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Die Performance des Ryzen 7 1800X im Laufe der Zeit

Nach dem Launch von Ryzen 2000 in diesem Frühjahr kam die Frage auf, inwiefern sich die Ryzen-Prozessoren der ersten Generation im Laufe der Zeit "entwickelt" haben, sprich ob deren Performance-Differenzen zu Intels Prozessoren inzwischen eventuell deutlicher ausfallen. Der Hintergrund dieser Fragestellung liegt darin, das zum Launch der originalen Ryzen-Prozessoren einige Software noch unoptimiert auf die Zen-Architektur war bzw. mit den vielen mittels Ryzen gebotenen CPU-Kerne wenig anfangen konnte. An diese Anfangszeit kann man sich heuer kaum noch richtig erinnern, dabei liegt jene nur wenig mehr als ein Jahr zurück – und dennoch hat sich in der Zwischenzeit einiges getan, ist Ryzen und die Zen-Architektur inzwischen voll etabliert, wird von den Software-Entwicklern auch entsprechend beachtet. Und dies kann man dann durchaus mit der Hoffnung auf einen gewissen Performance-Effekt verbinden. Um dieser Fragestellung nachzugehen, wurde nachfolgend die Ergebnisse des Vergleichs der Top-Modelle Ryzen 7 1800X vs. Core i7-7700K aus älteren Launch-Analysen zusammengetragen. Die mit den Launch-Analysen üblicherweise kompilierten Ergebnisse von jeweils 10-20 Hardwaretests macht diese Auswertung ausreichend solide, da auf einer sehr breiten Basis von Benchmarks stehend:

Performancedifferenz des Ryzen 7 1800X gegenüber dem Core i7-7700K
Zeitpunkt Reviews Anwendungen Spiele (FHD 1% min)
Ryzen 7 Launch März 2017 14/- +20,0% -
Core X Launch Juni 2017 11/- +23,7% -
Ryzen Threadripper Launch August 2017 21/8 +24,4% -10,2%
Coffee Lake Launch Oktober 2017 20/7 +23,2% -7,4%
Ryzen 2000 Launch April 2018 26/7 +27,1% -7,7%

Das Ergebnis dieses Quervergleichs ist dann sehr eindeutig: Der Ryzen 7 1800X hat über die Zeit klar an Anwendungs-Performance gegenüber dem Core i7-7700K hingewonnen bzw. im Gaming-Bereich seinen Rückstand gegenüber dem Core i7-7700K etwas verringt. Bei der Anwendungs-Performance bietet der Ryzen 1800X seit seinem Launch +6% Mehrperformance, bei der Spiele-Performance dann wenigstens noch +3% Mehrperformance (letzteres in einem klar kürzeren Zeitraum). Bei der Anwendungs-Performance hat der Ryzen 7 1800X somit inzwischen die Marke einer um ein Viertel höheren Performance gegenüber dem Core i7-7700K übersprungen, was ziemlich heftig aussieht. Und bei der Spiele-Performance kann man die oftmals postulierte "Ryzen Spiele-Schwäche" eigentlich als nahezu abgehakt betrachten, wenn der Ryzen 7 1800X gegenüber dem im Spielebereich sicherlich erstklassigen Core i7-7700K unter neueren Benchmarks nur noch um -8% zurückliegt. Damit ist an dieser Stelle zwar weiterhin ein beachtbarer Rückstand zu konstatieren – aber eben keinerlei großer Unterschied, welcher irgendwelche krassen Eigennamen wert wäre.

Zu beachten wäre zur Höhe dieser Zahlen, das hierbei nicht einzelne Benchmarks oder Kurztests mit wenigen Benchmarks verglichen wurden, sondern (wie gesagt) allein Index-Werte zur Insgesamt-Performance, welche sich auf jeweils 10-20 Hardwaretests mit jeweils üblicherweise 10-30 Einzel-Benchmarks stützen können. Verglichen wurde somit die Entwicklung der Insgesamt-Performance dieser Prozessoren (inklusive auch Benchmarks ohne jeden Performancegewinn über die Zeit), das ganze ist also nicht bezogen auf einzelne, eventuell bestmöglich optimierte Benchmarks. Singuläre Benchmarks können durchaus 10-20% Performancegewinn durch eine passende Optimierung aufzeigen, im Einzelfall sind auch noch höhere Werte denkbar. Doch neben diesen optimierten Benchmarks stehen immer auch andere Benchmarks, die entweder keine Optimierung mehr bekommen oder wo diese Optimierung mehr oder weniger gar keinen Performancegewinn ergibt. Die Insgesamt-Performance eines Prozessors ändert sich also trotz eventueller einzelner Software-Optimierungen mit singulär hohem Performancegewinn nur eher langsam und schleppend.

Die gezeigten +6% Mehrperformance über ein breites Feld von Tests und Anwendungen herauszubekommen, ist also schon aller Ehren wert. Hierbei scheint primär der Einsatz neuer Programm- bzw. Benchmark-Versionen mit ersten Zen-Optimierungen sowie besseren Mehrkern-Optimierungen die Zen-Architektur respektive den Ryzen 7 1800X im Laufe der Zeit stärker gemacht zu haben – obwohl der Zeitraum dieser Betrachtung mit nur wenig mehr als einem Jahr für CPU-Verhältnisse eigentlich eher kurz ist. Das sich die Benchmark-Sets im Laufe dieses einen Jahres derart gewaltig geändert haben, kann man hingegen kaum sagen – auch schon zum Launch des originalen Ryzen gab es genügend Testberichte mit hohem Anteil an Benchmarks zu professioneller Software, schließlich hatte Intel zu diesem Zeitpunkt im HEDT-Bereich selber schon Zehnkern-Prozessoren stehen (Broadwell-E).

Für die Käufer dieser ersten Ryzen-Prozessoren ist dies letztlich eine schöne nachträgliche Bestätigung, aufs richtige Pferd gesetzt zu haben. Zukünftig sind solcherart hohen Zuwächse dann allerdings kaum noch zu erwarten, da nunmehr der Großteil der Zen-Optimierungen bereits angebracht ist und eventuell noch nachkommende Zen-Optimierungen zu wenige in der Anzahl sein dürften, um noch in genauso hohem Maßstab einschlagen zu können. Gleichfalls wird die Zen-Architektur nun auch schon bei der Software-Entwicklung mit beachtet, womit man zukünftig sicherlich auch schon am Launchtag neuer Prozessoren dasselbe Performance-Bild sehen kann, was sich dann auch in späteren Nachtests ergibt. Kleinere Differenzen im Bereich von gut einem Prozentpunkt sind immer drin, aber gleich +6% Mehrperformance durch nachträgliche Optimierungen oben draufzulegen, ist eigentlich nur bei grundlegend neuen Architekturen (wie AMDs Zen) überhaupt denkbar.

Nachtrag vom 27. Juli 2018

Zur kürzlichen Meldung "Die Performance des Ryzen 7 1800X im Laufe der Zeit" wäre noch anzumerken, das es natürlich auch andere Ursachen für die beobachte Performancesteigerung geben könnte bzw. das hier mehrere Ursachen kumulativ zusammengearbeitet haben könnten. Als erstes fallen einem hierzu die Patches für Meltdown & Spectre ein – wobei zu beachten wäre, das jene natürlich erst mit den Benchmark-Ergebnissen von diesem Jahr wirksam werden konnten. Zudem wäre einzurechnen, das der letzte Benchmark-Stand auch schon wieder vom April 2018 ist und zu diesem Zeitpunkt gerade erst einmal die ersten Spectre-Patches und BIOS-Updates draußen waren – sprich, da könnte bei einer neuerlichen Erfassung des Performance-Bilds dieser Prozessoren vielleicht sogar noch mehr kommen. Für die komplette festgestellte Performance-Differenz können Meltdown & Spectre aber niemals stehen, schließlich wurde die eine Hälfte der Performance-Differenz bereits im Jahr 2017 erreicht. Hier können dann natürlich auch noch solche Punkte wie anderer Patch-Stand und andere Software-Auswahl über die Zeit eine Rolle gespielt haben. Das diese Faktoren in dem sehr breit angelegten Feld an Benchmarks und Testberichten allerdings so wirkmächtig sein soll, bezweifeln wir allerdings etwas.

Denn es ist kein Problem, mit einem einzelnen Benchmark in einem Testfeld von insgesamt 5 Benchmarks einen beachtbaren Effekt auf das Gesamtergebnis zu erzielen. Bezieht sich eine Durchschnittsbildung dagegen auf hunderte Benchmarks, angetreten durch dutzende Hardwaretests, dann ist auch eine insgesamte Performance-Differenz von +3% nicht mehr so einfach erreichbar. Im Beispiel ausgedrückt: 20% Mehrperformance in einem einzelnen Benchmark hat in einem Performance-Schnitt aus insgesamt 5 Benchmarks einen Effekt von 4% durchschnittlicher Mehrperformance, bei insgesamt 200 verrechneten Benchmarks sinkt der Effekt dagegen auf nur noch +0,1% durchschnittliche Mehrperformance ab. Um über andere Benchmark-Sets zu Ergebnissen in der aufgezeigten Größenordnung zu kommen, müssten also breitflächig die Hardwaretester ihre Benchmark-Sets verändert haben. Dies ist allerdings nicht zu sehen, es gab meistens partielle oder gar keine Anpassungen, nur einzelne Webseite haben regelrecht neue Benchmark-Sets aufgelegt. Speziell bei der Anwendungs-Performance sind diese Änderungen an den Benchmark-Sets keinesfalls bedeutsam – schließlich hat sich in den Jahren 2017/18 auch keine neue Anwendungs-Software in den Vordergrund geschoben, welche man nun unbedingt in seine Benchmark-Sets aufnehmen musste.

Etwas anders war dies bei den Benchmark-Sets zur Spiele-Performance, hier gab es durchaus einige Veränderungen bzw. Verbesserungen gerade im Laufe des Jahres 2017. Dies ist gut an den Benchmarks mit 1%-minimum-fps-Werten zu sehen, welche zum Jahresanfang 2017 noch nicht in ausreichender Zahl vorlagen, um daraus einen Index bilden zu können. Ab dem seinerzeitigen Threadripper-Launch hatte sich dieses Verfahren zur Performance-Ermittlung im Spiele-Bereich dann allerdings so weit durchgesetzt, das es genügend Einzelwerte für eine Index-Bildung gab – eine positive Folge dessen, das sich die Hardwaretester mittels der Ryzen-Prozessoren intensiver mit der Spiele-Performance und deren korrekter Ermittlung auseinandersetzen mussten. Ob die (sowieso nicht großartige) Performancedifferenz zwischen Threadripper- und Ryzen-2000-Launch dann über Performanceverbesserungen bei AMD oder aber einfach nur neue Benchmark-Sets erreicht wurde, kann man sicherlich diskutieren. Eine belastbare Antwort darauf wird man kaum finden können, da diese Benchmarks heutzutage kaum noch erneut nachstellbar sind. Zumindest läßt sich abseits der Ursachen-Forschung aber ein was mit Gewißheit sagen: Ryzen 1000 wurde gegenüber Kaby Lake im Laufe der Zeit nachweislich besser seitens der üblichen Launchtests vermessen – woraus dann auch eine bessere Bewertung resultieren sollte, völlig egal der Ursache dieser Mehrperformance.