Launch-Analyse AMD Ryzen 3000XT

Montag, 13. Juli 2020
 / von Leonidas
 

Mit dem "Matisse-Refresh" in Form der XT-Modelle der Ryzen 3000 Prozessoren hat AMD am 7. Juli 2020 exakt ein Jahr nach dem Zen-2-Launch ein gewisses Update des Zen-2-Portfolios eingeläutet – selbigem Update werden sich noch im weiteren Verlauf des Monats Juli dann auch die Renoir-basierten Ryzen 4000G Prozessoren anschließen. Den "Ryzen 3000XT" Prozessoren des Matisse-Refreshs kommt dabei die Rolle der neuen Spitzenmodelle ins AMDs Angebot an Desktop-Prozessoren mit 6, 8 und 12 CPU-Kernen zu, hierfür werden kleinere Silizium-Verbesserungen ins Feld geführt, welche dann zu leicht besseren Praxis-Taktraten führen. Weil es sich damit letztlich nur um ein minimales Update der bestehenden Prozessoren handelt, sind sicherlich keine großen Ausarbeitungen zur Anwendungs-Performance notwendig. Somit wurde für diese Launch-Analyse die Chance genutzt, die Spiele-Performance über ein größeres Feld an Prozessoren (von 3100 bis 3900XT, von 7700K bis 10900K) zu betrachten, um zu dieser oftmals nur stückchenweise getesteten Disziplin einmal einen passabel vollständigen Performance-Überblick zu erbringen.

Grundlage des Matisse-Refreshs ist weiterhin das bekannte Zen-2-Design unter derselben 7nm-Fertigung von TSMC, wobei AMD nach eigener Aussage für den Matisse-Refresh diverse Fertigungsverbesserungen sowie ein optimiertes Transistoren-Design angesetzt hat. In der Praxis kommen aber auch die XT-Modelle im bekannten B0-Stepping der bisherigen Matisse-Prozessoren daher, liegt die Klasse der "Verbesserungen" ergo noch unterhalb eines eigenen Steppings bzw. benutzen alle Matisse-Prozessoren wohl nach wie vor dasselbe Silizium. Möglicherweise liegt hierbei einfach nur eine der üblichen kleineren Verbesserungen im Laufe einer längeren Zeitspanne der ganz regulären Matisse-Serienfertigung vor – und AMD verkauft nun schlicht die taktstärksten Modelle als Matisse-Refresh. Dies passt in jedem Fall zu den eher defensiven Hardware-Spezifikationen, welche allein einen Gewinn an maximaler Boosttaktrate von +100 MHz bei Ryzen 5 3600XT und Ryzen 9 3900XT sowie von +200 MHz beim Ryzen 7 3800XT vorsehen. Die anderen Hardware-Spezifikationen sind absolut identisch, zu beachten wäre allerdings, dass den beiden größeren XT-Modellen in der boxed-Ausführung nunmehr der beigelegte Kühler fehlt – im Gegensatz zu den gleichnamigen X-Modellen.

Modell Taktraten boxed-Kühler Listenpreis Straßenpreis
Ryzen 9 3900XRyzen 9 3900XT 3.8/4.6 GHz → 3.8/4.7 GHz Wraith Prism LED → ohne Kühler 499$ → 499$ ab 409€ab 515€
Ryzen 7 3800XRyzen 7 3800XT 3.9/4.5 GHz → 3.9/4.7 GHz Wraith Prism LED → ohne Kühler 399$ → 399$ ab 309€ab 409€
Ryzen 5 3600XRyzen 5 3600XT 3.8/4.4 GHz → 3.8/4.5 GHz Wraith Spire → Wraith Spire 249$ → 249$ ab 189€ab 245€

Nominell kommen die XT-Modelle zum Listenpreis der X-Modelle daher, in der Praxis offenbart sich an dieser Stelle allerdings der größte Unterschied zwischen Matisse-Original und Matisse-Refresh: Die X-Modelle sind zu deutlich niedrigeren Straßenpreisen erhältlich, selbige liegen bei -20% bis -23% gegenüber den aktuellen Straßenpreise der XT-Modelle. Damit tritt der Matisse-Refresh ironischerweise mit demselben Malus an, welchen auch Intels Comet-Lake-Prozessoren mit sich herumschleppen: Zum Listenpreis durchaus konkurrenzfähig, aber zu aktuellen Straßenpreis weit hinter dem Matisse-Original zurückliegend. An dieser Stelle haben sich leider einige Testberichte (insbesondere im englischsprachigen Raum) von den Listenpreisen blenden lassen und gegenüber ihren Lesern die Mär in die Welt gesetzt, der Matisse-Refresh würde eine "kostenlose Mehrperformance" bieten.

Kerne Takt unl. verl. L2+L3 Speicher TDP/PPT Liste Straße Release
Ryzen 9 3950X 16C/32T 3.5/4.7 GHz 8+64 MB 2Ch. DDR4/3200 105/142W 749$ ab 735€ 25. Nov. 2019
Ryzen 9 3900XT 12C/24T 3.8/4.7 GHz 6+64 MB 2Ch. DDR4/3200 105/142W 499$ ab 515€ 7. Juli 2020
Ryzen 9 3900X 12C/24T 3.8/4.6 GHz 6+64 MB 2Ch. DDR4/3200 105/142W 499$ ab 409€ 7. Juli 2019
Ryzen 7 3800XT 8C/16T 3.9/4.7 GHz 4+32 MB 2Ch. DDR4/3200 105/142W 399$ ab 394€ 7. Juli 2020
Ryzen 7 3800X 8C/16T 3.9/4.5 GHz 4+32 MB 2Ch. DDR4/3200 105/142W 399$ ab 309€ 7. Juli 2019
Ryzen 7 3700X 8C/16T 3.6/4.4 GHz 4+32 MB 2Ch. DDR4/3200 65/88W 329$ ab 285€ 7. Juli 2019
Ryzen 7 4700G 8C/16T 3.6/4.4 GHz ? ? 4+8 MB 2Ch. DDR4/? 65/?W ? ? 21. Juli 2020
Ryzen 5 3600XT 6C/12T 3.8/4.5 GHz 3+32 MB 2Ch. DDR4/3200 95/128W 249$ ab 245€ 7. Juli 2020
Ryzen 5 3600X 6C/12T 3.8/4.4 GHz 3+32 MB 2Ch. DDR4/3200 95/128W 249$ ab 189€ 7. Juli 2019
Ryzen 5 4400G 6C/12T 3.7/4.3 GHz ? ? 3+8 MB 2Ch. DDR4/? 65/?W ? ? 21. Juli 2020
Ryzen 5 3600 6C/12T 3.6/4.2 GHz 3+32 MB 2Ch. DDR4/3200 65/88W 199$ ab 164€ 7. Juli 2019
Ryzen 3 3300X 4C/8T 3.8/4.3 GHz 2+16 MB 2Ch. DDR4/3200 65/88W 129$ ab 132€ 21. Mai 2020
Ryzen 3 4200G 4C/8T 3.8/4.1 GHz ? ? 2+4 MB 2Ch. DDR4/? 65/?W ? ? 21. Juli 2020
Ryzen 3 3100 4C/8T 3.6/3.9 GHz 2+16 MB 2Ch. DDR4/3200 65/88W 109$ ab 105€ 21. Mai 2020
Alle Matisse & Renoir-basierten Desktop-Prozessoren kommen im Sockel "AM4" daher und bedingen somit Mainboards aus AMDs 400er & 500er Chipsatz-Serien.

Dass es mit einer Mehrperformance auf Basis dieser technischen Ansetzung sowieso nicht weit her sein kann, ist auch AMD bewußt – womit man wohltuenderweise vorab nicht zu sehr auf die Pauke gehauen hat und zum Matisse-Refresh nur eine Steigerung der Singlethread-Performance von bis zu +4% versprochen hat. Eine Prognose zur Multithread-Performance hat man sich gleich ganz verkniffen – was dann auch besser war, denn in diesem Feld bewegt sich nur marginal etwas. Gemäß der Launchreviews mit eigenem Benchmark-Index (eine eigene Performance-Analyse lohnt für diesen Fall sicherlich nicht) kann man grob von +1% Mehrperformance zwischen X- und XT-Modellen ausgehen – möglicherweise speziell bei Ryzen 9 3900 X/XT auch nur ein halber Prozentpunkt. Die reguläre Performance-Steigerung des Matisse-Refreshs verschwindet somit schon nahezu in der Meßungenauigkeit bzw. erfordert ein sehr solides Meßprozedere, um die Differenzen überhaupt herausarbeiten zu können.

Anwendungs-Performance 3600X vs. 3600XT 3800X vs. 3800XT 3900X vs. 3900XT
ComputerBase  (9 Tests) +1% +1% ±0
Le Comptoir du Hardware  (16 Tests) +1,3% +1,0% +0,3%
TechPowerUp  (32 Tests) +2,4% - +1,0%

Interessant ist hierzu der von der ComputerBase herausgefundene Punkt, wonach die 2019er Benchmark-Ergebnisse des Matisse-Originals gut um einen Prozentpunkt unterhalb von derzeit neu aufgenommenen Benchmark-Ergebnissen liegen – dies ist dann der Lohn der Optimierungs-Arbeit auf die Zen-2-Architektur unter Windows und diverser Anwendungs-Software über die Zeit. Ebenfalls von der ComputerBase stammt eine kurze Kontrolle der AMD-Prognose zur Steigerung der Singlethread-Performance – welche als "erfüllt" bestätigt werden konnte, der Ryzen 7 3800XT legt tatsächlich eine um +4% bessere Singlethread-Performance gegenüber dem Ryzen 7 3800X hin. Damit ergibt sich auch eine Erklärung, wieso bei den (vorstehend zu sehenden) Anwendungs-Benchmarks von TechPowerUp etwas höhere Performance-Steigerungen für den Matisse-Refresh herauskommen als bei anderen Hardwaretestern: Der Testparcour von TechPowerUp enthält sowohl einzelne Singlethread-Anwendungen, daneben aber vor allem eine Vielzahl an Office-Benchmarks, welche oftmals nur auf Spitzen-Taktrate reagieren.

Singlecore-Performance 3600X vs. 3600XT 3800X vs. 3800XT 3900X vs. 3900XT
Aufschlag beim maximalen Boosttakt +100 MHz +200 MHz +100 MHz
ComputerBase  (3 Tests) +2% +4% +3%

Möglicherweise spannender als die Anwendungs-Benchmarks sind somit die Spiele-Benchmarks zum Matisse-Refresh. Hierbei könnten AMDs Optimierungen, welche sich auf eher geringeren Lasten sowie bei der Spitzen-Taktrate zeigen, eventuell besser anschlagen. Vor allem aber ergibt sich mit diesem Launch die Gelegenheit, mal einen richtig breiten Überblick zur Spiele-Performance verschiedenster Prozessoren-Modelle zu geben – während ansonsten beim Launch neuer Prozessoren-Generationen schließlich oftmals nur die jeweiligen Spitzen-Modelle betrachtet bzw. getestet werden. Hilfreich hierfür sind auch die vorangegangenen Launches von AMDs Ryzen 3 3100/3300X und Intels Comet Lake, von welchen einige Benchmarks direkt übernommen werden konnten. Zwar gab es leider nicht all zu viele Quellen an Spiele-Benchmarks unter 1%-Minimum-Frameraten (99th percentile oder auch "Frametimes"-Messungen genannt) und auch die Anzahl der ausgeführten Einzeltests ist zumeist ausbaufähig, dafür konnten dann aber Spieleperformance-Messungen von immerhin 20 Prozessoren zusammengeführt werden, darunter das nahezu komplette Portfolio der aktuellen AMD- und Intel-Prozessoren für den (regulären) Desktop-Bereich.

Weitere vorliegende Benchmarks waren dann leider nicht verwendbar: Bei Gamers Nexus liefen die XT-Modelle fast durchgehend unterhalb des Performance-Niveaus der X-Modelle und teilweise auch unterhalb des Niveaus der non-X-Modelle, während bei Eurogamer in (zu häufigen) Einzelfällen krass springende Werte in den Benchmarks auftraten (beispielsweise ein Ryzen 7 2700X um -27 fps aka -40% unterhalb eines Ryzen 5 2600 bei ansonsten eher schmalen Differenzen). Normalerweise sollten Benchmarks zu logisch nachvollziehbaren Gesamtwerten führen – und nicht bei genauem Studium der Einzelwerte das Gefühl hinterlassen, dass man mit würfeln womöglich ganz ähnlich Resultate erhalten hätte. Einzelne Benchmark-Ausreißer gibt es zwar immer mal wieder, aber wenn ständig unplausible Werte herauskommen und dann auch noch die Endabrechnung sichtbar beeinflußen, sollte man sich als Hardwaretester eher auf die Suche nach dem Fehler in der Testmethodik machen, als denn solcherart "Meß"-Werte zu veröffentlichen.

Nachfolgende Aufstellung zur Spiele-Performance ist in zwei Tabellen unterteilt, erstere zeigt das Achtkern-Portfolio (und besser), die zweite (untere) Tabelle dann das Vierkern- und Sechskern-Portfolio. Die Basis mit 100% ist in allen Fälle immer der Ryzen 9 3900XT, auch wenn selbiger aus Platzgründen in der zweiten Tabelle nicht mit notiert wurde. Die Tabellen enthalten teilweise Werte aus kürzlichen Reviews von Golem, KitGuru, TechSpot und Tom's Hardware, sofern dort eine Benchmark-Kontinuität (gleiche Benchmarks & gleiche Resultate) existiert. Zugunsten der Index-Erstellung wurden die bestehenden Lücken zudem weitgehend mit in Relation übernommenen Werten aus früheren Reviews gefüllt, da die meisten der notierten Prozessoren schließlich irgendwann schon einmal getestet wurden (selbige Werte wurden in Kleinschrift & Klammern notiert). Die restlichen fehlenden Werte wurden dann wie üblich aus den vorhandenen Werten (unter Beachtung der Performance-Charakteristik des jeweiligen Hardwaretests) interpoliert. Perfektion ist damit nicht erreichbar – aber es ist die einzige Möglichkeit, um die verschiedenen Launchreviews unter einen Hut zu bringen bzw. einen derart breiten Vergleich der Spiele-Performance aufzubieten.

Gaming (99th percentile) 2700X 3700X 3800X 3800XT 3900X 3900XT 9700K(F) 9900K(F) 10700K(F) 10900K(F)
Hardware 8C Zen+ 8C Zen2 8C Zen2 8C Zen2 12C Zen2 12C Zen2 8C CFL-R 8C CFL-R 8C CML 10C CML
ComputerBase  (6 Tests) (~85%) - 94,4% 98,1% 96,6% 100% - 102,3% - (~110%)
Golem  (3 Tests) (~78%) 92,9% 94,6% 98,4% 97,2% 100% (~100%) 104,7% - 110,5%
KitGuru  (3 Tests) - 98,4% 99,1% 99,9% 99,9% 100% - (~106%) 113,0% 114,7%
PC Games Hardware  (6 Tests) (~74%) (~90%) 95,7% 97,3% 98,0% 100% (~99%) (~98%) - 111,4%
SweClockers  (5 Tests) 83,4% 97,5% 99,6% 101,0% 101,0% 100% 111,0% 108,3% - 114,8%
TechSpot  (6 Tests) 92,4% 97,8% 98,3% 99,3% 99,4% 100% 104,8% 107,2% 109,2% 111,1%
Tom's Hardware  (8 Tests) (~86%) - 101,8% 102,5% 101,5% 100% 103,7% 102,2% 108,3% 114,1%
gemittelte Gaming-Performance 83,6% 95,0% 97,4% 99,3% 98,9% 100% 103,6% 104,1% 109,1% 112,3%
Listenpreis 329$ 329$ 399$ 399$ 499$ 499$ 349$ 463$ 349$ 472$
Straßenpreis 181€ 285€ 309€ 394€ 409€ 515€ 350€ 447€ 364€ 486€
üblicherweise FullHD-Auflösung (1080p), bei ComputerBase, Golem & PCGH jedoch nur 720p; üblicherweise 99th percentile; Benchmark-Werte fast durchgehend von non-F-Modellen; Werte in kleiner Schrift sowie in Klammern wurden interpoliert aus früheren Reviews derselben Webseite; Performance-Durchschnitt leicht gewichtet zugunsten jener Artikel mit stärkerer Benchmark-Skalierung und größerer Benchmark-Anzahl; Listenpreise: AMD boxed, Intel F-Modelle tray; Straßenpreise: jeweils günstigstes Angebot; gesamte ausgewertete Benchmark-Anzahl: ca. 510 (beide Tabellen zusammen)
Gaming (99th percentile) 3100 3300X 3600 3600X 3600XT 7700K 8700K 9600K(F) 10400(F) 10600K(F)
Hardware 4C Zen2 4C Zen2 6C Zen2 6C Zen2 6C Zen2 4C KBL 6C CFL 6C CFL-R 6C CML 6C CML
ComputerBase  (6 Tests) (~82%) (~90%) 88,0% 89,2% 94,1% (~81%) (~90%) - 89,4% (~95%)
Golem  (3 Tests) 74,0% 89,0% - 87,5% 93,7% 72,6% - 84,1% 81,6% 89,8%
KitGuru  (3 Tests) 64,8% 76,6% - 88,2% - 87,7% - - - (~106%)
PC Games Hardware  (6 Tests) 69,7% 83,4% 88,4% - 91,2% (~78%) (~92%) - - (~92%)
SweClockers  (5 Tests) 75,7% 87,1% 87,6% 90,5% 91,4% 86,5% 98,1% 97,5% - 103,2%
TechSpot  (6 Tests) 74,8% 90,2% 94,6% 95,9% 96,8% 88,7% 100,2% 89,5% 99,8% 103,8%
Tom's Hardware  (8 Tests) 79,8% 97,3% 96,8% 96,8% 99,9% 85,4% (~92%) (~96%) - 103,6%
gemittelte Gaming-Performance 73,3% 86,1% 87,9% 89,6% 92,2% 81,6% 92,7% 89,0% 91,1% 96,9%
Listenpreis 99$ 120$ 199$ 249$ 249$ 339$ 359$ 237$ 157$ 237$
Straßenpreis 105€ 132€ 164€ 189€ 245€ EOL 377€ 184€ 161€ 239€
Ryzen 9 3900XT = 100%; üblicherweise FullHD-Auflösung (1080p), bei ComputerBase, Golem & PCGH jedoch nur 720p; üblicherweise 99th percentile; Benchmark-Werte fast durchgehend von non-F-Modellen; Werte in kleiner Schrift sowie in Klammern wurden interpoliert aus früheren Reviews derselben Webseite; Performance-Durchschnitt leicht gewichtet zugunsten jener Artikel mit stärkerer Benchmark-Skalierung und größerer Benchmark-Anzahl; Listenpreise: AMD boxed, Intel F-Modelle tray; Straßenpreise: jeweils günstigstes Angebot; gesamte ausgewertete Benchmark-Anzahl: ca. 510 (beide Tabellen zusammen)

Und in der Tat schlägt der Matisse-Refresh bei der Spiele-Performance etwas stärker an als bei der Anwendungs-Performance: Im Schnitt der vorstehend angeführten Benchmarks sind es +2,9% zwischen Ryzen 5 3600X und 3600XT, +2,0% zwischen Ryzen 7 3800X und 3800XT sowie +1,1% zwischen Ryzen 9 3900X und 3900XT. Sehr deutlich auffallend ist dabei, dass der Effekt des Matisse-Refreshs mit steigender Kern-Anzahl kontinuierlich geringer wird. Wahrscheinlich rührt dies daher, dass bei den X-Modellen noch etwas klarere Taktraten-Differenzen zugunsten der Prozessoren mit höherer Kern-Anzahl vorliegen, nunmehr bei den XT-Modellen aufgrund der Fertigungsverbesserungen überall fast derselbe Praxis-Takt erreicht wird – und somit relativ gesehen die Prozessoren mit geringerer Kern-Anzahl am meisten an Taktrate (und somit Performance) gewinnen. Wirklich bedeutsam ist dieser Performance-Sprung allerdings auch nicht: Wenn man den Matisse-Refresh mit zwischen 1-3% Mehrperformance unter Spielen beschreibt, ist dies als grobe Maßgabe sicherlich nicht falsch.

An der grundsätzlichen Performance-Charateristik von Zen 2 unter Spielen ändert diese geringe Mehrperformance durch den Matisse-Refresh dann natürlich nichts. Vielmehr bleibt es ausdrücklich dabei, dass die Zen-2-basierten Desktop-Prozessoren im Feld der Spiele-Performance vergleichsweise eng zusammenliegen: Zwischen kleinstem Sechskerner und dem AMD-Topmodell gibt es gerade einmal +14% mehr Spiele-Performance (Ryzen 5 3600 vs. Ryzen 9 3900XT), bei Intel sind es zwischen kleinstem Sechskerner und dem Intel-Topmodell immerhin +23% (Core i5-10400 vs. Core i9-10900K). Auffallend ist generell, dass die Spiele-Performance der getesteten Prozessoren kaum für wirklich große Differenzen gut ist: Der Ryzen 3 3300X steht schon für 86,5% des Performance-Niveaus des Ryzen 9 3900XT unter Spielen. Die allermeisten aktuellen AMD- und Intel-Prozessoren bewegen sich dann innerhalb dieses Rahmens, wirklich beachtbar darüber hinaus kommen allein Core i7-10700K und Core i9-10900K.

Die folgende grafische Darstellung, normiert auf den Core i7-7700K auf 100%, zeigt es dann nochmals deutlicher: Zumindest die aktuellen AMD-Prozessoren ab dem Ryzen 3 3300X liegen unter Spielen auf einem Performance-Feld, welches sich nicht gegenüber Intel verstecken muß – zwar nirgendwo Spitzenplätze erringt, aber auch nicht generell gegenüber Intel zurückliegt. Im eigentlichen ziehen immer nur die wirklichen Intel-Spitzenmodelle an AMD vorbei, sprich die Acht- und Zehnkerner mit K-Suffix. Schon bei Intels non-K-Modellen dürfte die Spiele-Performance aufgrund der deutlich kleineren TDP dann jedoch beachtbar niedriger und damit auf Augenhöhe mit AMDs Angeboten ausfallen. AMD reißt damit nach wie vor bei der Spiele-Performance keine Bäume aus, liegt aber nur gegenüber den teuersten Intel-Prozessoren um regelmäßig sehr maßvolle Differenzen zurück – nichts, weswegen jetzt irgendein Spiel mit AMD-Prozessoren auch nur beachtbar schlechter als mit Intel-Prozessoren laufen würde. PS: Der Index-Wert zum Core i3-10100 konnte nur grob anhand einer einzelnen aktuellen Meßreihe der PCGH zuzüglich einer weiteren kürzlichen Meßreihe vom TechSpot gebildet werden.

Erreicht wurde dies primär über die Zen-2-Architektur, denn wie zu sehen überrundet selbst der Vierkerner Ryzen 3 3300X schon das Spitzenmodell von "Zen+" in Form des Achtkerners Ryzen 7 2700X. Wenn man davon ausgehend an die erste Zen-Generation zurückdenkt, dann hat AMD augenscheinlich einiges an der Gaming-Performance über die bisherigen Zen-Generationen getan – ausgehend von der sogenannten "Spiele-Schwäche" mit der ersten Zen-Generation hin zu einem partiellen Gleichstand bei der Zen-2-Generation. Selbst ehemals führende Spiele-Prozessoren wie den Core i7-7700K läßt AMD inzwischen mit eigenen Vierkernern, d.h. ohne mehr CPU-Kerne, bereits hinter sich – dies wäre mit den vorherigen Zen-Generationen niemals möglich gewesen. Allenfalls eine bessere Skalierung nach oben hin bei den Spitzen-Modellen fehlt AMD noch, dazu reicht dann die maximale Taktrate nicht aus.

Zurückkommend auf den Matisse-Refresh wäre noch zu erwähnen, dass selbiger erstaunlicherweise beachtbar mehr Energie verschlingt – besonders bemerkbar bei den beiden kleineren Modellen, aber auch beim Ryzen 9 3900XT nachweisbar. Die kleineren Modelle Ryzen 5 3600XT und Ryzen 7 3800XT nutzen dabei die Reserven des durchaus großzügigen PPT-Spielraums (128 bzw. 142 Watt) aus, während der Ryzen 9 3900XT teilweise anhand seines PPT (ebenfalls 142 Watt) limitiert wird – ein weiterer Grund, wieso bei diesem Prozessor die geringste Mehrperformance aller drei neuen Modelle entsteht. Einhergehend mit der höheren Leistungsaufnahme ist dann eine höhere Chip-Temperatur sowie lauter drehende Lüfter. AMD hat also die erzielten Fertigungsverbesserungen ausschließlich für die aufgezeigte (minimale) Mehrperformance ausgenutzt, zuungunsten jener anderen Disziplinen.

Alle diese technischen Punkte müssen dann allerdings gegenüber dem Preisnachteil des Matisse-Refreshs zurückstehen – jener ist einfach zu dominierend, wird dafür nirgendwo auf technischer Seite ein (auch nur annähernd) äquivalenter Mehrwert geboten. Große Hoffnungen auf eine schnelle Änderung der Preissituation sollte man sich zudem nicht machen: Wenn AMD einen günstigeren Straßenpreis gewollt hätte, wäre man durchaus in der Lage gewesen, dies vom Launch weg zu realisieren. Die Straßenpreise des Matisse-Refreshs werden sicherlich mit der Zeit langsam absinken, aber das Matisse-Original hat für seine grob ein Fünftel niedrigeren Straßenpreise auch ein ganzes Jahr gebraucht. Damit ist eine gute Chance darauf zu sehen, dass der Matisse-Refresh preislich erst dann konkurrenzfähig wird, wenn AMD längst neue Desktop-Prozessoren der Zen-3-Klasse im Markt stehen hat.

Da allerdings das bisherige Zen-2-Portfolio (non-X- und X-Modelle) durch AMD weitergeführt wird, stört der Matisse-Refresh zumindest nicht: Wer ein wenig Geld verschwenden will, kann zugunsten des allerbesten verfügbaren Produkts durchaus zum Matisse-Refresh greifen – und alle anderen, welche auf ein vernünftiges Preis/Leistungs-Verhältnis setzen, stehen die Prozessoren-Modelle des Matisse-Originals auch weiterhin zur Verfügung. Irgendwelche Beliebtheitspunkte gewinnt AMD mit dem Matisse-Refresh sicherlich nicht, aber da das ganze ein rein optionales Angebot darstellt, hält sich die Grundlage für ein Ärgernis in engen Grenzen. Schlechter wird AMDs Prozessoren-Portfolio durch den Matisse-Refresh in jedem Fall nicht – wenngleich auch nicht (erwähnenswert) besser.