YouTuber RedGamingTech hat gestern noch auf die neuerlichen Gerüchte zu einer (möglichen) Einstellung der HighEnd-Versionen von RDNA4 seitens Twitterer Kepler_L2 reagiert – und selbige aus seinen Quellen bestätigt. Angeblich sollen demnach die bisher geplanten Grafikchips Navi 41 und Navi 42 nunmehr tatsächlich gestrichen sein, beide wurden ursprünglich als echte Multichip-Designs mit demzufolge mehreren GCDs entwickelt. Die kleineren Grafikchips Navi 43 und Navi 44 soll es hingegen weiterhin geben. Ersterer gehört mit zum Chiplet-Ansatz, verwendet allerdings nur ein GCD (mit natürlich extra MCDs), letzterer dürfte ein Kleinchip im monolithischen Design-Ansatz sein. Navi 43 soll dabei 20 WGP tragen, was normalerweise auf 40 Shader-Cluster hinausläuft – sprich ein Chip der Mainstream-Klasse, wenn Navi 33 derzeit schon 16 WGP aka 32 Shader-Cluster trägt.

N41 and N42 are totally canned, instead there is 43 and 44.
... there were architectural issues with the higher end products.
Quelle:  RedGamingTech @ YouTube am 5. August 2023

Allerdings ist es ehrlicherweise unglaubwürdig, dass AMD die bisher geplanten Grafikchips Navi 41 & Navi 42 ersatzlos gestrichen haben soll. Dies würde letztlich bedeuten, dass die RDNA4-Generation dann nur noch aus Einsteiger- und Mainstream-Lösungen besteht – was man sich faktisch schenken könnte. Es gibt hierfür auch keine tatsächlich zutreffenden historischen Vorbilder: Die hierzu gern angeführte Polaris-Generation war immer schon mit der extra Vega-Version als "HighEnd-Aufsatz" zu dieser geplant – und zum größten Teil standen beide Generationen dann auch gemeinsam am Markt bzw. bildeten ein gemeinsames Portfolio. Die RDNA1-Generation hingegen ging (mit der Radeon RX 5700 Serie) wenigstens bis in Midrange-Gefilde hinein – sprich, dies ist etwas ganz anderes als jetzt mit RDNA4 prognostiziert.

Navi4 lineup will not have any high-end GPUs
Think of it like RDNA1 or Polaris generation.
Quelle:  Kepler_L2 @ Twitter am 4. August 2023
 
केवल नवी 43 और नवी 44 बचे हैं।
(Übersetzung: "only Navi 43 and Navi 44 survive")
Quelle:  All The Watts!! @ Twitter am 4. August 2023

Letztlich macht es schließlich auch gar keinen Sinn, die oberen Segmente unbelegt zu lassen – bis auf die Enthusiasten-Lösung, wo man technisch in Grenzbereiche kommt bzw. wo AMD immer auch kalkulieren muß, ob man hier genügend (eigenen) Absatz generieren kann. Die von RedGamingTech notierten "Architektur-Probleme" können sich zudem kaum auf RDNA4 selber beziehen (ansonsten würde man Navi 43 & Navi 44 genauso streichen müssen), sondern dürften allein dem Ansatz multipler GCDs geschuldet sein. Ergo besteht die wahrscheinlichere Auflösung einer solchen Situation nicht in der tatsächlichen Streichung aller schnelleren Chips – sondern schlicht in deren Neukonzeption hin zu wiederum nur einem GCD pro Grafikchip (so wie bei RDNA3).

Im Zuge dessen könnte AMD schlicht neue Codenummern angesetzt haben, womit Navi 41 & Navi 42 nunmehr tatsächlich "tot" sind – aber AMD dennoch innerhalb der RDNA4-Generation größere Grafikchips als Navi 43 bieten wird. Denkbarerweise benutzt AMD schlicht die übrigbleibenden "Navi 4x" Nummern und nennt einen Navi-41-Nachfolger nunmehr "Navi 45", sowie einen Navi-42-Nachfolger dann "Navi 46". Der gewichtige technologische Unterschied besteht im Verzicht auf multiple GCDs, somit die Rückkehr zu einem einzelnen GCD pro Grafikchip – was dann auch pro Grafikchip entsprechend größer ausfällt. Denkbarerweise musste AMD deswegen bei der größten Lösung etwas an geplanter Rechenpower abspecken, womit Navi 41/45 dann eben nur noch mit 120 Shader-Clustern daherkommt.

Zeit für diese Umstellung der Chip-Konzeption ist durchaus noch vorhanden, wenn man mit der Navi-4x-Chipserie nicht vor Ende 2024 (oder erst 2025) rechnen muß. Der Tape-Out des ersten Navi 4x Chips wäre demzufolge kaum vor Jahresende 2023 anzusetzen – womit AMD derzeit sicherlich am Ende der Designphase steht, aber dennoch noch zu solchen größeren Umstürzen in der Lage scheint. Schließlich sind größere GCDs für die größeren RDNA4-Chips eher denn nur ein konzeptioneller Umsturz, jedoch keine neue technologische Herausforderung. Vor allem aber sind sie eine lösbare Angelegenheit – ohne das man deswegen in beachtbaren Zeitverzug geraten dürfte. Die Chance, dass AMD die größeren RDNA4-Chips ersatzlos streicht, ohne schlicht die 1-GCD-Lösungen "Navi 45" und "Navi 46" aus der Taufe zu heben, dürfte somit minimal sein.

Minimal bedeutet natürlich nicht unmöglich, letzteres gibt es in diesem Feld sowieso nicht. Springender Punkt ist hierbei, dass man von außerhalb immer nur die Technik sehen kann, an welcher die Grafikchip-Entwickler werkeln – aber niemals die konkreten Kostenpunkte sowie die daraus generierten Einnahmen. Auch wenn technologisch nichts gegen größere RDNA4-Chips spricht, könnte AMD durchaus aus rein marktpolitischen wie wirtschaftlichen Gründen sich sehr wohl eine "Aussetzer-Generation" gönnen (um danach verstärkt anzugreifen). Gleichfalls wäre es rein theoretisch denkbar, dass die vorgenannte Anzahl der Shader-Cluster falsch interpretiert wurde und somit Navi 43 viel stärker ist als ein Mainstream-Ersatz von Navi 33. Wenn beispielsweise unter der RDNA4-Architektur eine WGP dann nicht mehr 2, sondern 4 Shader-Cluster umfassten sollte, würde Navi 43 somit schon bei 80 Shader-Clustern stehen.

Dieser Hardware-Ansatz könnte dann durchaus für Midrange-Lösungen reichen, ähnlich wie seinerzeit mit der Radeon RX 5700 Serie unter der RDNA1-Generation. Da es derzeit keine sichere Maßgabe dafür gibt, wieviele Shader-Cluster bzw. FP32-Einheiten eine WGP der RDNA4-Architektur umfasst, wäre diese Möglichkeit nicht auszuschließen. Selbst in diesem Fall würde es allerdings als unwahrscheinlich gelten können, dass AMD nicht einfach noch wenigstens ein größeres GCD designt, um höhere Performance-Bereiche anzupeilen. Letztlich ist die Modulierbarkeit der Grafikchips von AMD und nVidia genau dafür da: Um recht schnell größere und kleinere Grafikchips aus einer einmal bereits erreichten Entwicklung erzeugen zu können. Dies macht den mutwilligen Verzicht auf sehr wohl erreichbare Performance-Regionen bei RDNA4 nochmals unwahrscheinlicher.

Nachtrag vom 10. August 2023

Ein MLID-Video beschäftigt sich mit der (kürzlich gemeldeten) Absage von Navi 41 & 42 und bringt hierzu eigene Quellen und Aussagen. Generell wird damit diese Absage bestätigt, allerdings gibt es zur neuen Roadmap von AMD noch keine klare Richtung: Während einige Quellen von einem schnellen Nachfolgen von RDNA5 sprechen, halten andere selbst eine Reaktivierung des Navi-41-Projekts noch für möglich. Am Ende dürfte dies vor allem eine terminliche Frage sein: Insofern AMD die nachfolgende RDNA5-Generation rechtzeitig fertigbekommt, könnte man tatsächlich bei RDNA4 faktisch "aussetzen" (denn Navi 43 reicht nur für Mainstream-Beschleuniger, ist somit kaum zählbar).

Was jedoch kaum passieren dürfte – und derzeit von den Gerüchten nicht erklärt werden kann – dass AMD im Jahr 2025 weiterhin mit den aktuellen Radeon RX 7000 Grafikkarten dann gegenüber nVidias GeForce RTX 50 Serie bestehen soll. Die Streichung von Navi 41 & 42 dürfte sicherlich zu einer neuen Planung bei AMD führen, was man gegenüber nVidias nachfolgender Grafikkarten-Serie stellen will. Denkbare Auflösungen sind ein RX7000-Refresh, eine Beschleunigung des RDNA5-Projekts oder eben der Ersatz von Navi 41/42 durch Navi 45/46 mit jeweils nur einem GCD. Bislang ist es allerdings noch keinem Gerücht gelungen herauszuarbeiten, in welche Richtung AMD diesbezüglich gehen will. Dass man nVidia das Feld abseits von Mainstream-Beschleunigern gänzlich überläßt, erscheint hingegen als die unwahrscheinlichste Auflösung – gerade jetzt, wo noch Zeit zur Anpasssung der AMD-Pläne besteht.