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Eine erste Prognose zu "Sea Islands" aka AMDs Radeon HD 8000 Serie

Nachdem sich die Chip-Codenamen von AMDs 28nm Refresh-Generation (wahrscheinlich Radeon HD 8000 Serie) offenbart haben, kann man durchaus schon einmal eine gewisse Prognose wagen, was von dieser Grafikchip-Serie ungefähr zu erwarten ist. Schließlich wird AMD bei "Sea Islands" die grundsätzliche GCN-Architektur beibehalten und sind zudem durch die gleiche 28nm-Fertigung gewisse, enge Grenzen bei der Steigerung der Anzahl der Hardware-Einheiten gesetzt. Andererseits darf man durchaus auf eine kraftvolle Refresh-Generation hoffen, nachdem die derzeit angebotene erste 28nm-Generation doch nicht unerheblich durch die Anlaufschwierigkeiten der 28nm-Fertigung gebremst wurde und daher nur ca. 40 Prozent Mehrperformance gegenüber der letzten 40nm-Generation biete. Gegenüber dem eigentlichen Ziel bei jeder neuen Fertigungsstufe von 80 bis 100 Prozent Mehrperformance ist da noch einiges an Spielraum – welchen AMD und nVidia mit ihren 28nm-Refreshlösungen hoffentlich nutzen wollen.

Limitierendes Element jeder Performance-Erhöhung ist natürlich die Die-Fläche des herauskommenden Grafikchips, welche nicht größer sein darf als wie man den Wertrahmen der damit erstellten Grafikkarten einschätzt. Zudem hat jeder Grafikchip-Entwickler eine gewisse Philosophie, was die Die-Größen der Grafikchips für jedes Marktsegment angeht – bei AMD gilt, daß man generell versucht die etwas kleineren Grafikchips zu erstellen und vor allem daß man nun schon seit Jahren keinen HighEnd-Chip mit 400mm² Die-Fläche (oder mehr) aufgelegt hat. Ohne neue Fertigungstechnologie wird es dabei natürlich nicht einfach, großartige Steigerungen der Anzahl der Hardware-Einheiten zu erreichen – ein probates Mittel hierzu ist allerdings eine höhere Transistoren-Packdichte bzw. auch die Reduktion von schlichten Massetransistoren bei zunehmender Erfahrung mit dem Fertigungsverfahren. Zwischen den (beiderseits in 40nm hergestellten) Radeon HD 5000 und 6000 Serien konnten so (bei den Performance- und HighEnd-Chips) 5 bis 6 Prozent mehr Transistoren in die gleiche Die-Fläche gequetscht werden.

Dies bringt einzeln nicht viel, aber zusammen mit kleineren internen Verbesserungen, welche sich erst im Laufe der Erfahrungen mit der ersten 28nm-Generation ergeben haben und zusammen mit einer maßvollen Steigerung der Anzahl der Hardware-Einheiten sind da durchaus gutklassige Performancegewinne bei gleichzeitig nur eher geringfügigen Vergrößerung der Die-Fläche drin. Bei der Die-Fläche hat AMD zwar gewisse Limits bezüglich des HighEnd-Chips – von dem anzunehmen ist, daß dieser auch in der Sea-Islands-Generation eine Die-Fläche von 400mm² nicht grundlegend überbietet – bei den kleineren Grafikchips sind allerdings noch deutliche Reserven vorhanden, hier waren frühere AMD-Grafikchips im Mainstream- und Performance-Bereich auch schon einmal größer als die Mainstream- und Performance-Chips der aktuellen Southern-Islands-Generation. Ausgehend von diesen Eckpunkten könnte die (frühestens) zum Jahreswechsel 2012/2013 antretende Sea-Islands-Generation also folgendermaßen aussehen (im Vergleich dazu die aktuelle Southern-Islands-Generation sowie die beiden vorhergehenden 40nm-Generationen):

Evergreen
(Radeon HD 5000)
Northern Islands
(Radeon HD 6000)
Southern Islands
(Radeon HD 7000)
Sea Islands
(Radeon HD 8000)
HighEnd RV870/Cypress
2,154 Mrd. Tr. auf 334mm² in 40nm
1 Raster-Engine (mit verdoppeltem Raster-Setup), 1600 VLIW5 SE, 80 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 5870 @ 210% Performance-Index bei 158W Spieleverbrauch
RV970/Cayman
2,64 Mrd. Mill Tr. auf 389mm² in 40nm
2 Raster-Engines, 1536 VLIW4 SE, 96 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 6970 @ 240% Performance-Index bei 205W Spieleverbrauch
R1000/Tahiti
4,3 Mrd. Tr. auf 365mm² in 28nm
2 Raster-Engines, 2048 (1D) SE, 128 TMUs, 32 ROPs, 384 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 7970 @ 340% Performance-Index bei 211W Spieleverbrauch
Venus
Prognose:
~5,1 Mrd. Tr. auf ~410mm² in 28nm
2 Raster-Engines (mit verdoppeltem Raster-Setup) oder 3-4 Raster-Engines, ~2560 (1D) SE, ~160 TMUs, 32 oder 48 ROPs, 384 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 8970 mit ~30-40% Performanceplus
Performance RV840/Juniper
1,04 Mrd. Tr. auf 166mm² in 40nm
1 Raster-Engine, 800 VLIW5 SE, 40 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 5770 @ 110% Performance-Index bei 87W Spieleverbrauch
RV940/Barts
1,7 Mrd. Tr. auf 255mm² in 40nm
1 Raster-Engine (mit verdoppeltem Raster-Setup), 1120 VLIW5 SE, 56 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 6870 @ 190% Performance-Index bei 137W Spieleverbrauch
Pitcairn
2,8 Mrd. Tr. auf 212mm² in 28nm
2 Raster-Engines, 1280 (1D) SE, 80 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 7870 @ 260% Performance-Index bei 127W Spieleverbrauch
Oland
Prognose:
~3,2 Mrd. Tr. auf ~230mm² in 28nm
2 Raster-Engines, ~1536 (1D) SE, ~96 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 8870 mit ~20% Performanceplus
Mainstream RV830/Redwood
0,627 Mrd. Tr. auf 104mm² in 40nm
1 Raster-Engine, 400 VLIW5 SE, 20 TMUs, 8 ROPs, 128 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 5670 GDDR5 @ 70% Performance-Index bei 51W Spieleverbrauch
RV930/Turks
0,72 Mrd. Tr. auf 118mm² in 40nm
1 Raster-Engine, 480 VLIW5 SE, 24 TMUs, 8 ROPs, 128 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 6670 GDDR5 @ 80% Performance-Index bei 53W Spieleverbrauch
Cape Verde
1,5 Mrd. Tr. auf 123mm² in 28nm
1 Raster-Engine, 640 (1D) SE, 32 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 7770 @ 145% Performance-Index bei 74W Spieleverbrauch
Mars
Prognose No.1:
~1,7 Mrd. Tr. auf ~135mm² in 28nm
1 Raster-Engine, 768 (1D) SE, 40 TMUs, 16 ROPs, 128 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 8770 @ mit ~15% Performanceplus
Prognose No.2:
~2,0 Mrd. Tr. auf ~160mm² in 28nm
1 Raster-Engine, 896 (1D) SE, 48 TMUs, 16 ROPs, 192 Bit SI
Top-Lösung: Radeon HD 8770 @ mit ~35% Performanceplus

Im HighEnd-Bereich dürfte AMD mit dem Venus-Chip noch die größten Änderung an der Architektur abgesehen von der Steigerung der Anzahl der Shader-Einheiten anbringen – zum einen, weil der HighEnd-Chip natürlich auch für professionelle Zwecke gedacht ist und daher GPGPU-Funktionen tragen muß, zum anderen, weil sich das beim R1000/Tahiti-Chip benutzte FrontEnd von zwei Raster-Engines als klar zu schwach und den Chip in seiner 3D-Performance limitierend erwiesen hat. Hierbei bietet sich augenscheinlich der Weg zu drei oder vier Raster-Engines an (drei würden besser zur Performance passen, vier lassen sich mit besser mit 2560 Shader-Einheiten kombinieren) – es gibt aber noch eine dritte Möglichkeit: Wie bei früheren AMD-Chips schon gesehen eine einfache Verdopplung des Raster-Setups. Dies ist sozusagen der kleine Weg hin zu einem leistungsfähigerem FrontEnd, da dies die Methode mit der geringsten Steigerung der Transistoren-Anzahl und damit der Zunahme der Die-Fläche ist.

Aber auch so dürfte es AMD bei diesem HighEnd-Chip nicht mehr schaffen, unterhalb der eigentlich immer angepeilten Die-Fläche von 400mm² zu bleiben – Schuld daran dürfte aber weniger die Anzahl der reinen Recheneinheiten, sondern eher der GPGPU-Ballast sein, welcher schon den R1000/Tahiti vergleichsweise angesichts dessen 28nm-Fertigung "fett" gemacht hat. Bei der von uns prognostizierten Verbesserung des FrontEnds samt Steigerung der Anzahl der Shader-Einheiten von 2048 auf 2560 Stück dürfte ungefähr ein Chip mit ~5 Milliarden Transistoren auf ~410mm² Chip-Fläche herauskommen, dessen schnellste Produkte durchaus 30 bis 40 Prozent vor der Radeon HD 7970 liegen können. Und dieses Performanceplus muß AMD sicherlich bieten, denn nVidias Anfang 2013 antretender HighEnd-Chip GK110 wird derzeit auf 35 bis 45 Prozent Performanceplus geschätzt – und zwar gegenüber der etwas schnelleren GeForce GTX 680, also mit den leicht besseren Vorzeichen für nVidia. Eine (wesentlich) höhere Steigerung der Anzahl der Shader-Einheiten halten wir dagegen beim Venus-Chip für eher unwahrscheinlich, damit würde man viel deutlicher über die Schallmauer von 400mm² Die-Fläche kommen, was wie gesagt nicht der (derzeitigen) Intention von AMD entspricht.

Im Performance-Bereich vermuten wir dagegen beim Oland-Chip eine eher maßvolle Steigerung der Anzahl der Recheneinheiten und ansonsten keine größeren Impulse. AMD wird hier sicherlich darauf achten, daß man nicht wie bei der aktuellen Radeon HD 7000 Serie so derart nah an den HighEnd-Chip herankommt, ergo muß ein Performance-Plus von ~20 Prozent hier ausreichen. Bei diesem Chip muß AMD zudem schon aufpassen, daß die Chip-Fläche nicht zu groß wird, denn perspektivisch wird diese Performance-Generation noch lange bis in die ab 2014 zu erwartende Zeit der 20nm-Grafikchips verkauft werden (ähnlich wie derzeit bei der Radeon HD 6800 Serie zu beobachten) und muß daher kostentechnisch auf entsprechend niedrige Preislagen vorbereitet sein. Große Sprünge bei der Die-Fläche (indirekt auch verbunden mit höherer Leistungsaufnahme und damit einem aufwendigeren Board-Design) oder gar ein breiteres Speicherinterface sind da kaum drin.

Im Mainstream-Bereich sind dagegen zwei Prognosen möglich: Eine kleine Variante mit dem gleichen Prinzip wie beim Performance-Chip: Maßvolle Steigerung der Anzahl der Recheneinheiten für ein Performanceplus von in diesem Fall nur ~15 Prozent. Hier spielt dann auch mit hinein, daß bei weiteren Steigerungen der Anzahl der Recheneinheiten oder/und der Taktraten im Mainstream-Bereich das dort bisher seitens AMD angesetzte 128 Bit DDR Speicherinterface limitieren wird. Deswegen ist auch eine zweite Variante denkbar, bei welcher die Anzahl der Recheneinheiten wesentlich deutlicher gesteigert, demzufolge dann aber auch das Speicherinterface auf 192 Bit DDR verbreitet wird. In diesem Fall würde dann die Performance-Prognose auf ~35% Prozent Performanceplus gegenüber der aktuellen Mainstream-Generation von AMD lauten – was sogar den Zweitnutzen hätte, daß innerhalb der Sea-Islands-Generation nicht mehr so eine heftige Lücke zwischen Mainstream- und Performance-Bereich klaffen würde.

Außerdem würde ein größerer Mainstream-Grafikchip unter Sea Islands es ermöglichen, den Mainstream-Grafikchip von Southern Islands als noch kleinere Mainstream-Lösung nahe des LowCost-Bereichs weiterzuverwenden. Radeon HD 7750 & 7770 sind schließlich eigentlich eher für das untere Mainstream-Segment zu Preisen von 50 bis 70 Euro prädestiniert und werden diese Rolle nach Auslaufen der letzten Reste der Radeon HD 5000/6000 Serien auch sicherlich einnehmen. Ein Mainstream-Refresh mit einem klar kräftigeren Ansatz würde diese Idee begünstigen, könnten sich diese Karten dann auf den derzeitigen Preisbereich von Radeon HD 7750 & 7770 legen und wäre überall der passende Preis- und Performance-Abstand gewahrt. Vorstehende Angaben zu "Sea Islands" müssen natürlich keineswegs so eintreffen – letztlich sind dies alles nur wohlfeile Prognosen noch ohne jeden Wissenansatz, rein basierend auf ein paar vermuteten und ein paar halb offensichtlichen Rahmenparametern. Wieviel hiervon letztlich zugetroffen hat, wird man ab dem Jahreswechsel 2012/2013 sehen, zu welchem die Sea-Islands-Generation von AMD erwartet wird.