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Hardware- und Nachrichten-Links des 24. Januar 2020

In einem viel beachteten Interview mit PCGamesN bestätigt AMDs Mithun Chandrasekhar eine kommende "Big Navi" Grafikkarte – wie im übrigen zuvor schon CEO Lisa Su. Zwar wird bei PCGamesN der Terminus "Big Navi" nicht verwendet, allerdings fällt eine Navi-basierte Grafikkarte für die UltraHD-Auflösung definitiv genau darunter. Dabei will AMD mit dieser 4K-Grafikkarte einen regelrecht marktveränderten Effekt beim 4K-Gaming erzielen – ähnlich wie es die Ryzen-Prozessoren im CPU-Markt erreicht haben. Natürlich gibt es an dieser Stelle keinerlei belastbaren Performance-Angaben, aber mit dieser Aussage verspricht AMD doch schon so einiges – gerade wenn man es in den Vergleich zum (bekannten) Markteffekt der eigenen Ryzen-Prozessoren stellt. Dabei ist eigentlich weniger von einem solch marktverändernden Effekt mit den Navi 2X-basierten Grafikkarten auszugehen – angesichts dessen, das AMD mit der 7nm-Fertigung gerade einmal nVidias 12nm-Produkten Paroli bieten kann und von nVidia nun bekannterweise eine eigene 7nm-Generation ("Ampere") für dieses Jahr in Vorbereitung ist. Im GPU-Bereich hatte nVidia eben nie (wie Intel im CPU-Bereich) die Flanke sperrangelweit offen, womit AMD dann mit einem zudem überlegenen Fertigungsverfahren hineinstoßen konnte.

Similar to Ryzen, all of us need a thriving Radeon GPU ecosystem. So, are we going after 4K, and going to similarly disrupt 4K? Absolutely, you can count on that.
Quelle:  Mithun Chandrasekhar (AMDs "Radeon Product Management Lead") gegenüber PCGamesN vom 24. Januar 2020

Doch im GPU-Bereich muß sich AMD vielmehr der Realität stellen, das man die im Jahr 2019 die bessere Fertigungstechnologie brauchte, um nVidias nach wie vor vorhandenen Effizienz-Vorteil einfach nur auszugleichen – nachdem man mit "Navi" sicherlich erst einmal den früheren Architektur-Vorteil nVidias hat egalisieren können. Doch kommt es im Jahr 2020 dann zum Zweikampf auf gleicher Fertigungstechnologie, dürfte nVidia wiederum den (klaren) Effizienzvorteil für sich haben – und dies reicht in diesem anhand technologischer Grenzen geführten Wettstreit aus, um nVidia erneut als klaren Sieger zu prognostizieren. AMD muß in dieser Situation primär an der Stromverbrauchseffizienz der eigenen Grafikchip-Designs arbeiten, wo man (bisher) gegenüber nVidia noch um den Effekt eines Fullnodes zurückliegt. Und da solcherart technologische Sprünge nicht gerade von Bäumen fallen, erscheint AMDs Aussage einer faktischen Marktführerschaft mit "Big Navi" doch als einigermaßen hochtrabend – und geht somit durchaus in die Richtung, das AMD hiermit höchstselbst einen nicht erfüllbaren Hype schürt. Dabei wäre es in der aktuellen Situation für AMD (im GPU-Geschäft) wohl besser, ohne viel Worte an der eigenen Technik zu arbeiten – anstatt Dinge zu versprechen, die einem später noch einmal auf die Füße fallen können.

In der Foren-Diskussion zu Intels Quartalszahlen werden einige der Gründe genannt, wieso Intel nach wie vor so gut im Prozessoren-Markt steht bzw. (trotz AMDs Zen-Prozessoren) derart glänzende Geschäftsergebnisse vorweisen kann. Primär geht es hierbei um die Zähflüssigkeit des Marktes außerhalb des Retail-Segments – und auch das (große) Geschäft mit Komplett-PCs und Notebooks zählt aufgrund der Vorentscheidungen der Geräte-Hersteller schließlich nicht zum klassischen Retail-Handel. In diesem OEM-Geschäft und vor allem im Server-Geschäft bewegt sich eben alles viel langsamer, war AMD bei vielen Geräte-Herstellern auch gar nicht mehr existent und muß daher ganz von vorn anfangen (Fun Fact: Intel hätte im vierten Quartal noch mehr Server-Prozessoren verkaufen können, konnte nur nicht mehr liefern). Zudem gibt es durchaus Situationen, wo die Nebenkosten eines Umstiegs größer ausfallen können als die Einsparungen an der Hardware-Seite: Sei es über einfache Dinge wie notwendige Umschulungen, zusätzliche Lager-Kosten samt einem höheren Support-Aufwand durch diese zweite Produkt-Schiene. Genauso gibt es aber auch Spezial-Fälle, wo (teure) Software nach der Anzahl der benutzten CPU-Kerne abgerechnet wird – und wo also AMDs Ansatz von mehr CPU-Kernen sogar zu höheren Software-Kosten führt.

In vielen Fällen ist den Entscheidern aber auch einfach nur "Jacke näher als Hose" – und werden somit die langfristigen Vorteile eines echten Wettbewerbers gegenüber dem bisherigen de-facto-Monopolisten Intel nicht in die Kalkulation einbezogen. Von Intels früheren Markttaktiken mit illegalen Rabatten (bspw. extra Preisnachlässe, wenn man keinerlei AMD-Produkte führt) ist derzeit hingegen nichts zu hören – dies wird zwar immer wieder mit Verweis auf frühere Zeiten genannt, aber möglicherweise kann sich Intel dies in heutiger Zeit nicht mehr leisten, steht man zu sehr unter Beobachtung (was eine erfreuliche Entwicklung wäre). In jedem Fall kann man nach vielen Quartalen mit verfügbaren erstklassigen AMD-Prozessoren ein was klar konstatieren: Während das Retail-Segment neue, gute Produkte sehr schnell goutiert (und hiermit dem Ideal eines "Markts" entspricht), mahlen die Mühlen im OEM- und Server-Segment geradezu unendlich langsam. AMD wird wenn dann den Erfolg seiner Mühen immer erst Jahre später einstreichen – und darf sich währenddessen natürlich keine Durchhänger leisten, denn jene werden im OEM- und Server-Segment immer als Anlaß genommen, alle zarten Anbandlungen mit AMD gleich wieder zurückzufahren. Sollte AMD allerdings auch in den folgenden Jahren "dran" bleiben, dann sollte sich der Erfolg durchaus auch noch zählbar einstellen – nicht nur mittels AMDs eigener Geschäftszahlen (die zuletzt schon ganz gut aussahen), sondern vielleicht auch einem gewissen Druck auf die Intel-Geschäftszahlen.

Schließlich geht Intel selber inzwischen von einem gewissen AMD-Effekt im Jahr 2020 aus – mit einem wirklich guten Jahresanfang, dann aber vermutlich eher durchschnittlichen Zahlen (auf natürlich weiterhin hohem Niveau). Wenn man sich die Intel-Prognose für 2020 genauer ansieht, dann fällt auf, das 19 Mrd. Dollar für das erste Jahresquartal zu 73,5 Mrd. Dollar für das Gesamtjahr 2020 letztlich einen mittleren Quartalsumsatz von 18,2 Mrd. Dollar für die Quartale II bis IV ergeben – und damit deutlich weniger als für das erste Quartal prognostiziert. Klar könnte Intel hierbei maßgeblich tiefstappeln – aber in jedem Fall hat man damit zumindest schon einmal die Börse auf einen eventuellen AMD-Effekt ab dem zweiten Quartal 2020 vorbereitet. Und natürlich spricht auch Intels Produkt-Programm für 2020 nicht gerade dafür, das diese Prognose völlig abwegig ist: Sicherlich bringt Intel mittels Comet Lake eine neue Prozessoren-Generation, jene dürfte allerdings auf Basis derselben Skylake-Architektur und derselben 14nm-Fertigung wie schon anno 2015 (!) nicht besonders viel gegenüber AMDs nunmehr mittels der Renoir-APU vollzähligem Aufgebot an Zen-2-basierten Prozessoren reißen können. Vielmehr wird Intel im Jahr 2020 erneut wieder mehr Waferfläche pro Prozessor ausgeben müssen, um überhaupt mit AMD mitzuhalten – womit Intel trotz +25% mehr Waferfläche in 2020 nur mit einem Umsatzwachstum von +2% plant.

Daneben gab es bei den Quartalszahlen auch etwas zum Stand der 7nm-Fertigung bei Intel zu erfahren: So wurde die HPC-Grafiklösung "Ponte Vecchio" in eben dieser Fertigung für das vierte Quartal 2021 versprochen – während Intel-Prozessoren aus der 7nm-Fertigung erst im Jahr 2022 erwartet werden dürfen. Letzteres bezieht sich wohl auf "Meteor Lake", welches die erste Prozessoren-Generation aus der 7nm-Fertigung sein soll, zu welcher derzeit aber leider nicht mehr als dieser Codename (samt der vermuteten Fertigungklasse) bekannt ist. Aussagekräftiger ist da die Angabe von "Ponte Vecchio" als "Lead Product" der 7nm-Fertigung erst zum Ende 2021: Denn dies zeigt klar darauf hin, das Intel-Grafikchips aus der 7nm-Fertigung für das Consumer-Segment dann erst ein Thema des Jahres 2022 sein werden. Aber natürlich zieht man die professionellen Produkte gern vor, gerade wenn in diesem Fall schon feste Aufträge für einen entsprechenden Exascale-Supercomputer vorliegen. Damit sind Intels Grafiklösungen für das Jahr 2021 weiterhin in der 10nm-Fertigung zu erwarten – wobei es derzeit sowieso danach aussieht, als wäre 2021 das eigentliche Start-Jahr für Intels Grafikanstrengungen. Denn die für dieses Jahr zu erwartende DG1-Grafiklösung ist mit 96 EU (= 768 Shader-Einheiten) an angeblich nur einem 96 Bit großen Speicherinterface samt 3 GB Grafikkartenspeicher ein klares Einsteiger- wie Test-Produkt, soll zudem nach letzten Meldungen sowieso erst zum Jahresende 2020 anstehen. Für das Jahr 2021 wird dann spannend, wie hoch Intel seine Grafikchips im Rahmen der DG2-Serie tatsächlich treiben kann.