Launch-Analyse AMD Ryzen Threadripper (Seite 3)

Dienstag, 15. August 2017
 / von Leonidas
 

Die zur Verfügung stehenden Benchmark-Resultate zur Spiele-Performance sind nicht nur weit weniger zahlreich (unter 720p Average nur ~140 Einzel-Messungen, unter 1080p 1%-Minimum nur ~220 Einzel-Messungen), sondern zudem auch stark geprägt von (zu) kurzen Benchmarkfeldern mit demzufolge weit weniger belastbaren Ergebnissen. Im eigentlichen hat nur das Launchreview der ComputerBase halbwegs jene Menge an Einzeltests zu bieten, welche diese Resultate für eine weitere Verwendung qualifizieren können (bei anderen Launchreviews mit hoher Anzahl an Einzeltests fehlen entweder die passenden Vergleichs-CPUs oder aber die 720p- bzw. 1%-Minimum-Werte). Natürlich läßt sich mit etwas Herumrechnerei trotzdem ein halbwegs sinniger Performance-Durchschnitt auch für den Spiele-Bereich erstellen.

Spiele (720p Avg) 7700K 7800X 1800X 7820X 1920X 7900X 1950X
Technik Kaby Lake, 4C +HT, 4.2/4.5 GHz Skylake-X, 6C +HT, 3.5/4.0 GHz Zen, 8C +SMT, 3.6/4.0 GHz +XFR Skylake-X, 8C +HT, 3.6/4.3 GHz +TB3.0 Zen, 12C +SMT, 3.5/4.0 GHz +XFR Skylake-X, 10C +HT, 3.3/4.3 GHz +TB3.0 Zen, 16C +SMT, 3.4/4.0 GHz +XFR
ComputerBase  (8 Tests) 112% 101% 100% - 96% 113% 98%
Golem  (3 Tests) 107,8% 106,6% 100% 122,3% 93,9% 128,2% 99,8%
PC Games Hardware  (4 Tests) - - 100% 124,7% 103,7% 129,5% 106,9%
TweakTown  (4 Tests) 130,1% - 100% 130,7% 98,2% 127,9% 102,7%
SweClockers  (5 Tests) 122,8% - 100% - 95,5% 117,6% 94,3%
Spiele-Performance (720p Avg) ~116% ~109% 100% 117% 97% 120% 99%
Listenpreis 339$ 383$ 499$ 589$ 799$ 989$ 999$
fehlende Werte anhand vorhandener Werte interpoliert; Durchschnittsbildung (deutlich) gewichtet zugunsten jener Artikel mit höherer Benchmark-Anzahl; blau = Core i7-7740K
Spiele (1080p 1% Min) 7700K 7800X 1800X 7820X 1920X 7900X 1950X
Technik Kaby Lake, 4C +HT, 4.2/4.5 GHz Skylake-X, 6C +HT, 3.5/4.0 GHz Zen, 8C +SMT, 3.6/4.0 GHz +XFR Skylake-X, 8C +HT, 3.6/4.3 GHz +TB3.0 Zen, 12C +SMT, 3.5/4.0 GHz +XFR Skylake-X, 10C +HT, 3.3/4.3 GHz +TB3.0 Zen, 16C +SMT, 3.4/4.0 GHz +XFR
ComputerBase  (8 Tests) 104% 101% 100% - 98% 109% 100%
Golem  (3 Tests) 101,6% 101,9% 100% 105,9% 93,8% 109,7% 99,2%
Hardwareluxx  (5 Tests) 119,2% 115,8% 100% 118,6% - 116,6% 101,7%
Ars Technica  (5 Tests) 122,8% - 100% - 105,8% 114,4% 105,4%
TechSpot  (5 Tests) - 93,7% 100% 102,2% 94,2% 106,1% 96,8%
Nordic Hardware  (3 Tests) 105,5% - 100% - 86,3% 81,2% 91,6%
Hardware.info  (5 Tests) 119,6% 116,8% 100% 119,7% 98,6% 118,0% 101,1%
Tweakers  (3 Tests) 115,3% - 100% - 113,7% 117,5% 115,8%
Spiele-Perform. (1080p 1% Min) 111% 108% 100% 111% 99% 111% 101%
Listenpreis 339$ 383$ 499$ 589$ 799$ 989$ 999$
fehlende Werte anhand vorhandener Werte interpoliert; Durchschnittsbildung (deutlich) gewichtet zugunsten jener Artikel mit höherer Benchmark-Anzahl; blau = Core i7-7740K

Je nachdem welcher Meßmethodik zur Spiele-Performance man mehr Vertrauen schenkt, ergeben sich dabei jedoch nicht unerhebliche Differenzen: Die Benchmarks unter 1280x720 sehen eher stärkere Intel-Vorteile in Richtung von bis zu +20% gegenüber AMD, wobei Threadripper 1920X & 1950X hier jeweils sogar minimal unterhalb des Ryzen 7 1800X herauskommen. Die Messungen des 1%-Minimums unter FullHD sehen generell geringere Differenzen in Höhe von üblicherweise +11% zugunsten von Intel, hierbei liegen Threadripper 1920X und 1950X zudem wenigstens auf Augenhöhe mit dem Ryzen 7 1800X. Völlig belastbar sind diese Zahlen aufgrund der wenigen in den einzelnen Launchreviews hierfür angesetzten Einzeltests mitnichten, aber eine ungefähre Richtung vorgeben können diese dennoch.

Jene ungefähre Richtung sieht die beiden Threadripper-Prozessoren bei der Spiele-Performance bestenfalls auf Augenhöhe mit dem Ryzen 7 1800X – die höheren Turbo- und XFR-Taktraten der Threadripper-Modelle schlagen hier also nicht an, dies gleicht gerade einmal die (kleinen) prinzipiellen Nachteile des Threadripper-Aufbaus im Spieleeinsatz aus. Mittels des NUMA-Modus' könnte sich Threadripper rein benchmarktechnisch noch vor den Ryzen 7 1800X plazieren, dies allerdings nur mit geringstmöglichen Abständen, sprich nicht merk- und beachtbar. Mit diesem Ergebnis übernimmt Threadripper dann auch die gewisse "Spiele-Schwäche" der bisherigen Ryzen-Prozessoren – denn zumindest vom reinen Zahlenmaterial her ist klar ersichtlich, das die Intel-Prozessoren durchgehend die bessere Spiele-Performance liefern.

Für den realen Spieleeinsatz ist dies allerdings kein Beinbruch, denn die Grundperformance aller getesteten Prozessoren ist ausreichend hoch, auf das diese meßtechnischen Differenzen nirgendwo real spürbar sein werden. Unter Spielen ist der Prozessor nun einmal nur Zulieferer zur Grafikkarten-Performance, ergibt die CPU-Performance unter Spielen also nicht direkt mehr fps im Praxiseinsatz. An dieser Stelle liegt ein sehr entscheidender Punkt bei der Betrachtung der CPU-Performance unter Spielen: Wenn in Anwendungs-Benchmarks 10% Differenz ausgemessen werden, dann wird die Kodierung des Videos in der Praxis auch wirklich 10% langsamer/schneller ablaufen. Wenn dagegen unter Spiele-Benchmarks eine 10%ige Differenz bei der CPU-Leistung herauskommt, dann wird dies die letztlichen Frameraten eher denn in einem Maßstab von nur 2-3% beeinflußen.

Wichtiger ist hier eher, das ein ausreichendes Maß an grundsätzlicher CPU-Performance zur Verfügung steht – erreicht durch grundsätzlich leistungsfähige Prozessoren (wie AMD jene mittels Ryzen und Threadripper sicherlich bietet). Sobald dieses ausreichende Maß an CPU-Performance vorhanden ist, wird dann auch mit einer noch höheren CPU-Performance in der Anwender-Praxis nichts mehr wirklich schneller – dies könnte allenfalls bei zukünftigen Spielen oder nach einer Umrüstung auf ein leistungsfähigeres Grafikkarten-Modell (mit höherem Anspruch an die CPU-Leistung) passieren. Andererseits könnten gerade zukünftige Spiele-Titel dann auch vermehrt Nutzen aus den vielen CPU-Kernen von Threadripper ziehen – was da genau in der Zukunft passiert, ist keinesfalls bereits sicher vorhersehbar.

In der Summe bedeutet dies aus unserer (subjektiven) Sicht, das man Threadripper (genauso wie Ryzen 5/7) ganz problemlos auch mit als Spiele-Prozessor verwenden kann, ganz egal einer nominell nicht ganz das Niveau von Intel erreichenden Spiele-Performance. Wer natürlich rein nur auf Spiele schaut (und für wen somit die Anwendungs-Performance herzlich egal ist), der bekommt hier nicht wirklich etwas sinnvolles geboten – man muß sicherlich nicht so hohe CPU-Preise löhnen, nur um dann am Ende meßtechnisch langsamer als ein Core i7-7700K herauszukommen. Unter selbigem Problem leiden allerdings auch die HEDT-Prozessoren von Intel, welche bestenfalls die Spiele-Performance eines Core i7-7700K minimal überbieten – auch dort lohnt sich der viel höhere Anschaffungspreis der HEDT-Modelle nicht für den reinrassigen Spiele-Einsatz. Unter Spielen nicht beachtbar mehr Performance bieten zu können als schnöde Intel-Vierkerner, ist damit aber auch kein Fehler von Threadripper, sondern (derzeit) schlicht ein Grundmerkmal aller HEDT-Prozessoren von AMD und Intel.

Durch Übertaktung holt man dann Ryzen-typisch nicht mehr viel aus Threadripper heraus: Trotz, das es sich um die besten Dies aus der Chipfertigung handelt, gibt es die gleiche typische "Taktmauer" bei um die 4.1 GHz – was bedeutet, das die meisten Threadripper-Prozessoren schon gut bedient sind, wenn überhaupt ein Overclocking-Takt von 4.0 GHz auf allen CPU-Kernen erreicht wird. In den meisten Launchreviews wurden 3.9 bis 4.1 GHz Overclocking-Takt erreicht (ziemlich exakt so wie bei Ryzen 7), trotz das hier bereits überall eine AiO-Wasserkühlung (per default von AMD gestellt) zum Einsatz kam. Die Performancegewinne durch Übertaktung sind dann entsprechend mager und eigentlich der Rede bzw. den Aufwand nicht wert. Für Übertakter werden die non-X-Modelle wohl interessanter ausfallen, bei denen wird man wenigstens relativ gesehen etwas herausholen können (absolut gesehen aber natürlich keine höheren Taktraten als bei den X-Modellen).

Overclocking 1920X OC 1950X OC
KitGuru Anwendungs-Performance  (6 Tests) +4,7% @ 4.0 GHz +7,6% @ 3.95 GHz
TechSpot Anwendungs-Performance  (4 Tests) +9,8% @ 4.0 GHz +10,8% @ 4.0 GHz
Benchmark.pl Anwendungs-Performance  (7 Tests) +4,7% @ 3.9 GHz +6,5% @ 3.9 GHz
PCLab Anwendungs-Performance  (18 Tests) +6,8% @ 4.0 GHz +7,9% @ 4.0 GHz
Nordic Hardware Anwendungs-Performance  (4 Tests) +7,5% @ 4.0 GHz +8,7% @ 4.0 GHz

Selbige AiO-Wasserkühlung ist auch mindestens notwendig, um Threadripper schon allein im default-Zustand im Zaum zu halten. Die erreichten CPU-Temperaturen sind zwar gut für eine 180-Watt-CPU (und dank Verlötung sowie AiO-Kühlung auch deutlich niedriger als bei Intels Core X), bei den Verbrauchswerten schlägt AMD jedoch sehr exakt an der 180-Watt-Vorgabe an. Die diesbezüglichen Meßwerte von Tom's Hardware (der reinen CPU) deuten diesbezüglich stark darauf hin, das die aktuellen X399-Mainboards die Threadripper-Prozessoren ohne Übertaktung auf exakt diese 180-Watt-Vorgabe hin limitieren – eine schwächere Kühlung würde demzufolge niedrigere Turbo-Taktraten oder gar eine regelrechte Taktratendrosselung nach sich ziehen können. Im Übertaktungsbetrieb fällt diese TDP-Limitierung des Mainboards, dann kann sich Threadripper bei extremen Belastungen gern auch über 300 Watt genehmigen – wie schon vom Core i9-7900X her bekannt.

Die Summe der Dinge zeigt ein recht gutes Bild für AMDs Ryzen Threadripper: Der große Pluspunkt liegt in der hohen Anwendungs-Performance, zudem wird mit den vielen CPU-Kernen auch mehr als reichlich Zukunftstauglichkeit geboten – der Markenname "Threadripper" ist hierbei in der Tat Programm. Die Spiele-Performance liegt nominell leicht hinter Intel zurück, aber auf einem ausreichend hohem Niveau, das dies in der Praxis nirgendwo spürbar sein dürfte – und auch hier hat Threadripper mittels der vielen CPU-Kerne die größere Zukunftstauglichkeit, kann vielleicht sogar mit zukünftigen Spielen eine bessere Spiele-Performance aufzeigen als derzeit dargelegt.

Allenfalls könnte man die hohen angesetzten Threadripper-Preise etwas anmängeln, welche nicht gänzlich zur Mehrperformance gegenüber dem Ryzen 7 1800X passen. Allerdings liegt AMD in dieser Disziplin im Vergleich mit aktuellen Intel-Angeboten und ganz besonders früheren Intel-Angeboten immer noch recht gut: Bei Intel bezahlt man noch mehr für letzten paar Prozente Anwendungs-Performance – früher sogar noch viel drastischer als heute, wo Intel (endlich) wieder einen ernsthaften Wettbewerber hat. Grob 50% Mehrperformance für grob 100% Mehrpreis (eine natürlich nur rein plakative Milchmädchenrechnung) ergibt im Enthusiasten-Segment sogar noch eine relativ gute Quote, da gab es (insbesondere in der Vergangenheit) viel schlimmere Preis/Leistungs-Verhältnisse.

Wirklich geschlagen ist Intel damit natürlich noch nicht: Der Core i9-7900X mag bei der Anwendungs-Performance um -8,2% hinter dem gleichpreisigen Ryzen Threadripper 1950X zurückhängen, kann demgegenüber aber immer noch seine um +9% bessere Spiele-Performance aufbieten (selbst wenn dieser HEDT-Prozessor als reine Spiele-CPU reichlich verschwendet aussieht). Zudem gibt es bei Intel wenigstens noch eine gewisse Overclocking-Reserve – zapft man diese an, kommt der Core i9-7900X auch bei der reinen Anwendungs-Performance halbwegs gleichwertig zum Ryzen Threadripper 1950X heraus. Eine wirklich markante Differenz zwischen beiden 1000-Dollar-CPUs ist also kaum zu sehen.

Diesen Job kann viel eher der Ryzen Threadripper 1920X übernehmen, dessen Anwendungs-Performance nur um -4,6% gegenüber dem Core i9-7900X zurückliegt, welcher aber gleich einmal 200 Dollar/Euro weniger kostet. Dabei hat man dann aber trotzdem eine echte Vielkern-CPU in der Hand – und muß nicht (wie beispielsweise mittels des Core i7-7820X) auf "nur" acht CPU-Kerne zurückgehen. Vermutlich dürfte der Ryzen Threadripper 1920X die sinnvollste Wahl für diejenigen CPU-Käufer sein, welche grundsätzlich gesehen derart viel Geld für eine CPU in die Hand nehmen wollen – und natürlich auch echten Bedarf an so viel Anwendungs-Performance haben, denn nur dann lohnt sich das ganze überhaupt erst.

Am Ende liegt der eigentlichen Clou des Threadripper-Launches sogar außerhalb des reinen HEDT-Segments – denn mittels Threadripper hat Intel endlich einmal wieder echte Konkurrenz an der absoluten Leistungsspitze bekommen. Dies zwingt Intel dazu, auch mal wieder das zu bieten, was man eigentlich bieten könnte, aber mangels Konkurrenz bislang nur scheibchenweise in den Markt gebracht hat. In aller Regel ergibt dies dann auch klar verbesserte Angebote in preisliche niedriger angesiedelten Marktsegmenten, der neu entfachte Zweikampf im HEDT-Segment heizt dann den Wettstreit der Prozessorenhersteller ganz generell weiter an – zur Freude der Konsumenten, die auch in anderen Marktsegmenten mehr CPU fürs Geld bereits bekommen und zukünftig wohl noch mehr bekommen werden.