Launch-Analyse AMD Radeon RX 5600 XT (Seite 2)

Dienstag, 28. Januar 2020
 / von Leonidas
 

Basierend auf diesen Benchmarks (unter der FullHD-Auflösung) ergibt sich das Performance-Bild, dass die Radeon RX 5600 XT auf Referenz-Takt die GeForce RTX 2060 um einige Prozentpunkte verfehlt, die nominell im gleichen Preisfeld liegende GeForce GTX 1660 Ti allerdings um einen ähnlichen Betrag schlägt – letztlich also wie erwartet grob in der Mitte zwischen GeForce GTX 1660 Ti und GeForce RTX 2060 herauskommt. Ein völlig anderes Performance-Bild zeigen die (gutklassigen) Werksübertaktungen zur Radeon RX 5600 XT, wie hier im Beispiel der Sapphire Radeon RX 5600 XT Pulse abgebildet. Jene Herstellerkarte überbietet (mit dem default-mäßigen Performance-BIOS) die GeForce RTX 2060 um +3,5% Prozentpunkte und kommt damit sogar minimal besser als die frühere Radeon RX Vega 64 heraus. Zudem wird der Abstand zur größeren Radeon RX 5700 deutlich verkürzt, zu dieser fehlen der Sapphire Radeon RX 5600 XT Pulse nur noch +6,1% (bei einer Preisdifferenz zum Listenpreis von +25%).

Zu den WQHD- und Ultra-Auflösungen liegen dann weit weniger Benchmarks vor – werden aber wahrscheinlich auch nicht so dringend benötigt, denn aufgrund ihrer Speicherbestückung ist die Radeon RX 5600 XT als Neuerscheinung des Jahres 2020 sicherlich als eher ungeeignet für die Nutzung unter höheren Auflösungen anzusehen. Dies mag heutzutage noch gutgehen, aber langfristig dürfte dies nicht mehr der Fall sein – da wäre dann die in der Praxis nur maßvoll teurere Radeon RX 5700 die solidere Wahl. So oder so bewegt sich in den nachfolgend beispielhaft dargelegten WQHD- und UltraHD-Benchmarks nicht viel, bleiben die Relationen der Karten untereinander bis auf geringfügige Abweichungen erhalten. Die Problematik der Radeon RX 5500 XT, welche in ihrer 4-GB-Version doch sehr erheblich unter ihrer geringen Speicherbestückung litt, ist bei der Radeon RX 5600 XT in jedem Fall nicht vorzufinden – augenscheinlich reichen dafür die bei dieser Karte vorhandenen 6 GB Grafikkartenspeicher (derzeit) noch aus.

WQHD-Performance 1660S 1660Ti 2060 2060S Vega64 5600XT Pulse-P 5700
ComputerBase  (16 Tests) - - 100% 116% 102% 97% 105% 112%
Le Comptoir d.H.  (15 Tests) 82% 84% 100% 113% 106% 91% 104% 111%
Les Numeriques  (9 Tests) 87,6% 85,1% 100% 114,9% 95,0% 86,0% 101,7% 105,8%
PCGamer  (12 Tests) 81,3% 84,0% 100% 113,6% 97,7% - 99,7% 107,6%
TechPowerUp  (22 Tests) 81,6% 83,7% 100% 114,3% 103,1% - 102,0% 110,2%
werksübertaktete Karten in blauer Schrift notiert, gesamte ausgewertete Benchmark-Anzahl: ca. 500
UltraHD-Performance 1660S 1660Ti 2060 2060S Vega64 5600XT Pulse-P 5700
PCGamer  (12 Tests) 74,9% 77,6% 100% 114,9% 97,8% - 98,1% 108,6%
TechPowerUp  (22 Tests) 80,2% 81,3% 100% 117,7% 106,3% - 104,2% 112,5%
werksübertaktete Karten in blauer Schrift notiert, gesamte ausgewertete Benchmark-Anzahl: ca. 230

Die Ermittlung des Stromverbrauchs zur Radeon RX 5600 XT brachte ungewöhnlich schwankende Ergebnisse hervor (selbst nur dieselbe Grafikkarte betrachtend) – nachdem hierzu in letzter Zeit bei anderen Grafikkarten zumeist zuverlässig nahe der Herstellervorgaben liegende Werte ermittelt wurden. Allerdings kommt dies wohl daher, das die Radeon RX 5600 XT in fast egal welcher Ausführung erstaunlicherweise von ihrer TDP (von 150 Watt für Karten auf dem Referenz-Takt) nur selten vollständig Gebrauch macht. Besonders gut ist dies an den (simulierten) Referenz-Taktungen zu sehen, welche im Schnitt der (gewichteten) Messungen für jene nur 133 Watt Stromverbrauch ergeben – deutlich unterhalb der offiziellen TDP und eher nahe der spezifizierten ASIC-Power von (anscheinend) 130 Watt. Bei der Sapphire Radeon RX 5600 XT Pulse ergibt sich eine ganz ähnliche Situation, wo der durchschnittliche Stromverbrauch in den Messungen bei 164 Watt herauskommt – auch nur leicht über der spezifizierten ASIC-Power von 160 Watt (welche nicht mit der TDP gleichzusetzen ist).

realer Stromverbrauch AMD-Referenz Asus TUF Gaming X3 Asus Strix Top Gigabyte Gaming OC MSI Gaming X MSI Gaming Z PowerColor Red Dragon Sapphire Pulse
Taktraten & ASIC-Power Base 1130 MHz, Game 1375 MHz, Boost 1560 MHz, 12 Gbps, 130W Game 1615 MHz, Boost 1750 MHz, 12 Gbps Game 1670 MHz, Boost 1750 MHz, 14 Gbps Game 1660 MHz, Boost 1750 MHz, 14 Gbps Game 1615 MHz, Boost 1750 MHz, 12 Gbps Game 1615 MHz, Boost 1750 MHz, 14 Gbps Game 1560 MHz, Boost 1620 MHz, 14 Gbps Base 1420 MHz, Game 1615 MHz, Boost 1750 MHz, 14 Gbps, 160W
ComputerBase  (3 Tests) - - - - - - 146W 165W
c't  (1 Test) - - - - - - - 170W
Golem  (1 Test) 128,6W - - - - - - 158,5W
Guru3D  (1 Test) 157W - 167W 177W - 163W 171W 167W
Hardwareluxx  (1 Test) - 176,7W - - - - - 182,8W
Igor's Lab  (2 Tests) - - - - - - 157,9W -
Le Comptoir d.H.  (2 Tests) 143W - - - - - - 158W
Les Numeriques  (3 Tests) 126,3W - - - - - - 148,7W
TechPowerUp  (1 Test) - - 142W - 140W 149W - 160W
Tweakers  (1 Test) 126,0W - - - - - - 147,9W

In beiden Fällen gilt, das die Radeon RX 5600 XT somit ähnlich Energie-effizient wie vergleichbare nVidia-Karten arbeitet: Die 133 Watt der Referenz-Taktung sind maßvoll mehr als bei der klar langsameren GeForce GTX 1660 Super (126W), die 164 Watt der Sapphire Radeon RX 5600 XT Pulse sind nur minimal oberhalb des Niveaus der GeForce RTX 2060 (160W), welche die Sapphire-Karte allerdings bei den Performance-Messungen auch (leicht) geschlagen hat. Aufgrund der Meßwerte hätte AMD den rein offiziellen Stromverbrauch somit sogar etwas niedriger ansetzen sowie den Karten ein etwas niedrigeres Power-Limit mitgeben können. Selbiges wird augenscheinlich fast nirgendwo seitens der Radeon RX 5600 XT ausgenutzt, was für eine Grafikkarte der jüngeren Vergangenheit eine ziemlich seltene Situation darstellt. Wie die ComputerBase bei ihrer Ermittlung der real anliegenden Taktraten herausgefunden hat, läuft die Radeon RX 5600 XT nur selten in ein Power-Limit und taktet daher zumeist auch deutlich höher als es der durchschnittliche Boost-Takt (AMD-offiziell "Game Clock") angibt. Auf niedrigen Lasten ist, sofern die Chip-Temperatur unterhalb des Temperatur-Limits bleibt, durchaus auch einmal der maximale Boost-Takt (AMD-offiziell "Boost Clock") zu sehen.

Dies deutet schon darauf hin, das mittels Übertaktung dann nicht mehr viel aus der Radeon RX 5600 XT herauszuholen sein wird – zumindest vom Stand der gutklassigen Werksübertaktungen ausgehend. Jene haben die Taktraten schon bis fast ans Limit gesetzt sowie bereits die erhöhten Power-Limits, womit eine weitere Übertaktung zwar hier und da noch einmal einen gewissen Taktratengewinn herausholt, sich dafür allerdings auch sehr überschaubare Performance-Gewinne ergeben: +4-6% bei der ComputerBase sowie nur +2% bei TechPowerUp als Beispiele. Augenscheinlich haben bei den gutklassigen Werksübertaktungen deren im Zuge von AMDs (partieller) Spezifikations-Anpassung hochgesetzte Taktraten den eigentlich für die Radeon RX 5600 XT vorhergesagten Overclocking-Spielraum schon weitgehend aufgefressen. Allerdings ist jener Overclocking-Spielraum damit im eigentlichen noch vorhanden – nutzbar dann eben nur auf Karten auf oder nahe des Referenz-Takts. Da zu jenen Karten dato keine Hardwaretests vorliegen, bleibt dies vorerst nur eine These – aber denkbar ist es schon, mit einer der offiziell "langsam" taktenden Modelle durch großzügige Zugaben bei Taktraten & Power-Limit das Performance-Level der besten Werksübertaktungen zu schlagen bzw. unter jeweiliger Übertaktung eine ähnliche Performance zu erreichen.

Betrachtet es man ganz nominell (und damit zum Referenztakt), hat AMD mit der Radeon RX 5600 XT zwar die ursprünglich erwartete Karte in der Mitte zwischen GeForce GTX 1660 Ti und GeForce RTX 2060 aufgelegt, konnte dabei jedoch nicht wirklich gegen nVidias Konter mit der Preissenkung zu eben jener GeForce RTX 2060 etwas ausrichten. Dafür hätte AMD letztlich auch anderes tun müssen, als nur den Spielraum für die Werksübertaktungen zu erhöhen – ein höherer Referenz-Takt oder/und eine eigene Preissenkung wären die hierzu zielführenden Maßnahme gewesen. Ersteres konnte sich AMD so kurz vor Launch nicht mehr leisten, zweiteres wollte man augenscheinlich nicht – mit dem nunmehr nachteiligen Effekt, dass die Radeon RX 5600 XT das Performance-Level der GeForce RTX 2060 nur mittels der gutklassigen Werksübertaktungen erreicht, nicht aber auf ihrem Referenz-Takt. Und dies macht sich nicht besonders gut, wenn die günstigsten Preise zu beiden Grafikkarten jeweils bei ab 300 Euro anfangen – dann bietet die GeForce RTX 2060 in der offiziellen Performance-Auflistung (zum jeweiligen Referenz-Takt) einfach etwas mehr.

Speicher FHD-Perf. Realverbr. FHD-Index 4K-Index Liste Straßenpreis
Radeon RX 5700 XT 8 GB - 218W 1090% 156% 399$ 370-400 Euro
GeForce RTX 2060 Super 8 GB 112,5% 176W 1030% 145% 399$ 380-420 Euro
Radeon RX 5700 8 GB 109,8% 175W 980% 139% 349$ 320-350 Euro
Radeon RX Vega 64 8 GB 102,8% 297W 930% 132% 499$ 350-480 Euro  (EOL)
GeForce RTX 2060 6 GB 100% 160W 910% 123% 299$ 300-340 Euro
Radeon RX 5600 XT 6 GB 93,0% 133W 850% ~114% 279$ 300-320 Euro
Radeon RX Vega 56 8 GB - 223W 840% 117% 399$ 220-280 Euro  (EOL)
GeForce GTX 1660 Ti 6 GB 85,8% 117W 790% 103% 279$ 270-290 Euro
GeForce GTX 1660 Super 6 GB 83,2% 126W 770% ~101% 229$ 225-250 Euro

Andererseits ergibt sich derzeit im Fall der Radeon RX 5600 XT die irritierende Situation, das speziell die Sapphire Radeon RX 5600 XT Pulse als durchaus eine der potentesten Werksübertaktungen auch schon für jene 300 Euro erhältlich ist. Stellt man dann jene Sapphire-Karte gegen die GeForce RTX 2060, so liegt hierbei wiederum die Radeon RX 5600 XT (leicht) vorn. Zwar kann auch die nVidia-Karte noch mit ihren Werksübertaktungen kontern, aber jene kosten auch wirklich etwas mehr – am Performance/Preis-Verhältnis ändert das dann nichts. Somit läßt sich letztlich nur konstatieren, das es zur Radeon RX 5600 XT derzeit kaum möglich ist, eine exakte Aussage zur Performance sowie zum Performance/Preis-Verhältnis zu formulieren – zu verschieden sind die angebotenen Taktungen, zu groß der Performance-Unterschied zwischen Referenz-Taktung und gutklassigen Werksübertaktungen.

GeForce RTX 2060 Radeon RX 5600 XT Sapphire 5600 XT Pulse Radeon RX 5700
Speichermenge 6 GB 6 GB 6 GB 8 GB
FHD-Performance 100% 93,0% 103,5% 109,8%
Stromverbrauch 160W 133W 164W 175W
Spielebundle derzeit keines drei Monate Zugang zum "Xbox Game Pass für PC"
Straßenpreis 300-340 Euro 300-320 Euro ab 300 Euro 320-350 Euro

Aber natürlich kann man die generelle Aussage treffen, das die Radeon RX 5600 XT letztlich eine Grafikkarte geworden ist, die im groben Maßstab auf dem Performance- wie auch Preis-Niveau der GeForce RTX 2060 herausgekommen ist – zum Referenz-Takt etwas schwächer, mit den besten Werksübertaktungen leicht stärker. Da selbst 7% Performance-Differenz im Gamer-Alltag nicht spürbar sind, ist das Performance-Level im ganz groben Maßstab letztlich dennoch irgendwie dasselbe – womit durchaus andere Faktoren die persönliche Wahl des Kaufgegenstands beeinflußen können. An der Speichermenge gibt es keinen Unterschied, der Stromverbrauch ist ähnlich (auf Referenz-Takt kann die AMD-Karte allerdings beachtbar weniger verbrauchen), bei den Spielebundles hat AMD (je nach Gusto) einen kleinen Pluspunkt – und die derzeitigen Straßenpreise unterscheiden sich wie bekannt nicht wesentlich.

An dieser Stelle wäre es für AMD dann in der Tat sinnvoller, auf niedrigere Straßenpreise zur Radeon RX 5600 XT zu drängen. Prinzipiell erscheint dies möglich – angesichts der Straßenpreise, welche die Radeon RX 5700 derzeit im Vergleich zu ihrem Listenpreis erreicht (320-350€ zu 349$). Davon ausgehend, sollte die Radeon RX 5600 XT perspektivisch eigentlich auch eher für ab 280 Euro (anstatt der jetzigen ab 300 Euro) erhältlich sein können – zu welcher Preislage sich die neue AMD-Karte dann klarer gegenüber der GeForce RTX 2060 behaupten könnte. Zumindest die Radeon RX 5600 XT Modelle auf oder nahe Referenz-Takt sollten unbedingt in Richtung dieser niedrigeren Preislage gehen – und sind über kurz oder lang auch dort zu erwarten, ansonsten lassen sich jene angesichts der Stärke der werksübertaktenen Radeon RX 5600 XT Modelle nicht verkaufen.

Damit hat AMD letztlich keinen schlechten Kontrahenten zur GeForce RTX 2060 aus der Taufe gehoben – und sicherlich ist es wichtig, das mit dem Auslaufen der Radeon RX Vega 56 auch in diesem Preisbereich bei um die 300 Euro seitens AMD wieder etwas neues geboten wird. Schade aus Sicht der Grafikkarten-Käufer ist sicherlich, das die Radeon RX 5600 XT nicht noch etwas zugkräftiger ausgefallen ist – entweder über mehr Performance auf Referenz-Takt oder einen niedrigeren Preispunkt vom Launch weg. AMD hat hiermit vielleicht verpasst, nVidia eine nicht knackbare Nuß vorzusetzen. Denn so reicht es derzeit nur zu einem Mix aus verschiedenen Ergebnissen, welche im Mittel einen groben Gleichstand beider Wettbewerber ergeben.

Durchaus ein Fleck auf der Weste der Neuvorstellung ist dann deren Speicherbestückung, die zwar technisch begründet ist, aber dennoch für einen Neukauf im Jahr 2020 nicht mehr gefallen kann. Zum Glück für AMD bietet nVidia im gleichen Preisbereich letztlich auch nichts besseres an – die ganz großen Empfehlungen sind damit für die Radeon RX 5600 XT aber schwerlich zu erreichen. Die Karte hat dabei noch etwas Glück, denn die GeForce RTX 2060 wurde letztes Jahr wegen eben dieser Problematik noch viel härter abgestraft – kam allerdings mit 349 Dollar zum klar höheren Preispunkt daher, was die Sicht auf diese Frage zweifellos beeinflußt. Für eine Karte zum Listenpreis von 279 Dollar sind nur 6 GB Grafikkartenspeicher aber sicherlich ebenfalls grenzwertig und für Grafikkarten-Käufer, die von einer langen Nutzungsdauer ausgehen, nicht geeignet. Auch in diesem Punkt bietet AMD nur gleichwertiges, aber nichts besseres als nVidia – was letztlich eine treffende Beschreibung für die komplette Radeon RX 5600 XT darstellt.