Launch-Analyse: nVidia GeForce GTX 660 Ti

Donnerstag, 16. August 2012
 / von Leonidas
 

Nach längerer Pause – die GeForce GTX 670 kam immerhin schon Mitte Mai auf den Markt – stellt nVidia nunmehr mit der GeForce GTX 660 Ti endlich die nächste Kepler-basierte Gamer-Grafikkarte vor. Wie die bisherigen Kepler-basierten Gamer-Grafikkarten basiert auch die GeForce GTX 660 Ti weiterhin auf dem GK104-Chip von GeForce GTX 670, 680 & 690 und bringt auch einen dementsprechend hohen Preispunkt von derzeit ab 300 Euro mit sich – das volumenträchtige Performance-Segment wird von nVidia also immer noch nicht bedient, die Kepler-Architektur bleibt weiterhin HighEnd-Lösungen vorbehalten. Wo sich die GeForce GTX 660 Ti im Vergleich zu den schon vorhandenen 28nm-Grafikkarten von AMD und nVidia einordnen kann, werden wir nachfolgend versuchen herauszuarbeiten.

Rein von der Technik ist die GeForce GTX 660 Ti sehr einfach zu beschreiben: Es handelt sich schlicht um eine GeForce GTX 670 mit von 256 Bit DDR auf 192 Bit DDR limitiertem Speicherinterface, die Anzahl der Raster Operation Units (ROPs) sinkt synchron ebenfalls von 32 auf 24 ab. Der Rest ist absolut identisch zur GeForce GTX 670 – bis hin zu den gleichen Taktraten und sogar dem gleichem Referenzdesign samt gleicher Kühlkonstruktion auf identischer Platine. Im Idealfall können die Grafikkarten-Hersteller also ihre bisherigen Designs (inklusive auch der non-Referenzdesigns) der GeForce GTX 670 für die GeForce GTX 660 Ti weiterverwenden, was den Herstellern einiges an Kosten spart. Dabei muß nicht in jedem Fall das exakte Design der GeForce GTX 670 zum Einsatz kommen – aber auch die Weiterverwendung jenes Designs mit kleinen Änderungen für die GeForce GTX 660 Ti ist schon wesentlich kostengünstiger als ein regelrechtes Neudesign.

Radeon HD 7870 Radeon HD 7950 Radeon HD 7950 "850 MHz Edition" GeForce GTX 660 Ti GeForce GTX 670
Chipbasis AMD Pitcairn, 2,8 Mrd. Transistoren in 28nm auf 212mm² Chip-Fläche AMD R1000/Tahiti, 4,31 Mrd. Transistoren in 28nm auf 365mm² Chip-Fläche nVidia GK104, 3,54 Mrd. Transistoren in 28mn auf 294mm² Chip-Fläche
Technik DirectX 11.1, GCN-Architektur, 2 Raster-Engines, 1280 (1D) Shader-Einheiten, 80 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface DirectX 11.1, GCN-Architektur, 2 Raster Engines, 1792 (1D) Shader-Einheiten, 112 TMUs, 32 ROPs, 384 Bit DDR Interface DirectX 11.1, Kepler-Architektur, 4 Raster Engines, 1344 (1D) Shader-Einheiten, 112 TMUs, 24 ROPs, 192 Bit DDR Interface DirectX 11.1, Kepler-Architektur, 4 Raster Engines, 1344 (1D) Shader-Einheiten, 112 TMUs, 32 ROPs, 256 Bit DDR Interface
Taktraten 1000/2400 MHz 800/2500 MHz 850/925/2500 MHz 915/980/3000 MHz 915/980/3000 MHz
Boost-Modus - - max. 925 MHz Ø 980 MHz, max. 1124 MHz Ø 980 MHz, max. 1124 MHz
Speicher 2048 MB GDDR5 3072 MB GDDR5 3072 MB GDDR5 2048 MB GDDR5 2048 MB GDDR5
PCI Express 1.x/2.0/3.0 1.x/2.0/3.0 1.x/2.0/3.0 1.x/2.0/3.0 1.x/2.0/3.0
Layout DualSlot DualSlot DualSlot DualSlot DualSlot
Kartenlänge 24cm 28,1cm 28,1cm 24,5cm 24,5cm
Stromstecker 2x 6pol. 2x 6pol. 2x 6pol. 2x 6pol. 2x 6pol.
TDP 190W 200W 200W 150W 170W
Idle-Verbrauch 13W 15W ~15W 15W 15W
Spiele-Verbrauch 120W 147W ~170W 127W 143W
Perform.index
(19x10 4xAA)
260% 290% 310% 290% 330%
Listenpreis 299$ 349$ 349$ 299$ 399$
Straßenpreis 260-280€ 290-320€ ? 300-330€ 350-380€

Wie schon genannt, besteht der einzige nominelle Unterschied zwischen GeForce GTX 660 Ti und GeForce GTX 670 im nur 75 Prozent so breiten Speicherinterface samt nur 75 Prozent der ROP-Power der GeForce GTX 670. Dies sieht erst einmal nach recht wenig Differenz aus, allerdings trifft dies die GeForce GTX 660 Ti genau dort, wo die bisherigen GK104-basierten Grafikkarten bereits eine gewisse Schwäche haben – bei der Speicherbandbreite, wo die R1000/Tahiti-basierten Grafikkarten der Radeon HD 7900 Serie mittels ihres 384 Bit DDR breiten Speicherinterfaces klar überlegen sind. nVidia geht mit der Reduzierung des Speicherinterfaces bei der GeForce GTX 660 Ti in einen gewissen Grenzbereich – die Speicherbandbreite der Karte dürfte wohl zu schwach werden für höhere Anforderungen, die weiterhin hochklassige Rechenleistung der Karte unter diesen höheren Anforderungen etwas verhungern.

Daneben gibt es noch einen wenig beachteten Nachteil der GeForce GTX 660 Ti: nVidia hat bei dieser Karte ein Power Target von augenscheinlich nur ~130 Watt und einen eher geringen Power-Target-Spielraum von +14% angesetzt. Dies ist deutlich weniger als bei GeForce GTX 670 (148W, +22%) und GeForce GTX 680 (170W, +32%) und hat zwei negative Auswirkungen: Erstens einmal besteht bei der GeForce GTX 660 Ti ein viel höheres Risiko, daß das Power Target limitierend in die Performance der Karte eingreift. Die GeForce GTX 660 Ti hat vielleicht rein nominell dieselben Taktraten wie die GeForce GTX 670, in der Praxis dürften bei der GeForce GTX 670 aber im Durchschnitt die höheren Boost-Taktraten anliegen. So gesehen ist nachfolgende Aufstellung der Rohleistungen nicht gänzlich korrekt, da hierbei nicht die in der Praxis erreichten Werte einbezogen wurden, sondern nur mit dem (offiziellen) durchschnittlichen Boost-Takt gerechnet wurde.

Die zweite negative Auswirkung des niedrigen Power Targets und vor allem des sehr knappen Power-Target-Spielraums von nur +14% liegt beim Overclocking: Es erscheint schon im Normalbetrieb (d.h. ohne jede Übertaktung) sinnvoll, das Power Target der GeForce GTX 660 Ti hochzusetzen – Spielraum für ernsthafte Übertaktungen bleibt dann allerdings nicht mehr. Die Karte wird sich zwar nominell vielleicht gut und möglicherweise sogar so gut wie die GeForce GTX 670 übertakten lassen, kann aber ohne deutlich höheres Power Target den durch Übertaktung gewonnenen Mehrtakt eher schlecht in ernsthafte Mehrperformance umwandeln. Hinzu kommt zudem der Punkt, daß die Speicherbandbreite der Karte wie gesagt knapp bemessen ist – der Performancegewinn einer Übertaktung der GeForce GTX 660 Ti dürfte also auch noch maßgeblich daran hängen, ob man auch deren Speichertakt entsprechend hochsetzen kann.

Untermauert wird dies durch die Ausführungen von TechPowerUp, wo gleich vier Herstellerkarten auf ihre Übertaktsfähigkeit hin untersucht und gleichzeitig auch entsprechende Benchmarks angestellt wurden: Dabei lagen sehr klar jene Karten mit der besseren Speicherübertaktung vorn – während sich selbst größere Unterschiede beim Chiptakt kaum auswirkten, weil wahrscheinlich durch das PowerTarget-Limit effektiv weggeregelt. Interessant sind hier auch die diesbezüglichen Ausführungen von AnandTech, welche einige Benchmarks von übertakteten Karten gepostet haben – in den allermeisten Fällen bleibt der reale Performancegewinn dabei klar unterhalb des Niveaus einer nicht übertakteten GeForce GTX 670, trotz nominell ansprechender Overclocking-Taktraten.

In der Summe läßt sich somit sagen, daß die GeForce GTX 660 Ti eine für (echte) Übertaktungen nicht besonders gut geeignete Karte darstellt: Bei Referenzmodellen ist nur die übliche Übertaktung "für den Hausgebrauch" mit ca. 10% Performancegewinn möglich und bei ab Werk schon übertakteten Modelle geht meistens nicht mehr viel mehr, lohnt sich keine weitere Übertaktung. Dies dürfte aber durchaus im Interesse von nVidia liegen, damit die GeForce GTX 670 weiterhin ihre klare Existenzberechtigung hat und dieser schließlich nominell um 100 Dollar Listenpreis teureren Karte durch die günstigere GeForce GTX 660 Ti nicht das Wasser abgegraben wird.

Die Limitierungen des GK104-Chips bei der GeForce GTX 660 Ti haben aber durchaus auch ihre Vorteile – und jene liegen zuerst einmal bei der Leistungsaufnahme der neuen nVidia-Karte. Hierbei konnte der Stromhunger des GK104-Chips nochmals abgesenkt werden: Die GeForce GTX 660 Ti kommt mit einer TDP von nur 150 Watt daher, was dem Niveau der (klar langsameren) Radeon HD 7850 entspricht, und verbraucht im Spieleinsatz im Schnitt der vorliegenden Daten nur 127 Watt – und damit nochmals 16 Watt weniger als die diesbezüglich schon erstklassige GeForce GTX 670. Auch die anderen Stromverbrauchswerte – Idle mit 15 Watt, MultiMonitoring-Betrieb mit 19 Watt und BluRay-Abspielen mit 23 Watt sind durchgehend erstklassig.

Idle MultiMon. BluRay Spiele FurMark TDP
Radeon HD 6950 20W 44W 55W 138W 197W 200W
Radeon HD 6970 22W 66W 71W 186W 267W 250W
Radeon HD 7850 11W 32W 36W 96W 144W 150W
Radeon HD 7870 13W 31W 36W 120W 159W 190W
Radeon HD 7950 15W 52W 58W 147W 208W 200W
Radeon HD 7950 "850 MHz Edition" ~15W ~52W ~58W ~170W ? 200W
Radeon HD 7970 14W 49W 55W 189W 296W 250W
Radeon HD 7970 "GHz Edition" 14W 49W 53W 235W 351W 250W
GeForce GTX 560 Ti 16W 57W 26W 150W 193W 170W
GeForce GTX 560 Ti "448 Cores" ~24W 74W ~30W ~178W 243W 210W
GeForce GTX 570 26W 70W 30W 191W 247W 219W
GeForce GTX 580 32W 92W 38W 223W 318W 244W
GeForce GTX 660 Ti 15W 19W 23W 127W 148W 150W
GeForce GTX 670 15W 17W 24W 143W 184W 170W
GeForce GTX 680 15W 23W 22W 169W 191W 195W
Idle- und Spieleverbrauchs-Werte stammen aus unserer Zusammenfassung der entsprechenden Meßwerte von fünf Webseiten, MultiMonitoring-, BluRay- und FurMark-Verbrauch kommen generell von HT4U. Zu beachten wäre hierbei, daß HT4U die FurMark-Werte bei allen AMD- und nVidia-Grafikkarten mit entsprechend verfügbarer Option unter hochgesetztem Power Target ermittelt.

Die andere positive Auswirkung der Limitierungen der GeForce GTX 660 Ti liegt bei der Geräuschentwicklung der Karte, welche nochmals niedriger als bei der GeForce GTX 670 ausfällt. Aufgrund der Baugleichheit der meisten Modelle von GeForce GTX 660 Ti & 670 lassen sich hier teilweise perfekte Vergleiche ziehen, in welchen die GeForce GTX 660 Ti bei den meisten Modellen mit niedrigeren Lüfterdrehzahlen, etwas niedrigeren Chip-Temperaturen und am Ende auch der niedrigeren Geräuschentwicklung glänzt. Bei HT4U wurden beispielsweise mit einer Asus GeForce GTX 660 Ti DC2 Top (Eigendesign von Asus) unter Spielelast nur 16,0 dB(A) gemessen, unter Hochsetzen des Power Targets auch nur 18,6 dB(A) – viel besseres kann man von einer Gamer-Grafikkarte des HighEnd-Segments kaum verlangen.