Launch-Analyse AMD Radeon RX 7900 XT & XTX (Seite 4)

Dienstag, 20. Dezember 2022
 / von Leonidas
 

In der Summe der Dinge kann man sicherlich sagen, dass AMD mit den Radeon RX 7900 XT & XTX Karten sowohl die eigenen Performance- und Effizienz-Vorgaben als auch die Erwartungen des Marktes klar verfehlt hat. Dies wird um so augenscheinlicher, wenn man nicht das Refresh-Produkt "Radeon RX 6950 XT" mit der Radeon RX 7900 XTX vergleicht, sondern die Vergleiche anhand des jeweiligen Karten-Standings wählt: Radeon RX 6900 XT gegen 7900 XTX als jeweils beste Vertreter der jeweils originalen Karten-Generation (ohne Refresh-Lösungen), Radeon RX 6800 XT gegen 7900 XT als jeweils maßvolle Abspeckungen des besten Grafikchips bzw. zweitbeste Vertreter der originalen Karten-Generation. Da sind +35-47% Generations-Gewinn unter Raster-Rendering unter der 4K-Auflösung überaus mager, weit weg vom Anspruch, nVidia gefährlich werden zu können. Dafür hätte AMD schließlich mehr als nVidias Generation-Gewinn bei der GeForce RTX 4090 (+71%) ansetzen müssen.

Zu gefallen weiss allein der (etwas) höhere Performance-Sprung unter RayTracing, dort sind es anstatt +35-47% dann eben +49-61% unter der 4K-Auflösung zwischen alter und neuer AMD-Generation. Wiederum eher ein Negativ-Punkt ist der geringe Sprung bei der Energieeffizienz, welche bei +26-30% zwischen RDNA2 und RDNA3 herauskommt. Dies ist um so erstaunlicher, als dass AMD hier eine bessere Chipfertigung zur Verfügung hatte, ganz im Gegensatz zum Sprung von RDNA1 zu RDNA2 (beiderseits 7nm). Ein sehr zweigeteiltes Bild gibt es dann bei den Preislagen: Während der Listenpreis der Radeon RX 7900 XTX angesichts von Haloprodukt-Status und der vorherigen AMD-Preisgestaltung durchaus in Ordnung geht, kann der Listenpreis der Radeon RX 7900 XT nur Verwunderung auslösen. Erstens einmal ist jener vom Performance-Unterschied her viel zu nahe am Listenpreis der größeren Radeon RX 7900 XTX dran, zum anderen fehlt der kleineren Karte natürlich der Haloprodukt-Status.

Generations-Vergleich 6800XT 7900XT Diff. 6900XT 7900XTX Diff.
RDNA2, 16GB RDNA3, 20GB RDNA2, 16GB RDNA3, 24GB
gemittelte 4K-Performance 63,0% 84,9% +34,9% 68,3% 100% +46,5%
gemittelte WQHD-Performance 68,3% 89,3% +30,7% 73,6% 100% +35,8%
gemittelte FullHD-Performance 73,9% 92,4% +25,1% 78,4% 100% +27,5%
gemittelte RT@4K-Perf. 57,6% 86,0% +49,3% 62,3% 100% +60,5%
gemittelte RT@WQHD-Perf. 60,8% 87,8% +44,3% 65,3% 100% +53,1%
gemittelte RT@FullHD-Perf. 65,0% 90,0% +38,5% 69,7% 100% +43,6%
offizielle TDP 300W 315W +5% 300W 355W +18%
Real-Verbrauch 298W 309W +4% 303W 351W +16%
Energieeffizienz @ 4K 74% 96% +30% 79% 100% +26%
Listenpreis $649 $899 +39% $999 $999 ±0
Straßenpreis (ab) 690€ 1050€ +52% 830€ 1400€ +69%
Perf/Preis-Verhältnis @ 4K 128% 113% –11% 115% 100% –13%

Damit steigt der AMD-Preis im Generations-Vergleich rapide an: AMD will +39% mehr Listenpreis zwischen Radeon RX 6800 XT und 7900 XT sehen, was zum einen das bisher übliche Preis-Gefüge durcheinander bringt, und zum anderen angesichts von nur +35% Mehrperformance auf der 4K-Auflösung als ziemlich übertrieben erscheint. Die neue Karte hat somit gegenüber der älteren Karte nicht einmal ein besseres Preis/Leistungs-Verhältnis zu bieten, zu aktuellen Straßenpreisen (+52% Mehrpreis) sogar noch deutlicher als zum Listenpreis. Ob AMD hierbei versucht, nVidia Masche bei der Ada-Lovelace-Generation zu kopieren, den Haloprodukt-Preisaufschlag auf das komplette Portfolio zu applizieren, bliebe die weiteren RDNA3-Vertreter abzuwarten. Für den Augenblick sieht der Listenpreis der Radeon RX 7900 XT angesichts des Performance-Unterschieds (sowie auch des Mehrspeichers) wie eine direkte Aufforderung aus, doch lieber gleich die größere Radeon RX 7900 XTX zu erstehen.

Augenscheinlich haben sich dies auch die Grafikkarten-Käufer der ersten Verkaufswoche zu den neuen AMD-Grafikkarten gedacht, denn derzeit ist die größere Radeon RX 7900 XTX nur schwer und wenn dann mit erheblichen Preisaufschlag zu bekommen. Die kleinere Radeon RX 7900 XT ist dagegen vernünftig und absolut zur UVP erhältlich. Dies macht alle Preis/Leistungs-Betrachtungen schwer, denn auf den aktuellen 1400 Euro kann sich die Radeon RX 7900 XTX nicht wirklich deutlich von der GeForce RTX 4090 abzusetzen bzw. hat dann sogar die kleinere Radeon RX 7900 XT ein etwas besseres Performance/Preis-Verhältnis inne. Auch ergibt sich auf dem aktuellen Straßenpreis der Radeon RX 7900 XTX nirgendwo ein Preis/Leistungs-Gewinn gegenüber AMDs früheren Spitzen-Grafikkarten, jene weisen zur aktuellen Preislage sogar durchgehend klar bessere Performance/Preis-Verhältnisse auf. Einzig allein gegenüber nVidias RTX30-Serie ergeben sich bessere Performance/Preis-Verhältnisse, dies allerdings resultierend aus deren EOL-Status und demzufolge schon stark anziehender Straßenpreise.

Performance/Preis-Verhältnis 6800XT 6900XT 6950XT 3080-10G 3080Ti 3090 3090Ti 4080 4090 7900XT 7900XTX
RDNA2 16GB RDNA2 16GB RDNA2 16GB Ampere 10GB Ampere 12GB Ampere 24GB Ampere 24GB Ada 16GB Ada 24GB RDNA3 20GB RDNA3 24GB
gemittelte 4K-Performance 63,0% 68,3% 72,8% 65,1% 72,8% 74,7% 82,3% 96,9% 127,7% 84,9% 100%
Listenpreis $649 $999 $1099 $699 $1199 $1499 $1999 $1199 $1599 $899 $999
deutsche UVP 649€ 999€ 1239€ 759€ 1269€ 1649€ 2249€ 1469€ 1949€ 1049€ 1149€
Straßenpreis (ab) 690€ 830€ 860€ 830€ 1300€ 1290€ 1390€ 1350€ 1960€ 1050€ 1400€
Perf/Preis ggü. 7900XTX @ Straßenpreis 128% 115% 118% 110% 78% 81% 83% 101% 91% 113% 100%
Perf/Preis-Differenz zur 7900XTX +28% +15% +18% +10% –22% –19% –17% +1% –9% +13%
Perf/Preis-Differenz von der 7900XTX –22% –13% –16% –9% +28% +23% +21% –1% +10% –12%
Perf/Preis ggü. 7900XTX @ UVP 105% 94% 97% 90% 64% 67% 68% 82% 75% 93% 100%
Perf/Preis-Differenz zur 7900XTX +5% –6% –3% –10% –36% –33% –32% –18% –25% –7%
Perf/Preis-Differenz von der 7900XTX –5% +6% +3% +11% +55% +50% +47% +21% +34% +8%
Performance/Preis-Verhältnisse errechnet mit dem jeweiligen Bestpreis, Preisstand: 20. Dezember 2022

Somit muß man schon mit dem UVP rechnen, um teilweise günstigere Performance/Preis-Verhältnisse für die Radeon RX 7900 XTX zu finden: Gäbe es AMDs neues Spitzen-Modell für 1149 Euro zu erstehen, würde dies unter der 4K-Auflösung (bei normalem Raster-Rendering) ein um immerhin +21% besseres Performance/Preis-Verhältnis zur GeForce RTX 4080 sowie um +34% zur GeForce RTX 4090 ergeben. Gegenüber der RTX30-Serie zeigen sich noch größere Vorteile, aber dieser Vergleich wird verzerrt durch deren im Zuge des aktuellen Ampere-Rückzugs vom Markt (stark) hochgehender Straßenpreise. Gegenüber AMDs früheren Spitzenbeschleunigern ergeben sich allerdings selbst auf der UVP keine wirklich besseren Performance/Preis-Verhältnisse für die Radeon RX 7900 XTX. Die kleinere Radeon RX 7900 XT schneidet in dieser Disziplin logischerweise jeweils noch einmal etwas schlechter ab, da die Performance-Differenz zur Radeon RX 7900 XTX etwas größer ausfällt als die Preis-Differenz.

Als wirklich ausreichend für eine neue Grafikkarten-Generation kann man dies schwerlich betrachten: Es fehlt – wie bei nVidias neuen Beschleunigern – primär ein großer Preis/Leistungs-Vorteil gegenüber der vorhergehenden AMD-Generation. Jener stellt sich auf den aktuellen Straßenpreisen überhaupt nicht ein, aber auch gerechnet zur UVP der neuen AMD-Karten ergeben sich in dieser Disziplin nur marginale Vorteile. Wie bei nVidias RTX40-Serie gibt es auch mit Radeon RX 7900 XT & XTX schlicht eine neue Performance-Klasse – zum allerdings entsprechend ansteigenden Preispunkt. Wer streng nach Performance/Preis-Verhältnis kauft, findet derzeit wenig Anlaß, nach irgendeiner der neuen Karten zu schauen, da finden sich in den (allerdings schon stark zurückgehenden) Abverkaufsangeboten zu den Radeon RX 6000 & GeForce RTX 30 Serien bessere Deals.

Gen. & Speicher FHD-Index 4K-Index Real-Verbr. Listenpreis Straßenpreis AMD/NV-Shop
GeForce RTX 4090 Ada, 24GB 3000% 655% 418W $1599 / 1949€ 1960-2200 Euro 1859 Euro
Radeon RX 7900 XTX RDNA3, 24GB 2740% 512% 351W $999 / 1149€ 1400-1800 Euro 1122 Euro
GeForce RTX 4080 Ada, 16GB 2690% 496% 297W $1199 / 1469€ 1350-1500 Euro 1399 Euro
Radeon RX 7900 XT RDNA3, 20GB 2530% 434% 309W $899 / 1049€ 1050-1130 Euro 1010 Euro
GeForce RTX 3090 Ti Ampere, 24GB 2300% 420% 462W $1999 / 2249€ 1390-1830 Euro (EOL) 1329 Euro
GeForce RTX 3090 Ampere, 24GB 2170% 382% 359W $1499 / 1649€ 1290-1700 Euro (EOL) 1199 Euro
Radeon RX 6950 XT RDNA2, 16GB 2250% 372% 348W $1099 / 1239€ 860-1080 Euro 898 Euro
GeForce RTX 3080 Ti Ampere, 12GB 2130% 372% 350W $1199 / 1269€ 1300-1850 Euro (EOL) 1089 Euro
Radeon RX 6900 XT RDNA2, 16GB 2150% 350% 303W $999 / 999€ 830-1000 Euro 763 Euro
GeForce RTX 3080 12GB Ampere, 12GB ~2060% ~346% ~345W unbekannt 1200-1600 Euro (EOL) -
GeForce RTX 3080 10GB Ampere, 10GB 1990% 332% 325W $699 / 759€ 830-1000 Euro 759 Euro
Radeon RX 6800 XT RDNA2, 16GB 2030% 322% 298W $649 / 649€ 690-830 Euro 729 Euro
Radeon RX 6800 RDNA2, 16GB 1780% 278% 231W $579 / 579€ 580-750 Euro 651 Euro
GeForce RTX 3070 Ti Ampere, 8GB 1720% 271% 292W $599 / 649€ 670-750 Euro 649 Euro
Quellen: FullHD & 4K Performance-Überblick, Stromverbrauchs-Überblick, Geizhals-Preisvergleich (Preisstand: 20. Dezember 2022) ... zusätzlich notiert wurden die aktuellen Preise von AMD-Shop und nVidia-Shop, wo allerdings oftmals keine Lieferbarkeit existiert

Verglichen rein nur innerhalb der jeweils neuen Karten-Generationen ergibt sich für AMD zudem sicherlich das Problem, dass der Vorteil bei der Raster-Performance womöglich zu klein ist, um den (größeren) Nachteil bei der RayTracing-Performance aufzuwiegen. Sicherlich ist dies ein stark subjektiver Punkt, denn wer RayTracing ins Auge fasst, ist wohl generell mit einer nVidia-Grafikkarte besser beraten. Natürlich gilt dies erst einmal auch umgedreht: Wer nur auf die Raster-Performance schaut, ist mit einer Radeon RX 7900 XTX – wenn sie denn zur UVP verfügbar wäre – besser dran als mit einer GeForce RTX 4080. Doch gerade im Bereich dieser Spitzen-Grafikkarten ist RayTracing inzwischen eben mehr als nur ein Gimmick, sondern man hat üblicherweise ausreichend fps-Reserven, um dieses Feature zu aktivieren. Und in diesem Fall – wenn die fps-Reserven vorhanden sind – spielt dann der manchmal magere Optik-Gewinn von RayTracing auch keine Rolle mehr, dann wird RayTracing aktiviert und damit dann verglichen.

Demzufolge hätte AMDs Vorteil bei der Raster-Performance eigentlich überzeugender ausfallen sollen, als es derzeit geboten wird. Eigentlich hätte schon AMDs eigene Performance-Vorgabe von der RDNA3-Vorstellung ausgereicht, damit hätte es für den RayTracing-Nachteil der AMD-Hardware einen satten Vorteil an "normaler" Performance gegeben. So aber kommt AMD fast nur über den Preis – was dann derzeit in der Marktpraxis nicht einmal funktioniert, wenn die Radeon RX 7900 XTX nicht zur UVP (oder in deren Nähe) erhältlich ist. Doch selbst auf UVP-Niveau gibt es halt nur magere 3% mehr Raster-Performance zu einem um 200 Dollar/Euro besseren Preispunkt – und jedoch auch einem satten Nachteil bei der RayTracing-Performance von +25% zugunsten der GeForce RTX 4080. Dies kann für einige Grafikkarten-Käufer durchaus ein gangbares Angebot sein, für die Breite des Markts ist dieser Vorteil allerdings wohl doch zu gering.

Als gänzlich daneben erscheint dann die kleinere Radeon RX 7900 XT, welche schlicht und ergreifend preislich viel zu hoch angesetzt wurde. Während AMD den Preispunkt der größeren Radeon RX 7900 XTX noch mit dem typischen Haloprodukt-Preisaufschlag verteidigen kann, zieht dieser Punkt bei der kleineren RDNA3-Karte nicht mehr, hinzukommend sowieso der höhere Performance- als Preisunterschied. Vor allem aber passt hier die Bepreisung gegenüber der Vorgänger-Generation nicht mehr: Da trat seinerzeit eine Radeon RX 6800 XT mal für 649 Dollar Listenpreis an – was jene wegen des Cryptomining-Hypes und anschließender Grafikkarten-Dürre lange Zeit nicht in der Praxis bieten konnte, was jedoch im Herbst 2022 dann doch noch zu sehen war. Zu einer ähnlichen Preislage hätte die Radeon RX 7900 XT das dringend benötigte Knaller-Angebot sein können, auf der aktuellen Preislage ergibt sich jedoch (wie derzeit in der Praxis zu sehen) ein klassischer Ladenhüter.

Und damit geht das Launch-Geschehen rund um die neuen Grafikkarten-Generationen des Jahres 2022 ziemlich unbefriedigend zu Ende. Beide Grafikchip-Entwickler haben jeweils mehr Performance versprochen als tatsächlich geliefert, ziehen dafür jedoch unisono die Grafikkarten-Preise nach oben. Damit läßt die neue Grafikkarten-Generation bislang wirklich attraktive Angebote vermissen, welche die vorherige Generation klar zum (technologischen) Alteisen macht. Vielmehr ist es eher so, dass in den Abverkaufspreisen zur Alt-Generation derzeit zumeist noch die besseren Performance/Preis-Verhältnisse zu finden sind. Allerdings geht diese Phase des Abverkaufs der Ampere/RDNA2-Generation derzeit sichtbar zu Ende, im neuen Jahr dürfte es kaum noch HighEnd-Modelle der Alt-Generationen zu vernünftigen Preisen geben. Ob dann die Nachlieferungen zur neuen Ada/RDNA3-Generation ausreichend hoch ausfallen, dass durchgehend wenigstens das UVP-Niveau erreicht wird, bleibt abzuwarten.

Auf jenem UVP-Niveau wird sich allerdings auch kein bedeutsamer Preis/Leistungs-Vorteil der neuen Grafikkarten-Generation einfinden, dafür sind die angesetzten Preispunkte generell zu hoch. Man kann nur hoffen, dass sich dies im Verlauf des Jahres 2023 (mittels langsam sinkender Straßenpreise) abschleift, die kleineren Ada/RDNA3-Modelle dies eventuell besser machen oder AMD & nVidia doch noch einmal zu einer offiziellen Preissenkung schreiten. Wie schon bei der GeForce RTX 4080 gesagt gilt somit auch für Radeon RX 7900 XT & XTX: Prinzipiell keine verkehrten Grafikkarten – nur eigentlich mit dem falschen Preispunkt in den Markt geschickt. Bei AMD kommt noch hinzu, dass AMD ein paar Treiber-Fehler beheben muß bzw. dass der Nutzer die weiterhin vorhandene RayTracing-Schwäche zu beachten hat. So ganz so rund wie die GeForce RTX 4080 sind Radeon RX 7900 XT & XTX somit nicht, genau dafür gibt es halt die etwas besseren Preise bei AMD. Wirklich unter Druck setzen kann AMD damit nVidia jedoch überhaupt nicht, dafür fehlt den neuen AMD-Karten doch so einiges.