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Fertigungsverfahren-Roadmap 2015-2021: Die großen Auftragsfertiger schließen (nominell) zu Intel auf

Mit einigen Meldungen der letzten Zeit wird das Bild zur kommenden bzw. teilweise schon erreichten 14/16nm-Fertigung sowie zur darauffolgenden 10nm-Fertigung nunmehr klarer: Bei den Intel-Kontrahenten GlobalFoundries, Samsung und TSMC läuft deren 14/16nm-Fertigung derzeit schon vom Band – was bei den beiden erstgenannten schon zu lieferbaren Produkten geführt hat (Samsung Exynos 7420 im Galaxy S6), TSMC wird im Herbst nachfolgen (Apple A9 im iPhone 6S). In allen diesen Fällen handelt es sich jedoch um SoC-Designs – Intels 14nm-Fertigung stößt hingegen schon große CPUs aus (Broadwell & Skylake), ist also zumindest technologisch weiterhin klar voraus. In diesem Feld werden GlobalFoundries und TSMC wohl erst im zweiten Quartal 2016 nachfolgen, wenn die ersten Grafikchips von AMD und nVidia in der 14/16nm-Fertigung zu erwarten sind (AMD Arctic Islands & nVidia Pascal).

Unter der 10nm-Fertigung wird sich dann dasselbe Spiel fortsetzen: Bei allen Fertiger sind derzeit kaufbare Produkte in der 10nm-Fertigung grob zur Jahresmitte 2017 zu erwarten – nur daß Intel zu diesem Zeitpunkt dann auch schon wieder Hochleistungs-CPUs in dieser Fertigung anbieten kann (Cannonlake) und die Auftragsfertiger dagegen nur SoC-Designs. Hier zwischen 9-12 Monaten draufgelegt für die Weitereintwicklung des 10nm-Fertigungsverfahren zugunsten von großen CPUs & GPUs, dürften GlobalFoundries, Samsung und TSMC dann kaum vor Anfang 2018 bereit sein, um selbige großen CPUs & GPUs in der 10nm-Fertigung anzubieten. Ob Samsung überhaupt in diesem Feld mitmischen wird, ist zwar noch unklar, aber das Angebot besteht erst einmal – eventuell ist ja nVidia interessiert, sofern TSMC schwächeln oder zu spät dabei sein sollte.

GlobalFoundries Intel Samsung TSMC
45nm Januar 2009 (Phenom II) Januar 2008 (Core 2 Penryn) Juni 2010 (Exynos 3110) -
40nm - - - April 2009 (AMD RV740)
32nm Juni 2011 (Llano) Januar 2010 (Nehalem Clarkdale) August 2012 (Exynos 4412) -
28nm Januar 2014 (Kaveri) - April 2013 (Exynos 5410) Dezember 2011 (AMD Tahiti)
22nm - April 2012 (Ivy Bridge) - -
20nm vmtl. Mitte 2015 (Xbox One) - September 2014 (Exynos 5430) September 2014 (Apple A8)
14/16nm April 2015 (Exynos 7420)
Q2/2016 (Pirate Islands)
September 2014 (Broadwell)
Packdichte: -49% zu 22nm
April 2015 (Exynos 7420)
Packdichte: -50% zu 28nm, Taktraten: +50% zu 28nm, Stromverbrauch: -70% zu 28nm
Herbst 2015 (Apple A9)
Q2/2016 (nVidia GP100)
Packdichte: -50% zu 28nm, Taktraten: +40% zu 20nm, +65% zu 28nm, Stromverbrauch: -60% zu 20nm, -70% zu 28nm (bezogen alles auf 16FF+)
10nm geschätzt Mitte 2017 Q2/2017 (Cannonlake) geschätzt Mitte 2017
Riskfertigung: Q2/2016, Massenfertigung: Ende 2016
geschätzt Mitte/Ende 2017
Riskfertigung: Ende 2016, Massenfertigung: Anfang 2017, Packdichte: -55% zu 16FF+, Taktraten: +15% zu 16FF+, Stromverbrauch: -35% zu 16FF+
7nm geschätzt 2019 geschätzt 2019 geschätzt 2019 geschätzt 2019
Riskfertigung: Anfang 2017
5nm geschätzt 2021 geschätzt 2021 geschätzt 2021 geschätzt 2021
3D-Transistoren ab der 14nm-Fertigung (2015) ab der 22nm-Fertigung (2012) ab der 14nm-Fertigung (2015) ab der 16nm-Fertigung (2015)
EUV-Lithographie ? nicht vor der 5nm-Fertigung ? nicht vor der 5nm-Fertigung
450mm-Wafer ? Richtung 2023 ? ?
Die terminlichen Eintragungen beziehen sich ausschließlich auf kaufbare Produkte!  Die Namen insbesondere der neueren Fertigungsverfahren werden inzwischen weitgehend aus Marketing-Erwägungen festgelegt und haben nicht wirklich etwas mit der real verwendeten Strukturgröße zu tun.

Für die nachfolgenden 7nm- und 5nm-Fertigungen ist zu diesem Zeitpunkt erst einmal noch der übliche 2-Jahresabstand anzunehmen. Intel hat zwar für sich selber kürzlich "Moore's Law" auf eher 2½ Jahre ausgedehnt, allerdings sind die Roadmaps der Auftragsfertiger deutlich aggressiver angelegt. Natürlich können sich hier noch Verschiebungen ergeben, jene sind in der Halbleiterfertigung schließlich gang und gäbe. Abweichend davon hat Samsung jedoch in letzter Zeit seine Pläne sehr termingetreu durchgezogen und ist damit auf dem besten Weg, Intel ziemlich nahe zu kommen. Im Samsung-Kielwasser folgt derzeit GlobalFoundries mit, welche zumindest die 14nm-Fertigung von Samsung eingekauft haben (und auch erstaunlich schnell adaptieren konnten), vermutlich aber auch alle zukünftigen Fertigungsverfahren gemeinsam mit Samsung gehen werden. Damit ist natürlich TSMC herausgefordert, seine Stellung als größter Auftragsfertiger zu verteidigen – und nimmt diesen Kampf augenscheinlich an, auch TSMC will gerade die 10nm-Fertigung mit einem kürzeren Abstand als 2 Jahre zur 16nm-Fertigung herausbringen.

In der Summe der Dinge könnten sich so die drei Auftragsfertiger näher an Platzhirsch Intel heranrobben, sofern Intel sich etwas mehr Zeit läßt und die drei Auftragsfertiger das Tempo eher erhöhen. Allerdings zeichnet sich auch ab, daß die drei Auftragsfertiger jenes hohe Tempo auch ein wenig unter anderen technischen Voraussetzungen erreichen: Es werden hierbei oftmals Komponenten der vorhergehenden Designs unverändert weiterbenutzt – womit die Unterschiede zur vorhergehenden Fertigung geringer ausfallen, als es maximal möglich wäre. Gerade unter der 10nm-Fertigung, welche erstmals alle vier großen Fertiger zugleich auflegen, könnte es zur Situation kommen, daß die Fertigungsverfahren der drei Auftragsfertiger GlobalFoundries, Samsung und TSMC in etwa gleich leistungsfähig sind, Intel aber trotz des nominell gleichen Namens die wesentlich besseren und fortschrittlicheren Transistoren auflegt.

Nachtrag vom 21. September 2015

Im Interview mit der EETimes macht der GlobalFoundries-CEO klar, wie es bei Auftragsfertiger GlobalFoundries nach der 14nm-Fertigung weitergeht, welche wie bekannt von Samsung lizenziert wurde: Die Fertigungsverfahren nach der 10nm-Fertigung werden bei GlobalFoundries wieder unabhängig von Samsung entwickelt, basierend auf der kürzlichen Übernahme der Halbleitersparte von IBM – was dann auch bedeutet, daß die Zeitpläne sich dann natürlich abweichend von dem entwickeln können, was Samsung vorgibt. Zugleich gab GlobalFoundries bekannt, daß man sowohl die 10nm- als auch die 7nm-Fertigung noch ohne Nutzung der EUV-Belichtungstechnik plant – und danach erst einmal auf einen teilweisen EUV-Einsatz setzt. Grob gesehen ordnet sich dies im übrigen unter dem ein, was bereits bei Intel und TSMC zu diesem Thema bekannt ist: Die EUV-Lithographie kommt auch bei diesen Chipfertigern nicht vor der 5nm-Fertigung.

Nachtrag vom 22. September 2015

Die EETimes bringt dann interessante Aussagen zu eben jener 10nm-Fertigung von TSMC: Mittels jener will TSMC wieder zeitlich vorn liegen, nachdem bei der 14/16nm-Generation unerwarteterweise Samsung deutlich früher dran war, von Intel ganz zu schweigen. Ob man sich allerdings wirklich mit Intel beim Zeitplan anlegen kann, wäre noch etwas zu bezweifeln: Auch wenn TSMC die 10nm-Fertigung bereits für das Jahr 2017 auf die Roadmap gesetzt hat, so handelt es sich hierbei um die interne Roadmap – welche absolut gar nichts mit dann auch real kaufbaren Produkten zu tun haben muß. Intel hingegen wird die 10nm-Fertigung zwar auf das Jahr 2018 verschieben, wird dann jedoch auch (vermutlich Ende zweiten Quartals) mit der Cannonlake-Architektur kaufbare Produkte anbieten. Gegenüber früheren Angaben gab es zudem leicht veränderte Kennwerte zu TSMCs 10nm-Fertigung: Die erreichbaren Taktraten gegenüber TSMCs 16FF+ Fertigung sollen um 18% anstatt 15% höher liegen, alternativ kann der Stromverbrauch um 40% anstatt 35% geringer ausfallen.

Dafür liegt die Packdichte dann aber nicht mehr um 55% niedriger, sondern nur noch um 52% niedriger – letzterer Wert jedoch bezogen auf TSMCs 20nm-Fertigung, welche gegenüber die 16FF+ Fertigung allerdings die gleiche Packdichte haben soll. Zudem gab es erste Kennwerte zur darauffolgenen 7nm-Fertigung von TSMC: Gegenüber der 10nm-Fertigung von TSMC sollen hierbei eine um 40-45% geringere Packdichte sowie 10-15% mehr Takt oder alternativ 25-30% weniger Stromverbrauch erreicht werden können. Die eher geringen Vorteile bei der Reduzierung des Stromverbrauchs dürften es bei Enthusiasten-Grafikchips schwer machen, die stark reduzierte Packdichte auch wirklich auszunutzen – alternativ muß deren Stromverbrauch dann ansteigen, wenn man jene Richtung 600mm² Chipfläche drückt. Andererseits liegt die 7nm-Fertigungsgeneration noch einigermaßen entfernt (Riskfertigung ab Q1/2017, kaufbare Produkte aus der Massenfertigung sicherlich erst 2019), da kann sich noch einiges ändern – und es gibt derzeit für die 7nm-Generation noch nicht einmal (öffentlich bekannte) Architektur-Codenamen von AMD und nVidia.