Launch-Analyse AMD Radeon RX 480 (Seite 3)

Donnerstag, 30. Juni 2016
 / von Leonidas
 

Eine gewisse Überraschung gab es bei den verschiedenen Messungen des Stromverbrauchs der reinen Grafikkarte – welche durchgehend oberhalb des von AMD angegebenen Wertes zur "Typical Board Power" (TBP) von 150 Watt lagen: Im Schnitt der Messungen verbraucht die Radeon RX 480 16 Watt im Idle-Betrieb und 162 Watt im Spiele-Betrieb. Der Idle-Stromverbrauch soll durch einen nachfolgenden Treiber noch auf 11 Watt sinken, der aktuelle Verbrauch ist allerdings auch so schon in Ordnung. Negativer zu bewerten ist der unerwartet hohe Spiele-Stromverbrauch – nachdem AMD im Vorfeld so stark auf der angeblichen Polaris-10-Effizienz herumgeritten ist und man eigentlich davon ausging, das die 150-Watt-Angabe in der Realität eher unterboten und nicht gerade deutlich überboten werden würde.

Vielmehr ist dies ziemlich exakt der reale Spieleverbrauch der GeForce GTX 970 – nur das diese Karte in der vorhergehenden 28nm-Fertigung daherkommt. Die GeForce GTX 1070 aus der 16nm-Fertigung kommt trotz ca. 45% Mehrperformance sogar mit ~145 Watt auf einen klar niedrigeren Spiele-Verbrauch gegenüber der Radeon RX 480. Glücklicherweise reicht es für AMD aus, gegenüber den eigenen früheren 28nm-Karten zu glänzen, welche (in Form des Hawaii-Chips) schnell bei bis zu 300 Watt Spieleverbrauch landen. Außerdem sind 162 Watt Realverbrauch immer noch eine gängige Größe für diesen Performance-Bereich, insofern ist dies nun kein großer Beinbruch. Aber eine Gleichwertigkeit in der Energieeffizienz konnte AMD mit der Radeon RX 480 nicht erreichen, nur eine (sicherlich große) AMD-interne Verbesserung.

HW.fr Heise HT4U PCGH TPU Tom's TweakPC Ø Perf./TDP
Radeon RX 480 8GB 16W
164W
16W
156W
17,1W
165,3W
15W
158,3W
15W
163W
16W
164W
16W
162W
530%
150W
Radeon R9 Nano 14W
185W
11W
186W
14,6W
168,8W
13W
183W
600%
175W
Radeon R9 390X 18W
329W
14,4W
301,5W
13W
344W
14,4W
293,6W
14,9W
233W
15W
303W
570%
275W
Radeon R9 390 11W
231W
15,1W
222W
~15W
~250W
530%
275W
Radeon R9 380X 14W
191W
13,7W
170W
15W
199W
12W
171W
13W
191W
15,9W
172W
14W
188W
390%
190W
Radeon R9 380 16W
180W
14W
193W
12W
184W
14,9W
138W
14W
179W
360%
190W
GeForce GTX 960 10W
117W
?
115W
9,7W
94,5W
8W
108W
11W
90W
10W
109W
340%
120W
GeForce GTX 970 18W
151W
11,2W
160,0W
15W
164W
9W
161W
20W
168W
12W
161W
520%
145W
GeForce GTX 980 12W
155W
?
173W
11,2W
180,0W
11,5W
160W
8W
156W
15W
185W
12W
174W
600%
165W
Der obere Wert einer Zelle ist immer der Idle-Stromverbrauch, der untere Wert einer Zelle immer der Spiele-Stromverbrauch. In der Durchschnitts-Spalte ("Ø") fettgedruckte Werte basieren auf Berechnungen, die nicht fettgedruckte Werte sind Schätzungen. Die letzte Spalte enthält Angaben zum 3DCenter Performance-Index (oben) sowie zur offiziellen TDP (unten).

Leider lauert an dieser Stelle noch ein echtes Ungemach: AMD überzieht mit den 162 Watt Spieleverbrauch und einem Power-Limit von augenscheinlich 170 Watt (der Treiber versucht die Karte auf 162-165 Watt zu regeln, um dieses absolute Limit nicht zu gefährden) erst einmal die PCI-Express-Spezifikation, wenn man der Referenz-Karte nur einen einzelnen 6poligen Stromstecker mitgibt. Denn PCI-Express-Slot und 6poliger PCI-Express-Stromstecker stehen spezifikationsgetreut für jeweils 75 Watt Stromverbrauch – mehr als 150 Watt dürfte die Karte also zu keiner Sekunde verbrauchen, um innerhalb der Spezifikation zu sein. Und eigentlich noch weniger, denn üblicherweise sollte man die Spezifikationen nicht bis zum Ende ausreizen, ganz besonders nicht angesichts eines Features wie einem Power-Limit, welches die Karte immer nahe am maximalen Verbrauch hält.

All dies wäre aber noch zu verschmerzen, denn die PCI-Express-Stromstecker vertragen üblicherweise sehr deutlich mehr als es die Spezifikation vorsieht – und ähnliche Fälle von Spezifikationsübertretung gab es (folgenlos) auch in der Vergangenheit schon. Bei der Radeon RX 480 hat es AMD allerdings extra riskant angestellt: Die Karte geht laut den Messungen von HT4U, PC Games Hardware und Tom's Hardware regelmäßig über die Spezifikation des PCI-Express-Slots von maximal 75 Watt hinaus – bei gelockertem Power-Limit haben HT4U sogar bis zu 113 Watt Stromaufaufnahme nur auf dem PCI-Express-Slot beobachten können! Dies ist dann weitab jeder lockeren Sichtweise auf alle Spezifikationen. Sicherlich schaffen dies gute Retail-Mainboards ohne jede Probleme, aber bei günstigen Mainboards und gerade bei OEM-Platinen sollte man normalerweise niemals mehr als jene 75 Watt auf dem PCI-Express-Slot voraussetzen (besser sogar weniger).

Andererseits ist die Radeon RX 480 durch alle (umfangreichen) AMD-internen Tests anstandslos durchgegangen, scheint das Problem in der Praxis kleiner als in der Theorie zu sein. Der Netzteil-Experte unseres Forums ist auch der Ansicht, das das ganze viel heißer gekocht als gegessen wird – im genauen, das der Spezifikation-Bruch begangen auf Mainboard-Seite sogar technisch sinnvoller ist als begangen auf Seiten des extra PCI-Express-Stromsteckers. Ein deutlicher fader Beigeschmack bleibt hier allerdings trotzdem: AMD hätte der ganzen Problematik sehr einfach mit einem 8poligen Stromstecker oder zwei 6poligen Stromsteckern samt einer höheren Konzentration der Stromversorgung auf diese extra Stromstecker grundsätzlich aus dem Weg gehen können. So hat man sich (nicht zum ersten Mal) völlig unnötig in die Nesseln gesetzt – mit einem Fehler, den man hätte problemlos vorher erkennen und ausmerzen können. Dies müssen nun die Herstellerdesigns übernehmen, welche wie gesagt in ca. zwei Wochen zu erwarten sind.

Damit läßt sich die Übertaktungs-Frage ebenfalls gleich beantworten: Da hierfür ein (deutliches) Anheben des Power-Limits erforderlich und dies der knapp über Kante gebauten Stromversorgung nicht zuträglich ist, sollte man eher besser die Finger von der Übertaktung der Radeon RX 480 im Referenzdesign lassen. Zudem kommt in der Praxis auch nicht wahnwitzig viel heraus, übliche Overclocking-Taktraten bewegen sich bei einem maximalen Boost von 1350 MHz, das sind ein Plus von gerade einmal 6,6%. Der Speicher läßt sich hingegen besser übertakten, oftmals waren hierbei 4400 MHz möglich (+10%). Unter Übertaktung kommt die Karte allerdings oftmals in die Nähe des Temperatur-Limits und drosselt dann nicht aus Gründen des Power-Limits, sondern aus Temperatur-Gründen. Der Performancegewinn durch Übertaktung bewegt sich üblicherweise bei 4-7% Mehrperformance, ist also mehr Show als denn realer Effekt. Auch in dieser Frage sind besser die nachfolgenden Herstellerdesigns abzuwarten, wo mittels besserer Kühllösungen und soliderer Stromversorgung grundsätzlich mehr möglich sein sollte.

Gut gelungen ist die Kühllösung des Referenzdesigns dagegen in der Frage der Geräuschbelastung, auch wenn (wie bei allen heutigen Referenzdesigns) kein lüfterloser Idle-Modus geboten wird. Die Geräuschbelastung unter Last ist zwar nicht flüsterleise, aber dennoch im Rahmen eines Referenzdesigns gutklassig. Die Herstellerdesigns werden auch in dieser Frage wiederum besseres bieten können, aber als solide Standardlösung eignet sich das Referenzdesign zur Radeon RX 480 dann doch.

Idle-Betrieb Spiele-Betrieb Spulenfiepen
Test von ComputerBase
AMD lässt den Radial-Lüfter der Radeon RX 480 unter Windows mit geringen 700 Umdrehungen agieren, was lobenswert ist. Die Grafikkarte erzeugt im Testsystem so 29 Dezibel und ist kaum aus einem geschlossenen Gehäuse auszumachen. Unter Last dreht der Lüfter dann auf 2.000 Umdrehungen pro Minute auf und sorgt für 43 Dezibel. Das ist gut aus einem geschlossenen Gehäuse zu hören, stört aber noch nicht. Für eine Referenzkarte ist dies ein durchaus gutes Ergebnis, das für Partnerkarten aber viel Spielraum für Verbesserungen lässt. Die Lautstärke ist vergleichbar mit denen der GeForce GTX 1080 Founders Edition und der Referenzkühlung der GeForce GTX 980. Nutzer eines Silent-PCs sollten auf die entsprechenden Umsetzungen der Partner warten. Für diejenigen, die keine hohen Ansprüche bezüglich der Lautstärke haben, geht das Referenzdesign in Ordnung. Positiv anzumerken ist zudem, dass das Referenzdesign kaum elektrische Geräusche von sich gibt. Bei Frameraten von bis zu 200 FPS gibt es nur ein leises Zirpen, was aus einem geschlossenen Gehäuse nicht zu hören ist. Bei hohen dreistelligen Frameraten gibt die Radeon RX 480 dann das klassische Spulenfiepen von sich.
Test von GameStar
Im Leerlauf surrt die Radeon RX 480 mit 38,7 dBA kaum hörbar. Für eine Referenzkarte sind das gute, wenn auch keine außergewöhnlichen Werte. Beim Spielen unter Volllast dreht der einzelne Radiallüfter jedoch stark auf und rauscht mit lauten 46,2 Dezibel, was auch bei geschlossenem Gehäuse deutlich hörbar bleibt.
Test von Golem
Im Betrieb läuft der Lüfter der Grafikkarte ständig, ein Abschalten im Leerlauf ist nicht vorgesehen. Allerdings rotiert der Propeller derart leise und ohne das früher typische Surren, dass er im offenen Testbau bei Nacht quasi nicht hörbar ist. Unter Last ändert sich das, für eine Mittelklassekarte bleibt der Lüfter aber angenehm ruhig. Im direkten Vergleich mit der Geforce GTX 1070 fällt die subjektive Lautheit in etwa gleich aus, die Geforce GTX 1080 rauscht hingegen nervig.
Test von Hardwareluxx
Mit einer Idle-Lautstärke von 39,2 dB(A) findet sich die Radeon RX 480 in guter Gesellschaft mit der GeForce GTX 1070 Founders Edition oder der Radeon R9 Nano. Weder fällt das neue Polaris-Modell daher besonders negativ, aber auch nicht besonders positiv auf. Etwas besser ist das Bild bei der Last-Laustärke, die mit 41,2 dB(A) im oberen Bereich des Testfeldes zu finden ist. Damit kämpft die Radeon RX 480 mit den Custom-Kühlungen der Radeon R9 370 und 380, die schon sehr leise sind.
Test von HT4U
Im Idle-Zustand liegt der Lüfter mit seinem Betriebsgeräusch von unter 14 dBA im flüsterleisen Bereich. Verbaut in einem leisen Gehäuse, sollte dieses Betriebsgeräusch überhaupt nicht mehr zu identifizieren sein. Anders verhält es sich unter regulärer Spielelast, welche grundsätzlich mit ca. 2.200 Umdrehungen pro Minute eine Geräuschkulisse von 32 dB(A) erzeugen. Das ist nicht leise, das ist nicht laut, ist aber als dauerhaftes Rauschen in jedem Fall aus einem leisen PC-Gehäuse wahrzunehmen.
Test von PC Games Hardware
Im Leerlauf erzeugt der Kühler ein leises, aber "kerniges" Brummen, das einer Lautheit von 0,3 Sone (19 % PWM) entspricht – aus einem geschlossenen Gehäuse ist das nur schwer herauszuhören. Unter Last gesetzt, erwärmt sich die anfangs circa 35 °C kühle GPU auf bis zu 84 °C und die automatische Lüftersteuerung läuft mit maximal 58 Prozent Leistung (rund 2.250 U/min). Die Lautheit beträgt in diesem Zustand 3,3 Sone. Spulenfiepen weist unser Muster der Radeon RX 480 übrigens erst ab hohen drei- oder gar vierstelligen Bildraten auf, sofern eine passende 3D-Last anliegt. Das Störgeräusch lässt sich auf fast allen leistungsfähigen Grafikkarten provozieren – und im Falle der RX 480 liegt dessen Niveau auf dem anderer Referenzkarten von AMD und Nvidia.
Test von Tom's Hardware
Im Idle sind die gemessenen 31,0 dB(A) ein recht guter Wert, der nur knapp über dem Geräuschpegel eines üblichen Wohnraums liegt. Allerdings ist der Klangcharakter des Radiallüfters bei niedrigen Drehzahlen eher knurrig und das Spektrum enthält auch dominante tieferfrequente Bereiche. Die Radeon RX 480, die in der Leistungsaufnahme sogar merklich über der GeForce GTX 970 Founders Edition liegt, ist unterm Strich nicht lauter, obwohl der Kühler deutlich simpler gestrickt ist und die Karte auch optisch kein Abräumer ist.
Test von TweakPC
Die Radeon RX 480 kann man im normalen Desktop Betrieb als sehr leise bezeichnen. Der Lüfter dreht hier mit einer geringen Geschwindigkeit und generiert neben dem typischen leichten Luftpfeifen des Radiallüfters nur ein leises Brummen des Motors. Mit 24,43 dBA ist die Karte aus einem geschlossenen PC heraus eher nicht zu hören. Um die Karte auf die maximale Temperatur zu bekommen benutzen wir Furmark und lassen diesen so lange laufen, bis die Temperatur der Karte nicht mehr steigt. Auch hierbei kann die Radeon RX 480 eigentlich ein recht gutes Resultat abliefern. für einen 2230 UPM schnellen Radiallüfter sind 41,12 dBA kein schlechter Wert. Ein kurzer Gegentest zum Furmark mit Crysis 3 in einer anspruchsvollen Szene zeigt etwas niedrigere Temperaturen, aber bei 2200 UPM nahezu den gleichen Laustärkelevel (40,68 dBA) und ein ähnliches Geräuschverhalten. Im Härtetest auf Spulenfiepen erzwingen wir auf der Karte eine extrem hohe FPS-Rate bei gleichzeitiger mäßiger Belastung. Es ist dabei fast unmöglich der Karte deutlich hörbare Geräusche zu entlocken.