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Asus und MSI schummeln womöglich seit Jahren in Grafikkarten-Tests

Seitens Hardware.fr (maschinelle Übersetzung ins Deutsche) und TechPowerUp werden schwerwiegende Vorwürfe gegenüber den Grafikkarten-Herstellern Asus und MSI erhoben: Beide Hersteller sollen bei verschiedenen AMD- und nVidia-basierten Grafikkarten Pressesamples mit modifiziertem BIOS an die Hardwaretester versandt haben – im Fall von MSI wohl schon seit einigen Jahren, Asus soll dieses Verhalten dagegen erst kürzlich adaptiert haben. Die Hardwaretester haben dann also nicht mehr eine Karte getestet, welche gleichartig zu den Retail-Karten war – selbst wenn die Modifikation selber wohl nicht gerade großartig ausgefallen ist.

Dabei haben sich Asus und MSI jeweils den verschiedenen Betriebsmodi ihrer Karten bedient, welche beide Hersteller seit einiger Zeit für ihre ab Werk übertakteten Exemplare verwenden und welche man mittels der Hersteller-eigenen Tools umstellen kann. Der Unterschied zwischen Pressesample und Retailkarte lag dann darin, das die Retailkarte im BIOS die Werte des "Gaming-Modus" trug, das Pressesample aber im BIOS die (etwas höheren) Werte des "OC-Modus" (bedeutet in diesem Fall keine manuelle Übertaktung, sondern ist der Name es vom Hersteller festgelegten Betriebsmodus). TechPowerUp haben hierzu einen GPU-Z-Screenshot (von der MSI GeForce GTX 1080 Gaming X Grafikkarte) angefertigt, welcher die ganze Problematik anschaulich auf den Punkt bringt – das Pressesample läuft einfach mit etwas höheren Taktraten als die Retailkarte:

Dabei ist im übrigen nicht gänzlich sicher, ob dies die komplette Modifikation war – dies wurde von Hardware.fr auch so thematisiert: Selbst wenn man diese "falschen" Taktfrequenzen für seinen Hardwaretest manuell wieder zurechtrückt, ist trotzdem unbekannt, was für weitere Modifikationen jenes andere Presse-BIOS noch haben könnte. Sehr mächtig ist in diesem Zusammenhang eine Anpassung des Power-Limits – da braucht man (speziell bei nVidia-Grafikkarten) noch nicht einmal die nominellen Taktraten nach oben zu setzen, um am Ende trotzdem zu einer klaren Mehrperformance zu gelangen. Bislang gibt es noch keine Anzeichen bzw. Beweise dafür, das auch hieran herumgespielt wurde – aber diese Möglichkeit ist nicht auszuschließen und beide Quellen sind dieser Frage augenscheinlich nicht explizit nachgegangen.

Der Sinn dieser Modifikation seitens Asus und MSI lag im übrigen darin, das man eben den OC-Modus dieser Karten von der Presse getestet haben wollte – was oftmals nicht gewährleistet war, wenn die Hardwaretester nur den neusten AMD/nVidia-Treiber installierten und die Hersteller-eigenen Tools (inklusive der Möglichkeit zum Wechsel des Karten-Betriebsmodus') links liegengelassen haben. Jener OC-Modus (damit ist kein echtes Übertakten gemeint, sondern dieser spezielle, von den Herstellern vorgegebene Betriebsmodus) liegt wohl noch im Rahmen der Garantie und kann dabei sicherlich auch als im Rahmen des Herstellerangebots zulässig betrachtet werden – insofern ist das Anliegen der Hersteller, jenen OC-Modus testen lassen zu wollen, durchaus nicht verkehrt bzw. verständlich.

betroffene Asus-Modelle Pressesample Retail-Karte betroffene MSI-Modelle Pressesample Retail-Karte
Asus GeForce GTX 1080 Strix 1785 MHz 1759 MHz MSI GeForce GTX 1080 Gaming X 1709 MHz 1683 MHz
Asus GeForce GTX 980 Ti Matrix 1216 MHz 1190 MHz MSI GeForce GTX 980 Ti Gaming 1178 MHz 1140 MHz
MSI GeForce GTX 980 Gaming 1216 MHz 1190 MHz
MSI GeForce GTX 950 Gaming 1127 MHz 1102 MHz
MSI GeForce GTX 780 Ti Gaming 1020 MHz 980 MHz
MSI GeForce GTX 750 Ti Gaming 1085 MHz 1059 MHz
MSI Radeon R9 270X Gaming 1120 MHz 1080 MHz
MSI Radeon R9 280X Gaming 1050 MHz 1020 MHz
MSI Radeon R9 390X Gaming 1100 MHz 1080 MHz
Alle Daten gemäß Aufstellung von TechPowerUp.

Allerdings geht es dennoch nicht an, das die Hersteller dafür Sonder-BIOS-Versionen nur für Pressesamples auflegen – noch dazu, wo ja auch seitens der Hardwaretester durchaus das Argument angebracht werden kann, das man bewußt den Auslieferungszustand testen will. Denn so beliebt Overclocking auch sein mag, es gibt eine Vielzahl an Nutzern, welche bewußt oder unbewußt niemals Hand an solcherlei Einstellungen legt – selbst dann nicht, wenn jene innerhalb der Garantie nutzbar sind. Für jene Nutzerschar ist der Test im Auslieferungszustand elementar – und es ist natürlich nicht korrekt, wenn durch eine abweichende BIOS-Version auf Pressesamples letztlich etwas anderes getestet wird als eben jener Auslieferungszustand der Retailkarten.

Dies gilt selbst dann, wenn man einschränkenderweise hinzufügt, das die Taktraten-Differenz zwischen diesen beiden BIOS-Versionen bzw. Betriebsmodi nicht wirklich hoch ist – und das daher der Performance-Effekt eher nur auf 1-2% eingeschätzt werden kann (sollte allerdings auch einmal genau nachgemessen werden, bei Modifikationen des Power-Limits kann der Unterschied größer ausfallen). Aber selbst diese geringe Größe reicht im harten Wettbewerb der Grafikkarten-Hersteller untereinander aus, um die längeren Balken und damit (fälschlicherweise) mehr Aufmerksamkeit für das eigene Produkt zu schaffen. Doch die Höhe des letztlichen Gewinns ist irrelevant, wenn die hierfür angewandte Methode letztlich immer nur als falsch zu bezeichnen ist – andere BIOS-Versionen auf Pressesamples als auf den Retailkarten sind ein klarer Schummel-Versuch, egal der Höhe der Schummelei und der vielleicht sogar nachvollziehbaren Erklärung.

Erstaunlich ist hierbei, das nVidia, welche sich wohl alle BIOS-Versionen der Grafikkarten-Hersteller zur einzelnen Kontrolle und Genehmigung vorlegen lassen, dies derart haben durchgehen lassen. Sofern AMD und nVidia dies nicht wusste, sollte man sich natürlich umgehend klar dagegen positionieren und den Grafikkarten-Herstellern bei Wiederholung harte Sanktionen androhen. Asus und MSI sollte natürlich umgehend von diesem Verhalten die Finger lassen, sich offensiv dazu bekennen und Besserung geloben – und zwar nicht nur bezogen auf den konkreten Fall, sondern auf alle Arten, irgendwe Benchmark-Schummelei zu begehen. Jeder Tag, an dem dies nicht passiert, fällt nur zuungunsten von Asus und MSI aus. Beide Hersteller (welche an dieser Stelle bisher durchaus geschätzt wurden) sollten auch bedenken, das jene im Gegensatz zu nVidia nach deren GTX970-Affäre wohl viel eher ersetzlich sind. Man kann schließlich durchaus die These aufstellen, das der Grafikkarten-Käufer nunmehr die anderen Grafikkarten-Hersteller belohnen sollte, welche bislang durch diese Schummelei Nachteile haben erfahren müssen.