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Stark steigende Kosten bei jedem neuen Fertigungsverfahren als Entwicklungsbremse der Halbleiterindustrie

Hardware.fr (maschinelle Übersetzung ins Deutsche) berichten über die gemeinsame Technologie-Konferenz "Common Platform Technology Forum 2012" seitens IBM, Samsung und GlobalFoundries. Sehr interessant ist hierbei die dritte Folie, zeigt diese doch die deutlich höheren Entwicklungskosten zwischen den Fertigungsverfahren 32nm/28nm und 22nm/20nm auf: Die einzelnen Teilbereiche kosten unter 22nm/20nm zwischen dem doppelten und dreifachen der 32nm/28nm-Fertigung. Damit befindet sich die Halbleiter-Branche in einem weiteren die Entwicklung bremsenden Dilemma: Nicht nur, daß die Entwicklung eines neuen Fertigungsverfahrens jeweils mehr Zeit benötigt, es kostet nun auch noch sehr erheblich mehr Geld, bedingt also auch zwingend steigende Absatzzahlen.

Letztere werden zum Teil durch die größeren Abstände zwischen zwei (vollen) Fertigungsschritten erzielt – aber die Verlängerung der Zeiträume reicht bei weitem nicht aus, wenn sich die Kosten des neuen Fertigungsverfahrens verdoppeln oder gar verdreifachen. Auch hierzu gibt die Folie einen klaren Hinweis auf die realen Auswirkungen: Reichten unter 32nm/28nm noch 30 bis 40 Millionen abgesetzte Chips, um ein Chipdesign zu amortisieren, müssen es unter 22nm/20nm dann schon 60 bis 100 Millionen abgesetzte Chips sein – je nach Chipgröße kann dieser Wert erheblich differieren, aber die genannten Zahlen geben eine gewisse Idee von den Schwierigkeiten der Halbleiterindustrie bei zukünftigen Entwicklungen. Denn auf technologische Durchbrüche, welche dann und wann passieren, kann man faktisch schon wetten – der Macht einer Wirtschaftlichkeitsrechnung kann man sich dagegen schwerlich entziehen.

Gut möglich also, daß die zukünftige Entwicklung im Bereich von PC-Prozessoren und Grafikchips sich nicht allein wegen der höheren benötigten Entwicklungszeit auseinanderzieht, sondern auch aus rein wirtschaftlichen Erwägungen heraus – daß neue Fertigungstechnologien beispielsweise bewußt später eingesetzt werden, weil sie anfänglich noch nicht wirtschaftlich genug sind. In eine ähnliche Kerbe schlägt im übrigen ein Artikel bei ExtremeTech, welcher über Beschwerden nVidias über die immer weiter steigenden Waferpreise bei Chipfertiger TSMC berichtet: Wenn die dort prognostizierte Steigerungsrate eintrifft, würde die 14nm-Fertigung nahezu unrentabel sein gegenüber der vorhergehenden 20nm-Fertigung bei faktisch doppelter Kostenlage – während die kommende 20m-Fertigung schon keinen besonderen Gewinn mehr erbringt gegenüber der aktuellen 28nm-Fertigung.

Sicherlich wird es im HighEnd-Bereich immer einen Bedarf nach der jeweils bestmöglichen Fertigungstechnologie geben – einfach, weil man beispielsweise einen GF110-Chip unter der 40nm-Fertigung nicht weiter toppen kann, ohne einen unproduzierbaren Riesenchip zu designen. Eine Chipfläche von 550mm² bis 600mm² ist scheinbar eine natürliche Grenze im Grafikchip-Bereich, wonach es nicht mehr wirtschaftlich wird, weil es zu viel Ausschuß gibt. Wer mehr Performance als den GF110-Chip (520mm² Chip-Fläche) will, muß also zwingend mit einem besseren Fertigungsverfahren antreten. Aber im Mainstream-Bereich fangen bestimmt jetzt schon die Zehntelcent-Rechner in den einzelnen Unternehmen an, und rechnen nach, ob es nicht besser wäre, die eine oder andere Lösung in ihrer "alten" Fertigungstechnologie zu belassen anstatt die hohen Kosten einer neuen Fertigung zu tragen.

Der Punkt der Wirtschaftlichkeit wird also auch noch zur weiteren Verlangsamung des Entwicklungstempos der Halbleiterindustrie beitragen – welche derzeit schon bemerkbar längere Schritte zwischen zwei (vollen) Fertigungsstufen hinlegt. Selbst Branchenprimus Intel ist hiergegen nicht gefeit und bringt seine ersten 22nm-Chips erst zwei Jahre und drei Monate nach den ersten 32nm-Chips heraus – wenn man sich die Verzögerung der sehr volumenstarken Zweikern-Modelle von Ivy Bridge ansieht, dann eigentlich sogar noch später. Grob ist man derzeit bei ca. 2½ Jahren Zeit zwischen zwei (vollen) Fertigungsstufen – und es spricht angesichts der letzten Jahre nichts dafür, daß diese Zeitraum künftig konserviert werden könnte, vielmehr wird dieser weiterhin anwachsen.