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Die Intel-Geschäftsergebnisse im dritten Quartal 2022

Chipentwickler Intel hat seine Geschäftszahlen für das abgelaufene dritte Quartal 2022 vorgestellt, welche ähnlich mau wie die Zahlen des Vorquartals ausfallen, allerdings bei einigen Teilzahlen auch eine gewisse Stabilisierung mit sich bringen. Der Umsatz ist nach wie vor auf einem (für das Niveau der letzten Jahre) niedrigem Niveau: Mit 15,3 Mrd. Dollar liegt man um +0,1% gegenüber dem Vorquartal "verbessert", allerdings weiterhin um –20,1% gegenüber dem Vorjahreszeitraum schlechter. Die Gewinnzahlen machen hingegen Hoffnung: Nach den tiefroten Werten des Vorquartals fällt der Verlust beim operativen Gewinn deutlich niedriger aus, der nominelle Gewinn geht sogar stark ins Plus. Den Vergleich zum Vorjahreszeitraum will man dennoch kaum ziehen, hier stehen astronomische –85,1% Rückgang zu Buche.

Die Differenz zwischen operativen und nominellen Gewinn kommt aus einer (erheblichen) Steuererstattung, was natürlich nur einen Einmaleffekt darstellt. Um insbesondere beim Gewinn wieder (bedeutsam) besser dazustehen, plant Intel augenscheinlich ein umfangreiches Entlassungs-Programm, welches anfänglich aber auch wieder Geld kosten wird. Allerdings wurde Intel auf der Gewinn-Seite tatsächlich extrem hart getroffen, was sich nun nach zwei miesen Quartalszahlen klarer sehen läßt: Umsatz-technisch hat Intel mit diesem Absturz ca. –25% eingebüßt, sprich ca. 5 Mrd. Dollar Umsatz. Gewinn-technisch ist hingegen im groben Maßstab gleich alles drauf gegangen, sprich –100% bzw. im Durchschnitt der letzten Quartale ca. 6 Mrd. Dollar Gewinn. Dies ist gerade für ein Unternehmen, welches über lange Zeit immer hochprofitabel gearbeitet hat, schwer zu akzeptieren.

Q3/2021 Q4/2021 Q1/2022 Q2/2022 Q3/2022
Umsatz 19'192 Mio. $ 20'528 Mio. $ 18,353 Mio. $ 15'321 Mio. $ 15'338 Mio. $
Gewinn 6823 Mio. $ 4623 Mio. $ 8113 Mio. $ –454 Mio. $ 1019 Mio. $
operativer Gewinn 5227 Mio. $ 4989 Mio. $ 4341 Mio. $ –700 Mio. $ –175 Mio. $

Letztlich hat zu diesem harschen Absturz jedoch nicht (nur) das Wirken des Wettbewerbs geführt, sondern einzig und allein vornehmlich die weltwirtschaftliche Lage, in diesem Fall verschärft durch die Überproduktion im Rahmen des IT-Booms der Jahre 2020/21. Jetzt müssen halt substantiell kleinere Brötchen gebacken werden, ist einfach deutlich weniger Nachfrage im Markt, zuzüglich teilweise voller Läger bei Distributoren, Händlern & OEMs. Demzufolge geht es nach dem (teilweise preistreibenden) Boom ins andere Extrem: Die Abnehmer bestellen gar nichts mehr nach, wollen erst einmal ihre eigene Lagerware losbekommen. Um dennoch etwas loszubekommen, muß Intel dann (intern) beachtbare Rabatte ansetzen – womit man Absatz generiert, sich jedoch alle der vorherigen Gewinne in Luft auflösen.

Am besten läßt sich dies am operativen Gewinn der Datacenter-Sparte ablesen, welche eigentlich die Moneymaker-Sparte bei Intel sein sollte: Jene steuerte im Vorjahreszeitraum noch 2,3 Mrd. Dollar zum operativen Gesamtgewinn bei – das abgelaufene Quartal waren es magere 17 Mio. Dollar. Der Differenz-Wert beim operativen Gewinn ist mit –2276 Mio. Dollar sogar größer als beim Umsatz dieser Sparte, da liegt die Differenz zwischen diesen beiden Quartalen nur bei –1569 Mio. Dollar. Und dies sagt aus: Intel konnte sogar verkaufen – nur eben (grob) zum Herstellungspreis und nicht mehr mit den gerade im Server-Segment üblichen hohen Gewinnmargen. Dass Intel technologisch im Server-Geschäft immer noch zurückhängt ("Sapphire Rapids" kommt erst langsam auf den Markt), dürfte jenes Ergebnis genauso vorangetrieben haben.

Q1/2021 Q2/2021 Q3/2021 Q4/2021 Q1/2022 Q2/2022 Q3/2022
Client Computing  ("Consumer-Sparte") 10'723 Mio. $ 10'253 Mio. $ 9788 Mio. $ ? 9294 Mio. $ 7665 Mio. $ 8124 Mio. $
Datacenter and AI  ("Server-Sparte") 4940 Mio. $ 5547 Mio. $ 5778 Mio. $ ? 6034 Mio. $ 4649 Mio. $ 4209 Mio. $
Network and Edge 1799 Mio. $ 2105 Mio. $ 1986 Mio. $ ? 2213 Mio. $ 2333 Mio. $ 2266 Mio. $
Accelerated Computing Systems and Graphics 181 Mio. $ 177 Mio. $ 171 Mio. $ ? 219 Mio. $ 186 Mio. $ 185 Mio. $
Mobileye 377 Mio. $ 327 Mio. $ 326 Mio. $ ? 394 Mio. $ 460 Mio. $ 450 Mio. $
Intel Foundry Services 103 Mio. $ 264 Mio. $ 174 Mio. $ ? 283 Mio. $ 122 Mio. $ 171 Mio. $

Interessanterweise ist es somit die oft niedergebügelte Consumer-Sparte, welche sich als gewisser Stabilisator erweist: Jene verlor ebenfalls kräftig im Jahresvergleich von 9,8 auf 8,1 Mrd. Dollar Umsatz sowie von 3,6 auf 1,7 Mrd. Dollar operativer Gewinn. Aber hiermit hat Intel dann wenigstens noch Gewinn erwirtschaftet, was wertvoll ist in Zeiten, wo von der Server-Sparte gar nichts mehr kommt und die Nebensparten eher weitere Verlustzahlen anhäufen. Zu nennen ist diesbezüglich wiederum die Grafik-Sparte ("Accelerated Computing Systems and Graphics"), welche bei unbedeutsamen Umsatz-Zahlen herumdümpelt, das abgelaufene Quartal dafür jedoch einen Verlust von –378 Mio. Dollar einfuhr (grob das Doppelte des Umsatzes). Diese vergleichsweise hohe Verlustzahl kommt natürlich unpassend, wenn das Management gerade auf dem Kostensenkungs-Kriegspfad ist – wenngleich unklar ist, wieviel davon an Gamer-Grafikkarten hängt und wieviel an den (kaum abkündbaren) HPC-Beschleunigern.

Eigentlich könnte Intel für die Zukunft nunmehr von klar besseren Zahlen auf Basis neu in den Markt kommender Produkte ausgehen: "Raptor Lake" sieht wirklich gut aus, selbst mit "Sapphire Rapids" hat man nach Jahren der Dürre wenigstens wieder mal etwas neues im Server-Segment. Allerdings dürfte der weitere Geschäftsverlauf bei Intel eher vom Wohl & Wehe der Weltwirtschaft bestimmt bleiben – etwas, woran die Hersteller nichts ändern können und worauf selbst die stärksten Produkte nur einen schwachen Einfluß haben. So erwartet Intel für das laufende vierte Quartal einen weiteren gewissen Rückschritt auf 14-15 Mrd. Dollar Umsatz zu ca. –100 Mio. Dollar Verlust. Für das Gesamtjahr 2022 würde dies auf 63-64 Mrd. Jahresumsatz hinauslaufen, sehr deutlich unterhalb des Rekordjahres 2021 mit 79,0 Mrd. Dollar Jahresumsatz. Die nächste vergleichbare Größe liegt beim Jahr 2017 mit 62,8 Mrd. Dollar Jahresumsatz.

Nachtrag vom 30. Oktober 2022

Einigen Widerspruch gibt es zu den Aussagen, welche im Rahmen der kürzlichen Meldung zu den Intel-Geschäftszahlen getroffen wurden. Von den Kommentatoren wird dabei zum (heftigen) Rückgang von Intels Datacenter-Geschäft die alternative Erklärung eingebracht, dass dieser Umsatz schlicht zu AMD gewandert sein könnte. Und in der Tat dürfte dies tatsächlich in gewissem Rahmen stattgefunden haben: Laut AMDs Vorab-Zahlen für das dritte Quartal hält sich AMDs Datacenter-Sparte recht gut bzw. hat im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar stark (+45%) zugelegt. Die hier erzielten ~500 Mio. mehr Umsatz kommen letztlich logischerweise von Intel. Aber: Die genannte Summe ist der kleinere Teil von Intels Datacenter-Verlusten, denn jene liegen bei immerhin 1569 Mio. Dollar im Jahresvergleich.

Datacenter-Umsätze Q3/2021 Q2/2022 Q3/2022 Vergleich Q/Q Vergleich J/J
AMD  (CPUs & GPUs) ~1100 Mio. $ 1486 Mio. $ ~1600 Mio. $ +114 Mio. $ / +8% +500 Mio. $ / +45%
Intel  (primär CPUs) 5778 Mio. $ 4649 Mio. $ 4209 Mio. $ –440 Mio. $ / –9% –1569 Mio. $ / –27%
AMD + Intel kombiniert ~6878 Mio. $ 6135 Mio. $ ~5809 Mio. $ –326 Mio. $ / –5% –1069 Mio. $ / –16%
Angaben zu AMDs drittem Quartal 2022 sind vorläufig.

Rechnet man einfach die Umsätze beider Datacenter-Sparten zusammen (nicht ganz solide, denn bei AMD liegt darin auch das Geschäft mit HPC/GPGPU-Beschleunigern), dann hat das kumulierte Server-Geschäft beider Unternehmen im Jahresvergleich eine ganze Milliarde Dollar verloren. Oder anders formuliert: Von den 1,5 Mrd. Umsatz-Rückgang im Server-Geschäft bei Intel gingen ein Drittel zu AMD, um zwei Drittel schrumpfte hingegen der Gesamtmarkt. Hier könnte es natürlich auch in Richtung anderer Server-Anbieter gegangen sein, dies läßt sich mit diesen Zahlen nicht zwingend erkennen. Doch damit ist die Vermutung, dass ein insgesamt zurückgehender Markt hieran einen Löwenanteil hat, zumindest nicht ganz aus der Luft gegriffen. Der Anteil der Marktverschiebung von Intel zu AMD ist in jedem Fall der kleinere Teil – wenngleich eine halbe Milliarde Dollar natürlich kein Pappenstiel und in jedem Fall erwähnenswert sind. Beide Effekte sind augenscheinlich gleichzeitig am Wirken.