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nVidia kündigt "Lite Hash Rate" Ampere-Grafikkarten mit Cryptomining-Bremse an

nVidia hat seine neuen "Lite Hash Rate" (LHR) Ampere-Grafikkarten nun auch offiziell angekündigt bzw. verspricht deren Auftritt im Markt ab Ende Mai – womit die bisherigen Ampere-Karten mit der Zeit komplett ersetzt werden sollen. Dafür bringt nVidia neue Chip-Versionen an den Start, welche von Haus aus den rBAR-Support sowie eine Cryptomining-Bremse enthalten, von allen anderen Eigenschaften her jedoch identisch zu den bisherigen Karten sind. Aus Sicht von nVidia handelt es sich somit weiterhin um eine "GeForce RTX 3080", während die Grafikkarten-Hersteller angehalten sind, neue Produktnamen mit entsprechend neuen Produkt-Nummern zu kreiieren. Zusätzlich verlangt nVidia von den Grafikkarten-Herstellern, alle neuen Modelle sowohl auf der Verpackung als auch in Verkaufs-Listungen (im Einzelhandel) mit dem Label "LHR" oder "Lite Hash Rate" explizit auszuweisen.

bisher zukünftig LHR Veränderung ETH ohne/mit Bremse
GeForce RTX 3090 GA102-300 GA102-300 nur rBAR 121 MH/s  (unverändert)
GeForce RTX 3080 Ti - GA102-225 alle Retailkarten haben rBAR + Cryptomining-Bremse 119 MH/s  →  ca. 62 MH/s
GeForce RTX 3080 GA102-200 GA102-202 rBAR und Cryptomining-Bremse 98 MH/s  →  ca. 51 MH/s
GeForce RTX 3070 Ti - GA104-400 alle Retailkarten haben rBAR + Cryptomining-Bremse vermutlich ca. 35-40 MH/s
GeForce RTX 3070 GA104-300 GA104-302 rBAR und Cryptomining-Bremse 62 MH/s  →  ca. 32 MH/s
GeForce RTX 3060 Ti GA104-200 GA104-202 rBAR und Cryptomining-Bremse 60 MH/s  →  ca. 31 MH/s
GeForce RTX 3060 GA106-300 GA106-302 Cryptomining-Bremse aktualisiert/ausgebessert 48 MH/s  →  25 MH/s
Angaben zur Mining-Performance üblicherweise von Minerstat, bereits ETH-optimiert

Dies trifft offiziell allerdings nur für GeForce RTX 3060 Ti, 3070 & 3080 zu. Die GeForce RTX 3060 hingegen ist bereits ab Launch (nominell) mit einer Cryptomining-Bremse versehen, selbige bessert nVidia mit dieser Aktion nur stillschweigend aus. GeForce RTX 3070 Ti & 3080 Ti werden ebenfalls bereits ab Launch mit Cryptomining-Bremse antreten, insofern wird es auch hier keine zwei Kartenversionen oder einen LHR-Sticker geben. Ein Sonderfall ist die GeForce RTX 3090, welche von der ganzen Aktion nun doch ausgenommen wird. Jene Grafikkarte bekommt zwar den rBAR-Support ab Werk, die Cryptomining-Bremse läßt nVidia speziell bei der GeForce RTX 3090 jedoch weg. Augenscheinlich sind nVidia zum Preispunkt der Karte Abnehmer aus diesem Gewerbe dann doch wieder genehm.

Wie bereits bei der GeForce RTX 3060 passiert, betrifft nVidias Cryptomining-Bremse derzeit nur Ethereum-Mining, und wird in der Praxis wohl erreicht über ein Ausbremsen des Speicherinterfaces (weswegen AMDs Grafikkarten wegen der kleineren Speicherinterfaces naturgemäß niedrigere ETH-Hashraten aufweisen). Seiteneffekte sind bislang nicht bekannt, wenngleich die GeForce RTX 3060 mit Miningbremse auch noch nicht wirklich lange im Einsatz ist. nVidias Miningbremse hat damit auch keinen bekannten Effekt auf andere Mining-Algorithmen. Derzeit sieht es allerdings laut Minerstat so aus, als würde allein ein einzelner weiterer Mining-Algorithmus (Autolykos2) ähnlich hohe Gewinne wie Ethereum abwerfen können – alle anderen liegen bestenfalls auf dem Niveau von Ethereum nach der Miningbremse. Damit ist derzeit nicht unbedingt zu erwarten, dass diese Miningbremse über das Umschwenken auf andere Coins im großen Maßstab umgangen werden kann.

Dabei spricht nVidia sowieso nur von einer Halbierung der Ethereum-Hashrate durch die Miningbremse, was ja auch schon bei der GeForce RTX 3060 derart zu beobachten war. Durchaus denkbar allerdings, dass insbesondere die schnelleren Modelle etwas stärker als diese Halbierung eingebremst werden – was jedoch mangels entsprechender Werte die Praxis abzuwarten gilt. Tritt die Miningbremse in Kraft, würde es in jedem Fall zur Situation kommen, dass AMDs RDNA2-Grafikkarten für das Ethereum-Mining plötzlich wieder viel interessanter werden. Die kommende GeForce RTX 3080 Ti dürfte zwar letztlich eine ähnliche Miningpower mit ca. 62 MH/s ETH aufweisen, aber AMD bekommt dies schon mit der Radeon RX 6800 zu einem deutlich niedrigeren Listenpreis und auch (anzunehmenderweise) geringerem Stromverbrauch hin. Auch im Bereich der Mainstream- und Midrange-Modelle würde AMD plötzlich beachtbar besser dastehen – insbesondere mit der Radeon RX 6700 XT, vermutlich aber genauso auch mit der Radeon RX 6600 XT.

AMD Liste nVidia
$1499 GeForce RTX 3090 121 MH/s ETH 3199€
ca. $1100 GeForce RTX 3080 Ti ca. 62 MH/s ETH ?
1699-2999€ 62 MH/s ETH Radeon RX 6900 XT $999
$699 GeForce RTX 3080 LHR ca. 51 MH/s ETH 2999€
1299-1799€ 63 MH/s ETH Radeon RX 6800 XT $649
ca. $600 GeForce RTX 3070 Ti ca. 35-40 MH/s ETH ?
1499-1699€ 63 MH/s ETH Radeon RX 6800 $579
$499 GeForce RTX 3070 LHR ca. 32 MH/s ETH 1498-1649€
909-1580€ 47 MH/s ETH Radeon RX 6700 XT $479
$399 GeForce RTX 3060 Ti LHR ca. 31 MH/s ETH ?
$329 GeForce RTX 3060 ca. 25 MH/s ETH 999-1122€
? ca. 32 MH/s ETH Radeon RX 6600 XT ca. $300
Hinweis: ETH-Miningpower nach Cryptomining-Bremse derzeit noch ungewiß und damit fehlbar! ... Straßenpreise gemäß Preisstand 16. Mai 2021

Dabei ist dieser "Erfolg" natürlich nur relativ zu sehen: AMD hat keine ETH-Hashraten gesteigert, der Miningertrag verbessert sich für die Cryptominer nicht. Jene müssen mit nVidias Cryptomining-Bremse in jedem Fall mit geringeren Profiten beim Grafikkarten-Neukauf rechnen – ob man nun nVidias LHR-Serie nimmt oder auf AMD umschwenkt. Sofern allerdings die Kalkulation der Cryptominer nach dem Markteintritt der LHR-Grafikkarten trotzdem noch aufgeht, dürften dann AMDs Grafikkarten stärker ins Blickfeld der Miner geraten, eventuell sogar bevorzugt werden – mit demzufolge schlechten Auswirkungen auf Preis und Verfügbarkeit. Insofern liegt die beste Chance der an Gaming-Grafikkarten interessierten Käufer darin, dass mit der Cryptomining-Bremse die Kalkulation der Miner eben nicht mehr aufgeht. Wie gesagt betrifft dies nicht bereits angeschaffte Hardware (ohne Miningbremse), sondern nur Neukäufe.

Dabei könnte nVidias Cryptomining-Bremse eventuell auch mit dem Zeitpunkt zusammenfallen, wo die Höchststände des aktuellen Mining-Hypes erreicht sind und clevere Teilnehmer bereits ihren Ausstieg vorbereiten bzw. in jedem Fall keine größeren Investitionen mehr tätigen. Auf 2500 Dollar Anschaffungspreis gerechnet, amortisiert sich eine GeForce RTX 3080 unter Ethereum-Mining derzeit (bei niedrigen US-Strompreisen) nach ca. 190 Tagen, während eine GeForce RTX 3080 LHR dies erst nach ca. 370 Tagen schafft. Dies ist vermutlich ein zu langes Zeitfenster, um zumindest aus Sicht professioneller Cryptominer noch ernsthaft Geld in weitere Grafikkarten zu investieren. Denkbar wäre damit, dass insbesondere die professionellen Cryptominer sich zwar noch einmal gut mit den letzten Beständen an nVidia-Grafikkarten ohne Miningbremse eindecken, danach die LHR-Modelle und auch AMDs Angebote erst einmal links liegenlassen.

Damit bringt die Cryptomining-Bremse für das komplette Ampere-Portfolio durchaus die Chance auf eine gewisse Marktentlastung mit sich – nicht durch unbedingt größere Liefermengen, sondern durch den Wegfalls einer Bedarfsgruppe. Eine generelle Lösung der Cryptomining-Problematik ergibt sich damit aber noch nicht, denn auf Listenpreis gerechnet würde sich eine GeForce RTX 3080 LHR (selbst mit Miningbremse) schon nach ca. 105 Tagen amortisieren (eine Radeon RX 6800 zum Listenpreis nach nur ca. 70 Tagen). Sofern der Ethereum-Preis hoch bleibt bzw. dessen Miningschwierigkeit nicht entsprechend stärker steigt, ist eine Rückkehr zum Preisniveau der Listenpreise bzw. unverbindlichen Preisempfehlungen kaum zu erwarten, nicht einmal bei extremen Liefermengen. Eine wirkliche Lösung der Situation kommt wohl nur darüber zustande, dass das Cryptomining mit Grafikkarten eines Tages (wieder) weitgehend unlukrativ wird.

Nachtrag vom 20. Mai 2021

PCGamer bringen zu nVidias LHR-Grafikkarten eine Aussage nVidias, wonach deren eigene Founders Edition hiervon (komplett) ausgenommen sein wird. Dies betrifft dann also nicht nur die GeForce RTX 3090 (sowieso ohne jede LHR-Version), sondern auch GeForce RTX 3080, 3070 und 3060 Ti (die 3060 gibt es nicht in einer Founders Edition). Damit öffnet nVidia theoretisch den Cryptominern weiterhin eine Tür – hat allerdings an dieser Stelle natürlich auch die Kontrolle über die jeweiligen Liefermengen. Anders formuliert dürfte dies bedeuten, dass es eigentlich kaum noch bedeutende Mengen an FE-Karten geben sollte – schon allein, weil dies für nVidia (zum Listenpreis) das schlechtere Geschäft darstellt und diese Karten sowieso alle in Miner-Händen landen. Diese zusätzliche Attraktivität der "Founders Edition" erreicht also nur, dass es voraussichtlich noch weniger FE-Kartenlieferungen geben wird.

Founders Edition is a limited production graphics card sold at MSRP, and at this point we don’t have plans to make versions with LHR.
Quelle:  nVidia gegenüber PCGamer am 18. Mai 2021

Ändern könnte sich dies erst, wenn die Straßenpreise der Herstellerkarten nVidias Listenpreis erreichen – eine aus heutiger Sicht ferne Zukunft. Ab einem gewissen Zeitpunkt könnte nVidia die Founders Edition dann aber auch ganz auslaufen lassen, nVidia war mit dieser Entscheidung bislang immer recht früh dran. PCGamer spekulieren an dieser Stelle sogar schon über ein umgehendes Auslaufen der Founders Edition – womöglich gedacht aufgrund der technischen Lage, wonach nVidia für die neuen LHR-Grafikkarten abweichende Chipversionen benutzt. Jene neuen Chipversionen dürften allerdings wenig mit dem eigentlichen Grafikchip zu tun haben, sondern vielmehr mit der durch nVidia eingebrachten Firmware. Insofern erscheint es als möglich, dass nVidia weiterhin non-LHR-Modelle (in Form der "Founders Edition") sowie LHR-Modelle nebeneinander anbieten könnte – ob dies langfristig gewollt ist, bleibt natürlich abzuwarten.