auf breiter Front) mit KI Geld verdient, könnte dann die Nachfrage nach KI-Beschleunigern beachtbar zusammenschrumpfen lassen – womit sich die Hersteller wieder um ihre Kunden prügeln müssen. Und zum anderen besteht immer das Risiko, dass Spezial-Chips den bislang eher aus der allgemeinen GPGPU-Entwicklung abgeleiteten KI-Beschleunigern den Rang ablaufen. Gerade weil derzeit so viel Geld in diese Richtung geworfen wird, dürften sich hiermit enorme Anreize für Entwickler von Spezial-Hardware ergeben. Selbige hat per se immer das Potential, allgemeinen Rechenbeschleunigern die Rücklichter zu zeigen – vergleichbar beispielsweise mit den ASICs zur Bitcoin-Berechnung. Natürlich gibt es keine Gewähr dafür, dass solche Spezial-Hardware dann nicht von nVidia selber kommt. Jene sollte allerdings zumindest den Kostenansatz zur KI-Beschleunigung massiv senken, was Druck aus der Lieferkette nimmt und somit letztlich auch wieder den Markt in einen Käufer-Markt verwandelt.